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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der MW und des WW in F, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. Juli 1994, Zl. Ve1-550-2104/1-5, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien:
1. Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister; 2. F in F, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in K), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem am 3. Juni 1993 bei der Behörde eingelangten Gesuch kam die zweitmitbeteiligte Partei (kurz: Bauwerber) um Erteilung der Baubewilligung zwecks Errichtung eines "Wohn- und Geschäftshauses" (14 Wohneinheiten, Lagerräumen und "Geschäftsflächen") auf einem (durch Abteilung neu gebildeten) Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde ein, das nach der Aktenlage zum damaligen Zeitpunkt als "Wohngebiet - Aufschließungsgebiet" gemäß § 12 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG 1984) gewidmet war. Zwischen dem zu bebauenden Grundstück und dem Grundstück der Beschwerdeführer befindet sich das Grundstück Nr. 3249/5 (von dem das zu bebauende Grundstück zum größten Teil abgetrennt wurde); nach den vorgelegten Lageplänen sind die südwestliche Ecke des zu bebauenden Grundstückes und die nordöstliche Ecke des Grundstückes der Beschwerdeführer rund 3,0 m von einander entfernt.
Bei der Bauverhandlung vom 24. Juni 1993, die vom Vizebürgermeister geleitet wurde, wurde unter anderem festgehalten, daß der Bauwerber nicht grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft sei, weshalb vor der Erteilung der Baubewilligung ein von der Grundverkehrsbehörde genehmigter Baurechtsvertrag nachzureichen sei. Die Beschwerdeführer wendeten ein, das Bauansuchen sei derart mangelhaft, daß nach den Bestimmungen der Tiroler Bauordnung (TBO) die Durchführung einer Bauverhandlung unzulässig sei. Ein allfälliger Baurechtsvertrag sei bereits mit dem Bauansuchen vorzulegen und könne nicht nachgereicht werden. Dasselbe gelte für den Parkplatzplan, wie auch für die Kellerpläne und die sonstigen vom Bausachverständigen aufgezeigten Mängel der gesamten Planung. Aus den Bauplänen könne geschlossen werden, daß die Errichtung von Büros, Lagerräumlichkeiten, und Appartements geplant sei. Dies ergebe sich auch aus dem vom Bauwerber und der Gemeinde angestrebten Umwidmungsverfahren, in welchem eine Sonderfläche für Heizungs- und Sanitärbetriebe beschlossen worden und in dem auch von der Errichtung einer Spenglerei die Rede sei. Mangels Genehmigung der Landesregierung sei diese Umwidmung bislang nicht rechtswirksam. Das geplante Bauvorhaben sei in einem Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 1 TROG 1984 unzulässig, dies auch dann, "wenn nunmehr in den Plänen von Wohnungen und nicht von mehr von Appartements die Rede" sei. Hierauf wurde die Bauverhandlung vertagt.
In der am 29. Juli 1993 (diesmal unter der Leitung des Bürgermeisters) fortgesetzten Bauverhandlung erklärte der Sachverständige (zitiert nach der Wiedergabe im erstinstanzlichen Bescheid; eine Übertragung der in weiten Passagen in Kurzschrift abgefaßten Verhandlungsschrift liegt dem Verwaltungsgerichtshof nicht vor), verfahrungsgegenständlich sei ein Wohn- und Geschäftshaus. Im Untergeschoß seien ein Ausstellungsraum und Geschäft sowie "eine Bäderausstellung für den Betrieb, Heizungs- und Sanitärinstallation des Bauwerbers vorgesehen". Ab dem Erdgeschoß seien nur mehr abgeschlossene Wohneinheiten vorgesehen. Nach dem gültigen Flächenwidmungsplan der Gemeinde sei das zu verbauende Gebiet als "Wohngebiet" gewidmet. Laut "dem gültigen Raumordnungsgesetz" seien im Wohngebiet auch Betriebe und Geschäfte, die dem täglichen Bedarf der Bevölkerung dienten, zulässig, soferne sie nicht unzumutbare Rauch-, Lärm- oder Staubbelästigung bewirkten. Da ein Heizungs- und Sanitärinstallationsbetrieb dem täglichen Bedarf der Bevölkerung diene und "außer dem Ausstellungsraum und Geschäft und der Bäderausstellung nur Lageräume geplant" seien - also auch keine Werkstätten - und sich ansonsten ab dem Erdgeschoß im Gebäude nur Wohnungen für "Erstwohnsitze" befände, sei das Bauvorhaben gemäß der Flächenwidmung und der Tiroler Bauordnung als zulässig anzusehen. Die Beschwerdeführer wiederholten die Einwendungen, die sie in der Bauverhandlung vom 24. Juni 1993 erhoben hatten, und ergänzten (soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich), daß der Baurechtsvertrag "nach wie vor" von der Grundverkehrsbehörde nicht genehmigt und daher zumindest derzeit nichtig sei. Bei einem Installationsbetrieb handle es sich keineswegs um einen Betrieb des täglichen Bedarfes, (sondern um ein "Baunebengewerbe"), der sowohl durch den Betrieb selbst als auch durch Lagerhaltung (Zu- und Abtransport) erhebliche Immissionen verursache. Der Bauwerber bestritt "die Anrainereigenschaft und damit Parteistellung" der Beschwerdeführer, weil ihre Liegenschaft nicht an den Bauplatz angrenze; im übrigen seien die Einwendungen unzutreffend (wurde näher ausgeführt); im geplanten Objekt würden "fast ausschließlich Lager und Ausstellung betrieben", "im übrigen aber laufend benötige Ersatzteile abgegeben werden". Nach dem Projekt werde die Beschickung der Lagerfläche ausschließlich vom Altbestand aus erfolgen (geplant war eine unterirdische Verbindung zu einem Nachbarobjekt), weshalb durch den Neubau keine Verkehrsbelästigungen und infolge dessen auch keine Lärmbelästigungen "auch nur an der Grenze des unzumutbaren, geschweige denn darüber hinaus, ausgelöst" würden.
Mit Bescheid vom 31. Juli 1993 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde die angestrebte Baubewilligung mit zahlreichen Vorschreibungen, darunter, daß "im gesamten Gebäude nur Erstwohnsitze für die Wohnungen begründet werden" dürften (Punkt 54). Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden, wie sich jedenfalls aus der Begründung ergibt, als unbegründet abgewiesen.
Im Punkt 53) wurde der Bauwerber "ausdrücklich darauf hingewiesen, daß noch folgende Ansuchen unter Beischluß von Planunterlagen (dreifach) beizubringen sind:
a) Ansuchen um Erteilung der Betriebsstättengenehmigung im Sinne der §§ 74 ff Gewerbeordnung 1973, bei der BH Schwaz - beim Amt der Tiroler Landesregierung.
b) Ansuchen um Bewilligung zur Lagerung von Mineralölen und Errichtung einer Ölfeuerung bei der Gemeinde".
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der insbesondere weiterhin geltend gemacht wurde, daß das Projekt mit der Flächenwidmung nicht in Einklang stehe.
Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde mit Beschluß des Gemeinderates vom 29. Oktober 1993 (unter anderem) die Flächenwidmung betreffend das zu bebauende Grundstück im Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 2 TROG 1984 geändert; dieser Beschluß wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. Februar 1994 genehmigt. Die Kundmachung durch die Gemeinde erfolgte am 2. März 1994 (angeschlagen am 2. März, abgenommen am 17. März 1994).
Mit Bescheid vom 1. April 1994 wies der Gemeindevorstand der Gemeinde (unter dem Vorsitz des Vizebürgermeisters) die Berufung als unbegründet ab. Begründet wurde dies zusammenfassend damit, daß die behaupteten Mängel nicht vorlägen, weil zwischenzeitig der Baurechtsvertrag von der Grundverkehrsbehörde rechtskräftig genehmigt und auch der Flächenwidmungsplan geändert worden sei, "sodaß das gegenständliche Bauansuchen dadurch möglich gemacht" worden sei.
Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie der Sache nach geltend machten, daß der Vizebürgermeister befangen gewesen sei, weil er die Bauverhandlung vom "03.06.1993" (richtig: 24. Juni 1993) geleitet habe; das Bauvorhaben widerspreche auch der nunmehrigen Flächenwidmung (wurde näher ausgeführt).
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte sie aus, der Umstand, daß der Vizebürgermeister die (erste) Bauverhandlung vom 24. Juni geleitet habe, begründe nicht seine Befangenheit (im Berufungsverfahren). Im übrigen handle es sich bei der Entscheidung des Gemeindevorstandes um eine Entscheidung eines Kollegialorganges, weshalb die (nicht vorliegende, jedoch behauptete) Befangenheit nur dann einen Verfahrensmangel bilden könnte, wenn das Organ bei Abwesenheit des befangenen Mitgliedes nicht beschlußfähig gewesen wäre oder wenn ohne dessen Stimme die für die Beschlußfassung erforderliche Stimmenmehrheit nicht zustandegekommen wäre, was angesichts des Abstimmungsergebnisses vier pro Stimmen bei einer Enthaltung nicht der Fall sei. Auch aus der Behauptung, die Berufungsbehörde sei auf das Berufungsvorbringen nicht ausreichend eingegangen, weil die Gemeindevorstandsmitglieder als Teil des Gemeinderates die Umwidmung beschlossen hätten, sei nichts zu gewinnen, weil Umwidmungsverfahren und Bauverfahren zwei voneinander verschiedene Verfahren seien. Die Behauptung, es sei die Errichtung einer Spenglerei durch die Baubehörde genehmigt worden, sei aktenwidrig und widerspreche der im Akt aufliegenden Baubeschreibung. Eine Überprüfung des Bauvorhabens habe ergeben, daß dieses auf einer nach § 12 Abs. 2 TROG 1984 gewidmeten Grundfläche zulässig sei. Die Vorstellungswerber übersähen nämlich, daß gemäß § 109 Abs. 1 TROG 1994 die in TROG 1984 festgelegten Widmungen als Widmungen im Sinne des TROG 1994 gälten. Wohngebiete nach § 12 Abs. 2 TROG 1984 gälten somit als Wohngebiete nach § 38 Abs. 2 TROG 1994 (gemischtes Wohngebiet). Nach dieser Bestimmung sei die Errichtung von Kleinbetrieben im gemischten Wohngebiet zulässig. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, daß der Gemeindevorstand am 1. April 1994 entschieden und somit zu Recht das TROG 1994 "als Grundlage seiner Entscheidung herangezogen" habe. Damit gehe die Argumentation der Beschwerdeführer, es müsse sich um einen Betrieb des täglichen Bedarfes handeln, ins Leere, dies auch deshalb, weil bereits nach § 12 Abs. 2 TROG 1984 die Errichtung von Geschäfts- und Verwaltungsgebäuden im Wohngebiet zulässig gewesen sei, "ohne daß das Erfordernis der täglichen Versorgung Voraussetzung für eine Bewilligung" gewesen sei. Auch aus der Einwendung, es werde ein "illegales" Appartementhaus errichtet, sei schon angesichts der Vorschreibung Punkt 54 im erstinstanzlichen Bescheid nichts zu gewinnen. Zudem liege eine entsprechende Erklärung des Bauwerbers vor. Nach der gesicherten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes könnten weitere Unterlagen von der Behörde nicht angefordert werden, weil dem Bauwerber ein unkorrektes Verhalten nicht unterstellt werden könne. Sollte es sich im Zuge des Benützungsbewilligungsverfahrens bzw. später herausstellen, daß die Wohnungen verwendungszweckwidrig benützt würden, hätte die Baubehörde erster Instanz in einem eigenen Verfahren (gemäß § 43 TBO) vorzugehen, weil eine baubewilligungspflichtige Änderung des Verwendungszweckes vorliegen würde. Die Frage der Zulässigkeit eines Bauvorhabens sei entgegen der Meinung der Beschwerdeführer eine Rechtsfrage, bedürfe keines wie immer gearteten Sachbefundes, weshalb es sich erübrige, die Stellungnahme eines Sachverständigen einzuholen.
Dem Nachbarn komme im Bauverfahren nur ein beschränktes Mitspracherecht zu, was bedeute, daß die Einwendungen hinsichtlich der Bescheidvorschreibungen Spruchpunkt 53a und 53b (Betriebsstättengenehmigung nach § 74 Gewerbeordnung 1973 bzw. Ansuchen nach dem Ölfeuerungsgesetz) unbeachtlich seien. Im übrigen stehe es der Baubehörde jederzeit frei, den Bauwerber auf die Notwendigkeit weiterer Bewilligungen hinzuweisen.
Wie dem erstinstanzlichen Bescheid und den vorgelegten Plänen zu entnehmen sei, handle es sich beim Neubau um die Erweiterung eines bestehenden, bisher im "Wohnbetrieb" (wohl: Wohngebiet) gelegenen Betriebes. Die Behörde erster Instanz habe sich ausführlich mit der Zulässigkeit des Bauvorhabens auseinandergesetzt; die belangte Behörde schließe sich dieser Argumentation an. Eine Spenglerei werde, wie bereits dargelegt, nicht errichtet. Von den geplanten Lagerräumen, Geschäfts- oder Ausstellungsräumen und Büroräumen sei keine unzumutbare Belästigung durch Lärm, Luftverunreinigung, Geruch oder Erschütterungen und keine unzumutbare Verkehrsbelastung zu erwarten. Dies lasse sich einerseits daraus ableiten, daß der bestehende Betrieb, der bisher im Wohngebiet gelegen sei, keinerlei Anrainerbeschwerden ausgelöst habe, andererseits daraus, daß typischerweise die Arbeit eines Installationsbetriebes ("Heizung, Sanitär") nicht im Betrieb selbst sondern außerhalb, nämlich bei den entsprechenden Bauvorhaben ausgeführt werde und dort die mit der Arbeit verbundenen Belastungen (Lärm etc.) aufträten.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - ebenso wie der Bauwerber - in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 30 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung (TBO), LGBl. Nr. 33/1989, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 7/1994, sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Daß diese Voraussetzungen hinsichtlich der Beschwerdeführer zutreffen (darauf, daß deren Grundstück nicht unmittelbar an das zu bebauende Grundstück angrenzt, kommt es nach der Gesetzeslage nicht an), wird vom Bauwerber - zutreffend - nicht mehr in Zweifel gezogen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt:
Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A u. v.a.).
Gemäß dem § 30 Abs. 4 TBO sind derartige subjektiv-öffentliche Rechte als Rechte definiert, die in einer Bestimmung der Tiroler Bauordnung oder einer aufgrund der Tiroler Bauordnung ergangenen Verordnung begründet sind, die nicht nur der Wahrung öffentlicher Interessen, sondern auch dem Schutz des Nachbarn dienen. Danach können subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere über die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden.
Die Flächenwidmung hinsichtlich des zu bebauenden Grundstückes wurde (im Zuge des Berufungsverfahrens) mit aufsichtsbehördlich genehmigtem Beschluß des Gemeinderates vom 29. Oktober 1993 in Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 2 TROG 1984 abgeändert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß den Widmungsbezeichnungen eines Flächenwidmungsplanes stets jener Inhalt zu unterstellen ist, der ihm nach jenen gesetzlichen Bestimmungen zukam, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des jeweiligen Flächenwidmungsplanes in Geltung standen (vgl. die zum Tiroler Raumordnungsgesetz ergangenen Erkenntnisse vom 23. April 1987, Zl. 86/06/0081, BauSlg. Nr. 911, vom 9. April 1992, Zl. 91/06/0197, vom 17. Februar 1994, Zl. 93/06/0208, vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0140 sowie vom 11. August 1994, Zl. 94/06/0127). Dabei kommt es auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung durch den Gemeinderat an, nicht auf jenen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (siehe dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. September 1992, Zl. 91/06/0233 mit weiteren Hinweisen).
Diese Widmung - Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 2 TROG 1984 - gilt nach § 109 Abs. 1 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 (TROG 1994), LGBl. Nr. 81/1993, als Widmung im Sinne des nunmehr geltenden Raumordnungsgesetzes, weil in den (dem § 109 Abs. 1 TROG 1994) folgenden Absätzen hinsichtlich dieser Widmungskategorie nichts anderes bestimmt ist (siehe dazu und zum folgenden das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. August 1994, Zl. 94/06/0127, unter Hinweis auf das bereits genannte Erkenntnis vom 14. April 1994, Zl. 93/06/0140). Eine derartige Auslegung des § 109 Abs. 1 TROG 1994, wonach nicht der Inhalt von Flächenwidmungsplänen generell nach dem Begriffsverständnis des TROG 1994 zu beurteilen ist, ist verfassungskonform; sie berücksichtigt nämlich, daß die örtliche Raumplanung gemäß Art. 118 Abs. 3 Z. 9 und Abs. 4 B-VG eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde ist. Eine andere Auslegung (so die der belangten Behörde), die Bestimmung des § 109 Abs. 1 TROG 1994 sei als Übergangsbestimmung betreffend den Inhalt eines Flächenwidmungsplanes in dem Sinne zu verstehen, daß dadurch Flächenwidmungspläne nunmehr jenen Inhalt hätten, der der entsprechenden Umschreibung zulässiger Nutzungen im TROG 1994 entspricht, ist hinsichtlich eines Wohngebietes gemäß § 12 Abs. 2 TROG 1984 nicht geboten und würde verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen (vgl. auch Hauer, Tiroler Baurecht2, Anm. 1 zu § 109 TROG).
Der Verwaltungsgerichtshof sieht unter Zugrundelegung des § 109 Abs. 1 TROG 1994 bezogen auf den Inhalt eines Flächenwidmungsplanes aus dem Jahr 1993, hinsichtlich der Widmung "Wohngebiet gemäß § 12 Abs. 2 TROG 1984" keine Veranlassung, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzurücken. Wegen der hier möglichen verfassungskonformen Interpretation des § 109 Abs. 1 TROG 1994 sieht er auch keine Veranlassung zu einer diesbezüglichen Antragstellung gemäß Art. 140 B-VG an den Verfassungsgerichtshof.
Die Beurteilung der belangten Behörde, daß im vorliegenden Fall der Inhalt der gegenständlichen Flächenwidmungsänderung am TROG 1994 zu messen sei, war somit unzutreffend. Die darauf gestützte Aussage, die Berufungsbehörde sei zutreffend von dieser Rechtsansicht ausgegangen, ist überdies auch insofern unrichtig, als sich die Berufungsbehörde darauf beschränkt hat, die Konformität des Projektes mit der Flächenwidmung zu bejahen, ohne sich auf konkrete gesetzliche Bestimmungen zu stützen.
Dennoch ist die Beurteilung der belangten Behörde im Ergebnis richtig:
§ 12 Abs. 1 und 2 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984 (TROG 1984), LGBl. Nr. 4/1984, in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der gegenständlichen Flächenwidmungsänderung geltenden Fassung gemäß LGBl. Nr. 76/1990 lauteten:
"(1) Wohngebiete sind jene Grundflächen, auf denen nur Wohnbauten) mit den dazugehörigen Nebenanlagen errichtet werden dürfen. Darüber hinaus ist die Errichtung von Bauten für Betriebe und Einrichtungen, die der täglichen Versorgung sowie den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dienen, zulässig, wenn durch die Benützung dieser Bauten keine unzumutbare Lärm, Rauch-, Staub- oder Geruchsbelästigung sowie keine Gefahr für Leben und Gesundheit der Wohnbevölkerung zu befürchten ist.
(2) Im Wohngebiet können Grundflächen als gemischtes Wohngebiet gewidmet werden. Auf solchen Grundflächen dürfen neben den im Abs. 1 angeführten Bauten auch öffentliche Bauten, Geschäfts- und Verwaltungsgebäude und Bauten für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen mit höchstens 40 Betten errichtet werden, wenn durch die Benützung dieser Bauten keine unzumutbare Lärm, Rauch-, Staub- oder Geruchsbelästigung sowie keine Gefahr für Leben und Gesundheit der Wohnbevölkerung zu befürchten ist."
Den weitwendigen Ausführungen der Beschwerdeführer ist zunächst zu entgegnen, daß das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren ist. Gegenstand des Projektes ist die Errichtung eines "Wohn- und Geschäftshauses". Ein derartiges Vorhaben ist im gemischten Wohngebiet (§ 12 Abs. 2 TROG 1984) zulässig. Der konkret vorgesehene Zweck, nämlich Ausstellungsräume ("Bäderausstellung") sowie Geschäfts- und Lagerräume (ohne Werkstatträume) für das Heizungs- und Installationsunternehmen des Bauwerbers läßt sich (noch) dem Begriff "Geschäftsgebäude" im § 12 Abs. 2 TROG 1984 subsumieren. Das Beschwerdevorbringen gibt auch keinen Anlaß zur Annahme, daß durch die Benützung des projektierten Bauwerkes eine unzumutbare Lärm-, Rauch-, Staub- oder Geruchsbelästigung oder gar eine Gefahr für Leben und Gesundheit der Wohnbevölkerung (§ 12 Abs. 2 TROG 1984) zu befürchten wäre, zumal die Beschwerdeführer hiezu nichts Konkretes ausführen. Sofern sie nämlich darauf hinweisen, die Annahme der belangten Behörde, daß bei Installationsunternehmen typischerweise nicht im Betrieb, sondern außerhalb des Betriebes gearbeitet werde, nicht der Realität entspreche, weil bekannt sein müßte, daß sämtliche Vorarbeiten für Installationen in Gebäuden "in den Werkstätten gemacht werden müssen, ansonsten ja diese Betriebe und auch das vorliegende Bauvorhaben sinnlos wären und gar nicht notwendig", übergehen sie, daß im projektierten Gebäude KEINE Werkstätten vorgesehen sind. Sofern die Beschwerdeführer der Sache nach befürchten, daß das Gebäude (wenn schon nicht überhaupt anders ausgeführt, so doch) anders verwendet werden könnte, als konsentiert (so auch als Appartementhaus), hat bereits die belangte Behörde zutreffend auf die Verpflichtung der Baubehörde verwiesen, derartigen Konsenswidrigkeiten zu begegnen. Der Umstand, daß "die Bestimmung des § 43, bzw. auch die Änderung des tatsächlichen Zweckes, sehr leicht umgangen werden kann, was hinlänglich bekannt sein dürfte", wie die Beschwerdeführer ausführen, macht das Projekt nicht unzulässig. Auf gewerberechtliche Aspekte kommt es im vorliegenden Verfahren nicht an.
Die Beschwerdeführer machen weiters geltend, der Bürgermeister sei befangen gewesen, weil er leitender Angestellter des (näher bezeichneten) Unternehmens sei, das nun den Bau ausführe (daß eben dieses Unternehmen den Bau ausführen werde, sei den Beschwerdeführern zum Zeitpunkt der Verfassung der Vorstellung nicht bekannt gewesen). Weiters bringen sie vor, "daß die Vorstellungsbehörde, deren politischer Leiter der ehemalige Bürgermeister" jener Gemeinde sei, in der das bauausführende Unternehmen seinen Sitz habe, "ebenso in einem Naheverhältnis" zu jenem Unternehmen stehen könne, sei "nur eine Vermutung und keine Erklärung". Auch seien "die Baubehörde I. Instanz und die Kontrollbehörde bzw. das Kontrollorgan beim Land Tirol", ein näher bezeichneter Landesrat, "gemeinsam lange Jahre in diversen Ausschüssen des Bezirkes gewesen, sodaß auch zwischen diesen Personen ein langjähriges Naheverhältnis" bestehe. Die "Befangenheit der Organe" erscheine daher "gegeben". Auch der Vizebürgermeister sei wegen seiner Mitwirkung im erstinstanzlichen Verfahren befangen.
Dem ist zu entgegnen, daß die einer Partei (mit eingeschränktem Mitspracherecht, wie dem Nachbarn) eingeräumten prozessualen Rechte nicht weiter reichen können als die ihr durch das Gesetz gewährleistete Sphäre materieller Rechte (siehe dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1988, BauSlg. 1101, oder auch in jüngerer Zeit vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0115 uam.). Da diesbezüglich keine Rechtsverletzung vorliegt, erübrigte sich schon deshalb, auf dieses Vorbringen näher einzugehen.
Somit war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Planung Widmung BauRallg3 Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten Kompetenztatbestände Baupolizei und Raumordnung BauRallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994060198.X00Im RIS seit
03.05.2001