TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/24 93/04/0171

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Veröffentlicht am 24.01.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §68 Abs1;
GewO 1973 §77 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §78 Abs4 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 Abs1 idF 1988/399;
GewO 1973 §81 idF 1988/399;

Betreff

Der VwGH hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde der I in M, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 12. Mai 1993, Zl. 315.487/1-III/3/92, (mP: 1) W H in O, 2) M H, ebendort, 3.) T in W, 4.) U in M, 5) A in M, 6) C in L), betr Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der sechstmitbeteiligten Partei C Aufwendungen in der Höhe von S 540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 25. April 1988 stellte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Gewerbebehörde erster Instanz folgenden Antrag:

"Ansuchen um Sperrstundenverlängerung - gewerbebehördliche Genehmigung

Ich, I, ersuche um Verlängerung der Sperrstunde für meine Weinstube in M, G-str., bis 2.00 Uhr.

Laut Bescheid Ge - 15 - 64 - 01 (gemeint offensichtlich 02) - 1987 vom 24.4.1987 dürfte ich meinen Gastgewerbebetrieb nur bis 22.00 Uhr geöffnet haben.

Wie sie aus beiliegenden Plänen ersehen können, wird dies ein Weinlokal der gehobenen Klasse. Im Interesse meiner künftigen Gäste sowie in meinem Interesse ersuche ich, die Sperrstunde mit 2.00 Uhr anzusetzen.

..."

Mit Bescheid vom 7. Jänner 1991 wies die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck das Ansuchen der Beschwerdeführerin im Grunde der §§ 74, 77, 81, 333 und 356 GewO 1973 ab.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. März 1992 wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin Folge gegeben und "gemäß § 81 GewO 1973 (...) die Änderung der genehmigten Betriebsanlage durch die Verlängerung der täglichen Betriebszeit bis 24.00 Uhr bzw. die Festsetzung der Sperrstunde mit 24.00 Uhr" unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid behob der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten infolge Berufungen der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Parteien den vorzitierten Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich und dem diesem zugrundeliegenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 7. Jänner 1991 "gemäß § 356 Abs. 1 iVm § 198 Abs. 3 GewO 1973" im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG. In der Begündung führte die belangte Behörde aus, auf Grund des Ansuchens der Beschwerdeführerin habe die BH Vöcklabruck mit Kundmachung vom 28. Mai 1990 für den 26. Juni 1990 eine mündliche Augenscheinsverhandlung anberaumt und den Verfahrensgegenstand mit "gewerbebehördliche Genehmigung zur Verlängerung der Sperrstunde von 22.00 Uhr bis 2.00 Uhr" umschrieben. Auch in der Niederschrift über die genannte Augenscheinsverhandlung sei der Gegenstand der Amtshandlung als "Verlängerung der Sperrstunde, gewerbebehördliche Genehmigung" bezeichnet worden. Zahlreiche Nachbarn hätten Einwendungen wegen befürchteter unzumutbarer bzw. gesundheitsgefährdender Lärmbelästigungen erhoben. Zwischen der Festlegung der Sperrstunde und deren Verlängerung (§ 198 GewO 1973) einerseits und der gewerbebehördlichen Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage (§ 81 leg. cit.) andererseits, sei streng zu unterscheiden. Das Wort "Sperrstunde" habe einen im § 198 GewO 1973 definierten Regelungsinhalt und sei daher auch nur im Zusammenhang mit dieser Bestimmung zu gebrauchen. Davon zu unterscheiden sei eine Verlängerung der Betriebszeit eines Gastgewerbebetriebes, die unter § 81 GewO 1973 zu subsumieren sei, auch wenn keine Änderung in baulicher Hinsicht oder hinsichtlich der Ausstattung oder maschinellen Einrichtung einer Betriebsanlage erfolgt sei, zumal auch die Änderung der Betriebsweise einer Betriebsanlage (§ 74 Abs. 2 GewO 1973), worunter auch das zeitliche Ausmaß des Betreibens einer Betriebsanlage verstanden werden könne, Grundlage für die Durchführung eines Verfahrens gemäß § 81 GewO 1973 sein könne. Beim Verfahren gemäß § 81 GewO 1973 (diese Gesetzesstelle sei als Rechtsgrundlage der Bescheide erster und zweiter Instanz angeführt worden) handle es sich um ein antragsbedürftiges Verwaltungsverfahren. Vorliegendenfalls sei das verfahrensbegründende Ansuchen ausdrücklich auf ein solches um "Verlängerung der Sperrstunde" bezeichnet worden und werde darin auch ausdrücklich die Verlängerung der Sperrstunde begehrt. Ein derartiges Ansuchen stelle jedoch keine geeignete Grundlage für die Durchführung eines Verfahrens gemäß § 81 leg. cit. dar. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck habe das diesbezügliche Verfahren in sämtlichen behördlichen Akten ausdrücklich als ein solches um Verlängerung der Sperrstunde bezeichnet. Für ein solches Verfahren sei allerdings auch keine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft, sondern gemäß § 198 Abs. 3 GewO 1973 eine solche der Gemeinde gegeben. Die Bescheide der Unterinstanzen seien daher - ohne auf die Berufungsausführungen näher eingehen zu müssen - zu beheben gewesen, um den Weg für eine neuerliche Behandlung des Anbringens vom 25. April 1988 frei zu machen, sei es in Form einer Zurückweisung, sei es in Form einer Weiterleitung an die zuständige Behörde gemäß § 6 AVG, oder sei es auch zur Erteilung eines "Verbesserungsauftrages" gemäß § 13 Abs. 3 AVG, ob tatsächlich eine Verlängerung der Sperrstunde gemäß § 198 Abs. 3 GewO 1973 oder die Genehmigung der Verlängerung der Betriebszeit und damit die Änderung der Betriebsanlage (§ 81 GewO 1973) begehrt werde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Die dritt- und sechstmitbeteiligte Partei erstatteten ebenfalls je eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf antragsgemäße Verlängerung der Sperrstunde verletzt. In Ausführung des so verstandenen Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin vor, sie habe um gewerbebehördliche Genehmigung der Verlängerung der Sperrstunde angesucht. Ihr Schreiben sei "als Ansuchen um Änderung der Betriebsanlage aufzufassen". Sowohl von der Gewerbebehörde erster Instanz als auch von der Berufungsbehörde sei dieser Antrag auch so verstanden worden. Zu berücksichtigen sei, daß der gegenständliche Antrag unmittelbar nach Ankauf der Räumlichkeiten des Gewerbebetriebes und unmittelbar nach Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit gestellt worden sei, und somit nur als solcher auf Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage aufgefaßt werden könne. Für die rechtsunkundige Beschwerdeführerin sei ein Unterschied zwischen einer Verlängerung der Sperrstunde und einer Verlängerung der Betriebszeit eines Gastgewerbebetriebes nicht auffällig. Voraussetzung für das Verfahren nach § 198 Abs. 3 GewO 1973 sei ein besonderer örtlicher Bedarf. Dies setze voraus, daß ein Betrieb bereits seit längerer Zeit bestanden haben müsse. Der Betrieb der Beschwerdeführerin werde als Weinstube in einem Ort mit starkem Fremdenverkehr geführt. Dies indiziere von vornherein eine Öffnungszeit von zumindest 24.00 Uhr bzw. 2.00 Uhr früh, da sich in einem Fremdenverkehrsort wie Mondsee Gäste erst nach 21.00 Uhr "einstellen". Auf Grund der zeitlichen Nähe des Ankaufes der Räumlichkeiten des Gastgewerbebetriebes und der unmittelbar davor erfolgten Aufnahme der betrieblichen Tätigkeit habe daher das Ansuchen der Beschwerdeführerin nur als Änderung der Betriebszeiten aufgefaßt werden können.

Gemäß § 81 GewO 1973 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der §§ 74 und 77 leg. cit. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Die Beschwerdeführerin führt in der Beschwerde aus, ihr eingangs wiedergebener Antrag vom 25. April 1988 sei als "Ansuchen um Änderung der Betriebsanlage aufzufassen". Auch wenn dies zutreffen sollte, vermag die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Der der gegenständlichen Verwaltungssache zugrundeliegende Antrag der Beschwerdeführerin ist nämlich ausschließlich auf Verlängerung der in Auflage Punkt 8 des gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 24. April 1987 zur Errichtung der in Rede stehenden Betriebsanlage festgesetzten Betriebszeit von 22.00 Uhr auf 2.00 Uhr gerichtet.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Diese die Unabänderlichkeit einer entschiedenen Verwaltungssache - von den gesetzlich normierten, hier nicht weiter beachtlichen Durchbrechungen abgesehen - anordnende Gesetzesbestimmung verhindert eine neuerliche Entscheidung in einer identen Sache.

§ 81 GewO 1973 enthält nun keine gesetzliche Ermächtigung, nachträglich die Abstandnahme von der Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes zu bewilligen. Diese Gesetzesstelle ermächtigt somit nicht, die erteilte Genehmigung abzuändern oder zu beheben und insofern die bestehende bescheidmäßige Regelung einer Reform zu unterziehen, sondern lediglich die bisher bescheidmäßig nicht geregelte Sache - nämlich die nach § 81 GewO 1973 genehmigungspflichtige "Änderung" - einer solchen Regelung (erstmals) zu unterziehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 88/04/0029).

Die in einem früheren Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen können somit nicht mit einem allein auf Beseitigung oder Abänderung derselben gestützten Antrag nach § 81 GewO 1973 erfolgreich beseitigt oder abgeändert werden.

Daher kann die in einem rechtskräftigen, gemäß § 74 GewO 1973 erlassenen Genehmigungsbescheid auflagenmäßig festgesetzte Betriebszeit einer Gastgewerbebetriebsanlage der hier zu beurteilenden Art im Rahmen eines Verfahrens nach § 81 GewO 1973 nur dann erfolgreich abgeändert werden, wenn damit u. a. eine Änderung des Umfanges und der Betriebsweise der Anlage mit einem diesbezüglichen Antrag angestrebt wird, durch die eine Änderung des vorhandenen Immissionsausmaßes bewirkt werden kann.

Da die Beschwerdeführerin mit ihrem Ansuchen vom 25. April 1988 ausschließlich eine Änderung der im Genehmigungsbescheid auflagenmäßig vorgeschriebenen Betriebszeitbeschränkung ohne einen damit verbundenen Änderungsantrag gemäß § 81 GewO 1973 im oben aufgezeigten Sinn beantragt hat, vermag sie im Rahmen des Beschwerdepunktes eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen .

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Der Kostenzuspruch an die sechstmitbeteiligte Partei erfolgte im begehrten Umfang.

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Gewerberecht Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993040171.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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