TE Vwgh Beschluss 1995/2/21 94/20/0438

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Veröffentlicht am 21.02.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/20/0439

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Knecht, über die Beschwerde der B K in W, mit ihren mj. Kindern B M, O M und A M, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. Mai 1994, Zl. 4.341.751/2-III/13/92, betreffend Asylgewährung und den damit verbundenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 46 VwGG wird dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattgegeben.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Die Antragstellerin begründet ihren Wiedereinsetzungsantrag im wesentlichen damit, daß der Bescheid der belangten Behörde vom 20. Mai 1994, Zl. 4.341.751/2-III/13/92, der im Asylverfahren ausgewiesenen Vertreterin der Beschwerdeführerin, einer Rechtsanwältin, am 25. Mai 1994 zugestellt worden sei. Diese Vertreterin habe den abweislichen Bescheid - wie in vielen anderen Fällen "bereits ohne Anstände geschehen" - der israelitischen Kultusgemeinde übermittelt. Frau M. von der Sozialabteilung der israelitischen Kultusgemeinde habe der Vertreterin der Beschwerdeführerin im Asylverfahren mitgeteilt, daß gemäß einem Gespräch mit der Beschwerdeführerin keine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde erhoben werden sollte. Aufgrund dieser Auskunft sei die Beschwerdeerhebung unterblieben. Tatsächlich habe die Beschwerdeführerin jedoch nicht verstanden, daß in den Gesprächen mit der israelitischen Kultusgemeinde von der Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof bezüglich eines letztinstanzlichen Bescheides in ihrer Asylangelegenheit die Rede gewesen sei. Dieses Mißverständnis bei der Erklärung sei jedoch nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen, sondern der israelitischen Kultusgemeinde, die in diesem Zusammenhang Gehilfe, allenfalls Bote, nicht aber Vertreter der Beschwerdeführerin gewesen sei. Die Beschwerdeführerin verweist in diesem Zusammenhang auf das hg. Erkenntnis VwSlg. 9706 A.

Der Irrtum sei auch nicht anläßlich einer Vorsprache der Beschwerdeführerin in der Asylangelegenheit ihres Mannes am 6. Juli 1994 in der Kanzlei des Beschwerdevertreters aufgeklärt worden. Auf ausdrückliche Frage des Beschwerdeführervertreters ob bzw. seit wann es einen Bescheid in ihrer eigenen Asylangelegenheit gäbe, habe sie erklärt, daß es einen derartigen Bescheid noch nicht gäbe. Aus diesem Grund sei die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nur für ihren Gatten vom nunmehrigen Beschwerdevertreter erhoben worden.

Aus diesem Vorbringen ergibt sich, daß sich die Beschwerdeführerin nicht auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG beruft. Wenn in § 46 Abs. 1 VwGG ausdrücklich auch der Fall erwähnt ist, daß die Partei dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat, eine Frist versäumt, so vermag dies für den von der Beschwerdeführerin dargestellten Sachverhalt nicht das Vorliegen des Wiedereinsetzungsgrundes gemäß § 46 Abs. 1 VwGG zu begründen. Da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die bei Pichler, Zur Wiedereinsetzungspraxis des Verwaltungsgerichtshofes, Anwaltsblatt 1990, 178 ff referierte hg. Judikatur) das Verschulden des Vertreters einer Partei an der Fristversäumung dem Verschulden der Partei selbst gleichzuhalten ist, ist im Falle der Zustellung eines Bescheides an den Vertreter der Partei darauf abzustellen, ob in der Sphäre des Vertreters der Partei ein Grund für die Wiedereinsetzung im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG gegeben ist. Solches wird aber im Antrag nicht behauptet. Die Beschwerdeführerin beruft sich vielmehr auf das Mißverständnis, daß dadurch entstanden sei, daß der für sie bestimmte Bescheid von ihrer Rechtsvertreterin der israelitischen Kultusgemeinde übergeben worden sei und bei der Erklärung durch die israelitische Kultusgemeinde ihr gegenüber Unklarheiten bestanden hätten, sodaß der Beschwerdeführerin nicht bewußt gewesen sei, daß bereits ein Bescheid in ihrer Asylangelegenheit erlassen worden war. Ein derartiger Sachverhalt kann nicht als ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG qualifiziert werden, da es den Parteien obliegt, sich in zweckentsprechender Weise beraten zu lassen. Soferne dabei wie im Beschwerdefall Mißverständnisse auftreten sollten, muß sich dies die Partei zurechnen lassen (vgl. für den ähnlichen Fall der Zustellung des Bescheides an den gesetzlichen Vertreter eines Asylwerbers das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 1993, Zlen. 93/01/0942 und 93/01/1065).

Soweit sich die Beschwerdeführerin auf das hg. Erkenntnis vom 28. November 1978, Zl. 1167/78, Slg. 9706 A, zum Botenbegriff beruft, ist darauf hinzuweisen, daß im vorliegenden Beschwerdefall nicht die Situation gegeben ist, daß jemand von der Partei beauftragt wurde, ein Schreiben zum Rechtsanwalt zu bringen, damit dieser ein Rechtsmittel ergreife, sondern gerade umgekehrt das Schreiben sich bei einem Rechtsanwalt (der Vertreterin der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren) befunden hat und diese Vertreterin das Schreiben einem Dritten weitergegeben hat. Daß irgendwelche Umstände auf Seiten der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin oder der israelitischen Kultusgemeinde vorgelegen wären, die als Wiedereinsetzungsgrund gemäß § 46 Abs. 1 VwGG gewertet werden könnten, wird im Antrag nicht behauptet.

Aus diesem Grunde war dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben.

Da sich somit die am 13. Juli 1994 zur Post gegebene und zur Zl. 94/20/0439 protokollierte Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid der belangten Behörde, der nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin am 20. Mai 1994 ihrer Vertreterin zugestellt wurde, als verspätet erweist, war diese Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zuzurückzuweisen.

Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994200438.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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