TE Vwgh Erkenntnis 1995/1/31 92/07/0018

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Veröffentlicht am 31.01.1995
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §121 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Agrargemeinschaft O, vertreten durch den Obmann, dieser vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des BM für Land- und Forstwirtschaft vom 26. November 1991, Zl. 512.905/01-I 5/91, betreffend wasserrechtliche Überprüfung (mP: Gemeinde T, vertreten durch den Bgm, dieser vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei (mP) erhielt mit Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol (LH) vom 1. März 1973 die wasserrechtliche Bewilligung für eine Wasserversorgungsanlage für O. Mit Bescheid vom 29. Juni 1973 bewilligte der LH die Erweiterung unter Einbeziehung der Errichtung einer Wasserleitung (Beileitung) zur Anlage T.-Ort und die Erschließung des Weilers W. mit Trink- und Nutzwasser.

Aufgrund des Bescheides vom 1. März 1973 wurde die mP berechtigt, die auf Gp. 3003/641, KG. T., entspringenden K.-Quellen zu fassen und das Wasser einem Hochbehälter zuzuleiten. Mit einem Übereinkommen gemäß § 111 Abs. 3 WRG 1959, das in diesem Bescheid beurkundet wurde, stellt die Beschwerdeführerin als Eigentümerin das Wasser der K.-Quellen der mP insbesondere unter der Auflage kostenlos zur Verfügung, daß die Bewässerungsrechte der im Wasserbuch eingetragenen Berechtigten nicht geschmälert werden und während der Bewässerungszeit für die Wasserversorgungszwecke von O. "bis zu 2,2 Sekundenliter entnommen werden" können. Sollte der Bedarf über dieses Ausmaß steigen, müsse ein eigenes wasserrechtliches Verfahren durchgeführt werden. Der "Bewässerungsinteressentschaft" wurde in diesem Zusammenhang das Recht eingeräumt, "die Ausleitung des Bewässerungswassers während der Bewässerungszeit überprüfen zu können".

Im Bewilligungsbescheid vom 29. Juni 1973 betreffend unter anderem die Erweiterung dieser Wasserversorgungsanlage wurde unter Punkt I/18 des Spruches folgende "Bedingung" festgehalten:

"18. Das Wasserbenutzungsrecht wird ... auf die über den Bedarf von O. (2,2 l/s) hinausgehende Restwassermenge der K.-Quelle während der Wintermonate, außerhalb der Bewässerungszeit auf die Dauer des Bestandes der Anlage verliehen".

Im Befund der gemäß Einleitung zu Spruchpunkt I dieses Bescheides bewilligten "Wasserbenutzung" wurde u.a. folgendes festgehalten:

"Für die Ableitung der K-Quellen wird der für O. dienende Hochbehälter geringfügig umgeplant. Vor Einfließen in den Hochbehälter von O. passiert das Quellwasser einen Teilungsschacht mit rechteckig ausgebildeten Überlaufsektionen. Die Feineinstellung der Einspeiswassermenge für O. erfolgt entsprechend der konsentierten Wassermenge im Ausmaß von 2,2 l/sec. durch eine Blechschütze. Sämtliche Überlaufwässer außerhalb der Vegetationszeit werden vom Teilungsschacht in eine Entnahmekammer geführt, wobei die Ableitung mit Absperrvorrichtung in der Schieberkammer des Hochbehälters von O. untergebracht ist."

Am 22. Oktober 1980 fand für die aufgrund der Bescheide vom 1. März 1973 und vom 29. Juni 1973 bewilligten Anlagen eine wasserrechtliche Überprüfungsverhandlung statt, an der auch die Beschwerdeführerin, vertreten durch F.T., teilnahm. Bei dieser Verhandlung schlug der "technische" Amtssachverständige zum im Bescheid vom 1. März 1973 beurkundeten Übereinkommen betreffend die Beschwerdeführerin vor, mittels einer geeigneten Messung den "Schieber im Hochbehälter der K.-Quellen auf eine Wassermenge von 2,2 l/sek. zu eichen" und die "Einstellung des Schiebers ... mit einem Schweißpunkt zu markieren".

Im Zusammenhang mit der Vorschreibung des Bescheides vom 29. Juni 1973 führte der Amtssachverständige den vorgenannten Punkt 18 nicht unter der Kategorie "erfüllt", sondern unter "bleiben aufrecht" an.

Mit Bescheid vom 9. Juli 1990 erklärte der LH als Wasserrechtsbehörde erster Instanz "die beiden Anlagen" aufgrund der vorgenannten Bescheide vom 1. März bzw. 29. Juni 1973 für überprüft und genehmigte nachträglich wasserrechtlich "die im Befund beschriebenen Abweichungen der ausgeführten Anlagen von den genehmigten Projekten".

Im Befund dieses Bescheides wird unter Punkt 2 folgendes ausgeführt:

"2) Brunnenstube K. und Ableitung zum Hochbehälter:

Ebenfalls auf Gp. 3003/641 wurde eine aus zwei Wasserkammern und einer Schieberkammer bestehende

(2,60 m x 2,50 m x 2,05 m) mit den erforderlichen Armaturen, sowie einer 2 x 20 m langen Überlaufleitung, PVC DN 100, augestattete Brunnenstube errichtet.

Diese ist von vorne durch eine verschließbare Eisentüre zugänglich.

Von der Brunnenstube wird das Wasser zunächst über eine 86 m lange Stahlleitung, DN 125 mm, weiter über eine 34 m lange PE-Leitung 0 3 und schließlich über eine Gußleitung 6 m lang, DN 80 zum Hochbehälter geleitet."

Im Befund wurde weiters festgestellt, daß "die Ausführung der Objekte ... im wesentlichen projektgemäß erfolgte" und bezüglich des Bescheides vom 29. Juni 1973 festgehalten, daß "Pkt. 18" (gemeint wohl Pkt. I. 18) "aufrecht" bleibt.

Begründend führte der LH zu den Abweichungen aus:

"Bei den festgestellten Abweichungen vom Bewilligungsbescheid vom 29.6.1973 ... handelt es sich um Änderungen, welche aus technisch-wirtschaftlichen Gründen durchgeführt wurden und als geringfügig zu betrachten sind. Sie widersprechen keinen öffentlichen Interessen.

Die betroffenen Grundeigentümer haben dagegen keine Einwendungen."

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Auffassung, daß weder sie noch einzelne ihrer Mitglieder als Bewässerungsberechtigte trotz ensprechender Vereinbarung bislang eine Möglichkeit hatten, die tatsächlich verbrauchte Wassermenge zu überprüfen. Bereits bei der Überprüfungsverhandlung am 22. Oktober 1980 habe ihr Vertreter F.T. auf das Fehlen einer geeigneten Überprüfungseinrichtung hingewiesen. Es sei diesem zugesichert worden, daß der Mißstand behoben werde und nur die wasserrechtlich bewilligten 2,2 Sekundenliter abgeleitet werden würden. Die Beschwerdeführerin begehrte daher die Aufnahme entsprechender "Auflagen" in den Bescheid.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 26. November 1991 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und führte im wesentlichen folgendes aus:

Das mit Bescheid vom 1. März 1973 beurkundete Übereinkommen zwischen der Beschwerdeführerin und der mP sehe zwar ein Kontrollrecht der Beschwerdeführerin (gemeint wohl "der Bewässerungsinteressentschaft" gemäß Punkt 6 dieses Übereinkommens) "hinsichtlich der Ausleitung des Bewässerungswassers während der Bewässerungszeit vor", enthalte jedoch keine "näheren Vorschriften darüber", sodaß es der Beschwerdeführerin überlassen bleibe, wie sie von diesem Recht Gebrauch mache. Bereits im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 1. März 1973 oder im genannten Übereinkommen hätte eine entsprechende Kontrolleinrichtung vorgesehen werden müssen. Die Vorschreibung einer "nachträglichen, über den Bewilligungsbescheid hinausgehenden Auflage" sei im Rahmen der wasserrechtlichen Überprüfung nicht möglich, da in diesem Zusammenhang nur geprüft werde, ob die Anlage mit der Bewilligung übereinstimme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, hilfsweise auch wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem "Recht auf Feststellung gemäß § 121 Abs. 1 WRG", daß die durch die mP ausgeführte Wasserversorgungsanlage nicht "mit der erteilten Bewilligung" übereinstimme, sowie in ihrem Recht auf Erteilung eines Auftrages gemäß § 121 Abs. 1 WRG an die mP, den dem Bewilligungsbescheid vom 29. Juni 1973 entsprechenden Zustand herzustellen, verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen. Die mP hat gleichfalls eine Gegenschrift erstattet und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 121 Abs. 1 WRG 1959 hat sich die zur Erteilung der Bewilligung in erster Instanz zuständige Wasserrechtsbehörde unmittelbar nach erfolgter Ausführung einer nach diesem Bundesgesetz bewilligungspflichtigen Wasseranlage in einem nach den Bestimmungen der §§ 40 bis 44 AVG auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken, insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße zu überzeugen, die Messungsergebnisse in der Verhandlungsschrift festzulegen, das Ergebnis dieser Überprüfungsverhandlung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung der dabei etwa wahrgenommenen Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind, oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden.

Die belangte Behörde nimmt im angefochtenen Bescheid ausschließlich auf die durch den Bescheid des LH vom 1. März 1973 geschaffene Rechtslage bezug. Sie übersieht jedoch dabei, daß die mP aufgrund des nachträglichen Bescheides vom 29. Juni 1973 verpflichtet wurde, die "Feineinstellung der Einspeiswassermenge" für O. entsprechend der konsentierten Wassermenge im Ausmaß von 2,2 m/sec "durch eine Blechschütze" vorzunehmen. Da gerade das Vorhandensein ausreichender Wassermengen für Bewässerungszwecke durch die Berechtigten einen wesentlichen Punkt bezüglich der konsentierten Wassermenge von 2,2 l/sec während der Bewässerungszeit darstellt, belastet die im Zuge des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens nachträglich genehmigte Änderung, die durch Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin bestätigt wurde und im Befund des erstinstanzlichen Bescheides nicht vom Vorhandensein der für die Feineinstellung der abzugebenden konsentierten Wassermenge vorgeschriebenen Blechschütze ausgeht, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Es handelt sich dabei nicht zuletzt im Hinblick auf die betroffenen Wasserrechte der Bewässerungsberechtigten weder um eine "geringfügige Abweichung" wegen der mit einer Regulierungseinrichtung verbundenen und erst möglich gemachten garantierten Abgabe einer maximalen Wassermenge an die mP während der Bewässerungszeit noch kann aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführerin davon ausgegangen werden, daß die genehmigte Abweichung "fremden Rechten nicht nachteilig" wäre. Auch ergibt sich aus den Verwaltungsakten kein Anhaltspunkt, daß die Betroffenen dieser Abweichung zugestimmt hätten.

Es spielt daher in diesem Zusammenhang keine Rolle, ob allenfalls zwei Schieber - wie die mP in ihrer Gegenschrift ausführte - vorhanden sind, da durch die dargestellte genehmigte Abweichung bereits in die Rechte der Beschwerdeführerin eingegriffen wird und die mP nicht verpflichtet wurde, die zur Feineinstellung vorgeschriebene Blechschütze tatsächlich einzubauen oder beizubehalten.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Beschwerdeführerin hinsichtlich der geltend gemachten Stempelgebühren als Körperschaft öffentlichen Rechts gemäß § 2 Z. 3 Gebührengesetz 1957 befreit ist.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1992070018.X00

Im RIS seit

12.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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