Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde des F in O, verteten durch Dr. M, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 14. Mai 1993, Zl. 512.992/03-I5/93, (mitbeteiligte Partei:
Gemeindeabwasserverband A, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt), betreffend wasserrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Anbringen vom 3. Dezember 1991 beantragte die mitbeteiligte Partei (MP) die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Transportleitung und einer Abwasserreinigungsanlage in der KG Th., im Zuge deren Errichtung eine Anschüttung von ca. 4000 m3 im derzeitigen Hochwasserabflußbereich der P. geplant ist.
Der Beschwerdeführer als Grundeigentümer des Grundstückes Nr. 185/1 KG Th. gab als Anrainer in der am 17. Februar 1992 durchgeführten wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung folgende Erklärung ab:
"Durch Wegfall des natürlichen Retentionsraumes besteht eine akute Gefahr für den Ort O. durch Überflutung. Ebenfalls betroffen von dieser Gefährdung sind sämtliche landwirtschaftlichen Grundstücke unterhalb der Kläranlage. Die Feststellungen in der Studie von Professor B. auf die das heutige Projekt aufbaut (Verlust von 4000 m3 Retentionsvolumen) werden bezweifelt. Tatsächlich verloren gehen bei Verwirklichung des gegenständlichen Projektes ca 10000 m3 Retentionsvolumen. Diese Aussagen basieren auf den augenscheinlichen Feststellungen im Zuge des Hochwassers 1989."
Mit Bescheid vom 19. Mai 1992 erteilte der Landeshauptmann von Niederösterreich der MP gemäß den §§ 11, 12, 13, 14, 15, 32, 33b, 38, 99, 105 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung zur
1)
Errichtung und Betrieb einer Abwasserreinigungsanlage nach dem Belebtschlammverfahren mit gleichzeitiger Schlammstabilisierung, Nitrifikation, Denitrifikation, Phosphatfällung und Fäkalienübernahmestelle für eine Abwasserfracht von insgesamt 16.000 EGW entsprechend 960 KG BSB5/d wobei die gereinigten Abwässer im Ausmaß von 100 l/s bzw. 360 m3/h bzw. 3200 m3/d (ohne Fremdwasser) im Trockenwetterfall, 4000 m3/d (inklusive Fremdwasser); 140 l/s bzw. 504 m3/h im Regenwetterfall in den P.-Fluß linksufrig von den Grundstücken Nr. 197/1, 198/1 der KG Th. eingeleitet werden, und
2)
zur Errichtung und Betrieb von Transportsammelkanälen,
nach Maßgabe der im Abschnitt A) enthaltenen Projektsbeschreibung und bei Einhaltung der im Abschnitt B) angeführten Auflagen.
Die Einwendung des Beschwerdeführers wurde abgewiesen.
In der Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, die MP habe am 3. Dezember 1991 um wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Transportleitung und einer Abwasserreinigungsanlage (16000 EGW) in der KG Th. unter Projektsvorlage angesucht. Mit dieser Anlage sollen die Abwässer von acht Gemeinden geklärt und die geklärten Abwässer in den P.-Fluß eingeleitet werden. Ein eigener Teilbereich des Projektes behandle die Hochwasserschutzmaßnahmen im Bereich der Abwasserreinigungsanlage, die im wesentlichen in einer Anschüttung des zwischen dem P.