Index
L1 GemeinderechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / GesetzLeitsatz
Abweisung einer Beschwerde einer Gemeinde gegen einen die Beschlußfassung über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung als Voraussetzung einer Gemeindetrennung bei sonstiger Ersatzvornahme auftragenden Bescheid der Krnt Landesregierung; verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der dem Bescheid zugrundeliegenden Bestimmungen der Krnt Allgemeinen GemeindeO 1982; kein Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht der GemeindenSpruch
1. Die erstbeschwerdeführende Partei (die Stadtgemeinde Wolfsberg) ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.
Ihre Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.
2. Die von den weiteren beschwerdeführenden Parteien eingebrachte Beschwerde wird zurückgewiesen.
Ihr Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die §§72 und 73 des Kärntner Gemeindestruktur-Verbesserungsgesetzes, LGBl. 63/1972, verfügten die Vereinigung der Stadtgemeinde Wolfsberg mit anderen Gemeinden, darunter der Gemeinde Frantschach-St. Gertraud. Die Zusammenlegung wurde mit 1. Jänner 1973 wirksam (§85 Abs1 leg.cit.).
Am 5. Mai 1991 fand in der Stadtgemeinde Wolfsberg eine - mit Verordnung der Landesregierung vom 5. März 1991, LGBl. 42/1991, angeordnete - Volksbefragung iS des §8b Abs4 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982 - AGO 1982 (Text s.u. II.1.) statt. Das Ergebnis der Volksbefragung ergab, daß mehr als die Hälfte (nämlich 50,66 %) der wahlberechtigten Gemeindebürger im Bereich der "Altgemeinde" Frantschach-St. Gertraud für deren Verselbständigung eintrat.
Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg befaßte sich in seiner Sitzung vom 29. Oktober 1991 mit der Frage der "vollständigen Vermögensauseinandersetzung" (§8b Abs5 AGO 1982 - Text s.u. II.1.). Er lehnte mit 20:15 Stimmen die "Genehmigung" des vom Finanzausschuß beschlossenen "Entwurfes über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung zwischen der Trenngemeinde Frantschach-St. Gertraud und der Stammgemeinde Wolfsberg aus Anlaß der Gemeindetrennung" ab. Dieser Gemeinderatsbeschluß wurde am 31. Oktober 1991 der Kärntner Landesregierung bekanntgegeben.
2. Die Landesregierung erließ daraufhin folgende an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg gerichtete, mit 19. November 1991 datierte und der Stadtgemeinde Wolfsberg am 21. November 1991 zugestellte Erledigung:
"Bescheid
Von amtswegen ergeht nachstehender
Spruch
Gemäß §101 Abs1 AGO 1982 wird dem Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg aufgetragen, im Hinblick auf das Ergebnis der am 5.5.1991 in der Stadtgemeinde Wolfsberg stattgefundenen Volksbefragung über die Verselbständigung der Altgemeinde Frantschach - St. Gertraud den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung unter Beachtung der Bestimmungen des §8 b Abs5 AGO 1982, binnen einer Frist von 3 Wochen der Landesregierung vorzulegen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Bescheid ist kein weiteres ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Begründung
§8 b Abs5 erster und zweiter Satz AGO 1982, LGBl. Nr. 8 i. d.F. LGBl. Nr. 48/1991, bestimmt: Ergibt das Ergebnis der Volksbefragung, daß mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Gemeindebürger im Bereich einer Altgemeinde für die Verselbständigung eintritt, so hat der Gemeinderat der Landesregierung längstens binnen 6 Wochen den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung (§8 d) vorzulegen, die auf die Schaffung der Voraussetzungen nach §8 a litb bestmöglich Bedacht nimmt. Für einen Beschluß über eine Vermögensauseinandersetzung ist eine Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen erforderlich.
Bei der aufgrund der Verordnung der Landesregierung vom 5.3.1991, LGBl. Nr. 42/1991, angeordneten Volksbefragung am 5.5.1991 in der Stadtgemeinde Wolfsberg traten mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Gemeindebürger (50,66 %) im Bereich der Altgemeinde Frantschach-St. Gertraud für eine Verselbständigung der Altgemeinde Frantschach - St. Gertraud ein.
Der Finanzausschuß der Stadtgemeinde Wolfsberg faßte in der Sitzung am 21.10.1991 einstimmig den Beschluß, das Arbeitspapier (Nr. 1) über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung mit den erarbeiteten Ergänzungen dem Gemeinderat mit der Empfehlung zuzuleiten, dieses Übereinkommen zu beschließen.
In der Gemeinderatssitzung am 29.10.1991, unter TOP 13., wurde der gegenständliche Antrag des Finanzausschusses vom 21.10.1991 mit 20:15 Stimmen abgelehnt.
In diesem Zusammenhang ist auf die Bestimmungen des §101 Abs1 AGO 1982 zu verweisen, worin normiert wird: Erfüllt eine Gemeinde eine ihr nach landesrechtlichen Bestimmungen obliegende Aufgabe nicht, so hat ihr die Landesregierung die Erfüllung mit Bescheid aufzutragen. Hiefür ist eine angemessene Frist zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist hat die Landesregierung in den Fällen unbedingter Notwendigkeit (Abs3 und 4) auf Kosten der (richtig: 'und') Gefahr der Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Im Hinblick darauf, daß der Gemeinderat der Stadtgemeinde Wolfsberg in der Sitzung am 29.10.1991 seiner diesbezüglichen gesetzlichen Verpflichtung im Sinne des §8 b Abs5 AGO 1982, nicht vollständig nachgekommen ist, war in Befolgung der Bestimmungen des §101 Abs1 AGO 1982 spruchgemäß zu entscheiden."
3. Gegen diese Erledigung erheben die - durch ihren Gemeinderat vertretene - Stadtgemeinde Wolfsberg (erstbeschwerdeführende Partei) sowie 22 Mitglieder des Gemeinderates der Stadtgemeinde Wolfsberg die vorliegende, am 14. Dezember 1991 zur Post gegebene, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Sie behaupten, in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (s.u. III.B.2.) verletzt worden zu sein. Der Sache nach machen sie auch die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§101 Abs1 AGO 1982 - Text s.u. II.1.) geltend. Sie begehren die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
4. Die Kärntner Landesregierung erstattete eine Gegenschrift, in der sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
5. Darauf replizierten die Beschwerdeführer. Sie verwiesen auf das (erst nach Beschwerdeerhebung kundgemachte) Kärntner Landesgesetz vom 6. Dezember 1991, LGBl. 18/1992, mit dem die AGO 1982 authentisch interpretiert wird (Text s.u. III.B.3.a), und regen an, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit nicht nur der oben zu I.3. erwähnten Bestimmung der AGO 1982, sondern auch der §§8a litb, 8b Abs5 und 8d AGO 1982 sowie der soeben zitierten "Authentischen Interpretation" einzuleiten.
II. Die den angefochtenen Bescheid in erster Linie tragenden landesgesetzlichen Vorschriften bestimmen:
1. Die Allgemeine Gemeindeordnung 1982 - AGO 1982, LGBl. 8, in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden Fassung (letzte Novellierung durch LGBl. 48/1991), enthält im 2. Abschnitt Regelungen über das Gemeindegebiet.
Die §§7 ff. lauten:
"§7
Gebietsänderungen
(1) Die Änderung des Gebietes einer Gemeinde ist, abgesehen vom Fall einer einvernehmlichen Grenzänderung (§8) und vom Falle der Trennung einer Gemeinde (§§8a und 8b), nur durch Landesgesetz möglich.
(2) Ein Gesetzesvorschlag, der den Untergang einer Gemeinde als Gebietskörperschaft vorsieht, darf als Vorlage der Landesregierung im Landtag erst dann eingebracht werden, wenn vor der Beschlußfassung in der Landesregierung darüber in den betroffenen Gemeinden eine Volksbefragung (Art37 L-VG) durchgeführt worden ist (Art3 Abs3 L-VG).
§8
Grenzänderungen
(1) Die Landesregierung kann durch Verordnung Gemeindegrenzen soweit ändern, als das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Gefüge der beteiligten Gemeinden dies erfordert, wenn diese Gemeinden es durch übereinstimmende Gemeinderatsbeschlüsse beantragen und eine Vereinbarung über die Vermögensauseinandersetzung getroffen haben.
(2) Die Verordnung über Grenzänderungen ist mit Beginn des Kalenderjahres in Kraft zu setzen.
(3) Ändert sich durch eine Grenzänderung die Einwohnerzahl einer Gemeinde in einem Ausmaß, daß dies die Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Gemeinderates zur Folge hätte, so hat die Landesregierung Wahlen auszuschreiben. Die Bestimmungen der §§19 Abs1 und 20 Abs4 und 5 gelten sinngemäß.
§8a
Trennung auf Grund eines Gemeinderatsbeschlusses
(1) Eine Gemeinde kann durch Verordnung der Landesregierung in zwei oder mehrere Gemeinden getrennt werden, wenn
a) der Gemeinderat dieser Gemeinde die Trennung sowie eine vollständige Vermögensauseinandersetzung (§8d) mit einer Mehrheit von mindestens zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschließt;
b) jede durch die Trennung entstehende oder berührte Gemeinde voraussichtlich für sich die Mittel zur Erfüllung der ihr obliegenden Verpflichtungen aufbringen kann und
c) die Trennung dem sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Gefüge der Gemeindemitglieder sowie kommunalen Interessen besser entspricht als die Aufrechterhaltung einer einzigen Gemeinde.
(2) In der Verordnung nach Abs1 ist der Name der neu gebildeten Gemeinde festzulegen. §3 Abs1 gilt in gleicher Weise.
§8b
Trennung auf Grund einer Volksbefragung
(1) Bestehen in Gemeinden, die nach dem Kärntner Gemeindestrukturverbesserungsgesetz durch Vereinigung von Gemeinden (Altgemeinden) entstanden sind oder denen durch dieses Gesetz ein überwiegender Teil einer Gemeinde (Altgemeinde) angeschlossen wurde, Initiativen für eine Verselbständigung von Altgemeinden, so haben die Gemeindebürger die Möglichkeit, durch ihre Unterschrift für eine Verselbständigung einer Altgemeinde einzutreten. Die Unterschriften sind entweder unter Nachweis der Identität im Gemeindeamt zu leisten oder gerichtlich oder notariell beglaubigt dem Gemeindeamt zu übermitteln. Das Datum der Leistung der Unterschrift ist auf der Erklärung, mit der der Wunsch zur Verselbständigung zum Ausdruck gebracht wird, festzuhalten. Die Unterschriften sind im Gemeindeamt mindestens zwei Jahre aufzubewahren.
(2) Treten innerhalb eines Zeitraumes von drei Monaten ab Einlangen der ersten Erklärung beim Gemeindeamt mindestens fünf Prozent der Gemeindebürger im gesamten Gemeindegebiet für eine Verselbständigung einer Altgemeinde ein, so hat der Bürgermeister dies der Landesregierung mitzuteilen. Die Landesregierung hat zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß im Falle einer Verselbständigung die Voraussetzungen nach §8a Abs1 litb und c gegeben sind.
