TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/23 95/18/0063

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Veröffentlicht am 23.02.1995
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
82/02 Gesundheitsrecht allgemein;

Norm

AVG §56;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §20 Abs2;
SGG §12;
SGG §16;
StGB §10 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer, Dr. Graf und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des S, vertreten durch Mag. G, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 12. August 1994, Zl. Frb-4250/94, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und 2 Z. 1 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß der Beschwerdeführer wie folgt rechtskräftig verurteilt wurde:

1. vom Landesgericht Feldkirch am 25. April 1991 zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz, des Vergehens nach § 16 Abs. 1 leg. cit., des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z. 1 StGB und des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 leg. cit.,

2. vom Bezirksgericht Feldkirch am 22. März 1993 zu einer bedingten Geldstrafe wegen § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz,

3. vom Bezirksgericht Feldkirch am 24. Mai 1993 zu einer Geldstrafe wegen § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz,

4. vom Bezirksgericht Feldkirch am 4. Oktober 1993 zu einer Geldstrafe wegen § 127 StGB,

5. vom Landesgericht Feldkirch am 1. Dezember 1993 zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten, davon sechs Monate bedingt, wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 129 Z. 1 StGB und des Vergehens nach § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz,

6. vom Bezirksgericht Feldkirch am 6. Dezember 1993 zu einer Geldstrafe wegen § 127 StGB und

7. vom Landesgericht Feldkirch am 27. Mai 1994 zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten wegen des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz, des Vergehens nach § 16 Abs. 1 leg. cit. und des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1 StGB.

Ferner sei er in vier Fällen rechtskräftig wegen Verwaltungsübertretungen, davon einmal wegen § 64 Abs. 1 KFG, bestraft worden.

Der Beschwerdeführer sei in Vorarlberg geboren und aufgewachsen. Auch seine Eltern lebten hier. Zuletzt sei er arbeitslos gewesen. Er sei ledig und habe keinerlei Sorgepflichten. Es sei von einer hohen Integration auszugehen. Rechtlich vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG mehrfach erfülle und daß die nach § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Der durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes bewirkte Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei im Hinblick auf § 19 FrG zulässig, da er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele, wie insbesondere der Verhinderung von strafbaren Taten und zum Schutz der Gesundheit anderer, dringend geboten sei. Bei der Abwägung nach § 20 Abs. 1 FrG seien die nachteiligen Folgen der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sehr schwer zu gewichten; die Häufung seiner Straftaten in den letzten drei Jahren lasse aber den Schluß zu, daß er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung zu befolgen. Unter Berücksichtigung der zahlreichen Suchtgiftdelikte und deren große Gefahr für die Allgemeinheit wögen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Weiterverbleib in Österreich. Vor dem nach § 20 Abs. 2 FrG maßgebenden Zeitpunkt, nämlich unmittelbar vor der Rechtskraft des Urteiles vom 27. Mai 1994, hätte dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht verliehen werden können, weil er im Hinblick auf die zahlreichen Verurteilungen und Verwaltungsstrafen aus den Jahren 1991 bis 1993 nicht die Gewähr geboten hätte, daß er bejahend zur Republik Österreich eingestellt sei und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe und Ordnung darstelle.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene, mit Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1994, B 2175/94, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer zieht die auf Grund des oben wiedergegebenen, unbekämpft gebliebenen Sachverhaltes zutreffende Beurteilung der belangten Behörde nicht in Zweifel, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht, die in § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt und die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 leg. cit. zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten sei. Er wendet sich vielmehr gegen die im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung und macht darüber hinaus geltend, daß § 20 Abs. 2 leg. cit. der Erlassung des Aufenthaltsverbotes entgegenstehe.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Wenn er darauf verweist, daß er in Österreich geboren und aufgewachsen sei und Beziehungen nur zu Österreich und den hier lebenden nahen Verwandten habe, während zum Ausland und insbesondere zum ehemaligen Jugoslawien überhaupt keine Kontakte mehr bestünden, ist ihm zu entgegnen, daß die belangte Behörde die nachteiligen Folgen des Aufenthaltsverbotes auf sein Privat- und Familienleben ohnedies als sehr schwerwiegend ansah. Wenn sie aber insbesondere in Anbetracht der besonderen Gefährlichkeit von Suchtgiftdelikten den öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes dennoch den Vorrang einräumte, kann dies vor dem Hintergrund der ständigen hg. Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 3. November 1994, Zl. 94/18/0585, und vom 1. Dezember 1994, Zl. 94/18/0486) auch dann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn der Beschwerdeführer - wie er behauptet - bei Abstandnahme vom Aufenthaltsverbot in Österreich eine Therapie absolvieren könnte.

Was die Berufung auf § 20 Abs. 2 FrG anlangt, so ist der für die Beurteilung des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen entscheidende Zeitpunkt jener, der unmittelbar vor der letzten rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers, also der vom 27. Mai 1994, gelegen ist. Zu diesem Zeitpunkt stand der Verleihung der Staatsbürgerschaft aber nicht nur - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - die Voraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 zweiter Fall des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, sondern auch - im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung vom 1. Dezember 1993 - die nach Z. 2 lit. a der genannten Bestimmung entgegen (vgl. das schon erwähnte hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1994, Zl. 94/18/0486).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1995180063.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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