TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/1 94/18/0534

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 01.02.1995
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des E in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 7. Juni 1994, Zl. Fr-30/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland (der belangten Behörde) vom 7. Juni 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 FrG ein bis 16. Jänner 2000 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei vom Landesgericht Eisenstadt wegen §§ 15, 201 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten unbedingt und zwölf Monaten bedingt rechtskräftig verurteilt worden. Die Angaben des Beschwerdeführers bei seiner Niederschrift, zur Verurteilung sei es gekommen, weil das Mädchen betrunken gewesen sei und er ihr nur habe helfen wollen, seien daher ohne rechtlichen Belang. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes müsse eine Prüfung gemäß §§ 19 und 20 FrG nicht vorgenommen werden, wenn die Gattin und die Kinder im Heimatland verblieben seien. Dies sei beim Beschwerdeführer der Fall. Der Beschwerdeführer habe in Österreich verwandtschaftliche Beziehungen zu seiner Schwester und seinem Onkel.

Maßgeblich für die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes sei, daß die gegenständliche Verurteilung weit über das in § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG normierte Mindestmaß hinausgehe. Es bestünde sogar die Möglichkeit eines unbefristeten Aufenthaltverbotes.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bringt gegen die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, nichts vor. Er bekämpfte die Auffassung der belangten Behörde, daß die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei und bringt hiezu vor, daß seit der der rechtskräftigen Verurteilung zugrundeliegenden Tat bereits mehr als fünf Jahre verstrichen seien; er habe sich in diesem Zeitraum wohlverhalten. Weiters sei zu berücksichtigen, daß er sich zum Zeitpunkt der Straftat erst sehr kurze Zeit in Österreich befunden habe und noch in einem jugendlichen Alter gewesen sei.

Mit diesen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer keine dem angefochtenen Bescheid anhaftende Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Wenn die belangte Behörde aufgrund der rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers angenommen hat, daß sein weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit gefährde, kann dies angesichts der Schwere des Deliktes nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Der Umstand, daß dem Beschwerdeführer nach der Rechtskraft der Verurteilung Sichtvermerke erteilt wurden, steht der Erlassung des Aufenthaltsverbotes für sich allein nicht entgegen.

Im Recht ist der Beschwerdeführer hingegen, wenn er sich gegen die Auffassung der belangten Behörde wendet, "eine Prüfung gemäß §§ 19 und 20 FrG müsse nicht vorgenommen werden". Da dem Beschwerdeführer der Aufenthalt im Bundesgebiet für einen beträchtlichen Zeitraum, während dem er zumindest zeitweise einer erlaubten Beschäftigung nachging, behördlich gestattet worden war, sind die auf rechtmäßigen Grundlagen beruhenden privaten Lebensbeziehungen des Beschwerdeführers bereits als soweit gefestigt anzusehen, daß sie als schutzwürdig im Sinne des § 19 FrG gewertet werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0637).

Hingegen kann von einem Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers keine Rede sein, weil die sich im Bundesgebiet aufhaltenden Verwandten des Beschwerdeführers (Schwester und Onkel) mit diesem nicht im gemeinsamen Haushalt leben und somit nicht vom Schutzbereich des § 19 umfaßt sind (vgl. auch dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 1995).

Da es die belangte Behörde in Verkennung dieser Rechtslage unterlassen hat, die nach § 19 FrG gebotene Prüfung und die in § 20 Abs. 1 leg. cit. vorgeschriebene Interessenabwägung vorzunehmen, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der angefochtene Bescheid war somit wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Stempelgebühren konnten nur im erforderlichen Ausmaß (Beschwerde dreimal S 120,--, Beilage einmal S 30,--) zugesprochen werden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994180534.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten