TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/21 94/20/0776

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Veröffentlicht am 21.02.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde des R, zuletzt in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. September 1994, Zl. 4.343.489/2-III/13/94, betreffend Zurückweisung einer Berufung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.390,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit (am 7. Jänner 1994 erlassenen) Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. Jänner 1994 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 22. November 1993 "wegen entschiedener Sache zurückgewiesen".

Der (anwaltlich vertretene) Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid des Bundesasylamtes am 21. Jänner 1994 Berufung.

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG erlassenen Bescheid der belangten Behörde vom 9. September 1994 wurde die Berufung des Beschwerdeführers "gegen den Bescheid des Bundesasylamtes" (der Begründung zufolge erkennbar gemeint: vom 4. Jänner 1994) zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde darin aus, die fristgerecht erhobene Berufung bezeichne wohl den bekämpften Bescheid korrekt, sie richte sich aber gegen einen abweisenden Bescheid. Da der bekämpfte Bescheid aber die Zurückweisung des Asylantrages ausgesprochen und demnach eine Sachentscheidung verweigert habe, habe die Berufung des Beschwerdeführers keinen im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG ausreichend begründeten Berufungsantrag enthalten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Die belangte Behörde zieht (zutreffend) nicht in Zweifel, daß der bekämpfte Bescheid in der zurückgewiesenen Berufung unter Angabe des Datums, der Bescheidzahl und der diesen Bescheid erlassenden Behörde gesetzmäßig bezeichnet wurde.

Der Sinn des § 63 Abs. 3 AVG in Ansehung des weiteren Erfordernisses, einen begründeten Berufungsantrag zu stellen, besteht darin, daß die Berufung erkennen läßt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt. Bei der Beurteilung, ob eine Eingabe den Voraussetzungen des § 63 Abs. 3 AVG genügt, ist aber kein strenger und formalistischer Auslegungsmaßstab anzulegen (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 491 f angegebene hg. Judikatur).

Die dem vorliegenden Beschwerdefall zugrundeliegende Berufung hat nach Darlegung von nach Ansicht des Beschwerdeführers der Erstbehörde zur Last zu legenden Verfahrensfehlern folgenden Berufungsantrag enthalten:

"Ich beantrage daher, den bekämpften Bescheid aufzuheben und der Erstbehörde die Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens und Entscheidung aufzutragen".

Damit konnte für die belangte Behörde aber nicht zweifelhaft sein, welchen Erfolg der Beschwerdeführer mit seinem Rechtsmittel anstrebt. Die Berufung enthält mithin auch einen Berufungsantrag. Was schließlich die gegen den in Berufung gezogenen Bescheid vorgebrachten Erwägungen des Rechtsmittelwerbers anlangt, ist der belangten Behörde zu erwidern, daß die Stichhältigkeit der Begründung im Rahmen der Sachentscheidung über das Rechtsmittel zu prüfen ist. Alleine aus dem Umstand, daß - offenbar aufgrund eines Redaktionsversehens - im ersten Satz der Berufungsschrift bei Wiedergabe des Spruches des bekämpften Bescheides statt des Wortes "zurückgewiesen" unrichtig der Ausdruck "abgewiesen" verwendet wurde, durfte die belangte Behörde jedenfalls nicht die den Rechtsschutz verweigernde Rechtsfolge ableiten, daß der Berufungsantrag nicht "ausreichend begründet" sei.

Da die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage, statt eine Sachentscheidung über die erhobene Berufung zu fällen, mit einer Zurückweisung vorgegangen ist, war der mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht im Rahmen des gestellten Begehrens auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994200776.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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