TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/25 94/12/0295

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Veröffentlicht am 25.01.1995
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Index

20/02 Familienrecht;
65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

EheG §66;
PG 1965 §19 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Leitner, über die Beschwerde der C in M, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen die Steiermärkische Landesregierung vom 3. März 1994, Zl. 1-006013/Pens.-94, betreffend Versorgungsbezug, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Beschwerdevorbringen und dem vorgelegten angefochtenen Bescheid geht der Verwaltungsgerichtshof von Folgendem aus:

Die 1954 geborene Beschwerdeführerin war seinerzeit mit einem am 14. Oktober 1993 verstorbenen öffentlich-rechtlichen Bediensteten des Landes Steiermark in der Zeit vom 29. Oktober 1987 bis 1. Juli 1991 (Rechtskraft der Scheidung mit 6. August 1991) verheiratet.

Nach dem Beschwerdevorbringen hat der geschiedene Ehegatte der Beschwerdeführerin, ohne daß dies in rechtsförmlicher Art und Weise schriftlich festgehalten worden wäre, tatsächlich monatlich Unterhaltsleistungen für diese erbracht. Es sei daher wegen des freiwilligen Anerkenntnisses der Zahlungsverpflichtung eine gerichtliche Feststellung unterblieben.

Nach dem Ableben des geschiedenen Ehegatten beantragte die Beschwerdeführerin am 29. Oktober 1993 die Gewährung eines Versorgungsbezuges nach § 19 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965 (PG) in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Stmk. Landesbeamtengesetzes.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde wie folgt abgesprochen:

"Ihrem Antrag vom 29. Oktober 1993 um Gewährung eines Versorgungsbezuges nach Ihrem am 14. Oktober 1993 verstorbenen, geschiedenen Ehegatten, Herrn Ing. E, ehem. Gebietsförster kann nach § 19 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (= PG 1965), BGBl. Nr. 340/1965, in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Steiermärkischen Landesbeamtengesetzes, LGBl. Nr. 124/74, in der jeweils geltenden Fassung nicht stattgegeben werden."

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der geschiedene, verstorbene Gatte der Beschwerdeführerin hätte als Gebietsförster am Tage seines Ablebens Anspruch auf Ruhegenuß gehabt. Die Beschwerdeführerin habe den Genannten laut Heiratsurkunde am 29. Oktober 1987 geehelicht. Diese Ehe sei aus Alleinverschulden des Ehegatten am 1. Juli 1991 geschieden worden. Der Beschwerdevertreter habe in seinem Antrag vom 7. Februar 1994 ausgeführt, daß auf Grund des freiwilligen, mündlichen Anerkenntnisses zur Unterhaltsverpflichtung sowohl in der Gerichtsverhandlung als auch später durch die effektive monatliche Unterhaltsleistung eine gerichtliche Feststellung unterblieben wäre. In der wiedergegebenen gesetzlichen Bestimmung des § 19 Abs. 1 PG sei jedoch ausdrücklich von der schriftlich eingegangenen Verpflichtung zur Unterhaltsleistung die Rede, um eine positive Entscheidung in der Frage des Versorgungsbezuges treffen zu können. Diese Voraussetzung sei aber bei der Beschwerdeführerin leider nicht gegeben.

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde aber ablehnte und diese antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 26. September 1994, B 719/94, abtrat.

Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde die Beschwerde ergänzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid, den sie als inhaltlich rechtswidrig bzw. in einem mangelhaften Verfahren zustandegekommen bezeichnet, in der bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG dargestellten Weise (Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums, Anwendung eines verfassungswidrigen Landesgesetzes) sowie "durch unrichtige Anwendung von Bundes- und Landesgesetzen" durch die belangte Behörde verletzt.

Der Anspruch der Beschwerdeführerin ist nach dem Dienstrecht, das für Stmk. Landesbedienstete gilt, zu beurteilen.

Gemäß § 2 Abs. 1 des Stmk. Landesbeamtengesetzes, LGBL. Nr. 124/1974, in der Fassung LGBl. Nr. 33/1984, sind auf die Landesbeamten die für das Dienstrecht einschließlich das Besoldungs-, Disziplinar- und Pensionsrecht der Bundesbeamten am Tage der Beschlußfassung dieses Gesetzes maßgeblichen Bundesgesetze als Landesgesetze sinngemäß anzuwenden. Aus der Anlage zum LGBl. Nr. 33/1984, Punkt 5.5, ergibt sich, daß das Pensionsgesetz 1965 in der Fassung der 7. Pensionsgesetz-Novelle als Landesgesetz übernommen worden ist. Die Regelung des § 19 Abs. 1a, die mit Art. IV Z. 3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 16/1994 mit Wirkung vom 1. Jänner 1994 eingefügt worden ist, wurde vom Stmk. Landesgesetzgeber nicht übernommen.

Der im Beschwerdefall anwendbare § 19 Abs. 1 Pensionsgesetz 1965, in der Stammfassung BGBl. Nr. 340, lautet wie folgt:

"Die Bestimmungen über den Anspruch auf Witwenversorgung und über das Ausmaß der Witwenversorgung - ausgenommen die Bestimmungen der §§ 21 Abs. 3 bis 6 und 24 - gelten, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, sinngemäß für die frühere Ehefrau des verstorbenen Beamten, wenn dieser zur Zeit seines Todes auf Grund eines gerichtlichen Urteiles, eines gerichtlichen Vergleiches oder einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe schriftlich eingegangenen Verpflichtung über den Lebensunterhalt seiner früheren Ehefrau aufzukommen oder dazu beizutragen hatte."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnisse vom 9. Jänner 1968, Zl. 1587/67, vom 16. Jänner 1968, Zl. 1632/67, u.v.a.) kommt es für den Anspruch auf den Versorgungsgenuß der früheren Ehefrau nicht auf den Verschuldensausspruch im Scheidungsurteil, die Unterhaltspflicht nach den Bestimmungen der §§ 66 ff Ehegesetz oder darauf an, ob der Beamte zur Zeit seines Todes seiner früheren Ehefrau tatsächlich Unterhalt leistete. Gesetzliche Voraussetzung für den Anspruch auf Versorgungsgenuß der früheren Ehefrau ist vielmehr, daß der Verpflichtungsgrund für die Unterhaltsleistung in einem gerichtlichen Leistungsurteil, in einem gerichtlichen Vergleich oder in einer vor der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe abgeschlossenen schriftlichen Vereinbarung besteht.

Die Beschwerdeführerin bringt unter Hinweis auf ihre Ausführungen in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde vor, der Oberste Gerichtshof habe in seiner Entscheidung vom 4. Dezember 1990, Zl. 10 Ob S 351/91, für die vertragliche Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt im Sinne des § 258 Abs. 4 dritter Fall ASVG auch eine bloß mündlich zustandegekommene Vereinbarung im Sinne des § 883 ABGB für ausreichend erklärt. Auch eine vor Scheidung der Ehe getroffene formlose Vereinbarung sei demnach geeignet, den Anspruch auf Witwenpension gemäß § 258 Abs. 4 ASVG zu begründen. Daraus folge eine unterschiedliche Behandlung der Betroffenen nach dem ASVG bzw. dem Stmk. Landesbeamtengesetz. Wenn der geschiedene Mann der Beschwerdeführerin weitergelebt hätte, so hätte die Beschwerdeführerin ihm gegenüber auf Grund des Umstandes, daß die Ehe aus alleinigem Verschulden des Mannes geschieden worden sei, einen gesetzlichen Anspruch gehabt. Dieser Anspruch sei vom geschiedenen Gatten auch dadurch anerkannt worden, daß er jenen Betrag, der nach der Rechtsprechung in einem solchen Falle zu leisten wäre, nachgewiesenermaßen an die Beschwerdeführerin erbracht habe. Die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen im ASVG wie im § 19 Abs. 1 PG seien gleichlautend. Grundlage für alle diese Gesetzesbestimmungen seien aber die bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen über das Zustandekommen von Verträgen im Sinne des § 83 ABGB wie auch die Bestimmungen über die Unterhaltsverpflichtungen schuldhaft geschiedener Ehegatten gegenüber dem schuldlos geschiedenen Ehegatten. Aus diesen bürgerlich-rechtlichen Bestimmungen ergebe sich, daß der schuldlos geschiedene Ehegatte gegenüber dem schuldhaft geschiedenen Ehegatten grundsätzlich einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch habe. Es handle sich sohin beim Anspruch der Beschwerdeführerin gegenüber dem geschiedenen Ehegatten und verstorbenen Landesbeamten nicht etwa um einen vertraglichen Anspruch, sondern um einen gesetzlichen Anspruch. Vertraglich geregelt sei nur die Höhe dieses grundsätzlich gegebenen gesetzlichen Anspruches.

Die Beschwerdeführerin meint weiters unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die von ihr vorgelegten Zahlungsbelege als schriftliche Beurkundung der Unterhaltsvereinbarung mit ihrem geschiedenen Gatten zu betrachten gewesen wären.

Im Beschwerdefall ist damit vom Sachverhalt her unbestritten, daß die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 1 PG nicht vorliegen. Aus welchen Gründen die Beschwerdeführerin bei der Auflösung ihrer Ehe keinen Unterhaltsanspruch an den Ehegatten stellte bzw. wieso der geschiedene Ehegatte tatsächlich Leistungen erbrachte, kann dahingestellt bleiben. Tatsache ist, daß die vom Gesetzgeber geforderten Voraussetzungen im Beschwerdefall nicht gegeben sind.

Wenn sich die Beschwerde auf die Regelung des § 258 Abs. 4 ASVG und eine dazu ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes beruft, nach der auch eine bloß mündlich zustandegekommene Unterhaltsvereinbarung ausreichend sein soll, um einen Anspruch auf Witwenpension nach dem ASVG zu begründen, so scheitert dieses Vorbringen schon an der Unterschiedlichkeit der Rechtsgrundlagen. Weiters hat der Gesetzgeber des Stmk. Landesdienstrechtes im Gegensatz zum Bundesgesetzgeber die dem Art. IV Z. 3 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 16/1994 entsprechende Regelung, die allenfalls zu einem für die Beschwerdeführerin günstigeren Ergebnis hätte führen können, nicht übernommen.

Abgesehen von diesen Gesichtspunkten und unter Berücksichtigung der Ablehnung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, daß § 19 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Pensionsgesetzes aus verfassungsrechtlichen Gründen anders als von der belangten Behörde vorgenommen hätte interpretiert werden müssen.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit § 35 VwGG ohne Eröffnung des Vorverfahrens und ohne weitere Kosten für die Beschwerdeführerin abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994120295.X00

Im RIS seit

04.01.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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