TE Vwgh Beschluss 1995/2/23 95/18/0177

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.02.1995
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art144 Abs3;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §46 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 95/18/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, 1. über den Antrag des S in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. April 1994, Zl. Fr 532/94, betreffend Ausweisung (Zl. 95/18/0177), und 2. in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den genannten Bescheid (Zl. 95/18/0178), den Beschluß gefaßt:

Spruch

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

I.

1. Nach dem Vorbringen des Antragstellers im Wiedereinsetzungsantrag war ihm der obgenannte Bescheid am 14. April 1994 zugestellt worden. Mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1994 sei dem Antragsteller aufgrund seines diesbezüglichen Antrages (vom 19. April 1994) die Verfahrenshilfe zur Bekämpfung dieses Bescheides bewilligt worden. (Der Antragsteller sei nicht darauf aufmerksam gemacht worden, daß es zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof einer gesonderten Antragstellung auf Beigabe eines Verfahrenshelfers bedürfe; auch weise der Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes "keinerlei Hinweis auf, daß die Beigebung des Verfahrenshelfers auf die Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof beschränkt sei".) Der Bestellungsbescheid der Rechtsanwaltskammer sei dem Verfahrenshelfer am 24. Mai 1994 mit dem anzufechtenden Bescheid zugestellt worden. Aus Gründen der anwaltlichen Sorgfaltspflicht habe es der Verfahrenshelfer - der auch verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte des Antragstellers als verletzt erachtet habe - für notwendig gehalten, "auf jeden Fall eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof einzubringen". Im Bewußtsein, daß sich dabei allenfalls fristenrechtliche Probleme ergeben könnten, habe sich eine Mitarbeiterin des Verfahrenshelfers mit dem für Verfahrenshilfeangelegenheiten zuständigen Referenten der Rechtsanwaltskammer Wien in Verbindung gesetzt. Dieser habe den Rat gegeben, innerhalb der offenen Beschwerdefrist an den Verwaltungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof eine Beschwerde unter Hinweis auf die Bestellung im Verwaltungsgerichtshof-Verfahren und unter gleichzeitiger Antragstellung auf Beigabe eines Verfahrenshelfers auch im Verfassungsgerichtshof-Verfahren einzubringen.

Der Verfahrenshelfer habe sodann am 5. Juli 1994 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof mit dem Eventualantrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (Art. 144 Abs.3 B-VG) eingebracht.

Mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1994 sei die Beschwerde zurückgewiesen, der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgewiesen worden. Dieser Beschluß sei dem Verfahrenshelfer am 13. Jänner 1995 zugestellt worden, womit er erstmals Kenntnis davon erlangt habe, "daß ein Hindernis zur Einbringung der rechtzeitigen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof vorlag". Das Erkennen des Irrtums über die Fristeinhaltung sei somit frühestens ab diesem Tag möglich gewesen. Der (am 27. Jänner 1995 zur Post gegebene) Wiedereinsetzungsantrag sei demnach rechtzeitig.

2. Da der Antragsteller durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der fristgerechten Einbringung seiner Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. April 1994 "beim Verfassungsgerichtshof und somit an der anschließenden Befassung des Verwaltungsgerichtshofes gehindert war", stelle er den Antrag, ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und des Antrages auf aufschiebende Wirkung gemäß § 46 VwGG zu bewilligen.

II.

1. Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind der Partei Handlungen und Unterlassungen ihres Vertreters zuzurechnen (siehe die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 656 ff zitierten Entscheidungen).

3. Im vorliegenden Fall wurde der - auf den gemäß § 61 VwGG die Verfahrenshilfe bewilligenden Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. April 1994 Bezug nehmende - Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer für Wien vom 10. Mai 1994 dem zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt (dem Vertreter des Antragstellers) am 24. Mai 1994 zugestellt. Mit diesem Tag begann für den Antragsteller die Frist zur Erhebung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. April 1994 zu laufen (§ 26 Abs. 3 VwGG). Ein Hindernis, die Beschwerde innerhalb der hiefür zur Verfügung stehenden sechswöchigen Frist an den VERWALTUNGSGERICHTSHOF zu erheben, bestand für den Vertreter des Antragstellers nicht. Dies wird auch vom Antragsteller eingeräumt, indem er in seinem Wiedereinsetzungsantrag ausdrücklich darauf hinweist, daß für seinen Vertreter "ein Hindernis zur Einbringung der rechtzeitigen Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof vorlag" (von dem der Vertreter erstmals am Tag der Zustellung des Beschlusses dieses Gerichtshofes Kenntnis erlangt habe).

Da somit kein die Einhaltung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den VERWALTUNGSGERICHTSHOF hinderndes unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (§ 46 Abs. 1 VwGG) vorlag, war dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht stattzugeben.

4. Die gleichzeitig mit dem Wiedereinsetzungsantrag erhobene Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180177.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten