TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/23 94/10/0129

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Veröffentlicht am 23.01.1995
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §59 Abs1;
NatSchG Vlbg 1969 §21;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §1 Abs1 idF 1992/026;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §1 Abs3;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §1 idF 1992/026;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §2 Abs1;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §2 Abs3;
StreuewiesenV Rheintal Walgau Vlbg 1990 §2;
VVG §1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Novak, Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des G in K, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 10. Jänner 1994, Zl. IVe-146/146-93, betreffend Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Jänner 1994 wurde dem Beschwerdeführer unter Berufung auf die §§ 4 und 21 des Vorarlberger Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 36/1969 (Vbg. NSchG) und § 2 der Verordnung über die Erhaltung von Streuewiesen im Rheintal und im Walgau, LGBl. Nr. 40/1990 i.d.F. LGBl. Nr. 26/1992 (Streuewiesen-VO), folgender Auftrag erteilt:

"1. Der auf der Gp. 3639 angelegte, ca. 80 m lange Entwässerungsgraben ist soweit aufzufüllen, daß die Grabentiefe nicht mehr als 0,5 m unter dem Niveau der angrenzenden Gp. 3640 beträgt. Für die Grabenfüllung ist das auf der Gp. 3639 im nördlich geschützten und im südlich ungeschützten Bereich gelagerte Material zu verwenden.

2. Das auf dem durch die Verordnung über die Erhaltung von Streuewiesen im Rheintal und Walgau geschützten Bereich der Gp. 3639, KG K, abgetragene Erdreich auf einer Fläche von 104 m2 (26 x 4 m) und einer Tiefe von 0,5 m ist mit dem Material aufzufüllen, das in der, im südlichen, nicht geschützten Teil der Gp. 3639 gelegenen Geländemulde, deponiert ist. Für den Fall, daß dieses Material nicht ausreicht, weil ein Teil des widerrechtlich abgelagerten Materials von der Gp. 3639 abtransportiert wurde, ist dieses abtransportierte Material oder gleichartiges Torfmaterial für die Wiederauffüllung zu verwenden.

3. Die unter Pkt. 1 und 2 angeführten Maßnahmen sind bis spätestens 30. Juni 1994 auszuführen."

In der Begründung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe an der Westgrenze der Grundparzelle 3639, KG K, einen ca. 80 m langen Entwässerungsgraben durchschnittlich ca. 1 m tief geöffnet. Weiters habe er auf der Gp. 3639 auf einer Fläche von 35 x 4 m (140 m2) und einer Tiefe von ca. 50 cm Erdreich entfernt. Aus der im § 1 Abs. 1 der Streuewiesen-VO zitierten zeichnerischen Darstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 13. November 1990, Zl. IVe-144, gehe hervor, daß vom südlichen Teil der Gp. 3639 ein Streifen von genau 50 m (gemessen vom südlichen Zufahrtsweg) nicht von der "Streuewiesenverordnung" erfaßt sei. Bei dieser zeichnerischen Darstellung handle es sich um einen maßstabgerechten Lageplan im Maßstab 1 : 5.000. Die abgetragene Fläche (vom südlichen Zufahrtsweg her gemessen) beginne bei m 41. Dies bedeute, daß

von der abgetragenen Fläche (35 m x 4 m = 140 m2) eine Fläche

von 9 x 4 m (= 36 m2) außerhalb des Schutzbereiches der Streuewiesen-VO liege. Somit sei in dem von der Streuewiesen-VO geschützten Bereich auf der Gp. 3639 auf einer Fläche von 104 m2 50 cm tief Erdreich abgetragen worden. Weder für die Aushebung des Grabens auf eine Tiefe von durchschnittlich 1 m noch für die Aushebung der Grube habe der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Maßnahmen eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 3 der Streuewiesen-VO gehabt.

Dem Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz vom 2. März 1993 sei zu entnehmen, daß durch die vom Beschwerdeführer durchgeführte Öffnung des Grabens bis auf eine Tiefe von 1 m die Bodenbeschaffenheit und der Wasserhaushalt (§ 2 Abs. 1 lit. b Streuewiesen-VO) beeinflußt werden könne. Den Ausführungen des Amtssachverständigen sei zu entnehmen, daß die Öffnung des Grabens um mehr als einen halben Meter zur Entwässerung des bisher wassergesättigten Torfkörpers führe und in weiterer Folge der Torfkörper belüftet werde. Dies wiederum führe zu einer Mineralisierung des Torfes, d.h. der Torf zersetze sich langsam. Bei diesem Abbau könne jährlich bis zu 1 cm des Torfprofiles mineralisiert werden.

Stickstoffvorräte, die zusätzlich die Grabenwässer belasten könnten, würden freigesetzt. Somit könne die vom Beschwerdeführer durchgeführte Grabenöffnung auf eine Tiefe von 1 m nicht nur zu einer Beeinflussung der Bodenbeschaffenheit, sondern auch zu einer Beeinflussung der Wassergüte (§ 2 Abs. 1 lit. c der Streuewiesen-VO) führen. Den Ausführungen des Amtssachverständigen sei somit eindeutig zu entnehmen, wie tief ein Graben (nämlich maximal 0,5 m) im Moorbereich sein dürfe, damit es zu keinen Veränderungen im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c der Streuewiesen-VO kommen könne.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, daß es weltfremd sei, bei Abmessungen in der Natur auf cm abzustimmen, sei dahingehend entsprochen worden, daß die cm-Angaben zugunsten des Beschwerdeführers weggelassen worden seien; dies deshalb, um eine weitere "Haarspalterei" zu vermeiden. Es werde jedoch ausdrücklich festgestellt, daß die Abmessungen mit einem geeichten Maßband durchgeführt worden seien; da es keine konkreten Anhaltspunkte dafür gebe, daß der der Streuewiesen-VO zugrundeliegende Lageplan nicht mit den Gegebenheiten in der Natur übereinstimme, sei die Einholung einer Stellungnahme eines Sachverständigen des Vermessungswesens zur Frage, ob ein 1 : 5.000-Lageplan Rückschlüsse im cm-Bereich zulasse, nicht zielführend.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfasungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluß vom 13. Juni 1994, B 381/94, ablehnte und sie mit Beschluß vom 26. August 1994, B 381/94, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattete der Beschwerdeführer eine Beschwerdeergänzung, in der dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angelastet werden.

1.4. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer meint, der Wiederherstellungsauftrag dürfe sich nicht in einem Bescheid erschöpfen, sondern müßte als integralen Bestandteil auch einen Wiederherstellungsplan, also eine planliche Darstellung der geforderten Wiederherstellungsmaßnahmen, beinhalten.

2.2. Keine Rechtsvorschrift sieht vor, daß Wiederherstellungsaufträge nach dem Vbg. NSchG zwingend mit einem Wiederherstellungsplan in Form einer planlichen Darstellung verbunden sein müssen. Eine planliche Darstellung wäre dann erforderlich, wenn ohne sie der Wiederherstellungsauftrag nicht so konkretisiert werden könnte, daß er einer Vollstreckung zugänglich ist. Ein solcher Fall liegt aber hier nicht vor. Überdies liegt dem Wiederherstellungsauftrag ohnedies eine Planunterlage in Form der nach § 1 Abs. 1 der Streuewiesen-VO einen Bestandteil dieser Verordnung bildenden zeichnerischen Darstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 13. November 1990, Zl. IVe-144, zugrunde.

2.3. Der Beschwerdeführer bringt vor, ein Plan im Maßstab 1 : 5.000, wie er der Streuewiesen-VO zugrundeliege, sei nicht geeignet, Grundstücksgrenzen zu bestimmen. Ein mm auf einem solchen Plan entspreche 5 m in der Natur.

2.4. Warum ein Plan im Maßstab 1 : 5.000 nicht geeignet sein sollte, Grundlage für die Ermittlung der Grenzen des geschützten Teiles der Parzelle 3639 zu bilden, ist nicht zu ersehen. Daß 1 mm auf einem solchen Plan 5 m in der Natur entspricht, ist richtig, trägt aber nicht zur Untermauerung der Behauptung bei, ein solcher Plan sei ungeeignet zur Ermittlung der Grenzen des von der Streuewiesen-VO erfaßten Teiles der Parzelle 3639. Der Amtssachverständige wie auch die belangte Behörde haben dargelegt, daß vom südlichen Teil der Parzelle 3639 ein Streifen von 50 m (gemessen vom südlichen Zufahrtsweg) nicht von der Streuewiesen-VO erfaßt ist und daß die vom Beschwerdeführer abgetragene Fläche - vom südlichen Zufahrtsweg her gemessen - bei m 41 beginnt, was bedeutet, daß

