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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Tir 1989 §44;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Müller, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des H in E, vertreten durch Dr. A., Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 8. August 1994, Zl. Ve1-551-549/1-2, betreffend Kostenvorauszahlung für eine Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem an den Beschwerdeführer gerichteten Bescheid vom 5. Dezember 1991 erteilte der Bürgermeister der Gemeinde K (in der Folge kurz: Gemeinde) den Auftrag, gemäß § 44 Abs. 3 lit. a und b der Tiroler Bauordnung (TBO), "alle baulichen Anlagen" auf näher bezeichneten Grundparzellen im Gebiet der Gemeinde bis zum 30. April 1992 abzubrechen. Begründend wurde zusammenfassend ausgeführt, seitens der Gemeinde sei festgestellt worden, daß der Beschwerdeführer auf diesen Grundstücken bauliche Anlagen für einen "Wurzelpark" ohne baupolizeiliche Bewilligung errichtet habe. Mit Bescheid vom 3. Juli 1990 sei die Fortsetzung aller Bauarbeiten untersagt und der Beschwerdeführer gemäß § 40 Abs. 2 TBO aufgefordert worden, innerhalb eines Monates um die baurechtliche Bewilligung anzusuchen. Diesem Auftrag sei er nicht nachgekommen. Durch die Überprüfung sei zutage getreten, daß die Errichtung dieser baulichen Anlagen "durch keine Baubewilligung gedeckt" sei, sodaß der Abbruch anzuordnen gewesen sei.
Nach der Aktenlage ist dieser Bescheid unangefochten in Rechtskraft erwachsen.
In der Folge ersuchte die Gemeinde die zuständige Bezirkshauptmannschaft um Vollstreckung des Bescheides.
Mit Zuschrift vom 2. Juni 1992 drohte die Bezirkshauptmannschaft dem Beschwerdeführer die Ersatzvornahme an: Es werde ihm bis 30. September 1992 Zeit gegeben, die baulichen Anlagen zu entfernen, ansonsten der zwangsweise Abbruch der Anlagen auf seine Kosten von Amts wegen veranlaßt würde. Eine Reaktion des Beschwerdeführers auf diese Aufforderung, die ihm am 4. Juni 1992 zugestellt wurde (von ihm persönlich übernommen wurde), ist nicht aktenkundig. Hierauf holte die Behörde ein Gutachten über die Höhe der Kosten der Ersatzvornahme ein. In diesem Gutachten vom 15. November 1993 werden die zu entfernenden baulichen Anlagen und Gebäude aufgezählt (1.) Iglo-Ausschank; 2.) "Alte Ausschank mit Freisitz"; 3.) Wohngebäude; 4.) Werkstätte und Ausstellungsgebäude; 5.) Vogelvoliere; 6.) Schuppen; 7.) Bauernhaus; 8.) "Kleines Holzhaus") und näher beschrieben; der Gesamtaufwand für den Abbruch wird mit S 265.920,-- inklusive Umsatzsteuer beziffert. Die Behörde gewährte dem Beschwerdeführer hiezu Parteiengehör; die Sendung ("Rückschein blau") wurde durch Hinterlegung zugestellt und in der Folge der Behörde als unbehoben rückgemittelt. Eine Äußerung des Beschwerdeführers erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 3. Feber 1994 ordnete die Bezirkshauptmannschaft die Ersatzvornahme an und trug dem Beschwerdeführer als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme den Erlag eines Betrages von S 265.920,-- binnen zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides auf. Begründend führte die Behörde aus, daß die mit dem Abbruchbescheid vorgeschriebenen Maßnahmen nicht durchgeführt worden seien, sodaß die Ersatzvornahme anzuordnen gewesen sei. Gemäß § 4 Abs. 2 VVG könne die Vollstreckungsbehörde dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen; gemäß dem eingeholten Schätzungsgutachten beliefen sich diese Kosten vorliegendenfalls auf S 265.920,--.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges und der gesetzlichen Bestimmungen (§ 4 Abs. 1 und Abs. 2 VVG) führte die belangte Behörde begründend aus, die Behörde habe im erstinstanzlichen Verfahren ein Gutachten über das Ausmaß der zu erwartenden Kosten des Abbruches eingeholt. Dem Beschwerdeführer sei diesbezüglich Parteiengehör gewährt worden, "der entsprechende Rsa-Rückscheinbrief" sei von ihm nicht behoben worden. Eine Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 Abs. 3 Zustellgesetz sei vom Beschwerdeführer "nicht ausdrücklich behauptet und geltend gemacht" worden und er habe "darüber hinaus keine entsprechenden Nachweise hiefür vorgelegt". Es sei daher von einer ordnungsgemäßen Zustellung auszugehen. Im übrigen habe er auch keinen Zustellmangel behauptet. Der Beschwerdeführer räume selbst ein, daß im Vollstreckungsverfahren die Frage der Rechtmäßigkeit des zu vollstreckenden Titelbescheides nicht mehr aufgerollt werden könne. Der baubehördliche Auftrag erscheine entgegen seiner Beurteilung hinreichend bestimmt, weil ein Sachkundiger unschwer erkennen könne, was "im Detail zu beseitigen" sei - nämlich "alle baulichen Anlagen" auf den näher bezeichneten Grundparzellen. Ebenso könne nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bei Vorliegen eines rechtskräftigen Titelbescheides, der den Adressaten eindeutig festlege (was hier der Fall sei), die Frage, wer Verpflichteter sei, im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgerollt werden (verwiesen wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1974, Zl. 479/74). Zur Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sei ebenfalls auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach bei Erlassung eines Vorauszahlungsauftrages gemäß § 4 Abs. 2 VVG die wirtschaftliche Lage des Verpflichteten nicht zu berücksichtigen sei (verwiesen wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. November 1994, Zl. 84/07/0279, und vom 12. Feber 1986 unter Anführung eines verstümmelten Aktenzeichens). Bei Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages nach § 4 Abs. 2 VVG "als Schaffung eines Exekutionstitels" sei die Gefährdung des Unterhaltes des Verpflichtenden erst bei der Vollstreckung des Vorauszahlungsauftrages nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 VVG zu prüfen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinen Rechten, nicht entgegen § 44 TBO iVm § 4 VVG Verpflichteter der Ersatzvornahme einer nicht ausreichend konkretisierten Leistung zu sein, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, daß der Abbruchauftrag (Bescheid vom 5. Dezember 1991) an ihn ergangen ist und daß die Rechtmäßigkeit dieses Bescheides im Vollstreckungsverfahren nicht mehr geprüft werden kann, macht aber (weiterhin) geltend, der Titelbescheid sei für eine Vollstreckung zu unbestimmt, weiters, daß der im vorliegenden Verfahren ergangene erstinstanzliche Bescheid ebenfalls zu unbestimmt und eine nachvollziehbare Aufgliederung der Summe unterlassen worden sei und schließlich, daß der Titelbescheid wegen eines Wechsels in der Person des Grundeigentümers nicht mehr gegen ihn vollstreckt werden könne.
