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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §834;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1. des J in F, 2. der R in P, 3. des G in F und 4. des F in F, alle vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in V, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 30. Juni 1992, Zl. BauR - 010513/2 - 1992 See/Vi, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. T in F, und
2. P in F, 3. Marktgemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 13.670,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Am 25. April 1967 suchten Johann P., der Rechtsvorgänger der Zweitmitbeteiligten, und die Erstmitbeteiligte um die Bewilligung der Errichtung einer Doppelgarage auf dem Grundstück "Nr. 1264/3", KG F, A-Straße 2, an. Aufgrund des vorgelegten Lageplanes sollte die Garage in der südostseitigen Ecke dieses Grundstückes errichtet werden. Dem Plan kann weiters entnommen werden, daß die beiden Garagentore an der Ostseite des Objekts unmittelbar an der A-Straße zur Ausführung gelangen sollten. Jedenfalls ergibt sich aus dem Plan, daß die nordöstliche Ecke die Straßenparzelle A-Straße (Grundstück Nr. 2459) erreicht. Auf dem Lageplan eingetragen ist auch das Wohnhaus A-Straße 2, in dem sowohl die Beschwerdeführer als auch die Mitbeteiligten Wohnungseigentümer sind. Nicht eingetragen ist eine in etwa nordsüdlicher Richtung verlaufende Grundstücksgrenze zwischen diesen beiden Objekten, sodaß auf dem Plan nicht dargestellt wird, daß sich das Wohnhaus auf der Parzelle 1264/3 befindet, die Garage aber auf der Parzelle 1263/3 errichtet werden sollte. Unbestritten ist, daß beide Parzellen denselben Miteigentümern gehören (offenbar EZ 630; ein Grundbuchsauszug befindet sich nicht im Akt).
Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer und die Rechtsvorgängerin des Viertbeschwerdeführers wurden zur Bauverhandlung vom 2. Mai 1967 nicht geladen und waren auch nicht anwesend. Im Befund der Verhandlungsschrift heißt es u. a., daß die Parzelle "Nr. 1264/3" an der Ostseite vom Güterweg A (A-Straße) und an der Südseite von einem privaten Bauernweg begrenzt werde. Die Grundgrenze verlaufe in der Achse des Privatweges. Die Garage werde so situiert, daß sie von der Achse des Privatweges einen Mindestabstand von 2 m und von der benachbarten Straßengrundgrenze einen Mindestabstand von 5 m aufweise. Die Zufahrt zu den beiden Garagenboxen erfolge von der A-Straße.
Mit Bescheid vom 10. Mai 1967 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die Bewilligung zur Errichtung einer Doppelgarage auf dem Grundstück Nr. 1264/3. Aufgetragen wurde insbesondere auch, daß Türen bzw. Tore nach außen aufschlagen müssen, jedoch nicht in den öffentlichen "Verkehrsraum" (auch nicht in den Gehsteig) hineinragen dürfen. Die Verhandlungsschrift vom 2. Mai 1967 wurde zu einem wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides erklärt. Der Bescheid wurde dem Erstbeschwerdeführer und der Rechtsvorgängerin des Viertbeschwerdeführers bzw. dem Viertbeschwerdeführer nie, der Zweitbeschwerdeführerin und dem Drittbeschwerdeführer erst am 14. November 1989 zugestellt.
Mit Bescheid vom 12. Mai 1971 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde die Benützungsbewilligung.
Der Erstbeschwerdeführer erhob am 14. November 1985 "Einspruch" gegen den Baubewilligungsbescheid. Er forderte unter Hinweis auf sein Miteigentum an der Liegenschaft EZ 630, KG F, bestehend aus den Parzellen Nr. 1264/3 und 1263/3, "die völlige Neuaufrollung dieses Genehmigungsverfahrens unter Anhörung sämtlicher Miteigentümer der Liegenschaft und Einräumung der Parteistellung". Der Viertbeschwerdeführer erhob am 1. Februar 1986 als Miteigentümer dieser Liegenschaft Berufung gegen den Bau- und den Benützungsbewilligungsbescheid und beantragte die Aufhebung dieser Bescheide. Er wies darauf hin, daß die Baubewilligung betreffend Parzelle 1264/3 erteilt worden sei, die Doppelgarage jedoch auf der Parzelle 1263/3 errichtet worden sei. Seine Rechtsvorgängerin und die sieben übrigen Miteigentümer hätten 1967 mündlich die Zustimmung zum Bauvorhaben nur unter der "Auflage" erteilt, daß der vor der Doppelgarage befindliche Parkplatz (also offenbar auf dem Straßengrundstück Nr. 2459) für die Wohnhausanlage uneingeschränkt erhalten bleibe.
In ihren Stellungnahmen zu diesen Eingaben erklärten die Erst- und die Zweitmitbeteiligte, daß die Miteigentümer ihre Zustimmung "ohne jede Auflage" erteilt hätten.
Die Zweitbeschwerdeführerin und der Drittbeschwerdeführer erhoben jeweils am 22. November 1989 Berufung gegen den Bau- und den Benützungsbewilligungsbescheid, die inhaltlich jener des Viertbeschwerdeführers im wesentlichen entsprach.
Mit Bescheid vom 13. Juli 1990 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde den Berufungen keine Folge weil die Oö Bauordnung 1875 die Zustimmung der Miteigentümer nicht gefordert habe.
Gegen diesen Bescheid erhoben u.a. die Beschwerdeführer Vorstellungen. Der Erstbeschwerdeführer schloß seiner Vorstellung einen Lageplan an, der die Grundstücksgrenze zwischen den Parzellen 1264/3 und 1263/3 ausweist und aus dem sich auch ergibt, daß die Garage auf dem Grundstück 1263/3 ohne Überschreitung dieser Grenze errichtet wurde, allerdings mit seiner nordöstlichen Ecke in das Straßengrundstück 2459 ragt.
Einem Aktenvermerk vom 1. August 1990 ist zu entnehmen, daß der aktuelle Grundbuchstand bereits aus dem Jahr 1959 stamme, daß also die Liegenschaft A-Straße 2 (offenbar EZ 630) aus den Grundstücken 1263/3 und 1264/3 bestehe.
Den gegen den Berufungsbescheid u.a. von den Beschwerdeführern erhobenen Vorstellungen gab die belangte Behörde gemäß § 102 der Oö Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 91/1990 i. V.m. § 67 der Oö Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35 in der damals geltenden Fassung, mit der Feststellung Folge, daß u.a. die Beschwerdeführer durch den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 13. Juli 1990 in ihren Rechten verletzt würden; sie hob diesen Bescheid auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat zurück. Die Beschwerdeführer seien als Miteigentümer des Grundstückes 1264/3 jedenfalls Nachbarn des Grundstückes 1263/3, auf welchem das Objekt errichtet wurde, und somit Parteien des Bauverfahrens. Die Baubehörden hätten bei Beiziehung der Beschwerdeführer als Nachbarn möglicherweise zu einer anderen Entscheidung gelangen können. Hingegen komme deswegen, weil nach der Oö Bauordnung 1875 die Zustimmung der Miteigentümer eines Baugrundstückes zu einer Bauführung nicht erforderlich gewesen sei, den Beschwerdeführern in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer keine Parteistellung zu.
Mit Bescheid vom 23. Dezember 1991 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde den Berufungen abermals keine Folge. Der Bescheid des Bürgermeisters vom 10. Mai 1967 wurde dahingehend abgeändert, daß sich die mit diesem Bescheid erteilte Baubewilligung auf das Grundstück Nr. 1263/3 beziehe. Der Einwand betreffend die Freihaltung des Platzes vor der Doppelgarage wurde mangels einer Einigung vor der Baubehörde auf den Zivilrechtsweg verwiesen, weil sich diese Einwendung lediglich auf eine privatrechtliche Vereinbarung beziehe. Der Einwand hinsichtlich der fehlenden Grundeigentümerzustimmung, des fehlenden Stauraumes sowie alle übrigen Einwendungen wurden als unzulässig zurückgewiesen. Im übrigen wurde der Bescheid des Bürgermeisters vom 10. Mai 1967 bestätigt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde den dagegen erhobenen Vorstellungen der Beschwerdeführer keine Folge gegeben. Den Beschwerdeführern stehe als Nachbarn hinsichtlich der Frage, ob alle Miteigentümer der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft der Bauführung zugestimmt hätten, kein subjektiv-öffentliches Recht zu. Dadurch, daß mit dem Berufungsbescheid vom 23. Dezember 1991 das Grundstück Nr. 1263/3 anstatt des Grundstückes Nr. 1264/3 als Standort der Garage bezeichnet worden sei, habe sich die Situierung derselben auf der Liegenschaft EZ 630 nicht geändert. Wenngleich der Beschwerdeführerin in bezug auf den Umstand, daß die Garage nunmehr auf einer anderen Grundstücksnummer bewilligt wurde, kein Parteiengehör gewährt worden sei, so sei dieser Verfahrensmangel nicht wesentlich, weil eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer betreffend den Abstand des Objektes zu ihrem Grundstück und anderer Rechte nicht in Betracht komme. Für die Beschwerdeführer sei es trotz der erwähnten Auswechslung der Grundstücksnummer des von der Bauführung betroffenen Grundstückes eindeutig erkennbar gewesen, um welches Bauvorhaben es sich im Beschwerdefall handle. Die konkrete Baubewilligung besage nur, daß das Bauvorhaben aus baurechtlicher Sicht zulässig sei und anderen Rechten - wie Privatrechten der Beschwerdeführer - damit in keiner Weise vorgegriffen werde.
Das Bauansuchen sei vor Inkrafttreten der Oö Bauordnung 1976 eingereicht worden, sodaß die Bauordnung für Oberösterreich aus dem Jahre 1875 zur Anwendung komme. Die Zitierung im Spruch des Vorstellungsbescheides vom 21. Jänner 1991 beziehe sich dagegen ausschließlich auf das Aufsichtsrecht des Landes über die Gemeinden und stehe sohin mit der Anwendung der "inhaltlichen Bestimmungen" des Baurechtes für die konkrete Angelegenheit in keinem dirkten Zusammenhang.
Durch die allfällige Nichteinhaltung von Abständen seien die Beschwerdeführer nicht in ihren Nachbarrechten betroffen; auch stünde den Nachbarn kein Recht darauf zu, daß alle Unterlagen des Bauansuchens vollständig der Behörde vorgelegt werden. Das Erfordernis der Miteigentümerzustimmung begründe keine Nachbarrechte.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Durch die von den Beschwerdeführern im Jahr 1992 erhobenen Vorstellungen wurde jenes aufsichtsbehördliche Verfahren anhängig gemacht, welches mit dem angefochtenen Bescheid endete. Die Aufsichtsbehörde hatte die Oö Gemeindeordnung 1990 (i.d.F. der Kundmachung über die Wiederverlautbarung der Oö Gemeindeordnung 1979, LGBl. Nr. 91) anzuwenden. Nach § 99 Abs. 1 leg. cit. ist die Landesregierung Vorstellungsbehörde, sie war daher zur Entscheidung über die Vorstellung zuständig.
Die Vorstellungsbehörde mußte die Rechtmäßigkeit des Bescheides des obersten Gemeindeorganes an der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Erlassung messen (Berchtold in Fröhler-Oberndorfer, Das österreichische Gemeinderecht, Gemeindeaufsicht, 44). Die Berufungsbehörde hat das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden; eine andere Betrachtungsweise wird dann geboten sein, wenn der Gesetzgeber zum Ausdruck bringt, daß auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist (siehe das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A).