(3) Die Landesregierung hat das Ergebnis der Überprüfung dem Bürgermeister zu übermitteln. Der Bürgermeister hat hierauf unverzüglich eine Bürgerversammlung (§60 Abs1) in der ganzen Gemeinde anzuordnen. Die Bürgerversammlung kann auch gesondert für einzelne Gemeindeteile abgehalten werden. Bei dieser Bürgerversammlung hat der Bürgermeister unter Beiziehung von Vertretern der für die Gemeindeangelegenheiten zuständigen Abteilung des Amtes der Landesregierung und höchstens drei Exponenten jener Gemeindebürger, die für die Verselbständigung einer Altgemeinde eintreten, den Gemeindebürgern die Vor- und Nachteile einer Verselbständigung dieser Altgemeinde darzulegen und den Gemeindebürgern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
(4) Nach der Durchführung der Bürgerversammlung hat die Landesregierung eine Volksbefragung über eine Trennung der Gemeinde anzuordnen. Die Bestimmungen des Kärntner Volksbefragungsgesetzes, LGBl. Nr. 30/1975, in der jeweils geltenden Fassung, sind in diesem Fall mit der Maßgabe anzuwenden, daß für den Bereich jeder Altgemeinde, hinsichtlich derer die Voraussetzungen nach Abs2 vorliegen, zumindest eine Sprengelwahlbehörde zu bilden ist, und daß die Auswertung des Ergebnisses der Volksbefragung im Gemeindegebiet getrennt nach den Gebieten von Altgemeinden zu erfolgen hat. Die Gemeindebürger sind verpflichtet, an dieser Volksbefragung teilzunehmen, soferne nicht Gründe nach §2 des Gesetzes über die Wahlpflicht vorliegen.
(5) Ergibt das Ergebnis der Volksbefragung, daß mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Gemeindebürger im Bereich einer Altgemeinde für die Verselbständigung eintritt, so hat der Gemeinderat der Landesregierung längstens binnen sechs Monaten den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung (§8d) vorzulegen, die auf die Schaffung der Voraussetzungen nach §8a litb bestmöglich Bedacht nimmt. Für einen Beschluß über eine Vermögensauseinandersetzung ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich. Der Gemeinderat und der zur Vorbereitung zuständige Ausschuß haben den Beratungen über die Vermögensauseinandersetzung Vertreter der für die Gemeindeangelegenheiten zuständigen Abteilung des Amtes der Landesregierung zur Beratung und Erteilung von Auskünften beizuziehen. Höchstens zwei Exponenten jener Gemeindebürger, die für die Verselbständigung einer Altgemeinde eintreten, haben das Recht, an den diesbezüglichen Beratungen dieses Ausschusses und des Gemeinderates in der Form teilzunehmen, daß sie ihre Auffassungen darlegen dürfen. Hinsichtlich der Teilnahme an einer Ausschußsitzung unterliegen sie der Verschwiegenheitspflicht nach §27 Abs4.
(6) Die Landesregierung hat die Gemeinde mit Verordnung so zu trennen, daß dem Ergebnis der Volksbefragung (Abs4) Rechnung getragen wird,
a) wenn der rechtzeitig gefaßte Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung (Abs5) vorliegt, und
b) wenn zu erwarten ist, daß die durch die Trennung neu entstandenen oder berührten Gemeinden die ihnen obliegenden Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches erfüllen können.
(7) In der Verordnung nach Abs6 ist der Name der neu gebildeten Gemeinde festzulegen. §3 Abs1 gilt mit der Maßgabe, daß nach Tunlichkeit der Name der Altgemeinde festzulegen ist.
(8) Die durch die Teilung entstehenden Kosten werden vom Land im Rahmen der im Voranschlag hiefür vorgesehenen Mittel getragen.
§8c
Gemeinsame Bestimmungen
(1) Zur Schaffung oder zur Sicherung der Voraussetzungen nach §8a Abs1 litb oder §8b Abs6 litb kann die Landesregierung in einer Verordnung nach §8a Abs1 oder §8b Abs6 die Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft (§81) zur gemeinsamen Führung aller oder einzelner Geschäfte der Gemeinde (§78) verfügen. Die Notwendigkeit einer derartigen Anordnung ist alle fünf Jahre zu überprüfen.
(2) Nach der Erlassung einer Verordnung nach §8a Abs1 oder §8b Abs6 hat die Landesregierung Wahlen in den von einer Teilung betroffenen Gemeinden auszuschreiben. §20 Abs5 gilt sinngemäß.
(3) Bis zur erfolgten Neuwahl sind in den durch die Trennung neu gebildeten Gemeinden die Bestimmungen des §103 Abs2 bis 5 sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, daß als Beirat (§103 Abs3) drei Mitglieder der Wahlbehörde (§8b Abs4) ohne Berücksichtigung einer parteimäßigen Zusammensetzung zu bestellen sind. Als Regierungskommissär ist in neu gebildeten Gemeinden ein Vertreter der Exponenten jener Gemeindebürger zu bestellen, die für die Verselbständigung dieser Gemeinde eingetreten sind.
(4) Bis zur erfolgten Neuwahl sind in Gemeinden, aus deren Gebiet Gemeinden durch Trennung neu gebildet wurden, die Bestimmungen des §103 Abs2 bis 5 sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, daß als Regierungskommissär (§103 Abs2) der bisherige Bürgermeister zu bestellen ist.
§8d
Vermögensauseinandersetzung
(1) Ein Beschluß über eine Vermögensauseinandersetzung hat sich auf das Eigentum, den Besitz, die Verwaltung und den Genuß des Gemeindevermögens sowie ihrer Fonds und Anstalten zu beziehen. Die Vereinbarung hat sich auch auf die mit der Trennung entstandenen Kosten zu erstrecken.
(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung Richtlinien über die Vermögensauseinandersetzung zu erlassen. In diese Richtlinien sind insbesondere Bestimmungen über den Zeitpunkt, der für die Übergabe des Vermögens entscheidend ist, über bewegliches und unbewegliches Vermögen, Darlehen, Rücklagen, Anlagevermögen, Bedienstete und sonstige finanzielle Angelegenheiten aufzunehmen. Das Verhältnis der Bevölkerungszahlen und - bei unbeweglichem Vermögen auch die Lage des Gutes - sind tunlichst zu berücksichtigen.
(3) Die Landesregierung ist verpflichtet, die Gemeinde bei der Vorbereitung des Beschlusses über die Vermögensauseinandersetzung zu beraten."
2. §101 AGO 1982 regelt die Ersatzvornahme. Während die im vorliegenden Fall für die Gemeindetrennung insbesondere maßgebenden Vorschriften (nämlich die vorhin zitierten §§8a bis 8d) erst durch die AGO-Novelle, LGBl. 35/1990, eingefügt wurden, geht §101 in der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung geltenden Fassung auf die AGO-Novelle, LGBl. 66/1981, zurück (damals §89; idF der Wiederverlautbarung der AGO, LGBl. 8/1982, §101).
§101 Abs1 AGO 1982 legt fest:
"(1) Erfüllt eine Gemeinde eine ihr nach landesrechtlichen Bestimmungen obliegende Aufgabe nicht, so hat ihr die Landesregierung die Erfüllung mit Bescheid aufzutragen. Hiefür ist eine angemessene Frist zu setzen. Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist hat die Landesregierung in den Fällen unbedingter Notwendigkeit (Abs3 und 4) auf Kosten und Gefahr der Gemeinde die erforderlichen Maßnahmen zu treffen."
§101 Abs3 AGO 1982 lautet auszugsweise:
"(3) Eine unbedingte Notwendigkeit im Sinne des Abs1 liegt - ausgenommen bei Rechtsverordnungen - dann vor, wenn
a) es sich um die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung handelt, bei Bescheiden jedoch nur insoweit, als nicht §73 Abs2 AVG 1950 oder die Erhebung einer Säumnisbeschwerde in Betracht kommt, ...
b) ...
c) ...".
III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
A. Zur Zulässigkeit
1. Die angefochtene Erledigung ist nicht eine Androhung bloß mahnenden Charakters (wie etwa eine nach §4 VVG ergehende Erledigung), sondern ein nach Art144 Abs1 B-VG beim Verfassungsgerichtshof bekämpfbarer Bescheid.
Adressat dieses Bescheides ist ausschließlich die durch den Gemeinderat vertretene Stadtgemeinde Wolfsberg.
Nicht aber wendet er sich an die einzelnen Mitglieder des Gemeinderates. Ihre subjektiven Rechte werden durch den bekämpften Bescheid weder gestaltet noch festgestellt; ihre Rechtssphäre wird durch den angefochtenen Bescheid nicht berührt. Die einzelnen Mitglieder des Gemeinderates sind daher nicht beschwerdelegitimiert; die von ihnen erhobene Beschwerde war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG zurückzuweisen (vgl. zur Beschwerdelegitimation im allgemeinen: zB VfSlg. 10576/1985, 10627/1985, 11254/1987; im besonderen zur Frage des (mangelnden) Eingriffs in die Rechtssphäre von Organwaltern: zB VfSlg. 8385/1978, 8774/1980, 9638/1983, 11750/1988, 12331/1990, 12399/1990). Der von ihnen gestellte Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder einer Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt (vgl. zB VfSlg. 12146/1989).
2. Hingegen ist - wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt - die Stadtgemeinde Wolfsberg beschwerdelegitimiert. Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die von ihr erhobene Beschwerde zulässig.
B. In der Sache selbst
1.a) Die Kärntner Landesregierung geht im angefochtenen Bescheid (s.o. I.2.) davon aus, daß §8b Abs5 AGO 1982 den Gemeinderat verpflichtet, über die Vermögensauseinandersetzung einen inhaltlichen Beschluß zu fassen, daß es also nicht genügt, wenn sich der Gemeinderat mit diesem Thema beschäftigt und beschließt, eine Vermögensauseinandersetzung abzulehnen.
Sie geht weiters davon aus, daß §101 AGO 1982 die Landesregierung ermächtigt, eine Ersatzvornahme auch dann vorzunehmen, wenn der Gemeinderat seiner Pflicht nach §8b Abs5 leg.cit. nicht nachkommt.
b) Der Wortlaut des §8b Abs5 und des §101 AGO 1982 schließt die von der Landesregierung gewählte Auslegung nicht aus. Der Sinn des §8b Abs5 leg.cit., wie er sich aus dem Zusammenhalt mit den anderen Vorschriften der AGO 1982 ergibt, legt diese Interpretation nahe: Wenn die Mehrheit der wahlberechtigten Bürger einer "Altgemeinde" dafür eintritt, daß die "Altgemeinde" wieder verselbständigt wird, soll die Landesregierung, sofern nicht besondere Umstände (§8b Abs6 litb AGO 1982) entgegenstehen, die Gemeindetrennung vornehmen. Dem Gemeinderat der seinerzeit durch Zusammenlegung entstandenen und nunmehr wieder zu trennenden Gemeinde - der in der Regel gegen die Gemeindetrennung nach §8b AGO 1982 eingestellt sein wird (sonst wäre bereits eine Gemeindetrennung nach §8a AGO 1982 erfolgt) - wird im Interesse der Gemeindeautonomie (obgleich dies von Verfassungs wegen nicht geboten ist) die Chance eingeräumt, die Vermögensauseinandersetzung zu beschließen; nimmt der Gemeinderat diese Chance nicht wahr, so entscheidet über die Vermögensauseinandersetzung die Landesregierung. Als rechtstechnische Methode für diesen offenkundig vom Gesetzgeber gewünschten Vorgang hat dieser die Verpflichtung des Gemeinderates normiert, über die Vermögensauseinandersetzung inhaltlich zu beschließen, und die Landesregierung für den Fall, daß der Gemeinderat dieser seiner Verpflichtung nicht nachkommt, ermächtigt, im Wege der Ersatzvornahme die Vermögensauseinandersetzung zu verfügen.
