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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §49 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des A zuletzt in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. März 1994, Zl. 4.343.643/1-III/13/93, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. März 1994 wurde die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9. November 1993 erhobene Berufung des Beschwerdeführers - eines russischen Staatsangehörigen, der am 31. Oktober 1993 in das Bundesgebiet eingereist war und am 5. November 1993 einen Asylantrag gestellt hatte - abgewiesen und damit die Asylgewährung versagt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Das Bundesasylamt hat seinen, den Asylantrag abweisenden Bescheid im wesentlichen damit begründet, daß dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft deshalb nicht zukomme, weil er sein Heimatland nicht aus einem der in § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 genannten Gründen verlassen habe.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer - ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft auseinanderzusetzen - deshalb kein Asyl gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Asylausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie stützte sich insoweit auf die Angaben des Beschwerdeführers bei seiner niederschriftlichen Vernehmung am 5. November 1993, daß er sich vor seiner Einreise in das Bundesgebiet in der Slowakischen Republik aufgehalten habe und folgerte aus diesem Aufenthalt, daß der Beschwerdeführer bereits in diesem Staat vor Verfolgung sicher gewesen sei, weshalb die Asylgewährung ausgeschlossen sei.
Der Beschwerdeführer wendet sich in seiner Beschwerde gegen die Annahme der belangten Behörde, daß er in der Slowakischen Republik vor Verfolgung sicher gewesen sei. Er bringt dazu unter anderem vor, daß die bloße Mitgliedschaft bei der Genfer Flüchtlingskonvention die Slowakische Republik noch nicht zu einem sicheren Drittland mache. Hätte ihn die belangte Behörde ausreichend "angeleitet bzw. belehrt", dann hätte er begründen können, warum er nicht bereits in der Slowakischen Republik um Asyl angesucht habe. Die belangte Behörde räume selbst ein, daß die Rechtslage in der Slowakischen Republik nur "im großen und ganzen effektiv" sei. Die politische Lage in diesem Land sei nach wie vor nicht stabil und könne sich jederzeit verschlechtern. Als russischer Staatsangehöriger sei er in einem ehemals kommunistisch kontrollierten Gebiet einer ihm drohenden Verfolgung ausgesetzt gewesen. Die Slowakische Republik könne nicht als "sicheres Drittland" angesehen werden.
Mit diesen Ausführungen bringt der Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht Behauptungen vor, bei deren Zutreffen nicht mehr ohne weiteres die Rede sein könnte, die Slowakische Republik biete als Zufluchtsstaat von ihrer effektiv geltenden Rechtsordnung her einen dem Standard der Genfer Flüchtlingskonvention entsprechenden Schutz.
Der Beschwerdeführer hat diese Behauptungen wohl erstmals in der Beschwerde aufgestellt, doch wurde ihm - zumal die Erstbehörde ihren abweislichen Bescheid nicht darauf gestützt hat, daß der Beschwerdeführer in der Slowakischen Republik bereits vor Verfolgung sicher gewesen sei - im Berufungsverfahren nicht Gelegenheit geboten, zu der ihm nicht bekanntgegebenen Annahme der belangten Behörde, daß er in der Slowakischen Republik "Verfolgungssicherheit" erlangt habe, Stellung zu nehmen, weshalb sein in der Beschwerde erstattetes Vorbringen auch nicht gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot des § 41 Abs. 1 VwGG verstößt.
Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid ohne Vorliegen von - unter dem Blickwinkel der Beschwerdeausführungen - entsprechenden Ergebnissen eines unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführten Ermittlungsverfahrens erlassen hat, diesen mit wesentlichen Verfahrensmängeln belastet, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwand alle Nebenkosten, insbesondere auch für Porti und für die Beibringung von Photokopien, umfaßt (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 696 angeführte hg. Judikatur).
Schlagworte
Schriftsatzaufwand Verhandlungsaufwand des Beschwerdeführers und der mitbeteiligten Partei Inhalt und Umfang des PauschbetragesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994191261.X00Im RIS seit
20.11.2000