TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/23 95/18/0025

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.1995
beobachten
merken

Index

19/05 Menschenrechte;
24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
41/04 Sprengmittel Waffen Munition;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;
SGG §12;
SGG §14a;
StGB §127;
WaffG 1986 §36;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 16. November 1994, Zl. SD 789/94, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 16. November 1994 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen afghanischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In sachverhaltsmäßiger Hinsicht legte die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1987 bis 1992 insgesamt achtmal, darunter wegen Diebstahls und unbefugten Waffenbesitzes, vor allem aber sechsmal wegen strafbarer Handlungen gegen das Suchtgiftgesetz, davon zweimal gemäß § 14a SGG und zweimal wegen Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 SGG, darunter einmal in bezug auf eine sogenannte Übermenge, zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt worden sei. Aufgrund dessen seien die Voraussetzungen i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 1 und des § 18 Abs. 1 FrG gegeben.

Das Aufenthaltsverbot bewirke zweifellos einen schwerwiegenden Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, zumal er sich seit elf Jahren in Österreich aufhalte, hier bei seinen Brüdern lebe und mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet sei. Ebensowenig zweifelhaft sei aber, daß angesichts der eminenten Bedeutung, die einer effektiven Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität zukomme, die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der inneren Sicherheit der Republik dringend geboten sei. Daran vermöge auch nichts zu ändern, daß der Beschwerdeführer sich einer Therapie unterzogen und das drückende Übel der Haft verspürt habe, gehöre doch die Wiederholungsgefahr nachgerade zum Wesen der Suchtgiftkriminalität. Im Sinn des § 20 Abs. 1 FrG seien die geschilderten besonders schwerwiegenden Folgen einer allfälligen Abstandnahme von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie abzuwägen gewesen. Zunächst sei festzuhalten, daß die Auswirkungen auf die Ehe des Beschwerdeführers offensichtlich nicht beträchtlich seien, weil der Beschwerdeführer, so wie schon vor seiner Verhaftung, nach seiner Entlassung aus der Strafhaft bei einem seiner Brüder wohnen möchte. Dazu komme, daß auch trotz des langen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich von einer nennenswerten Integration in das soziale und rechtliche Gefüge nicht gesprochen werden könne. Bei der gegebenen Sachlage wögen die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes bei weitem schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid als maßgeblich angenommene Sachverhalt bleibt in der Beschwerde ebenso wie die darauf gründende rechtliche Beurteilung, daß vorliegend die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und des § 18 Abs. 1 FrG verwirklicht seien, unbekämpft. Auch der Gerichtshof hegt insoweit keine Bedenken.

2.1. Die Beschwerde vertritt die Ansicht, daß die belangte Behörde die §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG nicht richtig angewendet habe. So sei der Umstand, daß der Beschwerdeführer "zweifelsfrei bereit ist, sich weiterhin einer Drogentherapie zu unterziehen" nicht entsprechend gewertet worden. Daraus, daß der Beschwerdeführer bereit sei, "von der Abhängigkeit loszukommen und solcherart ein geläutertes Leben zu führen", sei ersichtlich, daß er "keinerlei Gefährdung für die Öffentlichkeit mehr darstellt". Auch der "vorliegende ununterbrochene Freiheitsentzug seit geraumer Zeit" hinterlasse beim Beschwerdeführer einen "merklichen Besserungs- und Läuterungseffekt". Die allgemeine Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei unbestritten; im konkreten Fall zeige sich aber, daß der "Intention des Gesetzgebers, im Einzelfall Gerechtigkeit zu üben, nicht entsprechend Rechnung getragen wurde".

2.2. Mit diesem Vorbringen vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides aufzuzeigen.

Daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer aufgrund des ihm zur Last liegenden Verhaltens, insbesondere der mehrfachen gravierenden Verstöße gegen das Suchtgiftgesetz, zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele der Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen und des Schutzes der Gesundheit dringend geboten sei, wurde von der belangten Behörde zutreffend beurteilt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. September 1994, Zl. 94/18/0620).

Aber auch das Ergebnis der im angefochtenen Bescheid im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommenen Abwägung steht mit dem Gesetz in Einklang. Abgesehen davon, daß ungeachtet eines elfjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich im Hinblick auf die zahlreichen und schweren von ihm begangenen Straftaten die für seine Integration wesentliche soziale Komponente erheblich gemindert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0330, mwN), entspricht es der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, daß im Fall von Suchtgiftdelikten auch bei ansonsten völliger sozialer Integration des Fremden aufgrund der besonderen Gefährlichkeit dieser Delikte die maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen als die gegenläufigen Interessen des Fremden (vgl. dazu das bereits genannte Erkenntnis, Zl. 94/18/0620, und das Erkenntnis vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0585, jeweils mwN). Von daher gesehen haben auch die sich in einer Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin sowie in dem Umstand, daß er zeitweilig mit einem seiner im Bundesgebiet aufhältigen Brüder zusammenlebte, manifestierenden familiären Interessen des Beschwerdeführers zurückzustehen.

3. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180025.X00

Im RIS seit

25.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten