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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Gemeinde E, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 9. November 1994, Zl. 513.228/01-I 5/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark (LH) vom 22. Juni 1993 wurde dem Abwasserverband Einzugsbereich Thörlbach die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung des Verbandssammelkanals Thörl-St. Ilgen erteilt. Auf Grund einer Berufung der beschwerdeführenden Partei wurde dieser Bescheid mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Oktober 1993 mit der Begründung behoben, die Verknüpfung einer wasserrechtlichen Bewilligung mit einer Beweissicherung, deren positives Ergebnis Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung sein solle, sei unzulässig.
Mit Bescheid des LH vom 27. Mai 1994 wurde dem Abwasserverband, Einzugsbereich Thörlbach, neuerlich die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung des Verbandssammelkanals Thörl-St. Ilgen erteilt.
Die beschwerdeführende Partei berief. Sie machte geltend, der LH habe nicht beachtet, daß die Kläranlage, auf deren Funktion der Verbandssammelkanal aufbaue, nicht konsensgemäß funkioniere; vielmehr würden alle Vorschreibungen des Wasserrechtsbescheides hinsichtlich der Restverschmutzung des Kläranlagenablaufes zum Teil um das Mehrfache überschritten. Dementsprechend hätte die Behörde den Verbandssammler nicht bewilligen dürfen, da er nicht konsensgemäß betrieben werden könne.
Mit Bescheid vom 9. November 1994 wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei mangels Parteistellung zurück. In der Begründung wird ausgeführt, als Antragsteller komme die beschwerdeführende Partei nicht in Betracht, da es sich beim Antragsteller um einen Wasserverband, somit um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, handle. Absprachen über die Vorgangsweise des Verbandes hätten verbandsintern entsprechend den Satzungsbestimmungen zu geschehen und seien nicht Gegenstand des Bewilligungsverfahrens. Es liege auch nicht eine Parteistellung der beschwerdeführenden Partei auf Grund einer Berührung ihr zustehender, wasserrechtlich geschützter Rechte oder auf Grund von Grundeigentum vor; ebensowenig komme eine Parteistellung gemäß § 102 Abs. 1 lit. d des Wasserechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) in Betracht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde übersehe, daß sie selbst der Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid des LH vom 22. Juni 1993 mit ihrem Bescheid vom 22. Oktober 1993 Folge gegeben habe. In diesem ersten Rechtsgang habe die belangte Behörde daher die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei bejaht. Nunmehr solle die Parteistellung nicht mehr gegeben sein; diese Vorgangsweise sei widersprüchlich und rechtswidrig.
Tatsächlich sei es so, daß die Kläranlage nicht konsensgemäß funktioniere. Die Behörde hätte daher den Verbandssammler Thörl-St. Ilgen wasserrechtlich nicht bewilligen dürfen, weil dieser zu einer Kläranlage geführt werde, die nicht konsensgemäß betrieben werden könne. Die Behörden bewilligten daher ein Projekt, das in Wahrheit nicht realisiert werden könne und bewirkten damit, daß im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft Aufwendungen gemacht würden, die sich als zwecklos und sinnwidrig erwiesen. Hiezu komme, daß die beschwerdeführende Partei mit Schreiben vom 20. November 1989 den Austritt aus dem Abwasserverband Einzugsbereich Thörlbach erklärt und am 9. Juli 1993 ein Projekt einer eigenen Abwasserreinigungsanlage als Pflanzenkläranlage eingereicht habe. Über diese Anträge sei noch nicht entschieden und wäre im gegenständlichen Verfahren im Sinne des § 38 AVG als zu klärende Vorfrage abzusprechen gewesen. Wenn der Austritt der beschwerdeführenden Partei aus dem Abwasserverband rechtswirksam wäre bzw. die eigene Abwasserreinigungsanlage als Pflanzenkläranlage bewilligt werde, wäre die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb des Verbandssammelkanals Thörl-St. Ilgen völlig sinnlos. Dieser Verbandssammelkanal führe nämlich von der nicht funktionierenden Kläranlage in die Richtung des Gemeindegebietes der beschwerdeführenden Partei. Wenn die beschwerdeführende Partei jedoch nicht mehr Mitglied des Abwasserverbandes wäre und ein eigenes Projekt verfolgte, wäre die Errichtung und der Betrieb des Verbandssammelkanals überflüssig. Insofern versuchten das Amt der Steiermärkischen Landesregierung und die belangte Behörde offenbar durch Übergehung der Anträge der beschwerdeführenden Partei und Bewilligung des Projektes des Abwasserverbandes über die Anträge und Zielsetzungen der beschwerdeführenden Partei hinwegzugehen. Damit seien jedoch die berechtigten Interessen der beschwerdeführenden Partei im Sinne des § 105 WRG 1959 massiv verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Parteistellung im Wasserrechtsverfahren regelt § 102 WRG 1959. Diese Bestimmung lautet:
"(1) Parteien sind:
a)
Der Antragsteller;
b)
diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103;
ferner
c) im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten, die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;
d) Gemeinden im Verfahren nach § 111a, sonst nur zur Wahrung des ihnen nach § 13 Abs. 3 und § 31c Abs. 3 zustehenden Anspruches;
e) diejenigen, die als Mitglieder einer Wassergenossenschaft oder eines Wasserverbandes herangezogen werden sollen;
f) im Verfahren über die Auflösung von Wassergenossenschaften oder Wasserverbänden die im § 83 Abs. 3 und 4 genannten Personen und Stellen;
g) diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch eine wasserwirtschaftliche Rahmenverfügung als rechtliche Interessen anerkannt wurden."
Der im Beschwerdevorbringen geschilderte Sachverhalt verwirklicht keinen der im § 102 Abs. 1 WRG 1959 enthaltenen Tatbestände. Der Umstand, daß die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei im Verfahren betreffend die Berufung gegen den Bescheid des LH vom 22. Juni 1993 offenbar als Partei behandelte, vermag ihr keine Parteistellung im vorliegenden Verfahren zu verschaffen, da die Behandlung als Partei in einem Verfahren ohne Vorliegen der Voraussetzungen für die Parteistellung eine solche nicht zu begründen vermag.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen RechtspersönlichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994070191.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
27.07.2011