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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in W, vertreten durch Dr. V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. April 1994, Zl. 4.327.692/3-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. April 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen Guineas, der am 16. November 1991 in das Bundesgebiet eingereist ist, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Dezember 1994, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß er bereits in Senegal und Algerien vor seiner Einreise nach Österreich vor Verfolgung sicher gewesen und daher bei ihm der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei.
Dem hält der Beschwerdeführer im wesentlichen entgegen, die belangte Behörde sei ihrer Ermittlungspflicht hinsichtlich der tatsächlichen Sicherheit in Senegal und Algerien vor asylrechtlich relevanter Verfolgung bzw. vor Abschiebung in einen anderen Staat, wo eine solche Verfolgung drohe, nicht nachgekommen. Anderenfalls hätte sie nämlich feststellen können, daß Senegal zwar die Genfer Flüchtlingskonvention sowie das Zusatzprotokoll unterzeichnet habe, daß aber diesbezüglich keinerlei innerstaatliche Umsetzung bestehe. Zwar gebe es grundsätzlich die Möglichkeit, durch den Präsidenten Asyl zuerkannt zu erhalten, die Grundlage für die Entscheidung des Präsidenten bilde aber lediglich eine Empfehlung einer zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft eingesetzten Kommission. Auch bestehe im Rahmen dieses Verfahrens für den Asylwerber keinerlei Berufungsmöglichkeit, sodaß die Grundsätze eines fairen Verfahrens keinesfalls als erfüllt angesehen werden könnten. Die belangte Behörde hätte ferner feststellen müssen, daß gerade Flüchtlinge aus Guinea im Rahmen dieses "Verfahrens" eine besonders schlechte Stellung besäßen. Dies insbesondere deshalb, da zwischen den beiden Staaten Guinea und Senegal ein wechselseitiges Auslieferungsabkommen bestehe, welches Guinea berechtige, die Auslieferung seiner Staatsangehörigen zu verlangen und Senegal im Sinne guter nachbarschaftlicher Beziehungen diesen Auslieferungsersuchen regelmäßig nachkomme. Insbesondere Angehörige der Opposition in Guinea (wie der Beschwerdeführer) würden von dem "in Senegal allgegenwärtigen Geheimdienst" im Regelfall rasch aufgespürt und im Falle eines entsprechenden Ersuchens an den Heimatstaat ausgeliefert. Auch hinsichtlich Algeriens hätte die belangte Behörde, wenn sie ihrer Ermittlungspflicht nachgekommen wäre, feststellen müssen, daß hier die Praxis bestehe, Personen selbst dann als illegal des Landes zu verweisen, wenn sie über eine Mandatserklärung seitens des UNHCR verfügten. Der Beschwerdeführer sei daher weder in Senegal, noch in Algerien vor Verfolgung im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 sicher gewesen.
Würden diese Behauptungen zutreffen, so könnte nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß der Beschwerdeführer bereits in Senegal oder in Algerien vor Verfolgung sicher gewesen sei. Der Beschwerdeführer hat zwar konkrete Behauptungen zur Bestreitung der von der belangten Behörde angenommenen Verfolgungssicherheit erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - wie er mit Recht rügt - im Verwaltungsverfahren nicht Gelegenheit gegeben, dazu Stellung zu nehmen, weshalb dieses Vorbringen nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1994, Zl. 94/19/0013). Damit aber hat der Beschwerdeführer die Wesentlichkeit eines Verfahrensmangels aufgezeigt.
Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994191322.X00Im RIS seit
20.11.2000