TE Vfgh Beschluss 1992/10/14 G108/92

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Veröffentlicht am 14.10.1992
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Index

64 Besonderes Dienst- und Besoldungsrecht
64/03 Landeslehrer

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
LDG 1984 §48
LDG 1984 §49
VfGG §62 Abs1 letzter Satz

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des LDG 1984 betreffend das Ausmaß der Lehrverpflichtung der Lehrer an Volksschulen und an Hauptschulen mangels Darlegung des unmittelbaren Wirksamwerdens der bekämpften Gesetzesbestimmungen bzw mangels Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerin

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1.a) Mit ihren auf Art140 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten (Individual-)Anträgen begehrt die Antragstellerin, folgende Bestimmungen des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes - LDG 1984, BGBl. 302, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. 688/1991, als verfassungswidrig aufzuheben:

    §48 Abs1 im Umfang der Wortfolge "24 Wochenstunden,",

    §48 Abs3 Z1,

    §49 Abs1 Z1,

    §49 Abs1 Z2 im Umfang der Wortfolge "in Mathematik je

Klasse oder Schülergruppe",

    §49 Abs1 Z3.

b) Die angefochtenen (nachstehend hervorgehobenen) Bestimmungen stehen in folgendem rechtlichen Zusammenhang:

"Ausmaß der Lehrverpflichtung der Lehrer an Volksschulen

§48. (1) Die Lehrverpflichtung der Lehrer an Volksschulen, mit Ausnahme der Religionslehrer (§53 Abs1) beträgt - unbeschadet des Abs3 - 24 Wochenstunden, bei zweisprachigem Unterricht 21 Wochenstunden.

(2) ...

(3) Ungeachtet des im Abs1 angeführten Ausmaßes und soweit nicht Abs4 Anwendung findet, wird die Lehrverpflichtung

1. der Klassenlehrer durch die Führung der dem Lehrer zugewiesenen Klasse in dem durch den Lehrplan bestimmten Ausmaß,

2. der Klassenlehrer an Vorschulgruppen durch den Unterricht in dem für Klassenlehrer in Vorschulklassen durch Lehrplan bestimmten Ausmaß

erfüllt.

...

Ausmaß der Lehrverpflichtung der Lehrer an Hauptschulen

§49. (1) Die Lehrverpflichtung der Lehrer an Hauptschulen, mit Ausnahme der Religionslehrer (§53 Abs1), beträgt

23 Wochenstunden. Die Lehrverpflichtung vermindert sich mit der Maßgabe, daß die Gesamtminderung nicht mehr als vier Wochenstunden beträgt,

1. für den Unterricht in Deutsch oder in einer anderen Sprache je Klasse oder Schülergruppe um eine Wochenstunde,

2. für den Unterricht in Mathematik je Klasse oder Schülergruppe oder in Physik und Chemie je Klasse um eine halbe Wochenstunde,

3. für die Führung der Klassenvorstandsgeschäfte um eine Wochenstunde,

4. ...

...".

3.a) Die Antragstellerin erachtet mit näherer Begründung die angefochtenen Gesetzesbestimmungen wegen Verstoßes gegen den - auch den Gesetzgeber bindenden - Grundsatz der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG iVm Art2 StGG) für verfassungswidrig. Dies ist nach Ansicht der Antragstellerin deshalb der Fall, weil durch diese Bestimmungen hinsichtlich des Ausmaßes der Lehrverpflichtung verschiedene sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierungen geschaffen würden.

§48 Abs3 Z1 LDG 1984 begründe eine solche Differenzierung zwischen Lehrern an Volksschulen der vierten Schulstufe - deren Lehrverpflichtung 24 Wochenstunden betrage (§48 Abs1) - und Lehrern an Volksschulen der ersten und zweiten Schulstufe - deren Lehrverpflichtung gemäß dem geltenden Lehrplan lediglich 18 Wochenstunden (allenfalls bei einer Wochenstunde Förderunterricht höchstens 19 Wochenstunden) betrage, während jede darüber hinausgehende Unterrichtsstunde durch eine Mehrleistungszulage (§18 Gehaltsgesetz 1956) entlohnt werde, die zugleich eine anspruchsbegründende Nebengebühr iS des §2 (Abs1 Z6) des Nebengebührenzulagengesetzes, BGBl. 485/1971, darstelle. Durch die Wortfolge "24 Wochenstunden," in §48 Abs1 LDG 1984 würden Lehrer an Volksschulen gegenüber Lehrern an Hauptschulen (mit einem Ausmaß der Lehrverpflichtung von (lediglich) 23 Wochenstunden (nach §49 Abs1 erster Satz LDG 1984)) in sachlich nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt. Derartiges geschehe, so meint die Antragstellerin, auch durch §49 Abs1 Z1 LDG 1984 (wonach sich (nur) für Lehrer an Hauptschulen die Lehrverpflichtung für den Unterricht in Deutsch oder in einer anderen Sprache je Klasse oder Schülergruppe um eine Wochenstunde vermindere), ferner durch die Wortfolge "in Mathematik je Klasse oder Schülergruppe" in §49 Abs1 Z2 LDG 1984 (wonach sich (nur) für Lehrer an Hauptschulen die Lehrverpflichtung für den Unterricht in Mathematik je Klasse oder Schülergruppe um eine halbe Wochenstunde vermindere), und schließlich durch §49 Abs1 Z3 LDG 1984, wonach sich (nur) für Lehrer an Hauptschulen die Lehrverpflichtung für die Führung der Klassenvorstandsgeschäfte um eine Wochenstunde vermindere.

b) Zur Begründung ihrer Antragslegitimation iS des Art140 Abs1 letzter Satz B-VG bringt die Antragstellerin vor, daß sie österreichische Staatsbürgerin, Landeslehrer in der Verwendungsgruppe L2a2 und als Klassenlehrer der vierten Klasse einer näher bezeichnten Volksschule tätig sei. Die angefochtenen Bestimmungen griffen direkt in ihre Rechtssphäre unmittelbar und aktuell ein, ohne daß es hiefür einer behördlichen Entscheidung bedürfe.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die (Individual-)Anträge erwogen:

1. Gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. In einem solchen Antrag ist auch darzutun, inwieweit das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für den Antragsteller wirksam geworden ist (§62 Abs1 letzter Satz VerfGG).

Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben. Die Begründung der Anträge läßt nicht erkennen, aus welchen Gründen durch die bekämpften Gesetzesbestimmungen in die Rechtssphäre der Antragstellerin unmittelbar eingegriffen wird. Schon aus diesem Grund sind die Anträge wegen eines nicht behebbaren Formgebrechens als unzulässig zurückzuweisen (s. dazu etwa die - teilweise zu Art139 B-VG ergangenen, aber auf Art140 B-VG übertragbaren - Beschlüsse VfSlg. 8698/1979, 11323/1987, 11432/1987; VfGH 1.10.1991 G294/90).

2. Grundlegende und unabdingbare Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG bildet ua. der Umstand, daß das angefochtene Gesetz in die Rechtssphäre der betreffenden Person tatsächlich (also nicht bloß behauptetermaßen) eingreift und diese - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt (zB VfSlg. 8210/1977, 8187/1977, 12079/1989). Anfechtungsberechtigt ist also von vornherein nur ein Rechtsträger, an oder gegen den sich das anzufechtende Gesetz wendet, der ihm gegenüber Normadressat ist (zB VfSlg. 8040/1977, 8062/1977, 9469/1982).

§48 Abs3 Z1 LDG 1984 betrifft - dem Vorbringen der Antragstellerin zufolge - iVm mit der durch den maßgeblichen Lehrplan (BGBl. 439/1962, gemeint wohl: Verordnung des (damaligen) Bundesministers für Unterricht vom 4. Juni 1963, mit welcher die Lehrpläne der Volksschule, der Hauptschule und der Sonderschulen erlassen werden, BGBl. 134/1963, idgF) festgelegten Gesamtstundenanzahl (Stundentafel) nur Klassenlehrer, denen eine erste oder zweite Volksschulklasse zugewiesen ist. Die Antragstellerin, die nach ihren Angaben als Klassenlehrer einer vierten Klasse einer Volksschule tätig ist, ist daher nicht Adressatin dieser gesetzlichen Vorschrift.

Die Z1, 2 und 3 des §49 Abs1 LDG 1984 betreffen ihrem klaren Wortlaut nach ausschließlich Lehrer an Hauptschulen. Auch diese Vorschriften haben also nicht die Antragstellerin zur Adressatin.

Es ist demnach von vornherein ausgeschlossen, daß die eben erwähnten Vorschriften des LDG 1984 die Rechtssphäre der Antragstellerin tatsächlich (also nicht bloß behauptetermaßen) berühren. Auch aus diesem Grund fehlt der Antragstellerin in Bezug auf diese Vorschriften die Legitimation zur Stellung eines Antrages nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG (s. zB VfSlg. 10251/1984, 11056/1986, 11369/1987). Dies muß gleichfalls zur Zurückweisung der gegen diese Vorschriften gerichteten Anträge führen.

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litc und e VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Dienstrecht, Lehrer, VfGH / Formerfordernisse

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1992:G108.1992

Dokumentnummer

JFT_10078986_92G00108_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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