Index
L3 FinanzrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des ArtII Abs5 der Wr GefrorenessteuerG-Nov 1989 sowie des ArtII der Wr GetränkesteuerG-Nov 1989 mit E v 05.10.92, G88-91/92.Spruch
Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den jeweils angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Die Bescheide werden aufgehoben.
Das Land Wien ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit jeweils S 15.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. Beim Verfassungsgerichtshof sind Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide anhängig, die Rückzahlungsbegehren und die Vorschreibung von Getränke- und Gefrorenessteuer zum Gegenstand haben:
1.1. Zu B1249/90:
1.1.1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht werden, richtet sich gegen den - infolge des hg. Erkenntnisses vom 11. Juni 1990, B954/89, ergangenen - (Ersatz-)Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 3. Oktober 1990, Z MDR - P 26/90, dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird.
Im angefochtenen Bescheid wird über Ansuchen der Beschwerdeführerin um Rückzahlung von Getränke- und Gefrorenessteuer für den Zeitraum Jänner 1984 bis September 1987 sowie über die bescheidmäßige Festsetzung von Getränke- und Geforenessteuer für die Jahre 1984 bis 1986 abgesprochen.
Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid wurden die Berufungen der Beschwerdeführerin abermals als unbegründet abgewiesen, allerdings mit der Maßgabe, daß sich die Bescheide im Hinblick auf die Getränkesteuer nunmehr auf das Gesetz vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird (Rechtsgrundlage des vorausgehenden Bescheides war das Gesetz vom 30. September 1983, LGBl. für Wien Nr. 43/1983, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 authentisch interpretiert wird), und im Hinblick auf die Gefrorenessteuer nunmehr auf ArtI und II Abs1 des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird (Rechtsgrundlage des vorausgehenden Bescheides war das Gesetz vom 30. September 1983, LGBl. für Wien Nr. 44/1983, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 authentisch interpretiert wird), stützen.
In der Begründung führt der angefochtene Bescheid aus, daß bei der Entscheidung über die Berufungen auf zwischenzeitige Rechtsänderungen Rücksicht zu nehmen war. Mit Gesetz vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, sei die Rückwirkung der Geltung des §3 Abs1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 idF des ArtI des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 20/1989, wonach zum Entgelt auch der Wert der mitverkauften Gefäße und Trinkhalme zähle, auch für die Zeit vom 1. Jänner 1984 bis zum 20. Dezember 1988 in Kraft gesetzt worden. Hinsichtlich der Gefrorenessteuer führt der angefochtene Bescheid aus, daß das Gesetz vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, bestimme, daß das Entgelt auch den Wert der mitverkauften Gefäße und Löffel umfasse und dieses Gesetz rückwirkend mit 29. Dezember 1968 in Kraft getreten sei. Somit entspreche die Einbeziehung des Wertes der mitverkauften Gefäße und Trinkhalme bzw. Löffel dem Gesetz.
1.1.2. Die Beschwerdeführerin trägt in ihrer Beschwerde zum einen verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz gegen ArtII des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird, und gegen Abs1 des Gesetzes vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird, iVm ArtI des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 20/1989, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird, sowie zum anderen finanzverfassungsrechtliche Bedenken gegen ArtI des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird, und gegen §3 Abs1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 idF LGBl. für Wien Nr. 20/1989 vor.
1.2. Zu B173/91:
1.2.1. Die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht werden, richtet sich gegen den - infolge des hg. Erkenntnisses vom 11. Juni 1990, B955/89, ergangenen - (Ersatz-)Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 23. Jänner 1991, Z MDR - S 12/90, dessen kostenpflichtige Aufhebung beantragt wird.
In diesem (Ersatz-)Bescheid wird einerseits einer Berufung gegen den Bescheid der Abgabenbehörde I. Instanz vom 3. Februar 1988, mit dem ein Ansuchen der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung von Getränke- und Gefrorenessteuer für den Zeitraum Jänner 1982 bis Dezember 1986 abgewiesen wurde, insoweit Folge gegeben, als dem Ansuchen für den Zeitraum Jänner 1982 bis Dezember 1983 bezüglich der Getränkesteuer stattgegeben wurde; im übrigen wurde der Berufung gegen diesen Bescheid keine Folge gegeben. Andererseits wurde mit dem angefochtenen Bescheid einer Berufung gegen den Bescheid der Abgabenbehörde I. Instanz vom 17. Jänner 1989, mit dem eine bescheidmäßige Festsetzung der Getränke- und Gefrorenessteuer für verschiedene Standorte und verschiedene - insgesamt die Jahre 1982 bis 1986 umfassende - Zeiträume erfolgte, insoweit Folge gegeben, als der Betrag für die Einweggebinde für den Zeitraum Jänner 1982 bis Dezember 1983 bei der Festsetzung der Getränkesteuer nicht miteinbezogen wurde; im übrigen wurde der Berufung gegen diesen Bescheid keine Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid stützt sich im Hinblick auf die Getränkesteuer nunmehr auf das Gesetz vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird (Rechtsgrundlage des vorausgehenden Bescheides war das Gesetz vom 30. September 1983, LGBl. für Wien Nr. 43/1983, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 authentisch interpretiert wird), und im Hinblick auf die Gefrorenessteuer nunmehr auf §§1 und 2 des Gefrorenessteuergesetzes für Wien 1983, LGBl. für Wien Nr. 18/1983, iVm dem Gesetz vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird (Rechtsgrundlage des vorausgehenden Bescheides war das Gesetz vom 30. September 1983, LGBl. für Wien Nr. 44/1983, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 authentisch interpretiert wird).
In der Begründung führt der angefochtene Bescheid aus, daß bei der Entscheidung über die Berufungen auf zwischenzeitige Rechtsänderungen Rücksicht zu nehmen war. Mit Gesetz vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, sei die Rückwirkung der Geltung des §3 Abs1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 idF des ArtI des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 20/1989, wonach zum Entgelt auch der Wert der mitverkauften Gefäße und Trinkhalme zähle, auch für die Zeit vom 1. Jänner 1984 bis zum 20. Dezember 1988 in Kraft gesetzt worden. Hinsichtlich der Gefrorenessteuer führt der angefochtene Bescheid aus, daß das Gesetz vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, bestimme, daß das Entgelt auch den Wert der mitverkauften Gefäße und Löffel umfasse und dieses Gesetz rückwirkend mit 29. Dezember 1968 in Kraft getreten sei. Somit entspreche die Einbeziehung des Wertes der mitverkauften Gefäße und Trinkhalme bzw. Löffel für den Zeitraum Jänner 1982 bis Dezember 1986 - mit Ausnahme der Einbeziehung der Gebinde- bzw. Verpackungskostenanteile in die Getränkesteuerbemessungsgrundlage bezüglich des Zeitraumes Jänner 1982 bis Dezember 1983 - dem Gesetz.
1.2.2. Die Beschwerdeführerin trägt in ihrer Beschwerde zum einen verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz gegen ArtII des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird, und gegen Abs1 des Gesetzes vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird, sowie zum anderen finanzverfassungsrechtliche Bedenken gegen ArtI des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird, und gegen §3 Abs1 des Getränkesteuergesetzes für Wien 1971 idF LGBl. für Wien Nr. 20/1989 vor.
1.3. Zu B1299/91:
1.3.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine Berufung gegen den Bescheid der Abgabenbehörde I. Instanz vom 12. Juli 1991, mit dem eine bescheidmäßige Festsetzung von Getränke- und Gefrorenessteuer für die Jahre 1984 bis 1988 erfolgte, als unbegründet abgewiesen. Des weiteren wurde der Berufung gegen diesen Bescheid, soweit damit der Antrag der Beschwerdeführerin auf Rückerstattung von Getränkesteuer für den Zeitraum Jänner 1984 bis Oktober 1988 abgewiesen wurde, keine Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid stützt sich im Hinblick auf die Getränkesteuer auf das Gesetz vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird, und auf ArtI des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 20/1989, und im Hinblick auf die Gefrorenessteuer auf ArtI und ArtII Abs1 des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird.
In der Begründung führt der angefochtene Bescheid aus, daß im Hinblick auf die bestehende Rechtslage die Einbeziehung des Wertes der Gebinde bzw. der Verpackungen in die steuerpflichtige Bemessungsgrundlage bei der Getränke- und Gefrorenessteuer für den Zeitraum Jänner 1984 bis Dezember 1988 dem Gesetz entspreche, "da der Verbraucher im Falle der Berufungswerberin die steuerpflichtige Ware nicht ohne das Gebinde bzw. die Verpackung erhält". Daher bestehe auch ein Guthaben, welches rückgezahlt werden müsse, nicht.
1.3.2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie die Anwendung rechtswidriger genereller Normen geltend gemacht werden und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
In der Beschwerde werden einerseits Bedenken im Hinblick auf §8 Abs4 F-VG 1948 vorgetragen und andererseits verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichheitssatz gegen das rückwirkende Inkraftsetzen der Steuerpflicht für mitveräußerte Verpackungen durch das Gesetz vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird, und durch das Gesetz vom 2. März 1990, LGBl. für Wien Nr. 31/1990, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird, (sowie im Zusammenhang damit durch das Gesetz vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 20/1989, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird) geltend gemacht.
2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden beantragt.
3.1. Der Verfassungsgerichtshof hat am 5. März 1992 beschlossen, aus Anlaß aller drei vorliegenden Beschwerden gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des ArtII Abs1 und 3 bis 5 des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird, sowie - aus Anlaß der Beschwerde B1299/91 - ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des ArtII des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 20/1989, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird, einzuleiten.
Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G88-91/92, hob er ArtII Abs5 des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 19/1989, mit dem das Gefrorenessteuergesetz für Wien 1983 geändert wird, und ArtII des Gesetzes vom 24. Februar 1989, LGBl. für Wien Nr. 20/1989, mit dem das Getränkesteuergesetz für Wien 1971 geändert wird, als verfassungswidrig auf.
3.2. Die belangte Behörde hat in allen drei Beschwerdefällen bei der Entscheidung über die Gefrorenessteuer sowie im Beschwerdefall B1299/91 überdies bei der Entscheidung über die Getränkesteuer eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der beschwerdeführenden Parteien nachteilig war.
Die beschwerdeführenden Parteien wurden also durch den jeweils angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Da die sprachliche Fassung des Spruches des jeweils angefochtenen Bescheides eine Trennung in einen Abspruch über die Getränkesteuer und einen über die Gefrorenessteuer nicht zuläßt, waren daher alle drei Bescheide zur Gänze aufzuheben.
3.3. Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von jeweils S 2.500,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B1249.1990Dokumentnummer
JFT_10078995_90B01249_00