Anläßlich der Entscheidung der Berufungsbehörde im zweiten Rechtsgang am 23. Dezember 1991 galt die Oö Bauordnung 1976, LGBl. Nr. 35, in der zuletzt durch die Novelle
LGBl. Nr. 103/1991 geänderten Fassung (im folgenden: BO).
Gemäß § 70 Abs. 1 BO trat diese Bauordnung am 1. Jänner 1977 in Kraft; gemäß Abs. 3 lit. b wurde das Gesetz, womit eine Bauordnung für Oberösterreich mit Ausnahme jener Orte, welche eine eigene Bauordnung besitzen,
GuVBl. Nr. 15/1875 (im folgenden: BO 1875), aufgehoben; allerdings ordnete § 69 Abs. 1 BO an, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes anhängige individuelle Verwaltungsverfahren nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften weiter zu führen sind.
Anhängig gemacht wurde das gegenständliche Bauverfahren durch das Ansuchen vom 25. April 1967. Der aufgrund dieses Ansuchens ergangene Bescheid vom 10. Mai 1967 entfaltete nur jenen Personen gegenüber Rechtswirkungen, denen er zugestellt wurde; gegenüber anderen Parteien, solange er ihnen nicht zugestellt und daher ihnen gegenüber nicht erlassen wurde, entfaltete er keine rechtlichen Wirkungen (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes5, Rz 431 f). Die Beschwerdeführer durften daher - auch nach Jahren - Berufung erheben, wobei für dieses Verfahren zufolge § 69 Abs. 1 BO in materieller Hinsicht die frühere Rechtslage anzuwenden ist.
Die Beschwerdeführer berufen sich zur Begründung ihrer Auffassung, die BO sei anwendbar, auf die Zitierung des § 67 BO im Vorstellungsbescheid im ersten Rechtsgang, woraus sie auch eine Bindungswirkung ableiten. Dieses Zitat betraf aber nicht das anzuwendende materielle Recht, sondern erfolgte zur Begründung der Zuständigkeit der Vorstellungsbehörde im neu anhängig gemachten aufsichtsbehördlichen Verfahren.
Tragender Aufhebungsgrund im zuletzt genannten Vorstellungsbescheid war allein der Umstand, daß die Gemeindebehörde die Parteistellung der Beschwerdeführer als Nachbarn nicht beachtete; nur insoferne ist auch die Bindung des Verwaltungsgerichtshofes an diese Rechtsauffassung gegeben. Hingegen besteht keine derartige Bindung hinsichtlich der Frage, ob dem Beschwerdeführer als Miteigentümer Parteistellung zukomme.
Tatsächlich sah die BO 1875 eine Zustimmung des Eigentümers zum Bauansuchen nicht ausdrücklich vor. Daß ein Dritter nur mit Zustimmung des Eigentümers, ein Miteigentümer nur mit Zustimmung der Miteigentümer einen Bauantrag einbringen konnte, hat der Verwaltungsgerichtshof auch für den Bereich jener Bauordnungen anerkannt, die dies nicht ausdrücklich vorsahen (so schon im Erkenntnis vom 27. Februar 1914, Budw 10.110; Krzizek, System II, 87). So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 11. März 1960, Slg. Nr. 5236/A (im Anwendungsbereich der Bauordnung für die Landeshauptstadt Linz und die Stadt Wels, GuVBl. Nr. 22/1887) unter Aufzählung einer Reihe von Vorerkenntnissen den Rechtssatz wiederholt, daß die Miteigentümer nur im Verein miteinander den Antrag auf Erteilung der Bewilligung zur Verbauung ihres Grundes stellen können: "Der Grund, warum alle österreichischen Bauordnungen für bewilligungspflichtige Bauführungen die Zustimmung des Grundeigentümers fordern, liegt darin, daß jeder vom Eigentümer verschiedene Bauwerber nur das aus der Privatrechtsordnung dem Eigentümer zustehende Recht zur Bauführung geltend macht, andererseits darin, daß mehrfache Verpflichtungen, die mit einer Bauführung verbunden sein können, z.B. die Verpflichtung zur Straßengrundabtretung oder zur späteren Gehsteigherstellung, nur vom jeweiligen Grundeigentümer erfüllt werden können". Die in diesem Erkenntnis getroffene Einschränkung auf "wichtige Veränderungen" im Sinne des § 834 ABGB kann im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen, weil die Verbauung der gemeinsamen Liegenschaft mit einer Doppelgarage ohne Frage als derartige wichtige Veränderung angesehen werden muß.