von der abgetragenen Fläche (35 x 4 m = 140 m2) eine Fläche von

9 x 4 m = 36 m2) außerhalb des Bereiches der Streuewiesen-VO,

104 m2 aber innerhalb dieses Bereiches liegen. Daß der Amtssachverständige die Breite des von der Streuewiesen-VO nicht erfaßten Teiles der Parzelle 3639 mit "ca. 50 m" angibt, während die belangte Behörde von "genau 50 m" spricht, ist in diesem Zusammenhang ohne entscheidende Bedeutung. Der Beschwerdeführer führt diesen Umstand zwar an, erläutert aber selbst nicht, welche Bedeutung ihm zukommen soll.

2.5. Der Beschwerdeführer bringt vor, nach der Darstellung des angefochtenen Bescheides solle die Parzelle 3639 wieder in unebenen Zustand versetzt werden. Daraus resultiere eine Unklarheit des Spruchpunktes 1, da nicht ein Graben horizontal angelegt werden könne, wenn das danebenliegende Grundstück uneben sei. Nach den Darlegungen des Amtssachverständigen im Gutachten vom 2. März 1993 müsse der Graben nämlich soweit verfüllt werden, daß die Grabensohle maximal einen halben Meter unter dem umliegenden Terrain zu liegen komme. Wenn nach Spruchpunkt 2 das Geländeniveau der Parzelle 3639 durch Beseitigung einer behaupteten Aufschüttung teilweise erheblich unter jenes der Gp. 3640 zu liegen kommen solle, käme es bei ausschließlicher Berücksichtigung des Grundstückes 3640 dazu, daß der Graben dann in der Luft hinge.

2.6. Mit diesem Vorbringen entfernt sich der Beschwerdeführer vom ihm erteilten Auftrag. Dessen Punkt 1 enthält die Verpflichtung, den auf Gp. 3639 angelegten, ca. 80 m langen Entwässerungsgraben soweit aufzufüllen, daß die Grabentiefe nicht mehr als 0,5 m unter dem Niveau der angrenzenden Gp. 3640 beträgt. Punkt 1 ordnet demnach nicht die Anlegung eines Grabens an, sondern die Auffüllung eines bestehenden Grabens und setzt die Grabensohle des an der Grenze zu Gp. 3640 bestehenden, vom Beschwerdeführer vertieften Grabens in Beziehung zum Geländeniveau des angrenzenden Grundstückes 3640, welches vom Wiederherstellungsauftrag nicht berührt wird. Bezüglich der Parzelle 3639 wurde dem Beschwerdeführer eine Auffüllung und nicht eine Abtragung aufgetragen.

2.7. Der Beschwerdeführer bezeichnet Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides als völlig unverständlich; auf seinen Satzkern reduziert, enthalte dieser Schachtelsatz die Aussage, das abgetragene Erdreich sei mit dem Material aufzufüllen, das in der Geländemulde deponiert sei. Dieser Satz sei einer Interpretation nicht zugänglich. Rätselhaft sei auch, wie abtransportiertes Material gleichzeitig widerrechtlich abgelagert worden sein könne. Der Spruch lasse auch offen, welche Fläche von 104 m2 gemeint sei und welches Höhenprofil durch die Aufschüttung hergestellt werden solle. Wenn das Grundstück 3639 im fraglichen Bereich ein Flachmoor sei, dann könne der Beschwerdeführer kein Erdreich abgetragen haben, sondern torfiges Material. Aus der Verwendung des Wortes "Erdreich" ergebe sich genau das, was der vom Beschwerdeführer beigezogene Sachverständige festgestellt habe, nämlich, daß das Grundstück 3639 aus Gley, einem tonigen Material, bestehe. Wenn gar kein Torf abgetragen worden sei, könne es sich auch nicht um Flachmoor handeln. Das Grundstück 3639 sei daher zu Unrecht in die Streuewiesen-VO aufgenommen worden.