-Bach und der Bahnstraße liegenden Kläranlagengrundstückes bestünde. Standort der Abwasserreinigungsanlage seien die Grundstücke Nr. 197/1 und 198/1 KG Th., wobei es erforderlich sei, eine Anschüttung im Ausmaß von rund 4000 m3 im Hochwasserabflußbereich vorzunehmen. Der technische Sachverständige habe in seinem Gutachten bezüglich der Anschüttung im Hochwasserabflußbereich ausgeführt, der Projektant habe die Auswirkung der geplanten Anlage auf das Hochwasserabflußgeschehen untersucht und die Daten hiefür einerseits aus hydrologischen Datensammlungen (z.B. Jahrbuch), andererseits aus dem Grundsatzkonzept von Professor B. (1976) entnommen. Es sei die derzeitige Abflußsituation bei HQ 100 sowie die zukünftige untersucht worden. Bei Übereinstimmen der Annahmen des Planers und der Annahmen von Professor B. mit den natürlichen Gegebenheiten ergebe sich eine mögliche Anhöhung der Wasserspiegellage der Hochwasserwelle bis zu 20 cm nach Herstellung der Anschüttung ohne Ausbau der Hochwasserschutzmaßnahme im Flußlaufbereich der P. Weder für die bestehenden Brückenbauwerke noch für die Anlagen der ÖBB seien auf Grund des Nachweises nachteilige Folgen im Hochwasserfall durch die Anschüttung zu erwarten. Nach Herstellung der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen könne von keiner Beeinträchtung des Hochwasserabflußgeschehens ausgegangen werden. Derzeit (ohne Ausbau) werde es aber ohne Zweifel zu einer zusätzlichen, wenn auch nachweislich geringfügigen Verschärfung der derzeitigen Situation kommen. Ein optimaler Schutz der Anrainer für den Hochwasserfall könne nur durch die Verwirklichung der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen, jedoch keinesfalls alleine durch die Unterlassung des Kläranlagenbaues erreicht werden.
Hochwasserereignisse seien solche, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in längeren Zeitintervallen wiederkehren können. Maßgeblich dürften hier die Erreignisse ab HQ 30 sein. Die Schäden, die bei derartigen Ereignissen entstünden, seien lokal und könnten regional abgegrenzt werden. Durch die fortwährende Ableitung ungereinigter oder mangelhaft gereinigter Abwässer (wie derzeit) bestehe aber die Gefahr einer Grundwasser- und Gewässerverunreinigung, welche nicht ohne weiteres einzugrenzen sei, auch durch erheblichen technischen Aufwand kurzfristig nicht beseitigt werden könne und daher langfristige Sanierungsmaßnahmen erfordere. Es liege sowohl der Hochwasserschutz als auch der Grundwasser- und Gewässerschutz im öffentlichen Interesse. Der Grundwasserschutz könne auf Grund bisher nicht realisierter Hochwasserschutzmaßnahmen nicht hintangestellt werden. Berücksichtige man die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen zur Reinhaltung von Grundwasser und Gewässern und die fortschreitende Beeinträchtigung bestehender Wasserversorgungsgebiete durch mangelhaft gereinigte Abwässer, müsse auf Grund der Nachweise des Projektanten der Schluß gezogen werden, daß die Anschüttung im Ausmaß von bis zu 4000 m3 im Hochwasserabflußbereich der P. zwischen km 22,094 und 22,360 als vorrangiges öffentliches Interesse zu bezeichnen sei. Der hydrogeologische Amtssachverständige habe zusätzlich ausgeführt, die errechneten Wasserspiegelerhöhungen um 20 cm bei HQ 100 träten im Bereich des Flußkilometers 22 + 360 (Profil 63) etwa im flußaufwärtigen Teil der Anschüttung auf. Im ÖBB-Brückenprofil seien jedoch keine meßbaren Erhöhungen mehr festzustellen. Im Profil C (km 22 + 245) träten durch den Übergang der Abflußart (vom Schießen zum Strömen) noch größere Wasserspiegelerhöhungen auf, welche jedoch keine nachteiligen Auswirkungen auf die Böschungen und Sohle der P. hätten. Am flußabwärtigen Ende der Aufschüttung bei Flußkilometer 22 + 195 seien nur mehr 13 cm Wasserspiegelerhöhungen zu erwarten. Etwa 30 m unterhalb der Anschüttung sei keine Veränderung der Wasserspiegellagen im Bestand und nach Anschüttung mehr festzustellen. Das bedeute, daß durch die geplanten Maßnahmen keine Verschlechterung der Hochwassersituation unterhalb