TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/26 94/19/1224

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Veröffentlicht am 26.01.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §20 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Stöberl, Dr. Holeschofsky und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 1994, Zl. 4.334.858/3-III/13/92, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen von Ghana, der am 20. Oktober 1991 in das Bundesgebiet eingereist war und am 22. Oktober 1991 einen Asylantrag gestellt hatte - gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 22. April 1992 - mit dem festgestellt worden war, daß bei ihm die Voraussetzungen für seine Anerkennung als Flüchtling nicht vorlägen - abgewiesen und damit die Asylgewährung versagt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich hat ihren negativen Feststellungsbescheid damit begründet, daß dem Beschwerdeführer die Flüchtlingsgeigenschaft (im Sinne des § 1 Asylgesetz (1968) in Verbindung mit Art. 1 Abschnitt A Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) nicht zukomme.

In seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat der Beschwerdeführer unter anderem erstmals behauptet: "noch am selben Tag (gemeint damit: 25. Juni 1991) verließ ich aus Furcht, verhaftet zu werden, mein Heimatland und kam über Nigeria, wo ich mich zwei Monate lang aus Furcht vor der ghanesischen Geheimpolizei versteckte, nach Europa, nach Österreich, wo ich am 20. Oktober 1991 ankam".

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers - ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft auseinanderzusetzen - ausschließlich darauf gestützt, daß "die Würdigung Ihrer in Ihrer Berufung enthaltenen Angaben ergeben hat, daß Sie bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher waren". Ausgehend von den in seiner Berufung erstatteten Angaben, folgerte die belangte Behörde, daß der Beschwerdeführer "Verfolgungssicherheit" im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (welches sie bei Erlassung ihres Bescheides im Hinblick auf die am 29. April 1992 rechtzeitig erhobene Berufung gemäß § 25 Abs. 2 leg. cit. bereits anzuwenden hatte) in Nigeria erlangt habe, weshalb die Gewährung von Asyl gemäß § 3 leg. cit. nicht in Betracht komme.

Dabei läßt die belangte Behörde jedoch außer acht, daß sie nach der im konkreten Beschwerdefall von ihr zutreffend herangezogenen Rechtslage des Asylgesetzes 1991 auch die Bestimmung des § 20 Abs. 1 leg. cit. anzuwenden hatte und mithin - soweit nicht einer der Fälle des § 20 Abs. 2 leg. cit. in der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1994, Zl. G 92, 93/94-10, anzuwendenden Fassung, vorgelegen hat - ihrer Entscheidung über die Berufung das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrunde zu legen hatte. Auf die vom Beschwerdeführer erstmals in seiner Berufung zusätzlich vorgebrachten Umstände brauchte und durfte die belangte Behörde daher nicht eingehen (vgl. für viele die hg. Erkenntnisse vom 30. November 1992, Zl. 92/01/0789, und vom 23. März 1994, Zl. 93/01/1197). Auf dem Boden der von ihr anzuwendenden Rechtslage durfte die belangte Behörde allein durch Würdigung des Berufungsvorbringens von dem herangezogenen Asylausschließungsgrund keinen Gebrauch machen. Sie hat daher die Rechtslage (des § 20 Asylgesetz 1991) verkannt und dadurch ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Aufgrund dieser (eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävalierenden) Rechtswidrigkeit war der angefochtene Bescheid - ohne daß auf das Beschwerdevorbringen noch eingegangen werden mußte - daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994191224.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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