2.8. Dem Beschwerdeführer ist zuzugestehen, daß Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides in sprachlicher Hinsicht verunglückt ist, lautet seine Anordnung doch tatsächlich, das abgetragene Erdreich ..... sei mit dem Material aufzufüllen, das in einer Geländemulde deponiert sei. Trotz dieser Formulierung ist aber eindeutig, daß damit gemeint ist, daß jener Bereich, wo der Beschwerdeführer Erdreich abgetragen hat, mit dem Material aufzufüllen ist, das in der im südlichen, nicht geschützten Teil der Parzelle 3639 gelegenen Geländemulde deponiert ist.

Eine Aussage des Inhalts, daß abtransportiertes Material gleichzeitig widerrechtlich abgelagert worden sei, enthält der angefochtene Bescheid nicht. In Punkt 2 des Spruches heißt es lediglich, für den Fall, daß das Material in der Geländemulde auf dem südlichen Teil der Parzelle 3639 nicht ausreiche, weil ein Teil des widerrechtlich abgelagerten Materials von der Gp. 3639 abtransportiert wurde, sei dieses abtransportierte Material oder gleichartiges Torfmaterial für die Wiederauffüllung zu verwenden. Unklar ist zwar, warum die Lagerung auf dem südlichen, nicht geschützten Teil der Parzelle 3639 als widerrechtlich bezeichnet wird, doch ist das ohne Belang, weil an die Bezeichnung dieser Lagerung als widerrechtlich keine Folgen geknüpft werden.

Die Fläche von 104 m2 ist insofern ausreichend umschrieben, als es sich dabei um jene Fläche handelt, auf der im geschützten Bereich der Parzelle 3639 vom Beschwerdeführer Erdreich abgetragen wurde. Der angefochtene Bescheid legt auch die Höhe der Aufschüttung mit 0,5 m fest. Ob es sich bei dem abgetragenen Material um torfiges Material gehandelt hat, ist für die Frage der ausreichenden Konkretisierung des angefochtenen Bescheides ohne Belang.

Mit der Behauptung allein, das Material auf dem geschützten Bereich der Parzelle 3639 sei Gley und es liege daher kein Flachmoor vor, kann der Beschwerdeführer keine Gesetzwidrigkeit der Streuewiesen-VO dartun, weil § 4 Vbg. NSchG, auf den sich die Streuewiesen-VO stützt, nicht auf das Vorliegen eines Flachmoores abstellt, sondern die Behörde zum Schutz von bestimmt abgegrenzten Bezirken ermächtigt, in denen ein besonderer Schutz der Natur in ihrer Ganzheit oder in einzelnen ihrer Teile aus wissenschaftlichen, geschichtlichen, Heimat- und volkskundlichen Gründen oder wegen ihrer landschaftlichen Schönheit oder Eigenart im öffentlichen Interesse liegt. Die Streuewiesen-VO stellt Streuewiesen unter Schutz. Daß solche nicht schutzwürdig seien, hat der Beschwerdeführer nicht dargetan. Bedenken gegen die Streuewiesen-VO bestehen daher auf Grund des Beschwerdevorbringens nicht.

2.9. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde ein unzulängliches Ermittlungsverfahren vor. Nach der Streuewiesen-VO dürften bestehende Grundstücksnutzungen beibehalten werden. Im Verfahren habe ein Auffassungsunterschied zwischen der Behörde und dem Beschwerdeführer darüber bestanden, ob zum Zeitpunkt der Erlassung der Streuewiesen-VO der Maisacker auf dem Grundstück schon bestanden habe. Der Beschwerdeführer habe zum Beweis dafür, daß der Maisacker bereits vor Inkrafttreten der Streuewiesen-VO bestanden habe, Zeugen namhaft gemacht, die aber von der Behörde nicht vernommen worden seien.

2.10. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis im Recht.

Nach Abs. 1 des mit "geschützte Streuewiesen" überschriebenen § 1 der Streuewiesen-VO sind die in der zeichnerischen Darstellung des Amtes der Vorarlberger Landesregierung vom 13. November 1990, Zl. IVe-144, sowie im Grundstücksverzeichnis der Anlage ausgewiesenen Grundflächen in der Talsohle des Rheintals und des Walgaus nach dieser Verordnung als Streuewiesen zu erhalten.

Nach § 2 Abs. 1 der Streuewiesen-VO dürfen auf den im § 1 genannten Grundflächen keine Veränderungen oder sonstigen Einwirkungen vorgenommen werden, die geeignet sind, Interessen des Naturschutzes zu beeinträchtigen. Danach ist es insbesondere verboten (lit. b) Bodenbestandteile wegzunehmen oder Materialien zu lagern oder abzulagern oder (lit. c) Maßnahmen durchzuführen, welche die Bodenbeschaffenheit, den Wasserhaushalt und die Wassergüte beeinflussen können.

Nach § 2 Abs. 3 leg. cit. sind die im § 1 genannten Grundflächen in herkömmlicher Weise zu pflegen und als Streuewiesen zu nutzen. Sie dürfen nicht entwässert, umgebrochen, beweidet, gedüngt oder mit Chemikalien behandelt und nur einmal jährlich in der Zeit vom 1. September bis 15. März gemäht werden. Wird eine Grundfläche, die im vorangegangenen Jahr nicht gemäht worden ist, trotz Aufforderung nicht bis zum 30. November gemäht, so hat der Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigte zu dulden, daß die Behörde auf eigene Rechnung und Gefahr die Mahd durchführt und das Mähgut beseitigt.

Aus dem Titel der Streuewiesen-VO ("Verordnung über die Erhaltung von Streuewiesen im Rheintal und im Walgau"), der Überschrift zu § 1 ("geschützte Streuewiesen"), der Anordnung im § 1 Abs. 1, daß die dort bezeichneten Grundflächen als Streuewiesen zu ERHALTEN sind und aus der Bestimmung des § 2 Abs. 3, daß die im § 1 genannten Grundflächen als Streuewiesen zu nutzen sind, ergibt sich, daß Schutzobjekt der Streuewiesen-VO Streuewiesen sind und daß der Verordnungsgeber davon ausgeht, daß die im § 1 Abs. 1 leg. cit. genannten und im Anhang aufgezählten bzw. planlich dargestellten Flächen Streuewiesen sind. Nur für sie sollen die Gebote der §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 3 sowie die Verbote des § 2 Abs. 1 der Verordnung gelten. Aus dieser Intention des Verordnungsgebers, (nur) Streuewiesen zu schützen und ihre Behandlung den Anordnungen der §§ 1 Abs. 1 und 2 Abs. 3 und den Verboten des § 2 zu unterwerfen, folgt, daß für Flächen, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung keine Streuewiesen waren, die Verordnung nicht anzuwenden ist, auch wenn diese Flächen in der Verordnung angeführt sind. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, daß solche Flächen einer Kulturumwandlung (in eine Streuewiese) zu unterziehen wären. Daß der Verordnungsgeber einen derart gravierenden Eingriff setzen wollte, ist schon durch die Formulierung, daß diese Flächen als Streuewiesen zu ERHALTEN sind, ausgeschlossen.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren behauptet, der Mittelteil des Grundstückes 3639 sei schon ein Maisacker gewesen, bevor die Streuewiesen-VO in Kraft getreten sei. Die gegenteilige Aussage des Zeugen J. P. sei durch die Aussagen zweier namentlich genannter Zeugen widerlegt, deren Einvernahme beantragt werde.

Eine im Akt erliegende Handskizze sowie die Ausführungen in einem an J. P. und den Beschwerdeführer ergangenen Bescheid der BH Feldkirch deuten daraufhin, daß jene Fläche, die Gegenstand des dem Beschwerdeführer erteilten Wiederherstellungsauftrages ist, einen Teil des in Rede stehenden Maisackers ausmachte.

Die belangte Behörde hat sich mit der Frage, ob der Maisacker bereits vor dem Inkrafttreten der Streuewiesen-VO bestand, nicht auseinandergesetzt. Diese Frage ist aber entscheidungswesentlich. Gelingt nämlich dem Beschwerdeführer der Nachweis, daß der Maisacker schon vor der Streuewiesen-Verordnung vorhanden war, dann unterlag die vom Maisacker umfaßte Fläche nicht mehr der Streuewiesen-VO. Die Auflösung des Widerspruches zwischen der nur Streuewiesen erfassenden Textierung der Verordnung und der planlichen Darstellung der erfaßten Grundstücke in ihrem Anhang kann nur darin bestehen, daß der Textierung der Vorrang zukommt, da sonst, wie gezeigt, Ergebnisse erzielt würden, die vom Verordnungsgeber nicht gewollt waren.

2.11. Aus den dargelegten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben war.

2.12. Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zuviel verrechnete Stempelgebühren.

Schlagworte

Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Inhalt des Spruches Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994100129.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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