TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/22 93/03/0141

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Veröffentlicht am 22.02.1995
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

AVG §13 Abs3;
Privatfernmeldeanlagen 1961 §15 Abs1 litc;
Privatfernmeldeanlagen 1961 §15 Abs1;
Privatfernmeldeanlagen 1961 §15 Abs2;
Privatfernmeldeanlagen 1961 §15;
Privatfernmeldeanlagen 1961 §16;
Privatfernmeldeanlagen 1961 §3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Sauberer, DDr. Jakusch, Dr. Gall und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Werner, über die Beschwerde der I-Gesellschaft m.b.H. in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 22. April 1993, Zl. 103767/IV-JD/93, betreffend fernmeldebehördliche Bewilligung zur Einfuhr von Funkanlagen, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Antrag auf fernmeldebehördliche Bewilligung zur Einfuhr von Funkanlagen YAESU "FT-890" betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 12.770 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 26. März 1992 beantragte die Beschwerdeführerin die fernmeldebehördliche Bewilligung zur Einfuhr von Funkanlagen YAESU "FT-890" (HF-Transceiver 100 kHz - 30 MHz USB/LSB/CW/NBFM/RTTY 100 W Output) für den Amateurfunkdienst. Die Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg forderte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 30. März 1992 auf, binnen 14 Tagen eine technische Beschreibung sowie Schaltpläne der Funkanlage beizubringen. Die Beschwerdeführerin legte mit Schreiben vom 4. April 1992 einen Satz Schaltpläne sowie die Kopie eines Verkaufsprospektes vor. Die Post- und Telegraphendirektion teilte ihr sodann durch den Schriftsatz vom 29. April 1992 mit, daß aufgrund des vorgelegten Prospektes die Funktionsweise der Anlage nicht genau beurteilt werden könne und daher nochmals die Aufforderung ergehe, binnen 14 Tagen eine technische Beschreibung (nicht kopiert, sondern im Original und in deutscher Sprache) vorzulegen. Die Beschwerdeführerin teilte mit Schreiben vom 16. Mai 1992 einige technische Daten der Funkanlage mit (z.B. "Sendebereich alle Amateurbänder 160 m bis 10 m, 100 W PEP, 25 W FM/AM") und führte aus, daß ihr weitere Unterlagen nicht zur Verfügung stünden. Mit Eingabe vom 22. Juni 1992 übersandte die Beschwerdeführerin sodann ein mit "Technische Daten und Meßwerte des FT-890" überschriebenes Blatt, in welchem technische Daten des Empfangs- und Sendebereichs der Funkanlage (z.B. "Frequenzbereich Senden 160 bis 10 m, einschließlich WARC-Bänder") aufgelistet sind.