Unter Bedachtnahme auf § 8 AVG ergibt sich aus dem Zustimmungsrecht zur Bauführung die Parteistellung der Miteigentümer, weil sie vermöge eines Rechtsanspruches beteiligt sind. Auch in Fällen, in welchen die angewendeten baurechtlichen Vorschriften die Parteien des Bewilligungsverfahrens nicht ausdrücklich bezeichnen, kommt dem Eigentümer des Baugrundes im Baubewilligungsverfahren, in dem seine Zustimmung zur Bauführung gefordert wird, Parteistellung zu; dies gilt in gleicher Weise für den Miteigentümer (siehe das hg. Erkenntnis vom 29. November 1971, Slg. Nr. 8123/A, m. w.N.). Nach ständiger Rechtsprechung nehmen die Grundeigentümer am Bauverfahren regelmäßig nur hinsichtlich der Frage teil, ob die erforderliche Zustimmung vorliegt oder nicht; so gesehen genießen sie im Baubewilligungsverfahren eine sehr eingeschränkte Parteistellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1990, Zl. 90/05/0073, m.w.N.).
Wenn auch im vorliegenden Fall von einer derartigen Zustimmungserklärung die Rede ist (den angeblichen Text haben die Beschwerdeführer in ihren Schriftsätzen vom 23. Juli 1991 dargetan), befindet sich eine solche Erklärung nicht im Akt, sodaß insbesondere nicht geprüft werden kann, ob sie von ALLEN Miteigentümern unterfertigt wurde. Andererseits liegen gewichtige Anhaltspunkte für die Annahme vor, daß in der Folge, wenn auch nicht ausdrücklich, so doch durch schlüssige Willenserklärungen (§ 863 ABGB) die Zustimmung erteilt wurde. Die Ausführung des Bauvorhabens blieb den Miteigentümern nicht verborgen; insbesondere räumen die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 10. Februar 1988 ein, daß während der Dauer von 20 Jahren kein Grund bestand, irgendwelche Ansprüche geltend zu machen, weil der Platz vor der Garage den anderen Miteigentümern zur Verfügung gestanden sei.
Keineswegs erfaßt das oben beschriebene, aus dem Eigentum erfließende subjektive Recht der Miteigentümer ein Recht auf Einhaltung von - im vorliegenden Fall gar nicht bestehenden - Formvorschriften. Ihr Recht ist darauf beschränkt, daß die Bauführung nur aufgrund einer - letztlich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilenden - Zustimmung erfolgt; ein Recht darauf, daß die Behörde auf einer bestimmten Form des Nachweises besteht, kann aus dem Eigentum als Grundlage ihrer Rechtsposition nicht abgeleitet werden.
