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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
StGG Art5Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der Genehmigung eines Ausländergrunderwerbs mangels Begründung eines Zweitwohnsitzes und mangels Bestehen besonderer öffentlicher InteressenSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer - Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland - erwarb mit Kaufvertrag aus dem Grundstück Nr. 1105/2 in EZ 702, Grundbuch 57116 Lichtenberg, Gerichtsbezirk Saalfelden, eine Teilfläche im Ausmaß von 100 m2.
Die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zu diesem Kaufvertrag unter ausdrücklicher Berufung auf §9 Abs1 Z3 des Salzburger Grundverkehrsgesetzes 1986, LGBl. 73 (im folgenden: SGVG 1986), ab. Begründend führte sie der Sache nach im wesentlichen aus: Da der Erwerber (der nunmehrige Beschwerdeführer) Ausländer sei, dürfe die - nach §8 Abs1 SGVG 1986 erforderliche - grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft gemäß §9 Abs1 SGVG 1986 nur erteilt werden, wenn, was hier zutreffe, kein Versagungsgrund gemäß §10 SGVG 1986 vorliegt und der Gegenstand des Rechtsgeschäftes unter den in §9 Abs1 Z3 SGVG 1986 näher umschriebenen Voraussetzungen der Begründung eines Zweitwohnsitzes dienen soll oder besondere öffentliche Interessen staatspolitischer, volks- oder regionalwirtschaftlicher, sozialpolitischer oder kultureller Art an dem Rechtserwerb des Ausländers bestehen (§9 Abs1 Z4 SGVG 1986). Das den Gegenstand des Kaufvertrages bildende - unbebaute - Grundstück sei im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde Saalfelden als ländliches Gebiet mit forstwirtschaftlicher Nutzung gewidmet. Der Erwerber sei Eigentümer des angrenzenden Grundstückes, das ihm als Zweitwohnsitz diene. Er beabsichtige, auf dem Kaufgrundstück eine Garage zu errichten. Eine gesetzliche Voraussetzung für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung sei deshalb nicht gegeben, weil das Grundstück - dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge - nicht der Begründung eines Zweitwohnsitzes (iS des §9 Abs1 Z3 SGVG 1986), sondern der Erweiterung eines solchen dienen solle und überdies nach der von der Marktgemeinde Saalfelden abgegebenen Stellungnahme an dem Rechtserwerb kein besonderes öffentliches Interesse (iS des §9 Abs1 Z4 SGVG 1986) bestehe.
2. Mit der gegen den Bescheid der Grundverkehrs-Landeskommission gerichteten, ausschließlich vom Erwerber erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unverletzlichkeit des Eigentums und auf ein faires Verfahren iS des Art6 EMRK sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.
Der Beschwerdeführer begründet die Behauptung der Verletzung des Eigentumsrechtes damit, daß die belangte Behörde in denkunmöglicher Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes zu dem Ergebnis gelangt sei, der Grunderwerb diene der Erweiterung eines Zweitwohnsitzes, weil es sich bei dem im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Objekt in Wahrheit (keineswegs um einen Zweitwohnsitz, sondern) um eine (rechtmäßig bestehende) Jagdhütte handle.
Das in den §§8 und 9 SGVG 1986 normierte System von Beschränkungen des Grundverkehrs für Ausländer erachtet der Beschwerdeführer deshalb für verfassungswidrig, weil danach die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung auch in Fällen versagt werden müsse, in denen die Übertragung des Eigentums an einem Grundstück einer (zumindest auch) im öffentlichen Interesse gelegenen Arrondierung diene, die Versagung der Zustimmung somit keineswegs im öffentlichen Interesse gelegen sei.
3. Die Grundverkehrs-Landeskommission Salzburg als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch abgesehen.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.a) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück vom bisherigen Eigentümer an einen Ausländer wird sowohl der Veräußerer als auch der Erwerber in der Ausübung privater, den Schutz des Art5 StGG genießender Rechte beschränkt und somit ein Eingriff in das Eigentum bewirkt (s. etwa VfSlg. 6546/1971; s. auch, was den Erwerber betrifft, etwa VfSlg. 10271/1984, 10895/1986, 11689/1988). Ein Eingriff in das Eigentum wäre nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. zB VfSlg. 10356/1985, 10482/1985) verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte.
b) Der angefochtene Bescheid ist offenkundig nicht gesetzlos ergangen. Daß die hier beabsichtigte Übertragung des Eigentums an einem Grundstück an einen Ausländer gemäß §8 Abs1 lita SGVG 1986 einer Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bedarf, wurde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.