Dem ist folgendes zu entgegnen: Mit dem Titelbescheid wurde der Abbruch ALLER baulichen Anlagen auf den genannten Grundstücken aufgetragen; das ist ein Auftrag, der an sich eindeutig ist. Sofern nun der Beschwerdeführer einwendet, der Auftrag sei deshalb nicht eindeutig, weil er auf § 44 Abs. 3 lit. a und b TBO Bezug nehme und demnach nur derartige bauliche Anlagen betreffen könne, die sich diesen Bestimmungen subsumieren ließen, weshalb sich der baupolizeiliche Abbruchsauftrag vom 5. Dezember 1991 "nur in diesem Rahmen" bewegen könne, über den aber die Verfügung "auf Abbruch aller baulichen Anlagen" hinausgehe, trachtet der Beschwerdeführer in Wahrheit danach, (unzulässigerweise) die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides in Frage zu stellen. Dem entgegen umfaßt das gegenständliche Vollstreckungsverfahren zu Recht "alle baulichen Anlagen" auf den genannten Grundstücken; im übrigen unterläßt der Beschwerdeführer auch jedwedes Vorbringen, welche baulichen Anlagen nun konkret vom (behaupteten) Mangel betroffen sein sollten.
Die Behörde erster Instanz hat zur Ermittlung des voraussichtlichen Kostenaufwandes ein Gutachten eingeholt und dem Beschwerdeführer hiezu Parteiengehör gewährt. Das Beschwerdevorbringen, er habe "mangels Zustellung keine Einwendungen erhoben", das (ebenfalls) jegliche Konkretisierung vermissen läßt, ist nicht geeignet, Bedenken an der Beurteilung der belangten Behörde hinsichtlich der Gültigkeit jener Zustellung zu erwecken. Somit ist davon auszugehen, daß dem Beschwerdeführer das Gutachten zur Kenntnis gebracht wurde, er aber von der Möglichkeit, sich hiezu zu äußern, keinen Gebrauch gemacht und auch in der Folge nicht konkret ausgeführt hat, weshalb die Ergebnisse des an sich nicht unschlüssigen Gutachtens, die von den Behörden ihren Entscheidungen zugrundegelegt wurden, unrichtig sein sollten.
Der Beschwerdeführer bringt weiters (wie schon im Verwaltungsverfahren) vor, daß "vormals die Großachengenossenschaft St. Johann in Tirol und nunmehr, und zwar seit 1993, die Gemeinde Kirchdorf in Tirol Eigentümerin der betreffenden Grundparzellen und somit auch der mit den Grundstücken fest verbundenen baulichen Anlagen" sei. Unabhängig von der Frage, welche zivilrechtliche Stellung der Beschwerdeführer nun tatsächlich einnehme, sei er "jedenfalls nicht Eigentümer". Seine Rechtsposition zur Benützung der gegenständlichen Grundparzellen sei "nur eine abgeleitete, und zwar beruhend auf einer rechtsgültigen Vereinbarung" mit jener Genossenschaft, die von der Gemeinde anerkannt "und über 24 Jahre geduldet" worden sei.
Adressat eines Beseitigungsauftrages ist der Eigentümer der fraglichen baulichen Anlage. Ist nicht der Grundeigentümer Eigentümer des Objektes, sondern jemand anderer (Superädifikat), ist der Beseitigungsauftrag nicht an den Grundeigentümer, sondern an letzteren zu richten (siehe dazu aus jüngerer Zeit das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 1994, Zl. 92/06/0258, mit weiteren Judikaturhinweisen). Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers wäre (stets) der jeweilige Grundeigentümer, nicht aber er Eigentümer der abzutragenden baulichen Anlagen gewesen. Damit macht er aber abermals einen Mangel des Titelbescheides geltend (nämlich, daß der Titelbescheid zu Unrecht ihn und nicht den Grundeigentümer zum Abbruch verhalten habe), auf den zulässigerweise im Vollstreckungsverfahren nicht mehr eingegangen werden kann; vielmehr ist davon auszugehen, daß der Auftrag an den Beschwerdeführer ergangen ist und daher der Vorauszahlungsauftrag rechtens ihm erteilt wurde. Bei dieser Ausgangslage wird seine rechtliche Stellung als Verpflichteter durch einen Wechsel in der Person des Grundeigentümers nicht berührt.
Somit war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu gewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994060204.X00Im RIS seit
03.05.2001