Sollte diese Vorfragenbeurteilung ergeben, daß die Beschwerdeführer mit der Errichtung einer plan- und projektgemäßen Ausführung der Doppelgarage einverstanden waren, so kann bei der hier gegebenen Rechtslage einem erst in der Berufung vorgetragenen Widerruf keine Relevanz zukommen. Das nach ständiger Rechtsprechung verlangte Erfordernis, die Zustimmung müsse im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung - sei dies in erster oder in zweiter Instanz - vorliegen (vgl. insbesondere das Erkenntnis vom 16. Februar 1982, Zl. 81/05/0141), hatte stets seine positiv-rechtliche Grundlage durch eine in den Bauvorschriften enthaltene ausdrückliche Anordnung, wonach die Eigentümerzustimmung als Beleg dem Bauansuchen anzuschließen ist. Diese Grundlage fehlt hier, sodaß es allein darauf ankommt, ob anläßlich des in erster Instanz abgeführten Bauverfahrens eine Zustimmung vorlag oder nicht.
Durch den Eintritt des Übergangenen soll sich an dessen Rechtsposition - wie an der Position des Bauwerbers - nichts verbessern oder verschlechtern. Wären damals die Miteigentümer beigezogen worden und hätten sie zugestimmt, dann hätten sie nach Rechtskraft der Baubewilligung nie mehr eine Widerrufsmöglichkeit gehabt. Die Nichtbeiziehung kann nun nicht zur Folge haben, daß die Zulässigkeit des Bauwerkes in öffentlich-rechtlicher Hinsicht jahre- oder jahrzehntelang in Schwebe bleibt und ausschließlich von der Disposition der Eigentümer abhängt. Daher belastete die belangte Behörde dadurch, daß sie die Frage des Zustimmungserfordernisses nicht prüfte, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Sollte sich herausstellen, daß nie eine Zustimmung zu diesem Projekt vorlag, kann nicht von einem Bestand der Baubewilligung ausgegangen werden; sollte aber das Verhalten der Beschwerdeführer im zeitlichen Umfeld der Bauausführung keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln übrig lassen (§ 863 ABGB), daß sie mit dem bewilligten Projekt einverstanden waren, so hätte sich diesbezüglich die Berufung als unberechtigt erwiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Parteistellung der Beschwerdeführer als Nachbarn aufgrund des Vorstellungsbescheides vom 21. Jänner 1991 als gegeben anzunehmen. Die geltend gemachten Rechtsverletzungen liegen jedoch nicht vor.
Die Lage des Bauvorhabens ergab sich eindeutig aus dem Plan und der Befundaufnahme in der Bauverhandlung. Die Berichtigung auf die richtige Grundstücksnummer durch den Berufungsbescheid im zweiten Rechtsgang hat an der von den Bauwerbern gewünschten Situierung des Projekts nichts geändert. Es kann daher keine Rede davon sein, daß die nunmehr vorliegende Baubewilligung antragslos erteilt worden wäre bzw. daß der Gemeinderat unzuständig gewesen wäre, weil stets dieselbe "Sache" behandelt wurde. Da insbesondere die Grenze zum Grundstück 1264/3 nicht überschritten wurde, ist nicht erkennbar, inwieweit durch diese Richtigstellung der Grundstücksnummer eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführer eingetreten sein soll.
Der Nachbar hat auch kein Recht darauf, daß die Planunterlagen und sonstigen Belege vollständig und der Rechtslage entsprechend der Behörde vorgelegt werden; genügen die Unterlagen, um den Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte braucht, dann steht ihm kein subjektiv öffentliches Recht darauf zu, daß diese Unterlagen objektiv in jeder Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen genügen (Hauer aaO, 228 f). Dies gilt auch für die fehlende Unterschrift der Erstmitbeteiligten auf dem Bauansuchen. Im Protokoll über die Bauverhandlung wurde sie ausdrücklich als anwesende Bauwerberin angeführt, sodaß von einer antragslosen Baubewilligung keine Rede sein kann.
Hinsichtlich des geforderten 2 m-Abstandes von der hier herangezogenen Grundgrenze zwischen den beiden Parzellen vermögen die Beschwerdeführer keine Rechtsgrundlage anzugeben; der Aktenlage nach besteht eine solche auch nicht. Was andere Seitenabstände betrifft, kann der Nachbar die Verletzung von Seitenabständen an anderen Grenzen nicht geltend machen (Hauer aaO 167). Schließlich begründen weder Vorschriften über die erforderliche Eignung des Bauplatzes noch über das Erfordernis einer Einfahrt Nachbarrechte (Hauer aaO 229). Die Beschwerdeführer machen schließlich eine Beeinträchtigung ihrer Rechte insoferne geltend, als sie aufgrund einer Vereinbarung den öffentlichen Straßengrund vor der Garage, also das Grundstück Nr. 2459, zum Parken benützen dürfen. Ein Recht auf Benutzung einer Liegenschaft verschafft jedoch nicht die Rechtsstellung eines Nachbarn (Krzizek aaO, 117). Im Vorstellungsbescheid vom 21. Jänner 1991 wurde die Parteistellung der Beschwerdeführer als Nachbarn auch nur aufgrund ihres Eigentums am Grundstück Nr. 1264/3, aber nicht aufgrund einer Rechtsbeziehung zum Straßengrundstück 2459 angenommen. Die Nachbarstellung der Beschwerdeführer hinsichtlich des Grundstückes 1264/3 gibt ihnen jedenfalls keine Rechte bezüglich des Straßengrundstückes 2459.
Soweit sich die Beschwerdeführer schließlich auf die Bestimmung des § 5 Abs. 3 BO 1875 berufen, wonach Einwendungen privatrechtlicher Art gegen die Bauführung die Erteilung der Baubewilligung hindern, verkennen sie, daß § 5 Abs. 4 leg. cit. anordnet, die Behörde müsse die Streitenden auf den Rechtsweg verweisen und sich auf die Erklärung beschränken, ob und inwiefern der Bau in öffentlicher Beziehung zulässig ist. Die Berufungsbehörde hat in ihrer Entscheidung zutreffend die privatrechtlichen Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen; damit wurde dem gesetzlichen Erfordernis entsprochen und es kann der Auffassung der Vorstellungsbehörde nicht entgegengetreten werden, daß der Bewilligungsbescheid in Wahrheit eine Erklärung darstellt, der Bau sei in öffentlich-rechtlicher Hinsicht zulässig.
Hinsichtlich der geltend gemachten Verfahrensverstöße können die Beschwerdeführer ihre Wesentlichkeit (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG) nicht dartun; so ist beispielsweise nicht erkennbar, inwieweit der Vorhalt des von der Gemeinde eingeholten Vermessungsplanes vom 16. Dezember 1991, der sich, abgesehen vom Maßstab und der dadurch bewirkten Detailtreue, nicht von dem vom Erstbeschwerdeführer vorgelegten Plan unterscheidet, ein anderes Ergebnis hätte herbeiführen können.
Zusammenfassend ergibt sich somit, daß die Beschwerdeführer als Nachbarn sich nicht mit Erfolg auf subjektiv-öffentliche Rechte stützen können. Sollten sie hingegen als Miteigentümer tatsächlich keine Zustimmung zum beabsichtigten Bauvorhaben - das ist im wesentlichen eine Doppelgarage mit den Ausmaßen und an der Stelle, wie aus den Plänen ersichtlich, auch wenn die Grundstücksnummer unrichtig angegeben wurde - erteilt haben, wird dieser Umstand auch bei Anwendung der BO 1875 im Sinne der hg. Rechtsprechung Beachtung finden müssen. Der angefochtene Bescheid war daher aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Der Aufwandersatz ist im Gesetz erschöpfend geregelt, sodaß weder ein Ersatz für Umsatzsteuer noch ein Streitgenossenzuschlag in Betracht kommt.
Schlagworte
Baurecht Grundeigentümer Rechtsnachfolger Baurecht Nachbar Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Übergangene ParteiEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1992050202.X00Im RIS seit
11.07.2001