c) Der Bescheid beruht aber auch nicht auf einem verfassungswidrigen Gesetz. Der Gesetzgeber kann verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen - eine solche ist auch das Erfordernis der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung (VfSlg. 11689/1988, 468) - normieren, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt (s. zB VfSlg. 9911/1983, 671, 11689/1988, 468). Daß eine gesetzliche Regelung, die den Grundstückserwerb durch Ausländer in einer Weise beschränkt, wie dies durch §9 Abs1 Z3 und 4 SGVG 1986 geschieht, verfassungsrechtlich unbedenklich ist, ergibt sich aus Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes, die etwa zu vergleichbaren Vorschriften des (Tiroler) Grundverkehrsgesetzes 1970 ergangen sind (vgl. zB, was §9 Abs1 Z3 SGVG 1986 betrifft, VfSlg. 6546/1971, 8501/1979, 10894/1986, 10935/1986; in Bezug auf §9 Abs1 Z4 SGVG 1986
s. in diesem Zusammenhang zB VfSlg. 6682/1972, 7274/1974, 7580/1975, 8436/1978, 9014/1981, 10688/1985, 11104/1986, 11728/1988, 11957/1989).
d) Schließlich kann der belangten Behörde nicht mit Recht der Vorwurf gemacht werden, daß sie das Gesetz denkunmöglich angewendet habe. Ihre Auffassung, der den Gegenstand des Rechtsgeschäftes bildende Grundstücksteil solle nicht der Begründung eines Zweitwohnsitzes dienen, steht im Ergebnis nicht im Widerspruch mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der lediglich bestreitet, daß es sich bei der an das Kaufgrundstück angrenzenden, bereits in seinem Alleineigentum stehenden Liegenschaft um einen Zweitwohnsitz handle. Die Auffassung der belangten Behörde, daß schon aus diesem Grund die in §9 Abs1 Z3 SGVG 1986 normierte Voraussetzung für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung nicht vorliege, ist jedenfalls vertretbar und damit denkmöglich.
Dies gilt auch für die Auffassung der belangten Behörde, wonach an dem Rechtserwerb keine besonderen Interessen staatspolitischer, volks- oder regionalwirtschaftlicher, sozialpolitischer oder kultureller Art bestehen, deren Vorliegen Voraussetzung für die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung iS des §9 Abs1 Z4 SGVG 1986 ist.
Der angefochtene Bescheid ist somit nicht in denkunmöglicher Anwendung des Gesetzes ergangen.
e) Der Beschwerdeführer ist somit im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nicht verletzt worden.
2.a) Der Vorwurf eines Verstoßes gegen das durch Art6 Abs1 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein faires Verfahren wird mit der Begründung erhoben, die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben, sich zu den beiden von der Marktgemeinde Saalfelden abgegebenen ergänzenden Stellungnahmen zur Frage, "ob besondere öffentliche Interessen für den Erwerb sprechen", zu äußern.
b) Tatsache ist, daß die belangte Behörde von der zu dieser Frage abgegebenen Stellungnahme der Marktgemeinde Saalfelden vom 2.1.1991 dem Beschwerdeführer nachweislich Kenntnis gegeben und daß dieser von der Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Äußerung hiezu innerhalb der ihm gestellten Frist Gebrauch gemacht hat. Nach dem Ausweis der Akten ist es freilich auch eine Tatsache, daß die belangte Behörde die von der Marktgemeinde Saalfelden zur schriftlichen Äußerung des Beschwerdeführers abgegebenen Stellungnahmen vom 5.4.1991 und vom 12.4.1991, die bei der belangten Behörde vor der Beschlußfassung einlangten, dem Beschwerdeführer nicht zur Kenntnis gebracht hat.
Schon im Hinblick darauf, daß diese Stellungnahmen in der hier maßgeblichen Frage des Vorliegens besonderer öffentlicher Interessen am Rechtserwerb (iS des §9 Abs1 Z4 SGVG 1986) nichts von der ersten Stellungnahme wesentlich Abweichendes enthalten, kann - wie immer man die Gesetzmäßigkeit des Vorgehens der belangten Behörde beurteilt -, von einer Verletzung der Grundsätze eines fairen Verfahrens iS des Art6 Abs1 EMRK von vornherein nicht die Rede sein.
c) Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden.
3. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.
4. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.
Ob das Gesetz richtig angewendet wurde, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde, wie hier (§17 Abs3 und §18 Abs1 SGVG 1986; Art20 Abs2 B-VG), gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (s. zB VfSlg. 8309/1978, 8317/1978, 9454/1982, 9456/1982, 10565/1985, 10659/1985, 11754/1988).
5. Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeteten Rechtsvorschriften (s. dazu oben unter II.1.c) ist es auch ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Ausländergrunderwerb, fair trial, Wohnsitz Zweit-European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B856.1991Dokumentnummer
JFT_10078993_91B00856_00