TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/26 94/06/0226

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.01.1995
beobachten
merken

Index

L10015 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Salzburg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs3;
AVG §63 Abs3;
AVG §66 Abs4;
B-VG Art130 Abs2;
GdO Slbg 1976 §63 Abs4;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/06/0227

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde

1. des WD (zur Zl. 94/06/0226) und 2. der AD (zur Zl. 94/06/0227), beide in H und beide vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Sbg LReg vom 12. September 1994, Zl. 1/02-34.310/4-1994, betreffend Zurückweisung einer Vorstellung in einer Bauangelegenheit (mP: 1. E in H, 2. Gemeinde S, vertreten durch den Bgm), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus den Beschwerden, den mit ihnen vorgelegten angefochtenen Bescheiden und den der Beschwerde angeschlossenen weiteren Unterlagen ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit Schreiben vom 27. April 1994, bei der belangten Behörde eingegangen am 2. Mai 1994, erhoben die Beschwerdeführer, vertreten durch die Beschwerdevertreter, Vorstellung "gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde S vom 20. April 1994, zugestellt am 25. April 1994."

Die Vorstellung enthält weder im Rubrum noch in den Beschwerdeausführungen eine Angabe der Geschäftszahl des angefochtenen Bescheides oder darüber, wer der Konsenswerber in dem zugrunde liegenden Bauverfahren ist, in dem der offensichtlich aufgrund einer Berufung der Beschwerdeführer ergangene Bescheid, der nur dem Datum nach bezeichnet wurde, erlassen wurde. Auch eine Angabe über eine Adresse eines Bauobjektes bzw. eine Grundstücksbezeichnung, aus der auf das verfahrensgegenständliche Projekt geschlossen werden könnte, fehlt. Die Vorstellung schließt mit dem

"ANTRAG

an das Amt der Salzburger Landesregierung, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der Gemeindevertretung der Gemeinde S die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen."

Unter dem Abschnitt "Vorstellungsgründe" werden Rechtsfragen hinsichtlich der Verhandlungschrift im Verfahren nach AVG, der Akteneinsicht durch die Beschwerdeführer sowie der Geschoßflächenzahl erörtert. Als näherer Hinweis auf das Verfahren findet sich einzig die Erwähnung einer Bauverhandlung vom 1. Februar 1994.

Da über das Ersuchen der belangten Behörde an die mitbeteiligte Gemeinde, die einschlägigen Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen, von der mitbeteiligten Gemeinde mitgeteilt wurde, daß die genaue Bescheidbezeichnung fehle, forderte die belangte Behörde die Beschwerdevertreter mit Schreiben vom 21. Juni 1994 auf, die genaue Bezeichnung des angefochtenen Bescheides sowie des gegenständlichen Bauvorhabens bekannt zu geben. Diesem Auftrag kamen die Beschwerdeführer nach.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung sodann als unzulässig zurück und begründete dies damit, daß gemäß § 63 Abs. 4 Salzburger Gemeindeordnung 1976, LGBl. Nr. 76, derjenige, der durch den Bescheid eines Gemeindeorganes in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde auf dem Gebiete der Landesvollziehung in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Rechtsmittelzuges innerhalb von zwei Wochen von der Zustellung des Bescheides an gerechnet dagegen eine mit einem BEGRÜNDETEN ANTRAG versehene Vorstellung an die Landesregierung erheben könne. Wenngleich grundsätzlich dem AVG ein übertriebener Formalismus fremd sei, sei im vorliegenden Fall ein strenger Maßstab anzulegen, da die Vorstellungswerber anwaltlich vertreten seien. Die Vorstellung vom 27. April 1994 sei durch eine weitgehende Inhaltslosigkeit gekennzeichnet, es fehle jegliche Angabe über die Antragsgegner (Konsenswerber des Bauvorhabens) sowie das bekämpfte Bauvorhaben selbst. Weder aus den zu Punkt 1 noch aus den zu Punkt 2 der Vorstellung enthaltenen Ausführungen könnten Rückschlüsse gezogen werden, in welchem Bauverfahren eine behauptete Beeinträchtigung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten erfolgte. Im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 63 Abs. 3 AVG zu den Voraussetzungen eines begründeten Berufungsantrages sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richten sich die beiden vorliegenden Beschwerden des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin. Die Beschwerdeführer erachten sich jeweils in ihrem Recht auf inhaltliche Entscheidung über die Vorstellung vom 2. April 1994 verletzt. Beide Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes im Hinblick darauf geltend, daß der Mangel der Bezeichnung des angefochtenen Bescheides nur dann zur Zurückweisung der Berufung führen könne, wenn in Folge dieses Mangels die Behörde nicht erkennen könne, gegen welche ihrer Entscheidungen sich die Berufung wendet. Im Hinblick auf die Befolgung des Verbesserungsauftrages sei (überdies) völlig klargestellt worden, wer die Antragsgegner (Konsenswerber) sind und welches Bauvorhaben bekämpft wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Rechtssachen im Hinblick auf den sachlichen und persönlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hat erwogen:

1. Zunächst ist festzuhalten, daß die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen ist, daß im Hinblick auf § 63 Abs. 4 Salzburger Gemeindeordnung 1976 die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Erfordernissen eines "begründeten Berufungsantrages" gemäß § 63 Abs. 3 AVG sinngemäß auch im Beschwerdefall herangezogen werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis VwSlg 8727 A/1974 und z.B. Berchtold in:

Fröhler-Oberndorfer, Handbuch des Gemeinderechts, 3.14, Gemeindeaufsicht, 35).

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 63 Abs. 3 AVG - wie auch in den Beschwerden richtig erkannt wird - in ständiger Judikatur ausgesprochen, daß gemäß § 63 Abs. 3 AVG die Berufung den Bescheid zu bezeichnen hat, gegen den sie sich richtet, und zwar in einer Weise, daß unverwechselbar der mit Berufung angefochtene Bescheid feststeht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. März 1978, Slg. Nr. 9506 A/1978). Da das Erfordernis zu der Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, kein verbesserungsfähiges Formerfordernis im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG, sondern ein im Gesetz ausdrücklich verlangtes Inhaltserfordernis darstellt, führt ihr Fehlen bzw. jenes der Berufungserklärung nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Zurückweisung der Berufung (vgl. z. B. das hg. Erkennntis VwSlg. 1564 A/1950, 8727 A/1974, oder das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1976, Zl. 1131/76, oder vom 4. Mai 1983, Zl. 82/09/0122).

3. Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, daß die ursprüngliche Eingabe der Beschwerdeführer keinerlei Angaben über die Geschäftszahl des bekämpften Bescheides oder über den Konsenswerber im zugrundeliegenden Verfahren bzw. betreffend eine Adresse des Bauvorhabens, auf welches sich das Verwaltungsverfahren bezog, enthalten hat. Die Beschwerdeführer vertreten in der Beschwerde jedoch die Auffassung, daß aus dem Hinweis auf das Datum des Bescheides eine Zuordnung möglich gewesen wäre. Darüber hinaus sei aufgrund der ergänzenden Informationen im "Verbesserungsverfahren" die Zuordnung möglich gewesen. Es hätte aber an sich keines Verbesserungsverfahrens bedurft.

Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, daß auch dann, wenn man das Erfordernis einer Rechtsmittelerklärung nicht streng formal auslegt, für die Behörden aufgrund der Anfechtungserklärung ersichtlich sein muß, gegen welchen Bescheid sich das Rechtsmittel richtet. Dies kann insbesondere nicht dazu führen, daß die Behörden verpflichtet wären, aufgrund knapper Angaben in einem Rechtsmittel Ermittlungen dahingehend durchzuführen, welcher Bescheid vom Rechtsmittelwerber gemeint sein könnte (vgl. für den Fall der Angabe einer Geschäftszahl aber Fehlen einer Angabe der erstinstanzlichen Behörde in einer Berufung an einen unabhängigen Verwaltungssenat das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 1993, Zl. 92/03/0268). Soferne die eindeutige Bezeichnung nach der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, der Rechtssache, Geschäftszahl und Datum des Bescheides nicht gegeben ist, kann ein Fehlen einer der Angaben, die die eindeutige Bestimmtheit gewährleisten, nur dann nicht schaden, wenn aufgrund der im Rechtsmittel enthaltenen Angaben in Verbindung mit den üblicherweise bei Behörden geführten Aufzeichnungen eine Bestimmung des angefochtenen Bescheides möglich ist. Die bloße Angabe eines Datums eines Bescheides bzw. des Zustelldatums an eine der Parteien erfüllt dieses Kriterium jedenfalls dann nicht, wenn - wie hier - die bescheiderlassende Behörde aufgrund der Angaben des Rechtsmittelwerbers auch tatsächlich nicht in der Lage ist, zweifelsfrei zu erkennen, welcher Bescheid Gegenstand des Rechtsmittels ist. Gerade weil es sich nicht um das Rechtsmittel des Bauwerbers selbst, sondern um eines des Nachbarn handelte, kann - entgegen dem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen - auch nicht gesagt werden, daß sich aus dem Namen des Rechtsmittelwerbers auch schon die Bezeichnung der Rechtssache ergibt (abgesehen davon, daß auch der Name des Konsenswerbers allein im Falle mehrerer Verfahren betreffend denselben Konsenswerber noch keine ausreichende Bezeichnung darstellen muß).

Der von den Beschwerdeführern eingebrachte Schriftsatz litt daher tatsächlich am inhaltlichen Mangel des Fehlens einer ausreichend bestimmten Rechtsmittelerklärung.

4. Da das Fehlen eines ausreichend bestimmten Rechtsmittelantrages einen inhaltlichen Mangel darstellt, kommt § 13 Abs. 3 AVG in einem derartigen Fall nicht zum Tragen (vgl. auch die bei Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, I, 1987, 593, zitierten hg. Erkenntnisse). Wenn die Behörde - wie im Beschwerdefall - dennoch einen Verbesserungsauftrag (unter ausdrücklicher Berufung auf § 13 Abs. 3 AVG oder aber nur der Sache nach entsprechend § 13 Abs. 3 AVG) erteilt, stellt sich die Frage der Rechtswirkungen eines derartigen Auftrages. Hiezu hat der Verwaltungsgerichtshof im zit. Erkenntnis vom 27. Jänner 1993, Zl. 92/03/0268, unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0087, festgestellt, daß der Umstand, daß die Behörde ohne gesetzlichen Anlaß einen Verbesserungsauftrag erteilte, kein subjektives Recht des Beschwerdeführers auf Sacherledigung des außerhalb der ursprünglichen Rechtsmittelfrist ergänzten Rechtsmittels begründe. Dies ergibt sich auch daraus, daß Verfahrensvorschriften wie § 63 Abs. 3 AVG (und im Beschwerdefall § 63 Abs. 4 der Salzburger Gemeindeordnung 1976) der Behörde kein Ermessen einräumen und es nicht der Disposition der Behörde unterliegen kann, ob ein Mangel eines Rechtsmittels aufgegriffen wird oder nicht. Es kann daher der Umstand, daß die Behörde zunächst mit der Erteilung eines Verbesserungsauftrages vorgegangen ist, nichts daran ändern, daß der inhaltliche Mangel des Rechtsmittels besteht.

5. Aus diesem Grund hat die belangte Behörde zu Recht die Vorstellung der Beschwerdeführer zurückgewiesen.

6. Da somit schon aus der Beschwerde ersichtlich ist, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Ermessen Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verbesserungsauftrag Ausschluß Berufungsverfahren Fehlen des begründeten Rechtsmittelantrages

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060226.X00

Im RIS seit

13.12.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten