Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §13 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde des Mag. X, c/o Bundesministerium für Umwelt, Jugend und Familie in Wien I, Franz-Josefs-Kai 51, gegen den Bescheid des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie vom 26. Juli 1994, Zl. 8619/20-Pr.3/94, betreffend Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 (im folgenden kurz: Leiterzulage), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, der als rechtskundiger Beamter der Verwendungsgruppe A zum Personenkreis im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG gehört, steht als Sektionschef in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er leitete (im Zeitpunkt der Bescheiderlassung) die Sektion III (Familienangelegenheiten und Haushaltsangelegenheiten) des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie. Aus Anlaß seiner Beförderung in die Dienstklasse IX mit Wirkung vom 1. Juli 1993 war die Leiterzulage (bisheriges Ausmaß: vier Vorrückungsbeträge der Dienstklasse VIII) neu zu bemessen.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Juli 1994 mit, es sei - vorbehaltlich der noch einzuholenden Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen - beabsichtigt, die ihm gebührende Leiterzulage ab 1. Juli 1993 mit 3,5 Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse IX neu zu bemessen.
Mit Schreiben vom 21. Juli 1994 erwiderte der Beschwerdeführer, er sei auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes (Verantwortung für die Führung einer besonders bedeutenden Sektion und zeitlicher Mehrbelastung im Höchstausmaß) der Auffassung, die Leiterzulage sei mit vier Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse IX zu bemessen. Sofern die Zustimmung des BKA nicht zu erwirken sei, ersuche der Beschwerdeführer um Bemessung laut Vorhalt vom 7. Juli 1994 im Ausmaß von 3,5 Vorrückungsbeträgen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. Juli 1994 sprach die belangte Behörde aus, die dem Beschwerdeführer gebührende Leiterzulage werde mit Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen mit Wirksamkeit vom 1. Juli 1993 mit 3,5 Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse IX neu bemessen. Hievon gälten zwei Vorrückungsbeträge als Abgeltung für die in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen. Begründend führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, auf Grund der Beförderung des Beschwerdeführers sei unter Berücksichtigung des nunmehrigen Grades der höheren Verantwortung und unter Bedachtnahme auf die in zeitlicher und mengenmäßiger Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen ab 1. Juli 1993 die Leiterzulage mit 3,5 Vorrückungsbeträgen der Dienstklasse IX neu zu bemessen gewesen. Diese Bemessung stelle die zweithöchste Einreihung innerhalb der Beamten der Dienstklasse IX dar. Die Zustimmung des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für Finanzen zu einer höheren Bemessung habe unter Berücksichtigung von Art und Umfang des Aufgabenbereiches im bundesweiten Vergleich mit anderen Beamten der Dienstklasse IX nicht erwirkt werden können. Der Beschwerdeführer habe sich mit der beabsichtigten Neubemessung einverstanden erklärt, sofern keine Zustimmung zu einer höheren Bemessung erwirkt werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Fassung der 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972, gebührt dem Beamten eine ruhegenußfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd ein besonderes Maß an Verantwortung für die Führung der Geschäfte der Allgemeinen Verwaltung zu tragen hat und diese Verantwortung über dem Ausmaß an Verantwortung liegt, das Beamte in gleicher dienst- und besoldungsrechtlicher Stellung tragen.
Die Zulage ist nach der Bestimmung des § 30a Abs. 2 des Gehaltsgesetzes 1956 innerhalb der dort gezogenen Höchstgrenzen (maximal vier Vorrückungsbeträge) nach dem Grad der höheren Verantwortung und unter entsprechender Bedachtnahme auf die vom Beamten in zeitlicher oder mengenmäßiger Hinsicht zu erbringenden Mehrleistungen zu bemessen. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung bedarf die Bemessung der Zustimmung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für Finanzen.
Der Erlassung eines Bescheides hat gemäß § 56 des im Beschwerdefall nach § 1 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 anwendbaren AVG die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, nach den Vorschriften der §§ 37 und 39 AVG voranzugehen. Nach § 58 Abs. 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird. In der Begründung sind nach § 60 AVG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übesichtlich zusammenzufassen.
Der Beschwerdeführer bestreitet in seiner Beschwerde die Rechtmäßigkeit der Bemessung. Er bringt im wesentlichen vor, er habe in seiner Stellungnahme vom 21. Juli 1994, in der er von einer gerechtfertigten Bemessung in der Höhe von vier Vorrückungsbeträgen ausgegangen sei, keinesfalls sein Einverständnis zu der (angekündigten) niedrigeren Bemessung erklärt, sondern lediglich zur Vermeidung weiterer ihm nicht mehr zumutbarer Verzögerungen ersucht, die Bemessung auf Grund der gegebenen Zustimmung des BKA vorzunehmen. Bei der Bemessung der Leiterzulage sei ein Verhältnis zwischen der Belastung des anspruchsberechtigten Beamten zur höchsten tatsächlichen Belastung herzustellen. In der Anlage 1 des BDG 1979 in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994 sei sein Arbeitsplatz (Sektion III) als Richtverwendung der höchsten Funktionsgruppe 9 ausdrücklich genannt. Inhabern von anderen Sektionen im Bundesbereich, die in der niedrigeren Funktionsgruppe 8 eingestuft worden seien, erhielten die Leiterzulage im Ausmaß von vier Vorrückungsbeträgen (wird näher ausgeführt). Außerdem fehle eine ausreichende Bescheidbegründung, was nicht nur seine Rechtsverfolgung erschwere, sondern auch die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof geradezu verhindere. Selbst wenn es behördeninterne Maßstäbe in Form von Richtlinien gäbe, sei er davon während des Verwaltungsverfahrens nicht von den von der Behörde angestellten Erwägungen unterrichtet und auf diese Weise an der Überprüfung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit der Entscheidung gehindert worden. Der Hinweis auf die mangelnde Zustimmung des BKA könne einen Begründungsmangel und andere Mängel des Ermittlungsverfahrens nicht sanieren.
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.
Strittig ist im Beschwerdefall allein die Höhe der dem Beschwerdeführer gebührenden Leiterzulage. Es handelt sich dabei im Beschwerdefall um einen Anspruch aus einem
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis. Die aus einem
öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis abgeleiteten Rechte (und Pflichten) sind im Gegensatz zu privatrechtlichen Dienstverhältnissen - sofern nicht Gestaltungsrechte gesetzlich ausdrücklich eingeräumt sind - weder vom Dienstgeber noch vom Dienstnehmer gestaltbar. Maßgebend für einen solchen Anspruch ist hier ausschließlich, ob die im Gesetz enthaltenen Tatbestandserfordernisse erfüllt sind (vgl. in diesem Zusammenhang die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Mai 1990, Zlen. 89/12/0004 und 0005, sowie vom 16. November 1994, Zl. 93/12/0138).
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, wird der Anspruch auf die Leistung der Leiterzulage nach § 30a Abs. 1 Z. 3 GG dem Grunde und der Höhe nach durch das Gesetz festgesetzt. Der Bemessungsvorgang selbst hat daher bloß rechtsfeststellende, aber keine rechtserzeugende Bedeutung (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1974, Zlen. 646/73 und 1578/73 - verstärkter Senat =
Slg. N.F. Nr. 8691/A; Erkenntnis vom 19. Dezember 1974, Zl. 1404/74 = Slg. N.F. Nr. 8733/A nur Leitsatz; Erkenntnis vom 13. Oktober 1980, Zlen. 1875 und 1909/79).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage kommt der Erklärung des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 21. Juli 1994, sofern die Zustimmung des BKA nicht zu erlangen sei, ersuche er um Bemessung laut Vorhalt vom 7. Juli 1994 im Ausmaß von 3,5 Vorrückungsbeträgen, keine normative Bedeutung zu. Das Gesetz räumt dem Beteiligten nämlich keinen Gestaltungsspielraum ein; insbesondere hängt die Gebührlichkeit der Leiterzulage auch nicht von einem Antrag des Beamten ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hält es auch nicht für zulässig, daß der Beamte auf einen Bestandteil des Monatsbezuges verzichtet, der ihm zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes (und den seiner Familie) für die Erfüllung der ihm obliegenden Dienstleistungspflicht (siehe in diesem Zusammenhang insbesondere § 43 Abs. 1 BDG 1979) kraft Gesetzes zusteht.
Nur eine der Funktion des Beamten dem Gesetz entsprechende Besoldung, auf die er nicht verzichten kann, berücksichtigt nämlich hinreichend, daß das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis nach seiner normativen Ausprägung als eine lebenslang umfassend angelegte Rechtsbeziehung vorgesehen ist. Weiters wird nur dadurch die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Beamten gegenüber jedermann sichergestellt, die eine Voraussetzung dafür ist, daß der Beamte seine Aufgabe, eine den Erfordernissen des Rechtsstaates entsprechende Verwaltung (in welcher Handlungsform auch immer) durchzuführen, in bester Weise erfüllen kann.
Die Unzulässigkeit (und damit Unwirksamkeit) des Verzichtes des Beamten auf den Monatsbezug (oder einen Bestandteil desselben) steht auch nicht im Widerspruch zur bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, die z.B. den Anspruch auf Abfertigung nach § 26 GG als verzichtbar angesehen hat (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1975, Zl. 1268/74 = Slg. N.F. Nr. 8860/A - nur Leitsatz; Aussage aus nicht veröffentlichtem Teil des Erkenntnisses), liegen doch hier offenkundig verschiedene Grundvoraussetzungen vor, die eine unterschiedliche Betrachtung rechtfertigen.
Aus diesen Gründen kann daher die Erklärung des Beschwerdeführers vom 21. Juli 1994 nicht als Verzicht auf eine bestimmte Höhe der ihm kraft Gesetzes gebührenden Leiterzulage Wirksamkeit entfalten. Kommt der Erklärung des Beschwerdeführers zur beabsichtigten Neubemessung seiner Leiterzulage im Ausmaß von 3,5 Vorrückungsbeträgen aber keine normative Bedeutung zu, kann sich die Behörde auch nicht auf § 58 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 DVG berufen (wie dies die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift getan hat) und dem Einwand der fehlerhaften Begründung entgegenhalten, es wäre im Beschwerdefall überhaupt keine Begründung erforderlich gewesen.
Die Rüge des Beschwerdeführers, der angefochtene Bescheid sei nicht ausreichend begründet, trifft zu.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung Grundsätze für die Bemessung der Verwendungszulage gemäß § 30a Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 entwickelt. Danach tragen in der Dienstklasse VIII der Verwendungsgruppe A die tatsächlich vorkommende Höchstbelastung jene Beamten, die in einem Bundesministerium neben vorliegendem Höchstausmaß quantitativer Mehrleistung eine Gruppe von besonderer Bedeutung, besonderer Größe oder besonderer Wichtigkeit leiten, wobei ihnen eine Mehrzahl von Abteilungen unterstellt ist. Ihnen gebührt das vom Gesetzgeber vorgesehene Höchstausmaß der Zulage von vier Vorrückungsbeträgen. Den geringer belasteten Gruppenleitern innerhalb von Ministerialsektionen gebührt unter ähnlichen Mehrleistungsvoraussetzungen quantitativer Art eine Verwendungszulage im Ausmaß von dreieinhalb, selbständigen Leitern von Ministerialabteilungen besonderer Bedeutung oder besonderer Größe eine solche von drei, Leitern von Ministerialabteilungen üblichen Ausmaßes und üblicher Bedeutung eine solche von zweieinhalb und einem Beamten, der zwar formell einem Abteilungsleiter unterstellt ist, aber das ihm übertragene Referat in einer Weise leitet, deren Selbständigkeit der Tätigkeit eines Abteilungsleiter nahekommt, eine solche von zwei Vorrückungsbeträgen (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 1976, Zl. 1179/76, sowie vom 6. Juni 1990, Zl. 89/12/0161).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage läßt aber die Begründung des angefochtenen Bescheides überhaupt nicht erkennen, auf Grund welcher konkreten Überlegungen (über Art und Umfang des Aufgabenbereiches der vom Beschwerdeführer geleiteten Sektion einerseits und des "bundesweiten Vergleiches" mit anderen Beamten der Dienstklasse IX andererseits) die Behörde zu ihrer Entscheidung gekommen ist. Die bloß allgemein gehaltenen Ausführungen der belangten Behörde sind keine ausreichende Begründung. Die Begründungspflicht trifft die Behörde - wie der Verwaltungsgerichtshof gleichfalls in ständiger Rechtsprechung erkennt - auch dann, wenn ihr eine andere Entscheidung mangels Vorliegens der nach § 30a Abs. 2 letzter Satz GG notwendigen Zustimmung anderer Stellen versagt ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 8. April 1992, Zl. 91/12/0129 und die dort angeführte Vorjudikatur).
Da dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen ist, auf Grund welcher konkreter Ermittlungsergebnisse und auf Grund welcher rechtlicher Überlegungen die belangte Behörde zu dem angefochtenen Ergebnis gelangt ist, war der Beschwerdeführer solcherart an der Verfolgung seiner Rechte und der Verwaltungsgerichtshof an der Prüfung des angefochtenen Bescheides auf dessen Rechtmäßigkeit gehindert; der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit in der Amtlichen Sammlung nichtverlautbarte Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes genannt sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere Rechtsgebiete DienstrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994120252.X00Im RIS seit
11.07.2001