TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/27 94/02/0414

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Veröffentlicht am 27.01.1995
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Index

10/07 Verfassungsgerichtshof;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
AVG §73 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z6;
FrG 1993 §43 Abs1;
FrG 1993 §51;
FrG 1993 §52 Abs2 Z2;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
FrG 1993 §85 Abs2;
TelekopieV 1991;
VerfGG 1953 §87 Abs1;
VwGG §42 Abs1;
ZustG §1a;
ZustG §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde der R, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 3. Oktober 1994, Zl. VwSen-400294/4/Lg/Bk, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist türkische Staatsangehörige. Sie wurde beim Versuch, am 22. September 1994 mit Hilfe eines gefälschten slowenischen Reisepasses aus Österreich in die BRD auszureisen, betreten und festgenommen. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom selben Tag wurde gegen sie gemäß § 41 Abs. 1 des Fremdengesetzes (FrG) die Schubhaft zur Vorbereitung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes und zur Sicherung der Abschiebung verhängt. Mit Schriftsatz vom 23. September 1994 erhob sie eine auf § 51 FrG gestützte Beschwerde an die belangte Behörde. Dieser Schriftsatz wurde am 23. September 1994 per Fax an die Bezirkshauptmannschaft Schärding und mit der Post an die belangte Behörde abgefertigt; beide Ausfertigungen langten am 27. September 1994 bei der belangten Behörde ein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Er wurde der Beschwerdeführerin zu Handen der Rechtsanwaltskanzlei des Beschwerdevertreters per Fax am 4. Oktober 1994, mit der Post am 5. Oktober 1994 zugestellt.

In ihrer an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine mündliche Verhandlung durchgeführt. Es kann dahinstehen, ob das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung im vorliegenden Fall eine Verletzung von Verfahrensvorschriften darstellt. Die Beschwerdeführerin tut nämlich in der Beschwerde nicht dar, daß dieser (allfällige) Verstoß wesentlich wäre. Wenn sie ausführt, daß es ihr in der Verhandlung möglich gewesen wäre, über den Erwerb des Reisepasses, über ihre Aufenthalte in Österreich und Deutschland sowie über ihre Wohnsitze aufklärende Angaben zu machen, so ist dies - abgesehen davon, daß diese Angaben auch in der Beschwerde nicht wiedergegeben werden - angesichts der Ergebnisse der Ermittlungen im fremdenpolizeilichen Verfahren nach Erlassung des angefochtenen Bescheides, die die Richtigkeit der in Rede stehenden Annahmen der belangten Behörde erwiesen haben, zur Begründung ihrer Beschwerde ungeeignet.

2. Die Behauptung, die belangte Behörde habe die einwöchige Entscheidungsfrist nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG nicht eingehalten, ist ebenfalls nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen. Die Frist beginnt mit dem Einlangen der auf § 51 FrG gestützten Beschwerde beim unabhängigen Verwaltungssenat (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Oktober 1994, B 2153/94), somit am 27. September 1994. Die Zustellung an den Beschwerdevertreter mit Telekopie (Fax) am 4. Oktober 1994 wahrte diese Frist, weil der in der fehlenden Zustimmung zur Zustellung durch Telekopie im Sinne der Telekopie-Verordnung BGBl. Nr. 110/1991 liegende Verstoß gegen Zustellvorschriften als gemäß § 7 des Zustellgesetzes geheilt anzusehen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Dezember 1992, Slg. Nr. 13.760/A), behauptet die Beschwerdeführerin doch gar nicht, es sei ihrem Vertreter der Inhalt nicht bereits am 4. Oktober 1994 zur Kenntnis gelangt. Davon abgesehen könnte auch eine tatsächliche Verletzung der Entscheidungsfrist nach § 52 Abs. 2 Z. 2 FrG nicht zur Aufhebung des (verspätet erlassenen) Bescheides des unabhängigen Verwaltungssenates führen, würde der Beschwerdeführer dadurch nicht besser, sondern sogar schlechter gestellt werden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Oktober 1994, B 1847/93). Der Verwaltungsgerichtshof hat auch gemäß § 42 Abs. 1 VwGG keine Befugnis zur bloßen Feststellung dieser Rechtswidrigkeit - anders als der Verfassungsgerichtshof auf Grund der für ihn maßgeblichen Verfahrensvorschriften.

3. Was die behauptete Verletzung des Parteiengehörs anlangt, braucht nur auf das zum Unterbleiben der mündlichen Verhandlung Gesagte verwiesen zu werden.

4. Daß das Verwenden eines gefälschten Reisedokumentes, welches noch dazu auf einen anderen Namen lautet, um sich die Einreise (auch) nach Österreich zu verschaffen, den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 6 FrG erfüllt und damit die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sogar als wahrscheinlich erscheinen läßt, bedarf keiner näheren Begründung.

5. Wenn die Beschwerdeführerin schließlich das Vorliegen eines schriftlichen Festnahmeauftrages bei ihrer Festnahme vermißt, so ist darauf zu verweisen, daß diese Festnahme schon deswegen rechtmäßig war, weil die Beschwerdeführerin bei Begehung einer Verwaltungsübertretung betreten wurde, und zwar nach § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG (unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet), und daher nach § 85 Abs. 2 FrG zum Zweck der Vorführung vor die Behörde festgenommen werden durfte. Daß sie beim Versuch, aus Österreich auszureisen, betreten wurde, ändert nichts an der Tatbestandsmäßigkeit ihres Verhaltens nach § 82 Abs. 1 Z. 4 FrG.

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994020414.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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