TE Vwgh Beschluss 1995/1/26 94/06/0157

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Veröffentlicht am 26.01.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Müller als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, in der Beschwerdesache der C in L, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Gemeinderat der Marktgemeinde L, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt in B, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bauangelegenheit, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Marktgemeinde L Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 25. November 1993 erteilte der Bürgermeister der Marktgemeinde L einem Dritten eine baubehördliche Bewilligung für den Einbau einer Klimaanlage in ein Geschäftslokal. Gegen diesen Bescheid haben "unterzeichnete Eigentümer der Hausgemeinschaft M-Platz 9-14 L" (so die von den Einschreitern gewählte Formulierung) gemeinsam eine Berufung vom 10. Dezember 1993 erhoben, die am 15. Dezember 1993 bei der Marktgemeinde L eingegangen ist. Mit dieser Berufung wurde die Abänderung der Baubewilligung beantragt, sie trug auf der Rückseite insgesamt 29 Unterschriften von Wohnungseigentümern, darunter an 18. Stelle die Unterschrift der nunmehrigen Beschwerdeführerin.

Zu dieser Berufungsschrift wurde dem Bauwerber Parteiengehör eingeräumt, der sich in seiner am 20. Dezember 1993 bei der Behörde eingelangten Stellungnahme zu den Wünschen der Nachbarn äußerte. Am 22. Dezember 1993 langte bei der Behörde ein vom Rechtsfreund der Beschwerdeführerin verfaßter Schriftsatz, der als Berufungsergänzung bezeichnet wurde, ein. In diesem Schriftsatz bezog sich die Beschwerdeführerin auf ihre Eingabe (die Berufung) vom 10. Dezember 1993, die sie nach ihrem Vorbringen präzisierte. Gleichzeitig teilte sie mit, daß sie ihren Rechtsfreund mit der Vertretung beauftragt habe und ersuche, in Zukunft Zustellungen ausschließlich über den Rechtsvertreter vorzunehmen.

Mit Bescheid vom 2. Februar 1994, Zl. 131-9/8/94 hat die Berufungskommission der Marktgemeinde L aufgrund der Berufung der "Hausgemeinschaft M-Platz 9-14" vom 10. Dezember 1993 den Bescheid des Bürgermeisters vom 25. November 1993 aufgehoben und das Bauverfahren eingestellt. Dieser Bescheid wurde nachweislich an den Bauwerber sowie M J, dieser mit dem Hinweis: "Als Zustellungsbevollmächtigte der Hausgemeinschaft M-Platz 9-14" zugestellt. M J war diejenige, deren Name in der gemeinsamen Berufung als erster aufschien.

In der am 5. August 1994 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Gemeindevertretung der Marktgemeinde L geltend.

Mit Berichterverfügung vom 12. August 1994 wurde das Vorverfahren eingeleitet und der belangten Behörde die Beschwerde mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege und dazu die Akten vorzulegen. In ihrer mit den Verwaltungsakten vorgelegten Gegenschrift wies die belangte Behörde darauf hin, daß über die Berufung der Beschwerdeführerin bereits eine Entscheidung ergangen sei, die nachweislich an die in der Berufung Erstgenannte zugestellt worden sei, die belangte Behörde beantragte die kostenpflichtige Zurückweisung der Säumnisbeschwerde.

Gemäß § 27 VwGG kann eine Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die Säumnisbeschwerde schützt den Einzelnen nur vor behördlicher Untätigkeit im Bereich der obrigkeitlichen Verwaltung. Ist in einem Mehrparteienverfahren bereits an eine Partei des Verwaltungsverfahrens ein Bescheid ergangen, so kann die Zuständigkeit zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof in der selben Angelegenheit nicht durch eine Säumnisbeschwerde jener Partei übergehen, an welche die Zustellung des Bescheides nicht erfolgt ist (vgl. die in Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 196, zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Da aufgrund der vorgelegten Verwaltungsakten feststeht, daß über die Berufung der Beschwerdeführerin vom 10. Dezember 1993 bereits mit Bescheid der Berufungskommission der Marktgemeinde L vom 2. Februar 1994 entschieden wurde und diese Berufungsentscheidung auch nachweislich sowohl an den Bauwerber als auch an die gemäß § 9 Abs. 3 des Zustellgesetzes hinsichtlich der "Sammelberufung" vom 10. Dezember 1993 als Zustellungsbevollmächtigte anzusehende M J erfolgte, war die vorliegende Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen, dies ungeachtet des Umstandes, daß der Berufungsbescheid nicht (auch) der Beschwerdeführerin zu Handen ihres im Verwaltungsverfahren eingeschrittenen Rechtsfreundes zugestellt worden war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG im Zusammenhang mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche AngelegenheitenVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994060157.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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