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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde der N in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juli 1993, Zl. 4.322.651/2-III/13/91, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. Juli 1993 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin - einer Staatsangehörigen von Nigeria, die am 15. September 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und am 16. September 1991 einen Asylantrag gestellt hatte - gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 9. Oktober 1991 - mit dem festgestellt worden war, daß bei ihr die Voraussetzungen für ihre Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen - abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin nicht nur deshalb kein Asyl gemäß § 3 Asylgesetz 1991 (welches sie bei Erlassung ihres Bescheides im Hinblick auf die am 22. November 1991 rechtzeitig erhobene Berufung gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. bereits anzuwenden hatte) gewährt, weil sie ihre Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 1 Z. 1 leg. cit. verneint hat, sondern auch deshalb, weil sie der Ansicht war, daß der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei. Nach dieser Gesetzesstelle wird einem Flüchtling kein Asyl gewährt, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Selbst wenn die Beschwerdeführerin - wie sie in ihrer Beschwerde geltend macht - als Flüchtling hätte angesehen werden müssen, wäre für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, wenn dieser Ausschließungsgrund vorliegt.
Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides habe das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben, daß sich die Beschwerdeführerin vor ihrer Einreise in das Bundesgebiet bereits zehn Monate in Bulgarien aufgehalten habe. Daraus folgerte die belangte Behörde, daß die Beschwerdeführerin bereits in Bulgarien vor Verfolgung sicher gewesen sei, zumal "Verfolgungssicherheit" - nach der Begründung des angefochtenen Bescheides - dann anzunehmen sei, wenn ein Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland bzw. in einen Verfolgerstaat abgeschoben zu werden.
Die nach ihrem "Fluchtweg" befragte Beschwerdeführerin hat bei ihrer niederschriftlich festgehaltenen Vernehmung (durch die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich) am 20. September 1991 (unter Punkt 18) folgendes angegeben:
"Ich hatte einen gültigen Reisepaß und habe mir für den Aufenthalt in Europa verschiedene Visas besorgt. Ich hatte bei meiner Abreise aus meiner Heimat keine konkreten Vorstellungen, wohin ich mich in Europa begeben werde. Das Visum von Spanien habe ich nur genommen, weil eine Freundin dorthin gefahren ist. Ich wollte aber nicht in dieses Land. Mein Mann und ich hatten Flugtickets für die Reise nach Bulgarien gekauft. Am 30.10.1990 haben wir mit der Balkan-Air ab Lagos unsere Heimat verlassen. Wir flogen nach Sofia und hielten uns in Bulgarien bis zum August 1991 auf. Aus diesem Grunde wurde auch mein Visum für Bulgarien einmal verlängert.
Im August 1991 hat mein Mann Sofia verlassen um sich andere europäische Länder anzusehen. Er wollte mich dann verständigen, daß ich nachkommen könne.
Nachdem ich bis Ende August 1991 nichts mehr von ihm gehört hatte, habe ich nicht länger alleine in Bulgarien bleiben wollen. Ich hoffte ihn zu finden.
Am 31.8.1991 fuhr ich mit der Bahn legal von Sofia nach Rumänien und weiter nach Ungarn. Auch hieher war ich legal gereist. Ich hielt mich zehn Tage in Budapest auf und bin dann mit der Bahn nach Österreich gefahren. Zu diesem Zwecke habe ich mich mit Hilfe eines Rumänen im Zug versteckt. Ich war unter einem Sitz versteckt und der Rumäne hatte ein Brett davorgelegt, sodaß ich nicht gesehen wurde. Der Rumäne half mir aus reiner Freundlichkeit. Ich wurde während der Fahrt von Budapest bis nach Wien nicht entdeckt. Erst in Wien am Südbahnhof habe ich mein Versteck verlassen. Ich habe mich bis zum nächsten Tag am Bahnhof in Wien aufgehalten und bin dann mit der Lokalbahn bis nach Traiskirchen gefahren."
Die Beschwerdeführerin tritt der Argumentation im angefochtenen Bescheid - sie sei bereits in Bulgarien vor Verfolgung sicher gewesen - in ihrer Beschwerde mit keinem Wort entgegen. Sie wendet sich ausschließlich gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß sie nicht Flüchtling im Sinne des § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 sei, ohne aber das Vorliegen des herangezogenen Asylausschließungsgrundes zu bestreiten.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag der belangten Behörde im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. unter anderem die Erkenntnisse vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256, und vom 24. November 1993, Zl. 93/01/0357, auf die des näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird) in rechtlicher Hinsicht nicht entgegenzutreten. Der Verwaltungsgerichtshof kann aber auch nicht finden, daß die belangte Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung im vorliegenden Beschwerdefall zu einem den Denkgesetzen oder den Erfahrungen des Lebens zuwiderlaufenden Ergebnis gelangt ist, wenn sie aufgrund des niederschriftlich festgehaltenen eigenen Vorbringens der Beschwerdeführerin zu dem Schluß gekommen ist, diese sei bereits in Bulgarien vor Verfolgung sicher gewesen.
Hat die belangte Behörde im vorliegenden Beschwerdefall aber von dem Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 somit zu Recht Gebrauch gemacht, dann braucht auf die weiteren Beschwerdeausführung deshalb nicht mehr eingegangen zu werden, weil dahingestellt bleiben kann, ob der Beschwerdeführerin die Flüchtlingseigenschaft hätte zuerkannt werden müssen bzw. ob die Prüfung ihrer Flüchtlingseigenschaft mit Rechtsverletzungen belastet worden ist (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom 7. Oktober 1993, Zl. 93/01/0800, und vom 22. Juni 1994, Zl. 94/01/0430).
Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994190827.X00Im RIS seit
20.11.2000