TE Vwgh Beschluss 1995/1/24 94/04/0224

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Veröffentlicht am 24.01.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §36 Abs5;
VwGG §45 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über den Antrag des S in G, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0055-6, abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens den Beschluß gefaßt:

Spruch

Der Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0055-6, abgeschlossenen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird abgewiesen.

Begründung

Mit hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994 wurde die Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Februar 1994, GZ. 316.780/2-III/4/93, betreffend die Abweisung eines Devolutionsantrages als unbegründet abgewiesen.

Der Antragsteller begehrt nunmehr die Wiederaufnahme dieses verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG, weil im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen worden und anzunehmen sei, daß sonst das Erkenntnis anders gelautet hätte. In der Begründung führt der Antragsteller hiezu aus, gemäß § 36 Abs. 5 VwGG habe der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer eine Ausfertigung der Gegenschrift samt Beilagen unverzüglich, jedenfalls aber spätestens mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis zu bringen. Die Gegenschrift sei ihm jedoch nicht zur Kenntnis gebracht worden. Er habe daher auch keine Gegenäußerung zum Vorbringen der belangten Behörde in deren Gegenschrift erstatten können. Dieses Recht stünde ihm gemäß § 36 Abs. 8 VwGG zu. Aus der Begründung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0055-6, habe er entnehmen können, daß die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattet habe, welche u.a. eine Beschreibung der Sachlage und die Annahme der belangten Behörde darüber, daß die Verzögerung der Entscheidung der Gewerbebehörde erster Instanz nicht auschließlich auf deren Verschulden zurückzuführen sei, sondern durch die angeblichen unüberwindlichen Hindernisse verursacht worden sei, enthalten solle. Das Erkenntnis hätte anders gelautet, wenn im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör entsprochen worden wäre. Ein Verschulden des Antragstellers sei weder von der belangten Behörde noch vom Verwaltungsgerichtshof festgestellt worden. Ein ausschließliches Verschulden der Behörde im Sinne des § 73 Abs. 2 letzter Satz AVG könne jedoch nur dann ausgeschlossen werden, wenn ein unüberwindliches Hindernis vorliege. Auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Oktober 1994 habe die belangte Behörde dieses unüberwindliche Hindernis darin gesehen, daß die Stellungnahme des damaligen Beschwerdeführers erst am 22. September 1993 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt sei. Diese am 22. September 1993 bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangte Stellungnahme sei jedoch in Beantwortung des Aufforderungsschreibens dieser Behörde vom 4. August 1993 erfolgt, in dem keine Frist für die Abgabe der Stellungnahme festgesetzt worden sei. Sollte für die Bearbeitung dieser Angelegenheit eine Stellungnahme des Beschwerdeführers innerhalb einer bestimmten Frist erforderlich gewesen sein, hätte die genannte Behörde diese Frist festsetzen bzw. zumindest mitteilen müssen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Eine Antwortfrist sei weder im Aufforderungsschreiben noch nachträglich bestimmt worden. Wäre eine solche Frist festgesetzt worden, hätte sie der Beschwerdeführer sicherlich eingehalten. Der Termin für die Abgabe der Stellungnahme des Beschwerdeführers hätte von der erstinstanzlichen Behörde "durch die Festlegung der Antwortsfrist wohl definiert, beeinflußt und geregelt werden" können. Die Behörde hätte dabei den "ihr passenden Termin nach eigener Wahl festlegen und die von der belangten Behörde angenommenen "Hindernisse" im voraus überwinden" können. Ob, welche bzw. wie lange dauernde Erhebungen die Behörde zwecks der Begutachtung der Stellungnahme des Beschwerdeführers unternehmen werde, habe nur die Behörde selbst wissen bzw. berechnenen können und hätte diese bei der Festlegung der Antwortfrist ins Kalkül ziehen müssen. Der Beschwerdeführer habe darauf keinen Einfluß gehabt. Der Beschwerdeführer habe hingegen damit rechnen können, daß er

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sofern er alle Obliegenheiten vorschriftsmäßig erledigt und die erforderliche Stellungnahme abgegeben habe - innerhalb einer durch das Gesetz bestimmten Erledigungsfrist die bescheidmäßige Entscheidung in seiner Angelegenheit bekomme. Hätte die erstinstanzliche Behörde die Erfüllung der Entscheidungspflicht innerhalb der gesetzlichen Sechsmonatsfrist angestrebt, wäre es ihr im vorliegenden Fall

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unter Berücksichtigung des bereits ab 15. Jänner 1993 bekannten Umstandes, daß sich die Rechtslage mit 1. Juli 1993 ändern würde, sowie unter Annahme, daß die Behörde für ihre Entscheidung eine Stellungnahme des Antragestellers benötigte - durchaus möglich und denkbar gewesen, den Beschwerdeführer beispielsweise bereits am 1. Juli 1993 aufzufordern, die erforderliche Stellungnahme binnen vier Wochen abzugeben. Diesfalls hätte die Behörde diese Stellungnahme zum Zeitpunkt der tatsächlich stattgefundenen Aufforderungen am 4. August 1993 bereits zugeschickt erhalten.

Der Verwaltungsgerichtshof ging in seinem Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0055-6, auf Grund der vorgelegten Verwaltungsakten von folgendem - auch im vorliegenden Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht bestrittenen - Sachverhalt aus:

Mit Anbringen vom 10. Mai 1993, beim Landeshauptmann von Steiermark eingelangt am 11. Mai 1993, beantragte der Beschwerdeführer (nunmehriger Antragsteller) "die Gleichstellung mit Inländern im Sinne § 14 Abs. 2 GewO 1973 für die Ausübung des Gewerbes Spediteure gemäß § 103 lit. b Z. 44 GewO 1973". Über Aufforderung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 13. Mai 1993 gab die Handelskammer Steiermark mit am 3. Juni 1993 bei der Behörde eingelangtem Schreiben eine Stellungnahme ab, welche dem Beschwerdeführer am 9. Juni 1993 mit der Möglichkeit zur Äußerung binnen vier Wochen zur Kenntnis gebracht worden ist. Die Stellungnahme des Beschwerdeführers langte am 28. Juni 1993 bei der zuständigen Gewerbebehörde ein. Mit Schreiben vom 3. August 1993 forderte die Behörde den Beschwerdeführer im Hinblick auf die mit 1. Juli 1993 geänderte Gesetzeslage auf mitzuteilen, "in welchem volkswirtschaftlichen Interesse die beabsichtigte Gewerbeausübung liegt". Hiezu äußerte sich der Beschwerdeführer mit am 22. September 1993 bei der Behörde eingelangtem Schreiben unter Anschluß eines Beilagenkonvolutes. Nach Übermittlung des Gewerbeaktes an die Handelskammer Steiermark zur neuerlichen Stellungnahme äußerte sich letztere mit am 27. Oktober 1993 bei der Behörde eingelangtem Schreiben, welches dem Beschwerdeführer am 11. November 1993 von der Behörde mit der Aufforderung zur Kenntnis gebracht wurde, binnen vier Wochen eine Stellungnahme abzugeben. Hierauf langte am 15. November 1993 beim Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten ein Devolutionsantrag ein, welchen der Bundesminister mit Bescheid vom 14. Februar 1994 gemäß § 73 Abs. 2 AVG abwies und welcher Grundlage des hg. Erkenntnisses vom 18. Oktober 1994 war. Ausgehend von dieser Sachlage kam der Verwaltungsgerichtshof in diesem Erkenntnis zur Ansicht, daß in der Annahme der belangten Behörde, die Verzögerung der Entscheidung der Gewerbebehörde erster Instanz sei nicht ausschließlich auf deren Verschulden zurückzuführen, ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden könne, zumal es gemäß § 45 Abs. 3 AVG geboten gewesen sei, dem Beschwerdeführer (nunmehriger Antragsteller) in Wahrung des Parteiengehörs zur Stellungnahme der Handelskammer Steiermark vom 27. Oktober 1993 Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Zl. 94/04/0055 erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift, welche dem Beschwerdeführer nicht zugestellt wurde.

Dem vorliegenden Antrag kommt aus folgenden Gründen keine Berechtigung zu:

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte.

Die Gegenschrift der seinerzeit belangten Behörde enthält keine anderen bzw. zusätzlichen Sachverhaltsannahmen als den Verwaltungsakten entnommen werden konnte. In seinem Erkenntnis vom 18. Oktober 1994 ging der Verwaltungsgerichtshof von dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten aus. Der Antragsteller bringt in seinem zur Beurteilung vorliegenden Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht vor, inwieweit die im hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994 dargestellten Sachverhaltsannahmen des Verwaltungsgerichtshofes nicht richtig sein sollen und was er vorgebracht hätte, wenn ihm die Gegenschrift zugestellt worden wäre. Vielmehr geht auch er in seinem Wiederaufnahmeantrag von diesem Sachverhalt aus. Insoweit der Antragsteller die vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 18. Oktober 1994 geäußerte Rechtsansicht bezweifelt, ist darauf zu verweisen, daß die Rechtseinrichtung der Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG keine Handhabe bietet, eine in dem abgeschlossenen Verfahren vom Verwaltungsgerichtshof geäußerte Rechtsansicht zu bekämpfen (vgl. die bei Dolp, a.a.O. Seite 642 angeführte Rechtsprechung). Da somit auf Grund des Vorhergesagten - auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens - das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1994, Zl. 94/04/0055-6, nicht anders lauten hätte können, wenn dem seinerzeitigen Beschwerdeführer und nunmehrigen Antragsteller die Gegenschrift der damals belangten Behörde zugestellt worden wäre, war der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus dem Grunde des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 58 VwGG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994040224.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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