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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der G K und des F K in S, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. Juni 1994, Zl. 3 12.10 0 2-94/1, betreffend Einwendungen gegen eine Widmungsbewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. E in S, 2. Gemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben gemeinsam dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 3. November 1993 wurde dem Erstmitbeteiligten eine Widmungsbewilligung für Teile der Grundstücke Nr. 376/1, 377/4, 382 und 385/3, KG S, unter Bezugnahme auf den Widmungsplan des D.I. K.H. vom 15. April 1992, GZ 739, unter Vorschreibung von Auflagen und unter Hinweis auf die Festlegungen des Bebauungsplanes erteilt. Die Einwendungen der beschwerdeführenden Nachbarn betreffend eine geeignete Zufahrt sowie die Standfestigkeit des Bauplatzes wurden als unzulässig zurückgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung der Beschwerdeführer hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 14. März 1994 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Vorstellung hat die belangte Behörde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 27. Juni 1994 keine Folge gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 2 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 (BO) in der Fassung LGBl. Nr. 14/1989, ist eine Widmungsbewilligung zu erteilen, wenn die im § 1 sowie die im Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 127, in der jeweils geltenden Fassung (ROG), genannten Voraussetzungen für eine Widmung vorliegen.
Nach dem gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz BO auch im Widmungsverfahren anzuwendenden § 61 Abs. 2 BO kann der Nachbar gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen. In der Folge werden dann jene Bestimmungen taxativ aufgezählt, die darunter fallen können. Dabei kommt nach der Art der zu erteilenden Bewilligung, wie schon die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, das Planungsermessen bei Festlegung der Bebauungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 BO in Betracht. Im vorliegenden Fall ist das zur Widmung beantragte Gebiet im anzuwendenden Flächenwidmungsplan als Aufschließungsgebiet - reines Wohngebiet festgesetzt, im Bebauungsplan "Gemeindegrund (Rust-Gründe)", beruhend auf dem Gemeinderatsbeschluß vom 9. Juni 1993 ist als Bebauungsweise eine offene Bebauung und die Mindestgröße der einzelnen Bauparzellen mit ca. 800 m2, der Bebauungsgrad mit 0,25 festgelegt. Die Bebauungsdichte beträgt entsprechend dem Flächenwidmungsplan 0,1 bis 0,3, die Baufluchtlinien sind in der zeichnerischen Darstellung festgelegt und die Gebäudehöhe ist mit einem Vollgeschoß (außer Keller), sowie einem ausbaufähigen Dachgeschoß festgelegt; weiters enthält der Bebauungsplan weitere Festlegungen betreffend Ausgestaltung der Hauptdächer, Errichtung von ebenerdigen Nebengebäuden und Einfriedungen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 13. Dezember 1990, Zl. 90/06/0187, ausgeführt hat, kommt der Widmungsbewilligung eine doppelte Funktion zu. So ergebe sich insbesondere aus dem Einleitungssatz des § 3 Abs. 2 BO, daß die Widmungsbewilligung zu erteilen sei, wenn die Voraussetzungen nach § 1 BO vorlägen. Nach der novellierten Fassung werde überdies noch auf Flächenwidmungs- und Bebauungsplan ausdrücklich Bezug genommen. Dementsprechend sei die "Festsetzung" von Bauplätzen im Gegensatz zu anderen "Festsetzungen im Sinne des § 3 Abs. 2" nicht Ausfluß des Planungsermessens der Behörde, diese habe vielmehr, sofern sich keine gesetzlichen Hindernisse ergäben, die Widmung zu bewilligen. Das Wort "Festsetzung" habe je nach dem Inhalt der Regelung einerseits eine bloß feststellende Bedeutung, wie etwa bei der von der Widmung erfaßten Grundfläche, aber auch dort, wo die bereits in einem Bebauungsplan festgelegten Straßenfluchtlinien, Baufluchtlinien, Baugrenzlinien etc. nur mehr wiedergegeben werden könnten; wohingegen mangels genereller Normen diese Grundlagen nicht vorgegeben seien, erfolge eine echte (konstitutive) "Festsetzung" durch die Baubehörde im Widmungsbescheid. Im vorliegenden Fall, in dem sowohl ein Flächenwidmungsplan als auch ein Bebauungsplan vorliegen, reduziert sich der zweite Satz des § 3 Abs. 2 BO auf einen an die Behörde gerichteten Auftrag, die genannten Angaben in die Widmungsbewilligung aufzunehmen. Diesem Erfordernis ist die Baubehörde erster Instanz durch den Hinweis auf die Verpflichtung, die Bestimmungen des bezughabenden Bebauungsplanes einzuhalten, nachgekommen.
