TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/1 95/18/0024

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Veröffentlicht am 01.02.1995
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §20 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des D in Wien, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. Dezember 1994, Zl. SD 940/94, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 1. Dezember 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und 2 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer, der seine Ehegattin und zwei zehnjährige Kinder in seiner Heimat zurückgelassen habe, sei im Jahr 1989 nach Österreich gekommen. In der Folge sei er einmal wegen Betruges (laut Beschwerde: mit Urteil vom 19. Februar 1990 zu einer Geldstrafe) und einmal wegen falscher Beweisaussage vor Gericht (laut Beschwerde: mit Urteil vom 18. Dezember 1991 zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren) rechtskräftig verurteilt worden. Im Jahr 1990 sei er mit einer jugoslawischen Staatsangehörigen eine Lebensgemeinschaft eingegangen. Ab Februar 1991 habe er eine Beschäftigungsbewilligung und einen Sichtvermerk erhalten. Nach Bekanntwerden der beiden gerichtlichen Verurteilungen sei dem Beschwerdeführer für den Fall eines neuerlichen Rechtsbruches die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes angedroht worden. Nach Erteilung des "letzten" Sichtvermerkes (Anfang 1993) habe eine Serie von Straftaten begonnen. Der Beschwerdeführer sei dreimal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand sowie einmal wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung rechtskräftig bestraft worden. Aufgrund dieser gefährlichen Verhaltensweisen, die ihrerseits als schwerwiegende Verwaltungsübertretungen neuerlich die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes begründeten, erscheine diese Maßnahme zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Straßenverkehr, aber auch zum Schutz der Gesundheit und der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten. Die belangte Behörde sei überdies der Ansicht, daß der Wunsch des Beschwerdeführers, der in Österreich seit drei Jahren eine Beschäftigung ausüben dürfe, hier mit seinem Sohn (den er 1993 habe nachkommen lassen) zu leben, auch unter Bedachtnahme auf das Ausmaß der daraus ableitbaren Integration keineswegs so schwer wiege wie die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes.

Angesichts der Tatsache, daß die Straftaten des Beschwerdeführers bis in das Jahr 1989 zurückreichten und er erst jetzt neuerlich straffällig geworden sei, vermöge die belangte Behörde nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer zu einem früheren Zeitpunkt (als vor Ablauf von zehn Jahren) zur Besinnung kommen werde, daß er die in Österreich geltenden Rechtsvorschriften zu beachten habe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde pflichtet der Rechtsansicht der belangten Behörde bei, daß die besagten (oben I.1.) dargestellten rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen und rechtskräftigen verwaltungsbehördlichen Bestrafungen den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 bzw. jenen des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG verwirklichten und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigten. Auch der Gerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

2.1. Der Beschwerdeführer meint, daß die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über ihn zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele nicht dringend geboten sei. Zum einen lägen die den gerichtlichen Verurteilungen zugrunde liegenden Tathandlungen schon mehr als vier Jahre zurück und habe er sich seitdem keine Straftaten zuschulden kommen lassen. Zum anderen wäre seine, insbesondere durch Eheprobleme gekennzeichnete Situation im Zeitraum der Begehung der strafbaren Handlungen zu berücksichtigen gewesen. Insoweit liege auch ein Verfahrensmangel vor, da es die belangte Behörde unterlassen habe, die näheren Umstände, warum es zu den besagten Tathandlungen gekommen sei (Alkoholexzesse aufgrund familiärer Probleme/Ehescheidung), zu erforschen.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Vielmehr begegnet die Auffassung der belangten Behörde, wonach die den rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Verstoßes gegen § 5 Abs. 1 StVO und gegen § 64 Abs. 1 KFG zugrunde liegenden Verhaltensweisen und die davon ausgehenden erheblichen Gefahren für die öffentliche Ordnung und Sicherheit die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) notwendig sei, keinem Einwand (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0550, vom 6. Oktober 1994, Zl. 94/18/0595, und vom 17. November 1994, Zl. 94/18/0718). Daß diese strafbaren Handlungen, wie in der Beschwerde behauptet, auf familiäre Probleme des Beschwerdeführers zurückzuführen seien, vermag an dem Dringend-geboten-sein des Aufenthaltsverbotes zur Wahrung der vorgenannten Ziele nichts zu ändern. Die Notwendigkeit dieser Maßnahme wird im Gegenteil noch durch die dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Verstöße gegen das StGB und nicht zuletzt auch dadurch unterstrichen, daß sich der Beschwerdeführer die schwerwiegenden Verfehlungen gegen straßenverkehrs- und kraftfahrrechtliche Bestimmungen trotz vorangegangener Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für den Fall neuerlichen Straffälligwerdens zuschulden kommen ließ (vgl. dazu das bereits zitierte Erkenntnis Zl. 94/18/0550).

3.1. Die Beschwerde hält das Aufenthaltsverbot auch unter dem Gesichtspunkt des § 20 Abs. 1 FrG für nicht zulässig. Der Beschwerdeführer habe seit August 1989 seinen ständigen Wohnsitz in Österreich, sein minderjähriger Sohn halte sich seit Dezember 1992 im Bundesgebiet auf, wo er seit 1993 die Schule besuche; er lebe im gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer und dessen Lebensgefährtin. Der Beschwerdeführer gehe seit Anfang 1991 ständig einer geregelten Beschäftigung nach; seine Arbeitserlaubnis sei bis 11. Juni 1995 gültig. Aufgrund dieser Umstände und der daraus resultierenden Integration des Beschwerdeführers und seiner Familienangehörigen sowie der Intensität der familiären und sonstigen Bindungen des Beschwerdeführers wögen die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine und seiner Familie Lebenssituation weitaus schwerer als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme.

3.2. Damit gelingt es der Beschwerde nicht, eine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides darzutun. Die Zahl, Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten

-

Verstöße gegen § 5 Abs. 1 StVO und gegen § 64 Abs. 1 KFG zählen zu den schwerwiegendsten Verfehlungen nach den genannten Gesetzen - in Verbindung mit einer darin zum Ausdruck kommenden Neigung, sich über die Rechtsordnung hinwegzusetzen, dies noch dazu ungeachtet vorausgegangener Androhung eines Aufenthaltsverbotes für den Fall weiterer strafbarer Handlungen, lassen das solcherart begründete öffentliche Interesse an der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer bzw. die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme von so großem Gewicht erscheinen, daß die

-

gewiß beachtlichen - gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers und seiner Familie bzw. die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf deren Lebenssituation jedenfalls nicht schwerer wiegen (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 94/18/0550).

4. Der Gerichtshof vermag auch nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde bei der Bemessung der Dauer des Aufenthaltsverbotes geirrt habe. Im Hinblick auf die zahlreichen, sich über mehrere Jahre erstreckenden Gesetzesverstöße kann der Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie von der Annahme ausgeht, daß die für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (§ 21 Abs. 2 FrG), also das für diese Maßnahme sprechende öffentliche Interesse, vorhersehbarerweise nicht vor Verstreichen von zehn Jahren wegfallen werde.

5. Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Schlagworte

Verhältnis zu anderen Normen und Materien

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180024.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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