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82/04 Apotheken Arzneimittel;Norm
ApG 1907 §10 Abs1 idF 1984/502;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde des Mag. pharm. E in V, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 4. Juli 1994, Zl. 262.190/8-II/A/4/93, betreffend Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Klagenfurt (mitbeteiligte Parteien: 1) Mag. pharm. Dr. W;
2)
Mag. pharm. R; 3) Mag. pharm. I; 4) Mag. pharm. Dr. H;
5)
Mag. pharm. T, alle in Klagenfurt, vertreten durch Dr. XY, Rechtsanwalt in Klagenfurt), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.520,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Der Beschwerdeführer beantragte am 26. Februar 1990 die Erteilung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke in Klagenfurt; als Betriebsstätte wurde ein Grundstück an der Ecke
St. Veiter Straße/Kraßniggstraße in Aussicht genommen.
1.2. Mit Bescheid vom 19. März 1993 wies der Landeshauptmann von Kärnten (LH) den Antrag ab.
In der Begründung ging der LH von der Annahme aus, die Zahl der ständigen Einwohner, die voraussichtlich von der neuen Apotheke zu versorgen seien, sei mit 3684 anzunehmen; es seien dies die Zählsprengel 511, 512, 514, 531 und 611 zur Gänze, 513 und 521 zur Hälfte und 621, 923, 1064 und 1065 zu einem Drittel. Bei der vom Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt genannten Zahl von 8265 Personen handle es sich nicht um mögliche Kunden der geplanten neuen Apotheke, sondern lediglich um die Einwohner des beantragten Standortes. Die von der Landesgeschäftsstelle Klagenfurt der Apothekerkammer angenommene Zahl von 4739 zu versorgenen Personen beruhe auf veraltetem statistischem Material. In bezug auf die vom Beschwerdeführer angeführten Bedarfserreger wie das Landeskrankenhaus Klagenfurt (LKH), die Krankenpflegeschule sowie die med. techn. Akademie und die gewerblichen und industriellen Betriebe in der Umgebung der geplanten Apotheke kämen für eine einigermaßen gesicherte Prognose für den ständigen Bedarf nach einer neuen Apotheke nur die Beschäftigten in Betracht, soweit sie nicht schon ohnedies als ständige, im 4 km-Umkreis wohnende und auf Grund ihrer räumlichen Nähe zur neuen Apotheke von ihr zu versorgende Personen berücksichtigt worden seien. Die bloße Bedachtnahme auf die Beschäftigten reiche aber zur erforderlichen Auffüllung (des Mindestversorgungspotentiales) nicht aus. Was die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Konzentration von Arztordinationen in der Nähe der geplanten Betriebsstätte betreffe, so seien von den angeführten Ärzten zwei im LKH, einer in der Bundesstaatlichen Bakteriologisch-Serologischen Untersuchungsanstalt, einer in der Kärntner Gebietskrankenkasse hauptberuflich beschäftigt und führten nur einen eingeschränkten Ordinationsbetrieb. Unter den vom Beschwerdeführer genannten Ärzten befänden sich weiters ein Tierarzt und ein Dentist, die selten Rezepte ausstellten sowie ein Neurochirurg, dessen Ordination als Anlaufstelle für Patienten diene, welche in einer Krankenanstalt operiert und mit Arzneimitteln versorgt würden, sodaß sie für die Bedarfsbeurteilung nur in eingeschränktem Maße herangezogen werden könnten. Lediglich zwei praktische Ärzte, ein Dermatologe und ein Urologe könnten den Bedarf nach der beantragten Apotheke untermauern. Der Bedarf nach einer neuen öffentlichen Apotheke im nördlichen Teil der Landeshauptstadt Klagenfurt sei nicht gegeben, da höchstens 3684 ständige Einwohner medikamentös zu versorgen seien und selbst bei Berücksichtigung der Arztordinationen und bei Hinzurechnung der in der Umgebung der geplanten Apotheke Beschäftigten die gesetzliche Mindestzahl nicht erreicht werde.
1.3. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
1.4. Mit Bescheid vom 4. Juli 1994 wies die belangte Behörde die Berufung ab.
In der Begründung wird ausgeführt, zum Zeitpunkt der Antragstellung habe der Beschwerdeführer die ihm gehörige Realapotheke "Y" in V geleitet und somit nicht die Voraussetzung des § 46 Abs. 4 des Apothekengesetzes (ApG) erfüllt. Der Beschwerdeführer habe 1989 die Realapotheke in V gekauft und entgegen der Vorschrift des Art. II Abs. 4 der ApG-Novelle 1984 nicht um Konzessionserteilung für den Betrieb dieser Apotheke angesucht. Er sei zwar mit der Leitung dieser Apotheke betraut worden, aber weiter Realrechtsinhaber geblieben. Erst 1993 sei die Konzessionserteilung für die Apotheke in V erfolgt, womit das Realrecht erloschen sei. Es sei allerdings nicht eindeutig, ob man den Beschwerdeführer als Inhaber einer Realgerechtsame im Sinne des Art. II Abs. 4 der ApG-Novelle 1984 ansehen könne, der von der Möglichkeit der Fortführung seiner Apotheke nicht Gebrauch machen wolle, wenn er nach wie vor die Apotheke leite und Mag. P. wegen seines fortgeschrittenen Alters nur als Strohmann für die Konzessionserteilung benütze. Nach Ansicht der belangten Behörde stelle es keine Übertragung einer Apotheke auf einen anderen dar, wenn man weiterhin 75 % der Apotheke samt faktischer Leitung innehabe und 25 % einem anderen als Anteil an einer OHG übertrage. Für die belangte Behörde sei nicht mit absoluter Klarheit erkennbar, ob das Konzessionsansuchen des Beschwerdeführers nicht schon nach § 46 Abs. 4 ApG abzuweisen sei, weshalb auf die Bedarfsprüfung eingegangen werde.
Zur Bedarfsfrage führte die belangte Behörde aus, unter dem Gesichtspunkt der leichten Erreichbarkeit sowohl mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit privaten Fahrzeugen bzw. zu Fuß sei jedenfalls das unmittelbar an die beantragte Apotheke anschließende Gebiet, das seien die Zählsprengel 511, 512 und 531 zur Gänze, 513 und 514 je zur Hälfte und 923 zu einem Drittel mit insgesamt 2075 ständigen Einwohnern und 98 Personen mit weiterem ordentlichen Wohnsitz voraussichtlich der beantragten Apotheke zuzurechnen. Das an die St. Veiter Straße direkt anschließende Gebiet sei durch eine Buslinie erschlossen, die auch noch einem Teil der Feschnig-Siedlung mit 2435 ständigen Einwohnern und 38 Personen mit Zweitwohnsitz die Möglichkeit gebe, die geplante Apotheke neben der N-Apotheke zu erreichen. Da die Einwohner der Feschnig-Siedlung offenbar gleich weit sowohl zur N-Apotheke als auch zur beantragten Apotheke hätten, könne jedoch nur die Hälfte davon, nämlich 1217 Personen, der geplanten Apotheke zugerechnet werden.
Bei der Auswahl der Zählsprengel sei einerseits auf die Nähe zur geplanten Apotheke, die Verbindung mit der Buslinie und andererseits auf die Argumente des Beschwerdeführers Bedacht genommen worden. Dabei sei von der Ansicht des LH insofern abgewichen worden, als der östliche Teil des beantragten Standortes, nämlich die Sprengel 1065, 1064 und 611 als der M-Apotheke zugehöriges Versorgungsgebiet angesehen würden und höchstens marginal für die geplante Apotheke in Frage kämen. Das Gebiet östlich der Pischeldorfer Straße sei durch diese Straße sichtlich besser mit dem Zentrum bzw. der M-Apotheke verbunden. Inwiefern die zur Hälfte bzw. zu einem Drittel berechneten Sprengel tatsächlich räumlich aufzuteilen seien, könne nicht exakt festgestellt werden.
Zu den nach § 10 Abs. 5 ApG zu berücksichtigenden Personen führte die belangte Behörde aus, im Kerngebiet um die beantragte Apotheke befänden sich das LKH mit
ca. 2700 Beschäftigten, davon 1700 auswärtigen, also nicht in Klagenfurt wohnenden, die Stadtwerke Klagenfurt mit 289 auswärtigen Mitarbeitern, der L-Diskont mit nur einem auswärtigen Beschäftigten, die Firma S mit 23 und die Firma B mit 25 auswärtigen Mitarbeitern; dies seien zusammen 2038 auswärtige Beschäftigte. Da Klagenfurt bereits jetzt sehr gut mit öffentlichen Apotheken versorgt sei, könne von den in Klagenfurt Beschäftigten nur jener Teil als Versorgungspotential der geplanten Apotheke angesehen werden, der von auswärts komme. Im Hinblick auf die Tatsache, daß vom LKH die N-Apotheke gleich weit wie die beantragte entfernt sei, sei aber auch von den auswärtigen Beschäftigten nur die Hälfte der beantragten Apotheke zuzuzählen. Es würde nämlich eine Doppelzählung bedeuten, wollte man in Klagenfurt wohnende Personen an ihrem Wohnort und an ihrem Beschäftigungsort in Klagenfurt jeweils einer Apotheke (in Summe also zwei Apotheken) zuordnen.
Die von auswärts kommenden Patienten der LKH-Ambulanz hätten im ersten Halbjahr 1993 40.402 betragen, das mache pro Tag 220 aus; es könne daher von 220 zusätzlichen Kunden für die Klagenfurter Apotheken ausgegangen werden. Ob diese allerdings die geplante Apotheke aufsuchen würden, sei ungewiß. Die Hälfte von ihnen könne auf Grund der gleichen Entfernung auch der N-Apotheke zugerechnet werden.
Unter Bedachtnahme auf all diese verschiedenen Faktoren gehe die belangte Behörde davon aus, daß von der geplanten Apotheke 3292 ständige Einwohner, 62 Personen mit Zweitwohnsitz, 1188 auswärtige Beschäftigte sowie etwa 110 Personen aus dem Kreis der Ambulanzbesucher des LKH, somit 4652 Personen, zu versorgen sein würden.
Die im Standort vorhandenen Arztordinationen könnten sicherlich auch dazu beitragen, die Kundenanzahl der neuen Apotheke zu steigern; in welcher Dimension dies der Fall sei, könne jedoch von der Behörde nicht genau festgestellt werden. Somit lägen die Voraussetzungen für eine Konzessionserteilung nicht vor. Im übrigen wäre die nicht erfolgte Entäußerung der Realapotheke für sich allein ein ausreichender Grund für die Ablehnung des Konzessionsantrages gewesen.
1.5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
1.6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligten Parteien haben ebenfalls Gegenschriften erstattet, in denen sie beantragen, der Beschwerde keine Folge zu geben.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, er sei nicht mehr Inhaber der Realgerechtsame für die Apotheke in V. Diese Apotheke sei zwar ursprünglich in der Rechtsform einer Realapotheke betrieben worden; in der Zwischenzeit handle es sich aber um eine konzessionierte Apotheke. Mit Bescheid des LH vom 2. Februar 1993 sei Mag. pharm. P. die Konzession zum Betrieb dieser öffentlichen Apotheke erteilt worden; damit habe die Apotheke ihre Eigenschaft als Realapotheke verloren. Der Beschwerdeführer selbst sei nie Konzessionsinhaber dieser Apotheke gewesen. Eine Anwendung des § 3 Abs. 7 ApG auf den vorliegenden Fall komme nicht in Betracht.
2.2. Nach § 46 Abs. 4 ApG muß der Konzessionswerber, wenn er bereits im Besitz einer Konzession zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke ist, zugleich diese Konzession bedingungsweise für den Fall der Erlangung einer neuen Konzession zurücklegen. Ebenso hat der Konzessionswerber, welcher eine ihm eigentümliche Realapotheke betreibt, den Nachweis zu erbringen, daß er sich für den Fall der Konzessionserteilung der Realapotheke entäußert hat.
Der Beschwerdeführer war nie im Besitz einer Konzession zum Betrieb der öffentlichen Apotheke "Y" in V. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides hat er auch keine Realapotheke mehr betrieben. Mit Bescheid des LH vom 2. Februar 1993 wurde nämlich Mag. pharm. P. die Konzession zum Betrieb der genannten Apotheke in V erteilt. Damit erlosch nach Art. II Abs. 4 letzter Satz ApG-Novelle 1984, BGBl. Nr. 502, die Realgerechtsame. War aber zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides seine Realapotheke nicht mehr vorhanden, dann konnte auch § 46 Abs. 4 zweiter Satz ApG nicht mehr zur Anwendung kommen.
Von der Anwendbarkeit des § 3 Abs. 7 ApG auf den Beschwerdefall ist die belangte Behörde ohnedies nicht ausgegangen.
2.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, die belangte Behörde habe im Gegensatz zum LH die Einwohner der Zählsprengel 1065, 1064 und 611 nicht seiner geplanten Apotheke, sondern der M-Apotheke zugerechnet. Auch wenn die belangte Behörde mit ihrer - unzutreffenden - Annahme im Recht wäre, die räumliche Zuordnung der Bewohner der genannten Zählsprengel könne nicht exakt festgestellt werden, wäre es jedenfalls unzulässig, diese Zählsprengel überhaupt nicht zu berücksichtigen.
2.4. § 10 ApG lautet auszugsweise:
"(1) Die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke ist zu erteilen, wenn
1.
in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und
2.
ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.
(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn
1.
die Zahl der von der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen weniger als 5500 beträgt oder
2.
...
(3) Zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z. 1 sind die ständigen Einwohner aus dem Umkreis von 4 Straßenkilometern von der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke zu versorgen sein werden.
...
(5) Beträgt die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne der Abs. 3 oder 4 weniger als 5500, so sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen."
Das Ergebnis der nach § 10 ApG durchzuführenden Bedarfsprüfung hat in einer auf entsprechende Erhebungen gestützten prognostischen Zuordnung konkreter Kundenpotentiale zu den beteiligten Apotheken zu bestehen (vgl. das
hg. Erkenntnis vom 29. November 1993, Zl. 92/10/0110, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Die belangte Behörde hat die Zählsprengel 1064, 1065 und 611 - anders als der LH - nicht der geplanten Apotheke, sondern der M-Apotheke zugerechnet. Begründet wurde dies aber - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht damit, daß eine räumliche Zuordnung nicht exakt möglich sei - diese Aussage bezieht sich nicht auf die Zählsprengel 1064, 1065 und 611, sondern auf die zur Hälfte bzw. zu einem Drittel dem Beschwerdeführer zugerechneten Zählsprengel -, sondern damit, daß das Gebiet östlich der Pischeldorfer Straße durch diese Straße sichtlich besser mit dem Zentrum bzw. der M-Apotheke verbunden sei.
Gegen die Zuordnung der Zählsprengel 1064 und 1065 zur M-Apotheke bestehen keine Bedenken, zeigt doch ein Blick auf den Stadtplan von Klagenfurt, daß diese Zählsprengel näher bei der M-Apotheke als bei der geplanten Apotheke des Beschwerdeführers gelegen sind. Der Beschwerdeführer bemängelt zwar die Zurechnung dieser Zählsprengel zur M-Apotheke, läßt es aber an konkreten Hinweisen fehlen, welche diese nach dem Stadtplan nicht als unrichtig zu erkennende Zuordnung als unzutreffend erscheinen ließe.
Hingegen kann der belangten Behörde nicht gefolgt werden, wenn sie den Zählsprengel 611 zur Gänze der M-Apotheke zuordnet, da eine solche Zuordnung mit dem Stadtplan in Widerspruch steht. Hier hätte es einer eingehenderen Auseinandersetzung bedurft. Gegebenenfalls wäre eine konkrete Zuordnung der in bestimmten Straßenzügen und Häusern wohnhaften Bevölkerung zum Versorgungspotential der einen oder anderen Apotheke vorzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1994, Zl. 92/10/0477, und die dort angeführte Vorjudikatur).
2.5. Der Beschwerdeführer bemängelt, die belangte Behörde habe nicht begründet, warum sie bestimmte Zählsprengel zur Gänze, andere nur zur Hälfte und andere wieder nur zu einem Drittel für die Ermittlung des Versorgungspotentiales der geplanten Apotheke herangezogen habe; dies sei umso unverständlicher, als die Landesgeschäftsstelle Klagenfurt der Apothekerkammer, ja sogar die mitbeteiligten Parteien davon ausgegangen seien, daß eine weit höhere Zahl an ständigen Einwohnern zum Versorgungspotential der geplanten Apotheke gehöre. Der mit den örtlichen Verhältnissen bestens vertraute Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt habe eine Zahl von 8265 Personen genannt.
2.6. Die vom Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt genannte Zahl von 8265 Personen bezieht sich auf die im (ursprünglich beantragten) Standort wohnhaften Personen; daraus kann aber noch nicht auf die von der geplanten Apotheke zu versorgenden Personen geschlossen werden.
Der LH hat in der Begründung seines Bescheides festgestellt, daß die Landesgeschäftsstelle Klagenfurt der Apothekerkammer in ihrem Gutachten von veraltetem statistischem Material ausgegangen sei; dies wurde vom Beschwerdeführer nicht widerlegt.
2.7. Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, die von der belangten Behörde herangezogene Zahl von Personen der Feschnig-Siedlung sei unrichtig. In dieser Siedlung lebten nicht bloß 2435 Personen, sondern 3972, wie der Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren dargestellt habe. Die Bewohner dieser Siedlung seien nicht nur zur Hälfte für die geplante Apotheke heranzuziehen, sondern in einem wesentlich höheren Ausmaß (zwei Drittel).
2.8. Die belangte Behörde geht in der Begründung ihres Bescheides davon aus, ein Teil der Feschnig-Siedlung mit 2435 ständigen Einwohnern und 38 Personen mit Zweitwohnsitz käme als Versorgungspotential für die geplante Apotheke und für die N-Apotheke in Betracht, gibt aber nicht an - etwa durch Nennung der Zählsprengel oder der Straßenzüge -, welchen Teil der Feschnig-Siedlung sie meint, sodaß schon aus diesem Grund ihre diesbezügliche Annahme nicht nachprüfbar ist. Sie hat sich auch nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren auseinandergesetzt, daß nicht bloß 2435 Personen, sondern 3972 zu berücksichtigen seien.
Die belangte Behörde hat weiters angenommen, die in Betracht kommenden ständigen Einwohner der Feschnig-Siedlung seien auf Grund der gleichen Entfernung zur geplanten Apotheke und zur N-Apotheke diesen beiden Apotheken je zur Hälfte zuzurechnen. Nun sind zwar Fälle denkbar, in denen die Frage der leichteren Erreichbarkeit der einen oder der anderen Betriebsstätte für einen bestimmten, zahlenmäßig feststehenden Personenkreis nach (insbesondere) räumlichen und verkehrstechnischen Gesichtspunkten nicht entschieden werden kann, weil in der Erreichbarkeit der beiden Betriebsstätten für diesen Personenkreis keine solchen Unterschiede bestehen, die bei lebensnaher Betrachtung für einen Entschluß, die eine oder die andere Apotheke aufzusuchen, von Bedeutung sein können. In einem solchen Fall bestehen keine Bedenken dagegen, die Bevölkerung eines solchen Gebietes jeweils nach gleichen Bruchteilen dem Versorgungspotential der in Betracht kommenden Apotheken (bei zwei in Betracht kommenden Apotheken somit jeweils zur Hälfte) zuzurechnen. Eine solche Vorgangsweise kommt aber nur dann in Betracht, wenn die Zurechnung einer bestimmten Personengruppe zum Versorgungspotential einer der in Betracht kommenden Apotheken im Rahmen einer nachvollziehbaren Prognoseentscheidung bei lebensnaher Betrachtung nicht möglich ist, weil die für die Zuwendung des Apothekenpublikums zu einer oder anderen Apotheke ausschlaggebenden Umstände in Ansehung beider (aller) in Betracht kommenden Apotheken gleiches Gewicht haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. November 1993, Zl. 92/10/0110). Nun hat aber der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eine Reihe von Argumenten ins Treffen geführt, die belegen sollen, daß von dem in Betracht kommenden Teil der Feschnig-Siedlung ein höherer Anteil als die Hälfte der dortigen ständigen Einwohner seiner geplanten Apotheke zuzurechnen sei. Mit diesen Argumenten hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt und dadurch Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
2.9. Der Beschwerdeführer meint, wesentlichster "Einflutungserreger" sei zweifellos das LKH. Sowohl die ambulant behandelten Patienten als auch die Beschäftigten seien bei der Bedarfserhebung zu berücksichtigen. Außer Betracht zu bleiben hätten hingegen die stationär behandelten Personen; diese würden von der Anstaltsapotheke mit Arzneimitteln versorgt. Im LKH seien 1992 260.138 ambulante Behandlungen durchgeführt worden. Im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde seien allerdings nicht bloß jene ambulant behandelten Personen für das Versorgungspotential der geplanten neuen Apotheke maßgeblich, die von außerhalb Klagenfurts kämen, sondern sämtliche ambulant behandelten Personen. Wie eine Nachfrage im LKH bestätigt habe, werde jede im LKH ambulant behandelte Person mit zumindest einem Rezept eine öffentliche Apotheke aufsuchen. Der Durchschnittsösterreicher hingegen suche - wie sich aus Untersuchungen ergebe - eine öffentliche Apotheke nur rund zehnmal im Jahr auf. Teile man die 260.000 ambulanten Patienten des LKH durch zehn, so ergäben sich 26.000 Einwohnergleichwerte. Nur so sei es auch verständlich, daß die im LKH Salzburg befindliche Apotheke, obwohl sie kaum ständige Einwohner als Kunden habe, allein als öffentliche Apotheke einen Umsatz von mehr als 26 Mio. Schilling jährlich erwirtschafte. Selbst wenn nur 20 % der im LKH ambulant behandelten Personen die nächstgelegene Apotheke aufsuchten, ergäbe dies 5200 Einwohnergleichwerte. Die Annahme der belangten Behörde, Ambulanzrezepte müßten erst am Wohnsitz vom Hausarzt "umgeschrieben" werden, widerspreche der Erfahrung, handle es sich doch dabei häufig um sogenannte "Bagatellrezepte".
Die Aufteilung der ambulanten Patienten durch die belangte Behörde je zur Hälfte auf die geplante neue Apotheke und die N-Apotheke beruhe auf falschen Voraussetzungen, da das LKH nicht nur einen Eingang im Norden, sondern auch zwei weitere im Süden und Osten aufweise, die jeweils nur etwa 50 m von der geplanten Apotheke entfernt seien.
2.10. § 10 Abs. 5 ApG ordnet bei der Bedarfsprüfung die Berücksichtigung von Personen an, die auf Grund der Inanspruchnahme von Einrichtungen zu versorgen sind. Welche Einrichtungen gemeint sind, wird nicht definiert. Anhaltspunkte dafür können aber aus § 10 Abs. 2 ApG in der Fassung der ApG-Novelle 1984, BGBl. Nr. 502, gewonnen werden. Danach waren bei der Bedarfsprüfung die Lebensverhältnisse der Bevölkerung sowie der Verkehr im Standort und in der Umgebung, die vorhandenen Krankenanstalten, Heime, Schulen und Erziehungsanstalten, größere gewerbliche und industrielle Betriebe in Betracht zu ziehen. § 10 ApG wurde zwar durch die ApG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 362, neu gefaßt; § 10 Abs. 5 ApG spricht nur mehr von der Inanspruchnahme von Einrichtungen, enthält aber keine Aufzählung solcher Einrichtungen mehr. Wie allerdings den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1336 BlgNR 17. GP, 4) zu entnehmen ist, sollten damit lediglich die Kriterien der Bedarfsprüfung klarer gefaßt werden. Hingegen bieten die Erläuterungen keinen Hinweis, daß die im § 10 Abs. 2 ApG in der Fassung vor der Novelle 1990 genannten Einrichtungen nicht auch als Einrichtungen im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG in der Fassung der Novelle 1990 anzusehen sind. Vor dem aus den Erläuterungen ableitbaren Hintergrund, daß keine inhaltliche Änderung beabsichtigt war, sondern nur eine Begriffsklarstellung, ist die Annahme gerechtfertigt, daß zu den zu berücksichtigenden Einrichtungen jedenfalls auch Krankenanstalten zählen.
Zutreffend gehen sowohl der Beschwerdeführer als auch die belangte Behörde davon aus, daß lediglich die ambulant behandelten Personen in die Bedarfsprüfung einbezogen werden können, da die stationär behandelten Patienten aus der Anstaltsapotheke versorgt werden. Fraglich und auch im Beschwerdefall zwischen belangter Behörde und Beschwerdeführer umstritten ist das Ausmaß der Berücksichtigung der ambulanten Patienten, wobei sowohl die Frage, welche ambulanten Patienten (alle oder lediglich "auswärtige") zu berücksichtigen sind, als auch das Ausmaß ihrer Berücksichtigung und auch der Umfang der Zuordnung zu den einzelnen Apotheken strittig sind. Diese Fragen hat die belangte Behörde nicht durch konkret dargelegte Erfahrungswerte oder sonstige nachvollziehbare Daten und Fakten gelöst, sondern durch nicht in nachvollziehbarer Weise begründete Behauptungen und Annahmen.
Die belangte Behörde hat bei der Bedarfserhebung lediglich die "auswärtigen", d.h. nicht in Klagenfurt wohnenden ambulant behandelten Personen berücksichtigt, ohne eine Begründung hiefür anzugeben. Die Behauptung der belangten Behörde in der Gegenschrift, sie habe dies mit der Vermeidung einer Doppelzählung begründet, trifft nicht zu, da sich diese Begründung (S. 28 des angefochtenen Bescheides) nur auf die Beschäftigten im LKH und in anderen Betrieben beizieht. Eine solche Begründung wäre im übrigen auch unzureichend, da sie nichts darüber aussagt, ob solche Personen die in der Nähe des LKH geplante Apotheke des Beschwerdeführers aufsuchen würden bzw. ohne Begründung davon ausgeht, daß diese Personen zur Deckung ihres Arzneimittelbedarfes die ihrer Wohnung nächstgelegene Apotheke aufsuchen würden. Solches hat der Verwaltungsgerichtshof zwar in seinen Erkenntnissen vom 26. September 1994, Zlen. 94/10/0042, 0045, und vom 24. März 1992, Zl. 87/08/0089, für bestimmte Pendler mit der Begründung angenommen, es handle sich um Tagespendler, die noch während des Arbeitstages an ihren Wohnort zurückkehrten und die Familie des Pendlers sowie diese selbst hielten sich im Falle einer Erkrankung in den Wohnsitzgemeinden auf, suchten in der Regel dort ihren Arzt auf und versorgten sich in möglichster Nähe mit den notwendigen Arzneimitteln. Ob diese Situation aber bei den ambulant behandelten Personen des LKH vorliegt, ist fraglich, weil der Arztbesuch bzw. Ambulanzbesuch nicht in der Nähe der Wohnung erfolgt. Ohne entsprechende Begründung - etwa durch Rückgriff auf Erfahrungswerte - kann nicht nachgeprüft werden, ob die Annahme der belangten Behörde, daß nur außerhalb Klagenfurts wohnende ambulante Personen als Versorgungspotential für die geplante Apotheke des Beschwerdeführers in Betracht kommen, zutrifft.
