TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/22 93/01/0968

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Veröffentlicht am 22.02.1995
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z2 lita;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StGB §43 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Händschke, Dr. Bernegger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klebel, über die Beschwerde des T in M, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 3. August 1993, Zl. Ia-8889/10-1993, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 3. August 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft mangels Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 lit. a und Z. 6 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (im folgenden: StbG), abgewiesen. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, daß der Beschwerdeführer vom Landesgericht Innsbruck wegen Verbrechens des schweren Betruges gemäß den §§ 146, 147 Abs. 1 und 3 StGB zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen sowie zu einer auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden sei. Diese Verurteilung sei rechtskräftig. Es liege daher die gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 lit. a StbG geforderte "Bedingung" für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht vor. Weiters seien gegenüber dem Beschwerdeführer seit 1988 insgesamt elf Verwaltungsstrafen wegen Verkehrsvergehen nach der StVO verhängt worden, denen u.a. die Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit, die mangelnde Ausstattung des Kraftfahrzeuges, die Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer sowie die häufige Übertretung von Park- und Halteverboten zugrundeliegen. Es liege somit auch nicht die Voraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG vor, da die Häufigkeit und zum Teil die Schwere der begangenen Delikte gegen die Straßenverkehrsordnung (wie das Überschreiten der gebotenen Höchstgeschwindigkeit und die Mängel an der Ausstattung des Fahrzeuges) nicht darauf schließen ließen, daß der Beschwerdeführer die für die Sicherheit von Personen und das Eigentum geltenden Normen künftig beachten werde.

In der dagegen erhobenen Beschwerde werden die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht gemäß § 10 StbG auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft verletzt.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 StbG kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er die in den Z. 1 bis 8 im einzelnen angeführten Voraussetzungen erfüllt. § 10 Abs. 1 Z. 2 lit. a verlangt, daß der Bewerber um die Verleihung einer Staatsbürgerschaft durch ein inländisches Gericht weder wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten rechtskräftig verurteilt wurde. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG muß der Bewerber nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bieten, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit bildet.

Wenn sich der Beschwerdeführer zunächst im Hinblick auf seine bloß bedingte Verurteilung zu einer neunmonatigen Freiheitsstrafe dagegen wendet, daß die belangte Behörde das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen einer mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 2. lit. a StbG angenommen hat, ist ihm entgegenzuhalten, daß sich aus den Gesetzesmaterialien zu der Novelle dieser Bestimmung im Jahr 1983, BGBl. Nr. 170 (vgl. RV 1272 BlgNR. XV. GP, S. 11) ergibt, daß der Gesetzgeber - wie bisher (vgl. § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG-Novelle 1973, BGBl. Nr. 394) - auch bedingte rechtskräftige Verurteilungen in dem genannten Ausmaß erfassen wollte. Der bis zur Novelle 1983 in dieser Bestimmung enthaltene ausrückliche Hinweis auf die entsprechenden bedingten Verurteilungen erübrigte sich, da die maßgeblichen Verurteilungen nicht mehr mittels Verweises auf die Nationalrats-Wahlordnung 1971, nach der bedingte Verurteilungen nicht erfaßt waren, umschrieben wurden. Dieser Absicht des Gesetzgebers entspricht auch der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Z. 2 lit. a StbG, der allein auf die rechtskräftige Verurteilung zu einer bestimmten Freiheitsstrafe abstellt. Gemäß § 43 Abs. 1 StGB, der die bedingte Strafnachsicht regelt, ist Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung, daß u.a. eine Verurteilung zu einer zwei Jahre nicht übersteigenden Freiheitsstrafe vorliegt. Die bedingte Strafnachsicht berührt nur den Vollzug einer solchen Verurteilung.

Da bereits aus diesem Grund der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft zu Recht abgewiesen wurde, erübrigt sich ein weiteres Eingehen darauf, ob die belangte Behörde auch das Nichtvorliegen einer der Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG zu Recht angenommen hat.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993010968.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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