TE Vwgh Beschluss 1995/1/27 94/17/0172

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Veröffentlicht am 27.01.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des F in A, und 2. der H-Gesellschaft m.b.H. in W, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in G, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Ergänzung der zur hg. Zl. 94/17/0172 protokollierten Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. Mai 1993, Zl. 36.899/4-X/7/93, betreffend Abweisung eines Preisbestimmungsantrages für Stromrücklieferungen in das Netz der TIWAG, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 46 VwGG stattgegeben.

Begründung

1.1. Mit Berichterverfügung vom 11. April 1994 wurden die beschwerdeführenden Parteien aufgefordert, ihre vom Verfassungsgerichtshof abgelehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretene Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG innerhalb einer Frist von drei Wochen zu ergänzen. Ferner wurden die beschwerdeführenden Parteien aufgefordert, die zurückgereichte Urbeschwerde (Verfassungsgerichtshofbeschwerde) gleichzeitig wieder vorzulegen. Die beschwerdeführenden Parteien wurden darauf hingewiesen, daß die Versäumung der Frist als Zurückziehung der Beschwerde gilt.

1.2. Die zurückgereichte Urbeschwerde wurde innerhalb der gesetzten Frist nicht wieder vorgelegt.

Sie wurde dem Verwaltungsgerichtshof erst mit Begleitnote vom 18. Mai 1994 übermittelt.

Mit Schriftsatz vom 1. Juni 1994 (zur Post gegeben am selben Tag) beantragten die Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Vorlage der Verfassungsgerichtshofbeschwerde. Nach der Begründung dieses Antrages sei der ergänzende Schriftsatz vom 13. Mai 1994 vom Beschwerdevertreter textiert und von seiner langjährigen Sekretärin U mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung geschrieben und am 13. Mai 1994 zur Abfertigung vorbereitet worden. Als der Schriftsatz schließlich am selben Tag dem Beschwerdevertreter zur Unterschrift vorgelegt worden sei, habe dieser die Genannte darauf aufmerksam gemacht, daß dem Schriftsatz "die Beilagen" beizuschließen seien. Der Genannten sei die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 1994 bekannt gewesen. Trotz dieser Anweisung sei die Urbeschwerde schließlich nicht gemeinsam mit dem ergänzenden Schriftsatz in das an den Verwaltungsgerichtshof adressierte Kuvert gelegt worden. Obwohl es sich um eine außerordentlich verläßliche Kanzleikraft handle, sei in diesem einen Fall die Urbeschwerde bei der Kuvertierung des Poststückes nicht beigelegt worden.

In einer eidesstättigen Erklärung vom 1. Juni 1994 hielt die genannte Kanzleiangestellte fest, der Beschwerdevertreter habe sie bei der Unterfertigung der beiden Ausfertigungen des Schriftsatzes darauf aufmerksam gemacht, daß dem Schriftsatz noch "die Beilagen" beizuschließen seien, wobei ihr die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. April 1994 bekannt gewesen sei. Diesem Schriftstück habe sie auch die entsprechende Aktenzahl des Verwaltungsgerichtshofes entnommen. Trotz dieser Tatsache habe sie dem ergänzenden Schriftsatz die Urbeschwerde nicht beigegeben, und zwar offenbar irrtümlich, wobei sie dies nur dadurch erklären könne, daß am Tag der Kuvertierung überdurchschnittlich viel Post abzufertigen gewesen sei und sie daher unter besonderem Zeitdruck habe arbeiten müssen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 1 lit. e VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. § 46 Abs. 1 VwGG lautet:

"Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt."

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof legt seiner Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag den Sachverhalt, wie er von den beschwerdeführenden Parteien im Wiedereinsetzungsantrag in sich widerspruchsfrei dargestellt wurde und in den wesentlichen Punkten mit der eidesstättigen Erklärung der Kanzleiangestellten übereinstimmt, zugrunde. Festgestellt wird darüber hinaus aus den Akten, daß der ergänzende Schriftsatz vom 13. Mai 1994 den maschinschriftlichen Vermerk "2-fach" und die handschriftliche Hinzufügung "2 Beil." aufweist. Der Verwaltungsgerichtshof erblickt darin im Zusammenhalt mit der Erklärung der Kanzleiangestellten, es sei ihr die (betreffende) Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes bekannt gewesen, ein Indiz für die Richtigkeit der Sachverhaltsannahme, daß der Kanzleiangestellten aufgetragen war, zwei bestimmte Beilagen (darunter die Urbeschwerde) dem Schriftsatz beim Kuvertieren anzuschließen.

Auf dem Boden dieses Sachverhaltes liegt der Grund für das Unterbleiben der Vorlage der Urbeschwerde nicht in einer unterbliebenen präzisen Anordnung des Rechtsanwaltes (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 19. Jänner 1990, Zl. 89/18/0202, 0203 = ZfVB 1991/1/194), sondern ist der Fehler im Zuge einer bloß manipulativen Tätigkeit der Kanzleikraft unterlaufen. Hier fällt jedoch dem Beschwerdevertreter und damit den Antragstellern kein eine Wiedereinsetzung hinderndes Verschulden zur Last (vgl. die hg. Beschlüsse vom 27. Jänner 1983, Zl. 82/08/0205 = ZfVB 1983/6/2792, vom 22. September 1983, Zl. 83/08/0108 = ZfVB 1984/3/1184, und vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/10/0233 = ZfVB 1993/1/208).

Dem Wiedereinsetzungsantrag war sohin gemäß § 46 VwGG stattzugeben.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994170172.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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