Mit Eingabe vom 2. April 1992 beantragte die Beschwerdeführerin die fernmeldebehördliche Bewilligung zur Einfuhr von Funkanlagen TENTEC "Omni-IV" (9-Band-Amateurfunk-Transceiver 1,8 - 30 MHz, 100 Watt Output, CW/USB/LSB/FM/AFSK/FSK) für den Amateurfunkdienst und legte ein Verkaufsprospekt vor. Mit Schreiben vom 18. Mai 1992 forderte die Post- und Telegraphendirektion für Oberösterreich und Salzburg die Beschwerdeführerin zur Beibringung der technischen Beschreibung und der Schaltpläne für die Funkanlage binnen 14 Tagen auf. Die Beschwerdeführerin legte mit Schreiben vom 24. Juni 1992 einen Farbprospekt, welcher eine Reihe technischer Angaben enthält, vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde im Instanzenzug die Anträge der Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 lit. c der Verordnung über Privatfernmeldeanlagen, BGBl. Nr. 239/1961 (PFAV), zurück. Zur Begründung wird ausgeführt, hinsichtlich des Funkempfängers YAESU habe die Beschwerdeführerin eine Kopie eines Prospektes, einen Satz von Schaltplänen und in der Folge das Blatt "Technische Daten und Meßwerte des FT-890" vorgelegt; diese Unterlagen ließen aber eine einwandfreie Beurteilung, ob die Fernmeldeanlagetype den Regeln der Technik und den nach den geltenden internationalen Verträgen zu fordernden Voraussetzungen (§ 3 PFAV) entspreche oder ob sonstige betriebliche Belange gegen deren Zulassung sprächen, nicht zu. Eine exakte Beurteilung der Bauart und der Funktionsweise des Amateurfunkempfängers sei aufgrund dieser Unterlagen nicht möglich. Insbesondere könne aus den vorliegenden Schaltplänen ohne eine technische Gerätebeschreibung nicht herausgelesen werden, ob die Aussendungen tatsächlich auf die Amateurfunkbänder beschränkt seien. Hinsichtlich der Fernmeldeanlage TENTEC habe die Beschwerdeführerin lediglich Prospekte übermittelt. Die darin enthaltenen Daten reichten aber nicht aus für die Beurteilung der Frage, ob diese Funkempfängertype den Erfordernissen des § 3 PFAV entspreche oder ob sonstige betriebliche Belange gegen die Zulassung sprächen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Vorlage von Schaltplänen könne keine zwingende Voraussetzung für die Bewilligung der Einfuhr darstellen, wenn auch aus den vorgelegten Unterlagen Bauart und Funktionsweise des Gerätes festgestellt werden könnten, sei zu entgegnen, daß § 15 PFAV die Vorlage von Schaltplänen vorschreibe. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG habe die Behörde dem Einschreiter die Behebung von Formgebrechen schriftlicher Anbringen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf der gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen werde. Da rücksichtlich beider Anträge die Nachfrist von 14 Tagen erfolglos verstrichen sei (am 13. Mai und am 2. Juni 1992), seien die Anträge zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin bringt im wesentlichen vor, hinsichtlich beider streitgegenständlichen Typen von Funkanlagen habe sie im Verwaltungsverfahren erster Instanz Unterlagen vorgelegt, die eine exakte Beurteilung der Bauart und der Funktionsweise ermöglichten, weil sie alle technischen Daten und Meßwerte dieser Geräte enthielten. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergebe sich nicht, warum die vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend sein sollten. Für den Funkempfänger TENTEC "Omni-IV" habe die Beschwerdeführerin keine Schaltpläne vorlegen können; dies sei aber nicht erforderlich gewesen, weil die Bauart und Funktionsweise aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich sei.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Formgebrechen schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr dem Einschreiter die Behebung der Formgebrechen mit der Wirkung aufzutragen, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird das Formgebrechen rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der PFAV - diese Verordnung steht aufgrund Art. I Abs. 1 Z. 4 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 267/1972 auf Gesetzesstufe - lauten:

"§ 3. Privatfernmeldeanlagen müssen in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise den jeweils anerkannten Regeln der Technik und den nach den geltenden internationalen Verträgen zu fordernden Voraussetzungen entsprechen."

"§ 15. (1) Der Antrag auf Bewilligungserteilung hat zu enthalten:

a)

den Namen und die Anschrift, bei physischen Personen außerdem die Geburtsdaten, die Staatsbürgerschaft und den Beruf des Antragstellers,

b)

bei Anträgen auf Bewilligung zur Herstellung oder zum Vertrieb die Anschrift der Herstellungs- oder Vertriebsstätte,

c)

die zur Prüfung und Beurteilung der genauen Funktionsweise der Einrichtung erforderlichen Beschreibung und Schaltpläne in zweifacher Ausfertigung.

(2) Bei Funkeinrichtungen, für die eine Typenzulassung erteilt wurde (§ 5 Abs. 3), besteht keine Verpflichtung zur Vorlage von Beschreibungen und Schaltplänen (Abs. 1 lit. c).

§ 16. Der Antrag auf Bewilligung zur Einfuhr, zur Herstellung oder zum Vertrieb von Funkeinrichtungen kann abgelehnt werden,

a)

wenn sie den zu fordernden technischen Voraussetzungen (§ 3) nicht entsprechen,

b)

wenn betriebliche Belange entgegenstehen oder

c)

wenn der Antragsteller trotz Mahnung mit

Fernmeldegebühren im Rückstand ist."

Enthält ein Antrag auf Bewilligung zur Einfuhr von Funkanlagen nicht die in § 15 Abs. 1 lit. c PFAV zwingend geforderten Unterlagen, so leidet er an einem Formgebrechen iSd § 13 Abs. 3 AVG, sodaß die Behörde einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen und, falls dem Auftrag nicht entsprochen wird, den Antrag zurückzuweisen hat.

              1.              Funkanlage YAESU "FT-890":

Zufolge § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Diesen Begründungserfordernissen kommt der angefochtene Bescheid, soweit er die Funkanlage YAESU "FT-890" betrifft, in keiner Weise nach. Es werden nämlich nicht die Erwägungen dargelegt, aus denen die belangte Behörde zu dem Ergebnis kam, daß die vorgelegten Unterlagen (einschließlich der Schaltpläne) nicht für die Prüfung und Beurteilung der genauen Funktionsweise der Einrichtungen und für die Beurteilung der Frage, ob diese den Erfordernissen des § 3 PFAV entsprechen oder ob betriebliche Belange einer Einfuhr entgegenstehen, ausreichend wären. Diese Erwägungen sind auch nicht aus dem Hinweis, die vorgelegten Unterlagen ließen nicht erkennen, ob die Aussendungen auf Amateurfunkbänder beschränkt sei, zu ersehen. Der Begründung des angefochtenen Bescheides kann nämlich nicht entnommen werden, an Hand welcher konkreten (technischen) Informationen die Entscheidung, ob Privatfernmeldeanlagen in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise den jeweils anerkannten Regeln der Technik und den nach den geltenden internationalen Verträgen zu fordernden Voraussetzungen entsprechen, vorzunehmen wäre. Es kann ihr auch nicht entnommen werden, an Hand welcher (technischen) Informationen zu entscheiden wäre, daß der Einfuhr "betriebliche Belange" entgegenstünden, sodaß gar nicht ersichtlich ist, in welcher Weise die der Beurteilung der Funktionsweise einer Einrichtung dienlichen Beschreibungen und Schaltpläne iSd § 15 Abs. 1 lit. c PFAV für die Beurteilung der betrieblichen Belange erforderlich wären. Es ist somit aus der Bescheidbegründung nicht ersichtlich, welche Unterlagen die Beschwerdeführerin nach Ansicht der belangten Behörde vorlegen hätte sollen.

Die in der Gegenschrift der belangten Behörde enthaltenen Ausführungen vermögen an der im Fehlen entsprechender Darlegungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides liegenden Rechtswidrigkeit nichts zu ändern (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1994, Zl. 94/03/0235). Es erübrigt sich daher, auf diese Ausführungen einzugehen.

Aus den dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid, soweit er die Funkanlage YAESU "FT-890" betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Zu den im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen ist noch auf folgendes hinzuweisen:

Erfolgt die Behebung eines nach § 13 Abs. 3 AVG aufgetragenen Formgebrechens verspätet, jedoch vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides, wirkt die Verbesserung zwar nicht zurück, führt aber, es sei denn, es wäre eine Frist versäumt, nicht zur Zurückweisung des Anbringens, weil das ursprünglich fehlerhafte Anbringen mit der Behebung des Mangels als fehlerfrei eingebracht gilt (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Seite 164; Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 161). Das vor Erlassung des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides, aber nach Ablauf der gemäß § 13 Abs. 3 AVG gesetzten Frist bei der Post- und Telegraphendirektion eingelangte Schreiben vom 22. Juni 1992 war daher entgegen der auf Seite 9 des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck gebrachten Ansicht der belangten Behörde für die Frage, ob ein der meritorischen Behandlung zugänglicher Antrag vorliegt, zu berücksichtigen.

              2.              Funkanlage TENTEC "Omnia-IV"

Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 15 Abs. 1 lit. c PFAV ergibt sich, daß der Antrag auf Bewilligung zur Einfuhr von Funkeinrichtungen u.a. "Schaltpläne" zu enthalten hat. Nur im Fall des § 15 Abs. 2 PFAV brauchen Beschreibungen und Schaltpläne nicht vorgelegt zu werden. Daraus ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes weiter, daß Schaltpläne selbst dann vorzulegen sind, wenn bereits die beigebrachte Beschreibung für sich zur Beurteilung der Funktionsweise ausreichen sollte. Fehlt eine in § 15 Abs. 1 lit. c PFAV zwingend vorgesehene Beilage, so leidet der Antrag an einem Formgebrechen iSd § 13 Abs. 3 AVG. Da die Beschwerdeführerin dem u.a. auf die Vorlage von Schaltplänen gerichteten Verbesserungsauftrag nicht entsprochen hat, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, daß die belangte Behörde den Antrag zurückgewiesen hat. Daran ändert nichts, daß die Beschwerdeführerin in Reaktion auf den Verbesserungsauftrag vorgebracht hat, daß ihr, weil der beantragte Gerätetyp erst neu auf dem Markt sei, die Vorlage von Schaltplänen nicht möglich sei. Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen der §§ 3, 15 und 16 PFAV ergibt sich nämlich, daß das Gesetz die Einfuhr von Funkeinrichtungen vor dem Beibringen der erforderlichen Unterlagen nicht gestattet.

Die Beschwerde war somit, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des die Funkanlage TENTEC "Omnia-IV" betreffenden Antrages richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Formgebrechen behebbare BeilagenVerbesserungsauftrag Nichtentsprechung Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993030141.X00

Im RIS seit

31.05.2001

Zuletzt aktualisiert am

29.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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