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DE-10 Verfassungsrecht Deutschland;Norm
AsylG 1991 §1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juli 1994, Zl. 4.344.636/1-III/13/94, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 30. Juni 1994 wurde der am 28. Juni 1994 gestellte Asylantrag des Beschwerdeführers - eines Staatsangehörigen "der Jugosl. Föderation", der am 25. Mai 1994 in das Bundesgebiet eingereist ist - abgewiesen. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 25. Juli 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Insofern die belangte Behörde die Versagung des Asyls darauf gestützt hat, daß dem Beschwerdeführer die Flüchtlingseigenschaft nach § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 nicht zukomme, gleicht zwar der vorliegende Beschwerdefall in allen für die Entscheidung relevanten Einzelheiten (Aufhebung des Wortes "offenkundig" in § 20 Abs. 2 Asylgesetz 1991 durch den Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 1. Juli 1994, G 92, 93/94, und Erhebung der Beschwerde nach dessen Kundmachung BGBl. Nr. 610/1994) - mit der Maßgabe, daß sie überdies auch in Ansehung des bereits von der Erstbehörde herangezogenen Ausschließungsgrundes der Verfolgungssicherheit nach § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. zutreffen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 16. November 1994, Zl. 94/01/0610, zugrunde lag. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen, wobei eine Ausfertigung zur Information angeschlossen ist. Dieser Umstand führt aber deshalb noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weil die belangte Behörde (anders als die Erstbehörde) des weiteren vom Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 Gebrauch gemacht hat, wonach kein Asyl Fremden gewährt wird, die bereits einen Asylantrag in Österreich oder einem anderen Staat, der die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachtet, gestellt hatten und deren Antrag abgewiesen wurde. Auch § 3 Asylgesetz 1991 bestimmt, daß einem Asylantrag (nur) stattzugeben ist, wenn nach diesem Bundesgesetz glaubhaft ist, daß der Asylwerber Flüchtling UND die Gewährung von Asyl nicht gemäß § 2 Abs. 2 und 3 ausgeschlossen ist. Es wäre daher für den Standpunkt des Beschwerdeführers selbst dann, wenn er als Flüchtling anzusehen und außerdem der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 bei ihm nicht gegeben wäre, nichts zu gewinnen, sollte die Auffassung der belangten Behörde, es liege der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 3 leg. cit. vor, rechtmäßig sein.
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides davon aus, daß sowohl der Beschwerdeführer als auch sein (namentlich genannter) Cousin am 25. Mai 1994 vor der Bundespolizeidirektion Salzburg und am 29. Juni 1994 vor dem Bundesasylamt ausgesagt hätten, daß der Beschwerdeführer im Mai 1994 bereits einen Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt und am 24. Mai 1994 hierüber einen negativen Bescheid erhalten habe. Da sohin feststehe, daß der Beschwerdeführer bereits in einem anderen Staat, der die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachte, einen Asylantrag gestellt habe und sein Antrag abgewiesen worden sei, sei der Tatbestand des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 erfüllt, womit schon allein aus diesem Grund die Gewährung von Asyl ausgeschlossen sei.
Der Beschwerdeführer macht der belangten Behörde diesbezüglich zum Vorwurf, es unterlassen zu haben, "nähere Angaben zum bundesdeutschen Asylverfahren zu machen". Insbesondere werde gerügt, daß nicht festgestellt worden sei, daß der negative bundesdeutsche Asylbescheid "allein aus formalrechtlichen Gründen erfolgt" sei. Bekanntlich werde nach den bundesdeutschen Asylvorschriften ein Asylantrag bereits dann abgewiesen, wenn der Asylwerber aus einem Drittstaat eingereist sei, welcher sich der Genfer Flüchtlingskonvention unterworfen habe. Daraus folge, daß die deutsche Asylpraxis im Falle des Beschwerdeführers überhaupt nicht meritorisch entscheide, d.h. nicht geprüft werde, "ob ein Asylgrund vorliegen könnte". Die belangte Behörde habe es jedenfalls unterlassen, festzustellen, "daß der bundesdeutsche Asylbescheid nicht den behaupteten Asylgrund des Beschwerdeführers behandelt hat". Dies sei von Relevanz, weil bei teleologischer Auslegung des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 klar hervorkomme, daß ein Ausschließungsgrund nur dann vorliege, wenn ein anderer Staat bereits den Asylantrag des Beschwerdeführers durch eine meritorische Entscheidung abgewiesen und dadurch bereits ein Drittstaat rechtskräftig festgestellt habe, daß kein Asylgrund vorliege.
Der in diesem Vorbringen zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht des Beschwerdeführers kann nicht gefolgt werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon bisher bei Auslegung des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 auf die betreffenden Gesetzesmaterialien (RV 270 BlgNR 18. GP) Bedacht genommen, wonach es sich bei dieser Bestimmung um die Internationalisierung der res iudicata handelt, "da der zweite Antrag bei Vorliegen des Ausschließungsgrundes unabhängig davon zurückzuweisen ist, ob der Erstantrag in Österreich oder in einem anderen Staat gestellt wurde", wobei "allerdings sichergestellt sein muß, daß es sich tatsächlich um einen unveränderten Sachverhalt handelt" (vgl. die Erkenntnisse vom 24. März 1994, Zl. 94/19/0284, und vom 21. Juni 1994, Zlen. 94/20/0109, 0110). Das bedeutet auch, daß die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, den eine Sachentscheidung beinhaltenden, erstinstanzlichen Bescheid dahin abzuändern, daß er auf Zurückweisung wegen entschiedener Sache lautet; dadurch, daß sie dessenungeachtet die Berufung des Beschwerdeführers meritorisch erledigt hat, wurde er aber in seinen Rechten nicht verletzt (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Juni 1994, Zl. 94/20/0128). Der Wortlaut des § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 läßt keine Einschränkung dahingehend erkennen, daß davon nur solche Fälle erfaßt seien, in denen die Abweisung des Erstantrages mit der Verneinung der Flüchtlingseigenschaft begründet worden sei. Auch das Anliegen des Gesetzgebers, daß eine rechtskräftig erledigte Verwaltungsangelegenheit bei gleichbleibendem Sachverhalt nicht neu aufgerollt werden soll, läßt die vom Beschwerdeführer gewünschte Auslegung, daß dann, wenn lediglich wegen Vorliegens eines Ausschließungsgrundes (wie den der Verfolgungssicherheit; siehe dazu einerseits § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991, andererseits §§ 26 a und 27 des bundesdeutschen Asylverfahrensgesetzes i.d.F. BGBl. I S. 1369 f sowie dessen Anlage I, davon die erstgenannte Bestimmung in Verbindung mit Art. 16 a des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland) der Erstantrag abgewiesen worden war, § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 nicht angewendet werden könne, nicht zu. Der Beschwerdeführer macht nicht geltend, daß sein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland nicht abgewiesen worden sei, und er bestreitet auch nicht, daß dieser Staat die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention beachte. Er beruft sich weiters nicht darauf, daß ein Ausnahmefall des § 2 Abs. 4 Asylgesetz 1991 vorliege, wofür ebenso nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt besteht. Er hat im übrigen auch sonst keine "Änderung der Verhältnisse" gegenüber dem der Abweisung des Erstantrages zugrunde liegenden Sachverhalt dargetan (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1994, Zl. 94/19/0052). § 2 Abs. 3 Asylgesetz 1991 würde im gegebenen Zusammenhang dann keine Anwendung finden, wenn der Erstantrag in einem anderen Staat nur deshalb abgewiesen wurde, weil der Asylwerber bereits in Österreich vor Verfolgung sicher gewesen sei (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Jänner 1995, Zl. 94/19/0221); davon, daß dies der Fall gewesen sei, kann aber im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer den Beschwerdeangaben zufolge, entsprechend den Feststellungen der belangten Behörde, über Ungarn, die Slowakische Republik, Tschechien und die Bundesrepublik Deutschland nach Österreich eingereist ist, und er nicht behauptet, daß sein Erstantrag aus jenem Grunde abgewiesen worden sei, im Beschwerdefall nicht ausgegangen werden.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, ohne daß noch auf die weiteren (die Flüchtlingseigenschaft und die Verfolgungssicherheit des Beschwerdeführers betreffenden) Beschwerdeausführungen einzugehen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Besondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des Berufungsbescheides Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994010685.X00Im RIS seit
20.11.2000