Index
L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Keine Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten durch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung einer Eigentumsübertragung mangels Eingriff in die Rechtssphäre der BeschwerdeführerinSpruch
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Beschwerdeführerin veräußerte mit Vertrag vom 3. Mai 1991 zwei Grundstücke an die F Ges.m.b.H.
2. Diesem Rechtserwerb wurde mit Bescheid der Grundverkehrsbehörde Fiss vom 3. Dezember 1991 die grundverkehrsbehördliche Zustimmung gemäß §§3 Abs1 und 4 Abs1 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983, Anlage zur Kundmachung der Landesregierung vom 18. Oktober 1983 über die Wiederverlautbarung des Grundverkehrsgesetzes 1970, LGBl. für Tirol 69/1983, idF der Kundmachungen LGBl. für Tirol 44/1984 und 45/1988 sowie des Gesetzes LGBl. für Tirol 74/1991 (im folgenden: GVG 1983), erteilt, weil die als Käuferin auftretende Gesellschaft die Grundstücke lediglich zur Weiterveräußerung an die Gemeinde Fiss erworben habe; diesem weiteren Rechtserwerb sei bereits die grundverkehrsbehördliche Zustimmung erteilt worden.
3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Berufung, weil die zuständige Grundverkehrsbehörde bei Fällung ihrer Entscheidung nicht ordnungsgemäß besetzt gewesen sei und durch den vorbehaltslosen Weiterverkauf der Grundstücke durch die Gesellschaft die Nebenvereinbarung der Einräumung eines zeitlich befristeten Vorpachtrechtes zum Kaufvertrag vom 3. Mai 1991 hinfällig geworden sei. Weiters erfüllten weder die Gesellschaft noch die Gemeinde Fiss die Voraussetzungen für die grundverkehrsbehördliche Zustimmung zu diesem Rechtserwerb.
4. Mit Bescheid vom 8. Mai 1992, Zl. LGv - 1217/2, wurde diese Berufung von der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung - der belangten Behörde dieses verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens - im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, daß nach §8 AVG die Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren nur Personen zukomme, die an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt seien. Gegenstand des grundverkehrbehördlichen Verfahrens ("Sache" im Sinne des §8 AVG) im Falle vertraglicher Rechtseinräumung sei der bescheidmäßige Abspruch darüber, ob der Genehmigung des Rechtserwerbes öffentlich-rechtliche Gründe entgegenstehen oder nicht. Die Partner eines genehmigungsbedürftigen Vertrages könnten bei einer meritorischen Entscheidung nur durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung in ihren Rechten verletzt werden, da das rechtliche Interesse der Beteiligten im Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden allein auf die Abwehr eines auf öffentlichem Recht beruhenden Eingriffes in ihre Privatrechtssphäre gerichtet sei. Wenn daher - wie im vorliegenden Fall - die Verwaltungsbehörde der Eigentumsübertragung zustimme und damit feststelle, daß ein solcher Eingriff in die Privatrechtssphäre der Vertragsparteien nicht stattfindet, sei damit das rechtliche Interesse sämtlicher Beteiligter an einem Tätigwerden dieser Behörde erschöpft. Die Wahrung der öffentlichen Interessen obliege aber einzig und allein der Behörde selbst.
Da nun ein prozessuales Mittel der Rechtsverfolgung nicht weiter gehen könne, als das dahinterstehende materielle Recht, das im Verwaltungsverfahren durchgesetzt werden soll, sei auch das Berufungsrecht der Parteien in gleicher Weise umfänglich begrenzt. Nur die Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung könne sohin von den Parteien im Berufungswege bekämpft werden. Da dies aber nicht der Fall sei, sondern vielmehr dem in Rede stehenden Rechtserwerb die grundverkehrbehördliche Genehmigung erteilt wurde, sei die Berufung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
Abschließend verwies der Bescheid noch darauf, daß ein grundverkehrbehördliches Verfahren nicht dazu diene, sich - auf dem Umweg über das Grundverkehrsrecht - seiner zivilrechtlichen Verpflichtung zu entledigen; auf nichts anderes ziele aber das Vorgehen der Berufungswerberin ab.
5. Gegen diesen zurückweisenden Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
6. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den bekämpften Bescheid verteidigt und die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid, mit dem dem Rechtserwerb vom 3. Mai 1991 die grundverkehrsbehördliche Zustimmung erteilt worden war, als unzulässig zurückgewiesen. Darin liegt die Verweigerung einer Sachentscheidung, durch die die Beschwerdeführerin, wenn die belangte Behörde die Berufung zu Unrecht zurückgewiesen hätte, nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden wäre.
2.1. Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt dargelegt hat (vgl. VfSlg. 8992/1980, 9452/1982, 11544/1987, VfGH 26.11.1990, B587/90) können die Partner eines genehmigungsbedürftigen Vertrages bei einer meritorischen Entscheidung nur durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung in ihren Rechten verletzt werden.
Da im vorliegenden Fall durch den Bescheid der Grundverkehrsbehörde I. Instanz dem Rechtserwerb die Genehmigung erteilt wurde, hat ein öffentlich-rechtlicher Eingriff in die Privatrechtssphäre der Beschwerdeführerin keinesfalls stattgefunden.
Mangels eines Eingriffes in die Rechtssphäre der Beschwerdeführerin durch den erstinstanzlichen Bescheid ist die von ihr dagegen erhobene Berufung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden. Demnach ist die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.
2.2. Bei diesem Ergebnis ist es aber ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder - da Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides weder vorgebracht wurden noch im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof hervorgekommen sind (vgl. zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der §§3 Abs1 und 4 Abs1 GVG 1983 zuletzt etwa VfGH 25.2.1992, B381/91, B382/91) - wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurde.
2.3. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4, erster Satz, und Z2 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Grundverkehrsrecht, VfGH / LegitimationEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B847.1992Dokumentnummer
JFT_10078993_92B00847_2_00