Die belangte Behörde hat durch Division der auswärtigen ambulanten Patienten des LKH im ersten Halbjahr 1993 durch den Divisor 182, also durch Umrechnung auf die pro Tag im LKH ambulant behandelten Personen, eine Zahl von 220 Personen errechnet, die als Kunden für Klagenfurter Apotheken in Betracht kämen. Sie begründet aber nicht, inwiefern die Zahl der täglichen ambulanten Patienten für die Bedarfsermittlung maßgeblich sein soll. Die Anwendung eines "Tagesdivisors" hätte aber einer entsprechenden Begründung bedurft (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 29. November 1993, Zlen. 92/10/0393, 0396, und vom 17. Mai 1993, Zl. 92/10/0117). Der durch einen Ambulanzpatienten hervorgerufene Bedarf wäre in Relation zu dem durch einen ständigen Einwohner im 4-km-Polygon hervorgerufenen zu setzen gewesen.
Schließlich ist die belangte Behörde bei der Zuordnung der aus den ambulanten Patienten des LKH stammenden Kunden zur geplanten Apotheke des Beschwerdeführers von Sachverhaltsannahmen ausgegangen, zu denen dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben wurde, sich zu äußern und von denen der Beschwerdeführer behauptet, sie seien unzutreffend. Durch diese Vorgangsweise hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel belastet.
2.11. Der Beschwerdeführer bringt vor, in unmittelbarer Umgebung der geplanten Apotheke befänden sich
19 Arztordinationen. Eine derart außergewöhnliche Konzentration von Arztordinationen sei - wie die Praxis zeige - ein wesentlicher Einflutungserreger. Dieser sei von der belangten Behörde nicht berücksichtigt worden. Gleiches gelte für das Haus der Kärntner Ärzte sowie zahlreiche Nahversorgungseinrichtungen und die BKS-Passage mit Bankeinrichtungen, Einkaufspassage etc.
2.12. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 17. Mai 1993, Zl. 90/10/0123, unter Hinweis auf das Vorerkenntnis vom 30. Mai 1985, Zl. 83/08/0181, die Auffassung vertreten, die räumliche Aufteilung des Kundenpotentials eines Stadtgebietes bzw. Stadtrandgebietes gehe von einer im Grunde gleichmäßigen Versorgungsdichte durch Ärzte aus, sodaß auf die Lage der Ordinationen im maßgeblichen Gebiet nicht Bedacht genommen werde. Die Lage der Berufssitze der Ärzte im maßgeblichen Gebiet sei als Indikator für die Prognose des voraussichtlichen Kundenverlustes einer Apotheke grundsätzlich - von Ausnahmen abgesehen - ungeeignet. Daraus folgt, daß Arztordinationen als Einflutungserreger nicht in Betracht kommen.
Was die vom Beschwerdeführer angeführten sonstigen Einrichtungen (insbesondere Betriebe) betrifft, so sind sie bezüglich ihrer Beschäftigten zum Teil (z.B. L-Diskont, S) von der belangten Behörde berücksichtigt worden. Hingegen hat die belangte Behörde nicht begründet, warum sie die Beschäftigten anderer vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren als Einflutungserreger genannter Einrichtungen nicht berücksichtigt hat.
2.13. Zusammenfassend ist festzustellen, daß der ermittelte Sachverhalt nicht ausreicht, um zu beurteilen, ob ein Bedarf nach der vom Beschwerdeführer geplanten neuen öffentlichen Apotheke besteht.
Aus den dargestellten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid somit als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
2.14. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Existenzgefährdung Bedarfsbeurteilung Existenzgefährdung Prognose Parteistellung Bedarf StandortEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994100123.X00Im RIS seit
25.04.2001