Durch den Umstand, daß weder das Widmungsansuchen noch der Widmungsbewilligungsbescheid einen konkreten Verwendungszweck enthält, sind die Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt worden. Einerseits haben die Nachbarn auch noch im Baubewilligungsverfahren die Möglichkeit, die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit dem Flächenwidmungsplan durchzusetzen (vgl. § 61 Abs. 2 lit. b BO), andererseits liegt generell keine Rechtsverletzung von Rechten der Nachbarn vor, wenn in einem Widmungsbewilligungsbescheid die erforderlichen Festsetzungen nicht getroffen wurden, da die Nachbarn dann im Baubewilligungsverfahren die Möglichkeit haben, die dort konkret vorgenommenen Festsetzungen zu bekämpfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1991, Zl. 90/06/0034, 0095).
Mit der Rechtsrüge, das Widmungsgebiet weise keine geeignete Zufahrt auf, die vorgesehene Zufahrt führe durch das bäuerliche Anwesen der Beschwerdeführer, vermögen diese kein subjektiv-öffentliches Recht darzutun (vgl. die bei Hauer, Das Steiermärkische Baurecht2, Seite 191 zu E 78 wiedergegebene Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes), im übrigen stellt die Zufahrt, wie die Beschwerdeführer auch einräumen, eine öffentliche Verkehrsfläche dar, woran auch der Umstand nichts ändert, daß sich das bäuerliche Anwesen der Beschwerdeführer auf beiden Seiten dieser öffentlichen Verkehrsfläche befindet. Auf eine Hintanhaltung von Belästigungen durch die Vermehrung des Verkehrs auf öffentlichen Straßen, steht, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dem Nachbarn kein Schutzanspruch zu (vgl. Hauer, a.a.O. Seite 190, E 70 und 71). Einem diesbezüglichen Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, daß weder die Bestimmung des § 4 Abs. 3 BO noch jene des § 5 Abs. 1 der Steiermärkischen Garagenordnung auf öffentliche Verkehrsflächen anzuwenden ist, für die von den Beschwerdeführern beantragte Festsetzung größerer Abstände betreffend die Zufahrten über die öffentlichen Verkehrsflächen zu ihren Liegenschaften, bieten baurechtliche Vorschriften keine Handhabe. Auch in § 6 der Steiermärkischen Garagenordnung sind keine im Widmungsbewilligungsverfahren durchsetzbaren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte begründet.
Verfahrensmängel erblicken die Beschwerdeführer in dem Umstand, daß ihrer Ansicht nach keine Zustimmung des Grundeigentümers zum Widmungsgesuch vorliege und kein Antrag des Erstmitbeteiligten betreffend das Grundstück Nr. 382. Auch mit diesem Vorbringen vermögen die Beschwerdeführer eine Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid nicht darzutun, ist doch der Nachbar grundsätzlich nicht legitimiert, die fehlende Zustimmung des Grundeigentümers geltend zu machen; die erteilte Widmungsbewilligung bezog sich auf den mit dem Bewilligungsansuchen eingebrachten Widmungsplan des D.I. K.H. vom 15. April 1992, GZ 739, worin auch die Liegenschaft Nr. 382 angeführt ist. Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, daß sich das Widmungsansuchen nicht auch auf diese Fläche bezogen habe.
Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr.416/1994.
Schlagworte
Ermessen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete BaurechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994060169.X00Im RIS seit
11.07.2001