des Flußkilometers 22 + 155 zu erwarten sei. Im Bereich des Abschnittes Flußkilometer 22 + 195 und 22 + 155 seien geringfügige Erhöhungen der HQ 100 Wasserspiegellagen gegeben. Da eine Verlängerung der Überschwemmungszeit nicht eintreten werde, dürfte dies jedoch auf die landwirtschaftlichen Kulturen nur geringe Auswirkungen haben. Im Bereich der Anschüttung sei durch das Fehlen eines rechtsufrigen Vorlandes keine Beeinträchtigung der Hochwassersituation gegeben. Die Wellenbeschleunigung um vier Sekunden sei völlig unbedeutend. Die ermittelte Retentionsverminderung bei HQ 100 um ca. 4000 m3 habe auf die Form der Hochwasserwelle keinen meßbaren Einfluß. Allerdings müßte auf die Summenwirkung derartiger Einzelmaßnahmen Bedacht genommen werden und nur dort eine Bewilligung dafür gegeben werden, wo dringende öffentliche Interessen vorlägen. Im Bereich von O. werde es durch die gegenständlichen geplanten Anschüttungen zu keiner Beeinträchtigung der Hochwassersituation kommen. Der Beschwerdeführer sei durch das geplante Vorhaben in seinem Grundeigentum nicht beeinträchtigt, da insbesondere auch eine Verlängerung der Überschwemmungszeit ausgeschlossen werden könne.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab, setzte jedoch gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 die Frist für den Beginn des gegenständlichen Vorhabens mit 30. Mai 1993 neu fest. In der Begründung führte die belangte Behörde hiezu aus, der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufung gegen die Bewilligung des zur Entscheidung vorliegenden Projektes wegen der Verschärfung der Hochwassergefahr und somit der Gefährdung der Flußanrainer auf Grund der vorgesehenen Aufschüttungen ausgesprochen. Gegenstand des Berufungsverfahrens sei somit lediglich die Überprüfung der etwaigen Beeinträchtigung des Grundstückes des Beschwerdeführers durch die gegenständliche Anlage. Der wasserbautechnische Amtssachverständige beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft habe hiezu ausgeführt, das Grundstück des Beschwerdeführers, die Parzelle Nr. 185/1 KG Th., grenze ca zwischen km 22 + 054 und km 22 + 094 an den P.-Bach und werde daher von den großen Hochwasserereignissen (HQ 100) betroffen. Dieses Grundstück liege aber deutlich außerhalb jenes Bereiches, in dem es durch die projektsgemäße Anschüttung im Kläranlagengelände, welches im Hochwasserabflußbereich liege, zu einer Anhebung der Hochwasserspiegellage komme. Dieser Bereich reiche lt. Längenprofil der P. (Projektsbeilage Nr. 34) von km 22 + 140 bis km 22 + 418 (ÖBB-Brücke). Auch dem Schreiben des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Abt. B/3-D-Hydro vom 14. Mai 1992 könne entnommen werden, daß ca 30 m unterhalb der Anschüttung (das gegenständliche Grundstück beginne erst rund 100 m unterhalb der geplanten Anschüttung) keine Veränderung der Wasserspiegellagen beim derzeitigen Bestand und nach Herstellung der Anschüttung im Vorland mehr festzustellen sei. Das bedeute, daß durch die geplanten Maßnahmen keine Verschlechterung der Hochwassersituation unterhalb des Flußkilometers 22 + 165 zu erwarten sei. Desgleichen sei durch die Retentionsverminderung von 4000 m3 bei HQ 100 kein meßbarer Einfluß auf die Hochwasserwellenform gegeben und die Wellenbeschleunigung um 4 Sekunden völlig unbedeutend. Aus diesem Sachverhalt ergebe sich, daß durch das geplante Vorhaben eine Beeinträchtigung des Beschwerdeführers in seinem Grundeigentum im Vergleich zum derzeitigen Zustand nicht zu erwarten sei. Die Grundlagen zu dieser Schlußfolgerung seien den vorliegenden Unterlagen (Projekt, Verhandlungsschrift, Schreiben der Abteilung B/3-D) zu entnehmen, sodaß die Durchführung eines Ortsaugenscheines bzw. einer mündlichen Verhandlung entbehrlich erscheine. Der Beschwerdeführer habe mit Schriftsatz vom 9. November 1992 zu den Ermittlungsergebnissen Stellung genommen. Hiezu habe der wasserbautechnische Amtssachverständige in einem ergänzenden Gutachten ausgeführt, daß die Anschüttungsfläche lt. Lageplan ca 9500 m2 betrage und bei einem HQ 30-Abfluß ohne Anschüttung im Vorland in den maßgeblichen Querschnitten (Profilen B, C und D) hydraulische Lagen von 0,20 bis 0,40 m bzw. im Mittel 0,33 m aufträten, bei einem HQ 100-Abfluß diese Werte 0,36 bis 0,58 m bzw. auch im Mittel 0,50 m betrügen. Der hydraulische Radius entspreche bei im Vergleich zur Wassertiefe breiten Gerinnen nahezu der Wassertiefe und es ergebe sich somit ein Verlust an Retentionsraum beim HQ 30 von ca. 9500 X 0,33 = 3100 m3 bzw. beim HQ 100 4700 m3 (zusätzlich somit 1600 m3). Da der Großteil des Retentionsraumes beim HQ 30 gefüllt sei, sei die Spiegelaufhöhung bei diesem Lastfall größer als beim HQ 100 und somit maßgeblich. Der Zeitraum vom Ausuferungsbeginn bis zum Erreichen des HQ 30-Spitzenabflusses werde auf der sicheren Seite liegend mit lediglich einer Stunde abgeschätzt und eine gleichmäßige Füllung angesetzt. Auch diese Annahme liege auf der sicheren Seite, da sich der Wasserspiegelanstieg zum Abflußmaximum hin verflache und somit die Retentionswirkung stetig abnehme. Es ergebe sich dann eine zusätzliche rechnerische Beaufschlagung der Unterliegerstrecke mit 3100 : 3600 = 0,9 m3/s. Allein der Vergleich zum HQ 30-Abfluß von 112 m3/s zeige die Geringfügigkeit dieser Änderung. Eine Abschätzung der zugehörigen Spiegelerhöhung ergebe bei gleichförmig stationären Abfluß im Profil 62 (km 22,094, d.h. im Bereich der Liegenschaft des Beschwerdeführers) einen Wert von 0,9 cm (ca. 1 cm Wasserspiegelanstieg pro 1 m3/s zusätzlichen Abfluß). Weiters bewirke die Verengung zu einem Rückstau nach oberstrom und damit quasi zusätzlichen Rückhalt und vermindere den Wasserspiegel unterhalb der Einengung. Dieser Effekt könne mit einfachen Mitteln nicht abgeschätzt werden, reduziere aber den ausgewiesenen Wert von 0,9 cm weiter, der somit auf Grund der zahlreichen konservativen Annahmen und auf der sicheren Seite liegenden Näherungen als obere Grenze anzusehen sei. Diese Spiegelaufhöhung sei ablolut gering und geringfügig im Hinblick auf die Seltenheit des Ereignisses (im Mittel nur einmal alle 30 Jahre) aber auch gering im Vergleich zur vorhandenen Abflußhöhe von 20 bis 40 cm im Vorland, dem Wellenschlag im cm-Bereich und vor allem führe diese geringe theoretische Spiegelerhöhung zu keiner merkbar-nachteiligen Vergrößerung der Fließgeschwindigkeit und der Erosion und somit auch zu keiner Schadensvergrößerung. An der Häufigkeit von ausufernden Hochwässern werde durch den Verlust des Retentionsraumes nichts geändert, da Auswirkungen erst dann auftreten, wenn das Vorland bereits überflutet werde. Die Anschlaglinien für HQ 30 und das HQ 100 seien nahezu ident, da sie von Hochkanten (Eisenbahndamm und natürliche Geländehochkanten bzw. Straßen) bestimmt würden; eine Ausweitung der Überflutungsfläche trete nicht auf. Daß Hochwasserangaben auf Grund des unvollkommenen Datenkollektivs zwangsläufig gewisse Unsicherheiten enthielten, sei unbestritten und unvermeidlich. Die dem Gutachten zugrundeliegenden Hochwasserdaten würden von der Landeshydrographie ermittelt und überprüft und es bestünden keine begründeten Zweifel an der grundsätzlichen Richtigkeit dieser Daten und es würden vom Beschwerdeführer auch keine nachvollziehbaren diesbezüglichen Einwände vorgebracht. An der Geringfügigkeit der Auswirkungen würde sich auch nichts ändern, wenn das maßgebliche Hochwasser 10 oder 20 % größer und der rechnerische Spiegelanstieg statt 0,9 cm vielleicht 1,0 cm oder 1,1 cm betragen würde. Eine Überprüfung der Hochwasserangaben sei daher nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer habe in einer weiteren Stellungnahme dazu ausgeführt, daß die vom Amtssachverständigen angenommenen hydraulischen Radien von im Mittel 0,5 m als zu gering anzusehen seien und habe dies anhand der Darstellung der örtlichen Gegebenheiten bzw. eigener Wahrnehmungen begründet, weshalb er zu dem Schluß gekommen sei, daß die durchschnittliche Hochwasserspiegellage zu drei Zeitpunkten in den Jahren 1954, 1974 und 1982 zumindest 1 m betragen habe. Darüberhinaus sei durch die Aufschüttung jene Seite betroffen, an der innerhalb der letzten 40 Jahre dreimal Spitzen bis zu 1,20 m gemessen worden seien. Aufgrund dieser Darstellungen sei der Verlust des Retentionsraumes zumindest doppelt so groß, als im Gutachten angeführt worden sei, und sicher nicht geringfügig. Der Verlust von Retentionsraum ließe auch hinsichtlich der Erhöhung der Fließgeschwindigkeit Auswirkungen auf sein Grundstück befürchten. Die Durchführung eines Lokalaugenscheines sei unerläßlich. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde hiezu aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers beruhe auf einem Mißverständnis. Die vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen angegebenen Werte HQ 30 bzw. HQ 100 meinten "30 bzw. 100 jährliche Hochwässer"; das seien solche, die sich im Durchschnitt alle 30 bis 100 Jahre wiederholten. Es handle sich hiebei um eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, die jedoch nicht ausschließe, daß Hochwasserereignisse auch in kürzeren Intervallen eintreten. Der Beschwerdeführer habe selbst zugestanden, daß sich Spiegellinienveränderungen nur von der Einengung stromaufwärts auswirkten. Für das Berufungsverfahren sei somit nur der Verlust an Retentionsraum, welcher sich auf das Grundstück des Beschwerdeführers, welches stromabwärts liege, durch Spiegelaufhöhungen auswirken könnte, von Bedeutung. Hiezu habe der wasserbautechnische Amtssachverständige nachvollziehbar unter vergleichsweiser Heranziehung von HQ 30- bzw. HQ 100-Abflüssen dargelegt, daß diese Spiegelaufhöhung (selbst unter Zugrundelegung zahlreicher konservativer Annahmen) im Hinblick auf die Seltenheit des Ereignisses (im Mittel alle 30 Jahre) absolut gering sei. Diesen Berechnungen, denen Daten der Landeshydrographie zugrundelägen, habe der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten können und auch keine gleichwertigen Einwendungen hinsichtlich der Richtigkeit der Daten erheben können, vielmehr beschränkten sich seine Ausführungen auf die Schilderung von einzelnen Hochwasserereignissen und deren Folgen. Auch hinsichtlich der Fließgeschwindigkeit und der Erosion sei den Ausführungen des Sachverständigen zu folgen, der unter Zugrundelegung der Spiegelerhöhungen zu dem Ergebnis gekommen sei, daß diese zu keiner merkbar-nachteiligen Vergrößerung der Wellenbeschleunigung führe. Der Amtssachverständige habe die Daten der Landeshydrographie sowie Angaben aus den Akten zu den Plänen für den Befund herangezogen und daraus seine fachlichen Schlußfolgerungen gezogen. Von der Durchführung eines Ortsaugenscheines habe Abstand genommen werden können, da der Sachverständige zur Erstellung seines Gutachtens ausreichend Daten zur Verfügung gehabt habe und eine Rekonstruktion der vom Beschwerdeführer angeführten Hochwasserereignisse nachträglich nicht mehr möglich sei. Bedenken des Beschwerdeführers hinsichtlich des Standortes der gegenständlichen Anlage seien nicht stichhältig, da dadurch eine Beeinträchtigung seiner Liegenschaft nicht nachgewiesen habe werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die MP eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer stützt seine Parteistellung im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren auf § 102 Abs. 1 lit. b zweiter Fall WRG 1959 ("... deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, ..."), da seinen Einwendungen in der mündlichen Verhandlung vor der Wasserrechtsbehörde erster Instanz vom 2. Februar 1992 zufolge eine Gefährdung seines flußabwärts der Kläranlage liegenden Grundstückes durch Überflutung gegeben sei. Insoweit sich die Ausführungen des Beschwerdeführers auf Auswirkungen allfälliger Hochwässer oberhalb der vom Projekt umfaßten Grundstücke - losgelöst von den Auswirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers - beziehen, kann darauf nicht näher eingegangen werden, weil diesbezüglich vom Beschwerdeführer nicht eigene Rechte im Sinne des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 geltend gemacht werden und fremde Rechte im Rahmen des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens im gegebenen Zusammenhang nur von der Behörde wahrgenommen werden können, jedoch keine subjektiven Rechte des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 131 B-VG darstellen.
Die Feststellung des Amtssachverständigen der belangten Behörde, das Grundstück des Beschwerdeführers liege deutlich außerhalb jenes Bereiches, in dem es durch die projektsgemäße Anschüttung im Kläranlagengelände, welches im Hochwasserabflußbereich liege, zu einer Anhebung der Hochwasserspiegellage komme, wird auch in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen.
Der Beschwerdeführer rügt aber unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Abstandnahme von der Durchführung eines Ortsaugenscheines sowie die Einvernahme der von ihm im verwartungsbehördlichen Verfahren beantragten Zeugen zum Beweis dafür, daß die - dem Sachverständigengutachten im Verwaltungsverfahren zugrundegelegten - Daten der Landeshydrographie nicht richtig seien und es in den letzten Jahren zumindest zu drei derart gravierenden Hochwasserereignissen gekommen sei, aufgrund welcher der Hochwasserspiegelstand zumindest 1 m betragen habe, weshalb der Verlust an Retentionsraum nicht - wie im Gutachten angenommen - 4700 m3, sondern annähernd 10000 m3 betragen würde und sich dadurch die Fließgeschwindigkeit sowohl bei HQ 30 als auch bei HQ 100 derart erhöhen würde, daß auf den vom Beschwerdeführer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaften bei Hochwasser ein weit größerer Schaden als bisher entstünde. Die Frage, ob sich bei Annahme des Verlustes eines doppelt so großen Retentionsraumes wie von der Behörde auf Grund der Daten der Landeshydrographie angenommen die Fließgeschwindigkeit so weit vergrößern würde, daß dies weit größere Schäden als bisher auf seinen Liegenschaften zur Folge hätte, sei im Verwaltungsverfahren nicht geprüft worden. Die Daten der Landeshydrographie seien dem Beschwerdeführer nie zur Äußerung übermittelt worden; darin liege eine Verletzung des Parteiengehörs.
Grundlage des Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde vom 13. Oktober 1992 waren die Projektsunterlagen, die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung vor der Wasserrechtsbehörde erster Instanz vom 17. Februar 1992 und die fachkundige Stellungnahme des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung Abt. B/3-D vom 14. Mai 1992. Für das ergänzende Gutachten vom 22. Jänner 1993 hat der wasserbautechnische Sachverständige die von der Landeshydrographie ermittelten Hochwasserdaten zugrundegelegt. Beide Gutachten, aus welchen sich diese Grundlagen entnehmen lassen, wurden dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt. Die Richtigkeit der Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde, insbesondere die Ermittlungsergebnisse bezüglich der Hochwasserdaten der Landeshydrographie, wurden vom Beschwerdeführer substantiiert nicht bekämpft. Der Beschwerdeführer ist den fachkundigen Ausführungen der Amtssachverständigen nur mit allgemein gehaltenen Behauptungen entgegengetreten. Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer die den Feststellungen zugrundegelegten Gutachten nicht zu entkräften, zumal damit kein ausreichender Bezug zu seinem Grundstück hergestellt worden ist. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darin zu erblicken, daß die belangte Behörde von der Durchführung eines Ortsaugenscheines und der Einvernahme der vom Beschwerdeführer zum Beweis der erhöhten Fließgeschwindigkeit sowie den Anstieg des Hochwasserspiegels bei den letzten tatsächlich wahrgenommenen Hochwässern Abstand genommen hat. Als Hochwasserabflußgebiet gilt nämlich das bei Hochwässern überflutete Gebiet (vgl. § 38 Abs. 3 WRG 1959). 30- bzw. 100-jährliche Hochwässer sind solche, die sich im Durchschnitt alle 30 bzw. 100 Jahre wiederholen (vgl. Grabmayr/Roßmann, Das Österreichische Wasserrecht, zweite Auflage, Anm. 15 zu § 38, Seite 254). Ausgehend von den als nicht unschlüssig zu erkennenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid ist somit im Rahmen der rechtlichen Beurteilung von einem Verlust an Retentionsraum bei Durchführung des vorliegenden Projektes bei HQ 30 von 3100 m3 und bei HQ 100 von 4700 m3 auszugehen. Weiterer Erhebungen - wie vom Beschwerdeführer gefordert - bedurfte es daher nicht.
Ausgehend von den Sachverhaltsannahmen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen der belangten Behörde hat dieser in seinem Gutachten vom 22. Jänner 1993, welches Grundlage der Feststellungen im angefochtenen Bescheid ist, in nachvollziehbarer Weise - vom Beschwerdeführer diesbezüglich unbekämpft - ausgeführt, daß die errechnete "geringe theoretische Spiegelerhöhung zu keiner merkbar-nachteiligen Vergrößerung der Fließgeschwindigkeit und der Erosion und somit auch zu keiner Schadensvergrößerung" der Liegenschaft des Beschwerdeführers führt. An der Häufigkeit von ausufernden Hochwässern wird durch den Verlust des Retentionsraumes nichts geändert, da Auswirkungen erst dann auftreten, wenn das Vorland bereits überflutet wird. Die Anschlaglinien für HQ 30 und das HQ 100 sind nahezu ident, da sie von Hochkanten (Eisenbahndamm und natürliche Geländehochkanten bzw. Straßen) bestimmt werden; eine Ausweitung der Überflutungsfläche tritt damit nicht auf. Damit erweist sich der Einwand des Beschwerdeführers, in unmittelbarer Nähe der projektierten Kläranlage seien genügend Alternativstandorte vorhanden als nicht entscheidungsrelevant, da durch das gegenständliche Projekt - soweit dies im Rahmen des Beschwerdepunktes vom Verwaltungsgerichtshof zu prüfen war - Eigentum des Beschwerdeführers nicht nachteilig berührt wird.
Die sich sohin insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand. Schriftsatzaufwand gebührt gemäß § 48 Abs. 3 lit. b VwGG nur für die Äußerung zur Beschwerde.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1993070087.X00Im RIS seit
12.11.2001