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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines vor Inkrafttreten des Sbg GVG 1986 abgeschlossenen Kaufvertrages wegen Anwendung eines nicht auf den vorliegenden Fall anwendbaren GesetzesSpruch
Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Salzburg ist schuldig, der beschwerdeführenden Gesellschaft zu Handen ihres bevollmächtigten Vertreters die mit 15.000,-- S bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.a) Die beschwerdeführende Gesellschaft erwarb von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Kaufvertrag vom 10. Februar 1983 die Grundstücke Nr. 407/6 und Nr. 407/7 in EZ 413, KG Piesendorf, im Gesamtausmaß von 2.044 m2.
Mit Eingabe vom 2. Jänner 1990 stellte die beschwerdeführende Gesellschaft an die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg den Antrag, dem Rechtsgeschäft die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu erteilen.
Beide Vertragsparteien sind bzw. waren nach dem unbestritten gebliebenen Antragsvorbringen ausländische Gesellschaften.
b) Die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg wies den Antrag der beschwerdeführenden Gesellschaft unter ausdrücklicher Berufung auf §9 Abs1 Z3 und Abs3 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73 (im folgenden: SGVG 1986), ab. Begründend führte sie der Sache nach im wesentlichen aus: Die in §9 Abs1 Z3 SGVG 1986 umschriebene Voraussetzung für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung sei deshalb nicht gegeben, weil zum einen die den Gegenstand des Kaufvertrages bildenden Grundstücke, die zur Begründung von Zweitwohnsitzen dienen sollen, nur zum Teil in einem Zweitwohnungsgebiet, im übrigen aber in einem Gebiet gelegen seien, das nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde Piesendorf als ländliches Gebiet mit landwirtschaftlicher Nutzung gewidmet sei. Zum anderen sei in dem Zweitwohnungsgebiet, da sich bereits 61,24 % und somit mehr als 50 vH des Grundeigentums im Besitz von Ausländern befinde, eine Überfremdung iS des §9 Abs1 Z3 iVm Abs3 SGVG 1986 gegeben. An dieser rechtlichen Beurteilung vermöge es nichts zu ändern, daß die den Gegenstand des Kaufvertrages bildenden Grundstücke bereits im Eigentum einer ausländischen Gesellschaft stehen, weil diesem Umstand nach dem SGVG 1986 keine rechtliche Bedeutung zukomme.
2. Mit der gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg gerichteten, ausschließlich von der Erwerberin erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie der Sache nach die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof begehrt.
3. Die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof hat, obgleich dies in der Beschwerde nicht geltend gemacht wurde, geprüft, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurde, da dieser Bescheid durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung und die darin begründete Beschränkung in der Ausübung des durch das Rechtsgeschäft begründeten privaten Rechtes auf den Erwerb des Eigentums an den Grundstücken in das Eigentumsrecht der beschwerdeführenden Gesellschaft als Käuferin eingreift (VfSlg. 9682/1983, 335; vgl. etwa auch VfSlg. 9454/1982, 9765/1983, 10566/1984).
Der durch Art5 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Schutz des Eigentums ist nicht auf Inländer beschränkt, sondern steht auch Ausländern zu (zB VfSlg. 9541/1982).
2.a) Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua. dann verletzt, wenn der Bescheid gesetzlos ist, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird (zB VfSlg. 8725/1980). Ein solches Verhalten liegt auch vor, wenn sich die Behörde auf eine Bestimmung beruft, der der Sachverhalt unter keinen Umständen unterstellt werden durfte (zB VfSlg. 8898/1980, 9488/1982).
b) Der eingangs erwähnte Kaufvertrag vom 10. Februar 1983 bedurfte nach der im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Rechtslage der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung nach dem Salzburger Grundverkehrsgesetz 1974, LGBl. 8.
Die Frage der rechtlichen Auswirkungen der dem Beschwerdevorbringen zufolge bereits erfolgten Liquidation der als Verkäuferin aufgetretenen Gesellschaft kann hier auf sich beruhen.
Im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - er wurde dem Rechtsvertreter der beschwerdeführenden Gesellschaft am 21. August 1991 zugestellt - stand das SGVG 1986 in Geltung, das an die Stelle des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1974 getreten ist.
§22 Abs3 SGVG 1986 enthält in Bezug auf Rechtsgeschäfte, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen wurden, folgende Regelung:
"(3) Rechtsgeschäfte, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes abgeschlossen wurden, sind nach den bisherigen Vorschriften zu behandeln, wenn der Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäftes durch eine öffentliche Beurkundung nachgewiesen ist."
c) Die mit 10. Februar 1983 datierte Urkunde über den Kaufvertrag ist von je einem Vertreter beider Vertragsparteien firmenmäßig gezeichnet. Die Echtheit der Unterschriften wurde durch einen öffentlichen Notar bestätigt, wobei die jeweils mit 10. Februar 1983 datierten Bestätigungen des Notars auf der Vertragsurkunde beigesetzt sind. Damit ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Rechtsgeschäftes iS des §22 Abs3 SGVG 1986 durch eine öffentliche Beurkundung nachgewiesen. Es ist daher, worauf auch die beschwerdeführende Gesellschaft in ihrem mit Eingabe vom 2. Jänner 1990 an die belangte Behörde gestellten Antrag hingewiesen hat, der Kaufvertrag vom 10. Februar 1983 gemäß §22 Abs3 SGVG 1986 nach dem Salzburger Grundverkehrsgesetz 1974 zu beurteilen.
Die belangte Behörde hat somit dadurch, daß sie den angefochtenen Bescheid nicht auf das Salzburger Grundverkehrsgesetz 1974, sondern auf das SGVG 1986 stützte, ein Gesetz angewendet, das sie keinesfalls anwenden durfte. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist daher durch den angefochtenen Bescheid wegen denkunmöglicher Anwendung eines Gesetzes im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben, ohne daß zu prüfen war, ob die beschwerdeführende Gesellschaft auch in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von 2.500 S enthalten.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, Übergangsbestimmung, Geltungsbereich (zeitlicher) eines GesetzesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B1060.1991Dokumentnummer
JFT_10078993_91B01060_2_00