TE Vwgh Beschluss 1995/1/26 94/06/0181

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Veröffentlicht am 26.01.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
20/13 Sonstiges allgemeines Privatrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;
96/01 Bundesstraßengesetz;

Norm

AVG §59 Abs1;
AVG §73 Abs1;
AVG §74 Abs2;
AVG §79a;
BStG 1971 §20 Abs1;
BStG 1971 §20;
EisbEG 1954 §44;
VwGG §27;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):94/06/0173 B 26. Januar 1995 94/06/0174 B 26. Januar 1995 94/06/0175 B 26. Januar 1995 94/06/0184 B 26. Januar 1995 94/06/0182 B 26. Januar 1995 94/06/0183 B 26. Januar 1995 94/06/0176 B 26. Januar 1995

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, in der Beschwerdesache

1. des Johann M und 2. der Elisabeth M in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in W, gegen den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Kosten eines Enteignungsverfahrens nach dem Bundesstraßengesetz, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) Aufwendungen von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der vorliegenden Säumnisbeschwerde machen die Beschwerdeführer als Enteignungsgegner eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Nichterledigung der Kostenentscheidung in einem Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz durch den im Devolutionsweg zuständig gewordenen belangten Bundesminister geltend. Unbestritten ist, daß eine Sachentscheidung über den Enteignungsantrag der Bundesstraßenverwaltung bisher nicht ergangen ist und die mündliche Verhandlung über das Enteignungsverfahren bereits am 26. Jänner und 2. Juni 1993 stattgefunden hat, in welcher die Beschwerdeführer die verfahrensgegenständlichen Kosten verzeichnet haben.

Während die Beschwerdeführer die Auffassung vertreten, die belangte Behörde hätte - ungeachtet der Erledigung in der Sache selbst - über die Kosten des Enteignungsverfahrens jedenfalls innerhalb von sechs Monaten abzusprechen gehabt, ist die belangte Behörde der Auffassung, daß Voraussetzung für die Zuerkennung des Kostenersatzes "ein bescheidmäßig abgeschlossenes Verfahren" sei.

Die Beschwerdeführer haben aufgrund einer durch den Berichter ergangenen Aufforderung eingeräumt, eine vorgezogene Kostenentscheidung bei der belangten Behörde nicht ausdrücklich beantragt zu haben.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 11. Februar 1993, Zl. 90/06/0211, ausgesprochen hat, sind den Enteignungsgegnern im Enteignungsverfahren nach dem Bundesstraßengesetz gemäß § 20 BStG iVm § 44 Eisenbahnenteignungsgesetz auch die Kosten anwaltlicher Vertretung zu ersetzen, und zwar - entsprechend dem Wortlaut des § 44 EEG - unabhängig davon, ob der Enteignungsantrag ganz oder teilweise erfolgreich ist oder nicht. Ein notwendiger Sachzusammenhang in der Weise, daß ungeachtet der bereits erfolgten Durchführung der mündlichen Enteignungsverhandlung erst mit Erlassung des die Enteignung verfügenden oder den darauf abzielenden Antrag abweisenden Bescheides ein Abspruch über die Kosten des Enteignungsverfahrens möglich wäre, da nicht früher feststünde, ob und in welchem Ausmaß solche Kosten zuzuerkennen sind, besteht daher im Prinzip nicht. Auch ist weder dem Eisenbahnenteignungsgesetz noch dem Bundesstraßengesetz eine Bestimmung zu entnehmen, wonach die Kostenentscheidung die (spätestens gleichzeitige) Erlassung eines Bescheides in der Hauptsache voraussetzte (anders etwa die Kosten von Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, deren Zuspruch gemäß § 79a AVG vom Obsiegen der Partei abhängig ist).

Das AVG regelt die Kostenentscheidung an mehreren Stellen:

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch des Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage "und zwar in der Regel zur Gänze" zu erledigen. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 25. November 1960, Slg. Nr. 5432, ausgesprochen hat, kann aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden, daß über Verfahrenskosten nicht in einem abgesonderten Bescheid abgesprochen werden dürfte.

§ 74 Abs. 2 AVG, wonach der Kostenersatzanspruch der Partei so rechtzeitig zu stellen ist, daß der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann, stellt sich nur als konkrete Ausformung jener Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte dar, die spätestens mit der Sachentscheidung auch eine Kostenentscheidung ermöglichen sollen, ohne aber eine notwendige Koppelung beider Absprüche vorzuschreiben.

Aus den genannten Regelungen in ihrem Zusammenhang läßt sich hinsichtlich der Kostenentscheidung somit ableiten, daß der Gesetzgeber grundsätzlich vom Modell einer gleichzeitigen Entscheidung der Hauptsache und der Kosten in einem Bescheid ausgeht (also zu einem Zeitpunkt, zu dem erst endgültig feststeht, in welchem Ausmaß Kosten entstanden sind). Diese durchaus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten entsprechende Regelung schließt eine gesonderte Entscheidung über die Kosten jedoch nicht aus, macht sie der Behörde aber grundsätzlich vor der Erledigung in der Sache selbst nicht zur Pflicht.

Im Hinblick auf die dargelegte Rechtsnatur des Kostenersatzanspruches des Enteignungsgegners gemäß § 44 EEG, ist jedoch diesem jedenfalls ein rechtliches Interesse an der Entscheidung in der Kostenfrage und damit auch das Recht, die Entscheidungspflicht der Behörde insoweit unabhängig von der Entscheidung in der Hauptsache geltend zu machen, zuzubilligen.

Allerdings trifft nach dem Gesagten die Behörde eine Verpflichtung zur Entscheidung der Kostenfrage losgelöst von der Hauptfrage zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Entscheidung der Hauptfrage noch nicht abzusehen ist, nicht schon aufgrund der Bestimmungen des AVG; diese Verpflichtung wird vielmehr erst durch einen darauf abzielenden ausdrücklichen Antrag der Kostenersatz ansprechenden Partei (im Sinne des § 73 Abs. 1 AVG) ausgelöst. Der allgemeine Antrag in der mündlichen Enteignungsverhandlung, die verzeichneten Kosten zuzusprechen, enthält zwar einen Antrag im Sinne des § 74 AVG, jedoch noch keinen Antrag darauf, daß über die Kostenfrage unabhängig vom Fortgang der Hauptsache entschieden werden möge. Einem solchen Antrag ist dann stattzugeben, wenn die für die Kostenbemessung maßgebenden Komponenten (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0231) im Zeitpunkt der Entscheidung feststellbar sind.

Da die Beschwerdeführer im Beschwerdefall insoweit eine Entscheidungspflicht der Behörde noch nicht ausdrücklich geltend gemacht haben, ist die Behörde auch nicht säumig. Die Säumnisbeschwerde war daher mangels Verletzung der Entscheidungspflicht als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, jedoch begrenzt durch das hinter den Sätzen dieser Verordnung zurückbleibende Ersatzbegehren der belangten Behörde.

Schlagworte

Trennbarkeit gesonderter AbspruchVerletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060181.X00

Im RIS seit

27.03.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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