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L10106 Stadtrecht Steiermark;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, in der Beschwerdesache des J in F, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in Graz, gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht i.A. Lustbarkeitsabgabezuschlag, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit der vorliegenden, am 1. Februar 1994 zur Post gegebenen, am 3. Februar 1994 hg. eingelangten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, mit Bescheid vom 1. März 1993 sei ihm für das Halten von Geld- und Unterhaltungsspielapparaten in Graz an verschiedenen Standorten für den Zeitraum Jänner 1993 ein bestimmter Betrag vorgeschrieben worden. In dieser Vorschreibung seien die Lustbarkeitsabgabe und der 20 %ige Kriegsopferzuschlag (Lustbarkeitsabgabezuschlag) enthalten gewesen.
Nach der von der belangten Behörde vorgelegten Bescheidkopie erging dieser Bescheid namens des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem (in der Beschwerde in Ablichtung vorgelegten) Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. Mai 1993 hinsichtlich der Vorschreibung von Lustbarkeitsabgabe als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde im Spruch dieses Bescheides ausgesprochen: "Der gleichzeitig vorgeschriebene Kriegsopferzuschlag ist von dieser Entscheidung nicht betroffen." In der Begründung des Bescheides heißt es u.a., daß über die Berufungen gegen die Vorschreibung des Kriegsopferzuschlages (einer Landesabgabe) die Steiermärkische Landesregierung "auf zweitinstanzlicher Ebene" zu entscheiden habe.
Die vorliegende Säumnisbeschwerde hinsichtlich des Lustbarkeitsabgabezuschlages (Kriegsopferzuschlages) war zurückzuweisen, weil dem Beschwerdeführer diesbezüglich der belangten Behörde gegenüber die Beschwerdelegitimation gefehlt hat (vgl. u.a. den hg. Beschluß vom 30. September 1993, Zl. 92/17/0223).
Es ist nämlich unabdingbare Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Beschwerde gemäß Art. 132 B-VG, daß jene Behörde, der Säumnis zur Last gelegt wird, verpflichtet war, über den betreffenden Antrag (Parteibegehren) zu entscheiden. Die Pflicht zur Entscheidung kann nur eine Behörde treffen, die zum Abspruch über das Parteibegehren sachlich und örtlich zuständig war (vgl. hiezu beispielsweise die hg. Beschlüsse vom 2. Dezember 1987, Zl. 87/13/0216, vom 2. Dezember 1988, Zl. 88/17/0123, und vom 22. Februar 1991, Zl. 90/17/0181).
Die Abs. 1 und 2 des § 61 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. Nr. 130, haben folgenden Wortlaut:
"(1) Dem Stadtsenat obliegt die Vorberatung und Antragstellung in den der Erledigung des Gemeinderates vorbehaltenen Angelegenheiten, soweit der Gemeinderat nicht eigene Ausschüsse zur Vorberatung und Antragstellung bestellt hat.
(2) Dem Stadtsenat obliegt ferner die Besorgung aller Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die ihm durch dieses Statut oder durch andere Gesetze übertragen sind, sowie aller übrigen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, die durch Gesetz keinem anderen Organ der Stadt ausdrücklich vorbehalten sind."
Der Stadtsenat der Landeshaupstadt Graz ist derart als Behörde NUR des eigenen Wirkungsbereiches eingerichtet.
Ausgehend von der Prämisse, daß es für die Beurteilung des administrativen Instanzenzuges nicht maßgebend ist, in welchem Behördenbereich der unterinstanzliche Bescheid gesetzmäßigerweise erlassen hätte werden sollen, sondern in welchem Behördenbereich er tatsächlich erlassen worden ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. März 1985, Slg. N.F. Nr. 11.692/A), ist der erstinstanzliche Bescheid im eigenen Wirkungsbereich (als Behördenbereich) ergangen.
Das bedeutet wiederum für den vorliegenden Fall, daß auch insoweit der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz gemäß § 100 Abs. 1 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967 die zuständige Berufungsbehörde gewesen wäre. Eine andere durch Gesetz gegebene Berufungsinstanz (etwa ein Instanzenzug an die Landesregierung gemäß § 48 LAO) kann auf Grund der Gestaltungswirkung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1993, G 230-232/93, insbesondere auch nicht aus dem (aufgehobenen) Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950 abgeleitet werden. Mit dem genannten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof das Stmk. Lustbarkeitsabgabezuschlagsgesetz 1950 als verfassungswidrig aufgehoben. Dieses Erkenntnis enthält auch den auf Art. 140 Abs. 7 B-VG gestützten Ausspruch, daß das aufgehobene Gesetz (insgesamt) nicht mehr anzuwenden ist.
Schon ausgehend davon war die vorliegende, gegen die Steiermärkische Landesregierung gerichtete Säumnisbeschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen. Dabei hatte es auch dahingestellt zu bleiben, ob es zutrifft, daß hinsichtlich des Kriegsopferzuschlages (Lustbarkeitsabgabezuschlag) die Berufung ungeachtet der Berufungsvorentscheidung des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 23. Juni 1993 - wie der Beschwerdeführer in seiner Äußerung vom 30. August 1994 meint - durch Stellung eines Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wiederum als unerledigt gilt.
Schlagworte
InstanzenzugInstanzenzug Zuständigkeit Besondere RechtsgebieteOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Gemeinderecht und BaurechtOffenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine VerwaltungsverfahrensgesetzeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994170107.X00Im RIS seit
18.05.2001Zuletzt aktualisiert am
08.07.2009