Der Landesregierung kann also nicht vorgeworfen werden, sie habe bei Vollziehung des Gesetzes einen in die Verfassungssphäre reichenden Fehler begangen, wenn sie diese Auslegung des Gesetzes gewählt hat.
2. Die beschwerdeführende Partei bringt aber auch vor, das Gesetz sei bei diesem von der Landesregierung angenommenen Inhalt verfassungswidrig.
Dieser Vorwurf ist nicht gerechtfertigt.
a) Verletzung des den Gemeinden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Selbstverwaltung:
aa) Die beschwerdeführende Partei meint, die Verselbständigung der Altgemeinde Frantschach-St. Gertraud würde einen beträchtlichen Gebiets- und Vermögensverlust für die Stadtgemeinde Wolfsberg bedeuten; dies stelle "einen Eingriff in die institutionelle Garantie dieser Gemeinde" dar.
bb) b1) Das B-VG enthält eine Bestandsgarantie für die Gemeinde nur als Institution (vgl. insbesondere Art116 Abs1 B-VG); es garantiert aber der individuellen Gemeinde kein absolutes Recht auf "ungestörte Existenz". Maßnahmen, die bewirken, daß eine Gemeinde gegen ihren Willen als solche zu bestehen aufhört, sind im Rahmen des Bundesverfassungsrechtes durchaus zulässig. Sie sind weder durch die Vorschriften des B-VG über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde noch durch das verfassungsgesetzliche Verbot einer nicht im öffentlichen Interesse gelegenen Enteignung (Art5 StGG) ausgeschlossen (vgl. zB VfSlg. 6697/1972, 9373/1982; s. auch VfGH 24.9.1990, G102/90). Dies gilt umsomehr für eine Änderung des Gebietsumfanges einer Gemeinde.
Wie aus der reichhaltigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hervorgeht (vgl. zB VfSlg. 8108/1977, 9793/1983, 9814/1983, 9819/1983, 10637/1985, 11372/1987, 11629/1988), darf der Landesgesetzgeber die Trennung oder Zusammenlegung von Gemeinden entweder selbst (unmittelbar) verfügen oder die staatliche Behörde zu solchen Maßnahmen ermächtigen. Eine Änderung der Gemeindestruktur muß aber sachlich gerechtfertigt sein; dies ist nur dann der Fall, wenn sie insgesamt gesehen Verbesserungen mit sich bringt. Der Meinung der betroffenen Bevölkerung kommt hiebei wesentliche Bedeutung zu (vgl. insbes. etwa VfSlg. 8108/1977, 11372/1987, 11629/1988).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes liegt eine Verletzung des der Gemeinde verfassungsgesetzlich gewährleisteten Selbstverwaltungsrechtes nur dann und insoweit vor, als eine staatliche Behörde eine Maßnahme trifft, mit der das Recht der Gemeinde auf Besorgung einer bestimmten Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich schlechthin verneint wird (vgl. zB VfSlg. 7459/1974, 7568/1975, 7972/1976, 9156/1981, 9943/1984, 10635/1985, 11633/1986).
Nach Art118 Abs4 B-VG ist den Gemeinden zwar die Besorgung der Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und - vorbehaltlich der Bestimmung des Art119a Abs5 B-VG - unter Ausschluß eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde verfassungsrechtlich gewährleistet. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung kommt jedoch sowohl dem Bund als auch dem Land gegenüber der Gemeinde bei der Besorgung ihres eigenen Wirkungsbereiches ein Aufsichtsrecht (Art119a B-VG) zu. Art119a Abs1 B-VG sieht vor, daß der Bund und das Land das Aufsichtsrecht über die Gemeinde dahin auszuüben haben, "daß diese bei Besorgung des eigenen Wirkungsbereiches die Gesetze und Verordnungen nicht verletzt, insbesondere ihren Wirkungsbereich nicht überschreitet und die ihr gesetzlich obliegenden Aufgaben erfüllt."
Aus Art119a Abs7 B-VG ergibt sich eindeutig, daß eines der Aufsichtsmittel die Ersatzvornahme ist: "Die Zulässigkeit der Ersatzvornahme als Aufsichtsmittel ist auf die Fälle unbedingter Notwendigkeit zu beschränken".
b2) Ausgehend von dieser gesicherten Grundlage erweisen sich die hier maßgebenden Bestimmungen der AGO 1982 als verfassungsrechtlich unbedenklich:
Selbst wenn bereits die Pflicht des Gemeinderates, einen Beschluß über die Vermögensauseinandersetzung für den Fall der erst später von der Landesregierung zu verfügenden Gemeindetrennung (§8b Abs6 AGO 1982) zu fassen, die Existenz der Gemeinde in ihrem bisherigen Gebietsumfang berühren sollte, widerspräche nach dem oben zu b1 Gesagten §8b Abs5 AGO 1982 keinesfalls der Bestandsgarantie für die Gemeinde als Institution, wie sie die Bundesverfassung vorsieht.
Ob die in Aussicht genommene Trennung des Ortsteiles Frantschach-St. Gertraud von der Stadtgemeinde Wolfsberg sachlich iS der vom Verfassungsgerichtshof zur Änderung der Gemeindestruktur entwickelten Judikatur wäre, ist im gegebenen Zusammenhang nicht zu beurteilen, weil es sich nur um einen der Trennung vorausgehenden Verfahrensschritt handelt. Dagegen, daß vor Beschlußfassung der Landesregierung, ob die Gemeindetrennung nun tatsächlich verfügt wird, die unmittelbar betroffene Bevölkerung um ihre Meinung befragt wird, ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden (vgl. die oben zu b1 zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes, wonach u. a. auf die Wünsche der Bevölkerung Bedacht zu nehmen ist). Ebensowenig ist es bedenklich, wenn der Landesgesetzgeber den Gemeinderat verpflichtet, in einer zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Angelegenheit tätig zu werden. Durch ein den Rahmen für die gemeindliche Selbstverwaltung festlegendes Gesetz wird nämlich in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung nicht eingegriffen (vgl. VfSlg. 9533/1982, S 214). Es ist nicht unsachlich, wenn über die - bedingte - Vermögensauseinandersetzung vor allfälliger - tatsächlicher - Abtrennung eines Ortsteiles eine Entscheidung getroffen wird; dies allein schon deshalb, weil sich auch daraus für die Landesregierung Umstände ableiten lassen können, die für oder gegen die Trennung sprechen.
Wird nun aber eine (Vor-)Entscheidung über die Vermögensauseinandersetzung zu Recht für äußerst bedeutsam erachtet, so besteht im Fall, daß der Gemeinderat eine entsprechende Beschlußfassung unterläßt, für die Ersatzvornahme iS des Art119a Abs7 B-VG eine "unbedingte Notwendigkeit", gibt es doch praktisch keine Alternative, um die erwähnte, nahezu unverzichtbare Entscheidung zu bewirken.
b) Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums:
aa) Die beschwerdeführende Partei macht hiezu geltend, der oben zu III.B. 2.a.aa angeführte Umstand führe auch zu einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Eigentum.
bb) Eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Verpflichtung des Gemeinderates, einen Beschluß über die Vermögensauseinandersetzung zu fassen, überhaupt private Vermögensrechte der Gemeinde berührt, kann dahingestellt bleiben, weil kein Umstand zu erkennen ist, weshalb ein solcher - angenommener - Eingriff verfassungswidrig sein sollte (vgl. hiezu die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit von Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen im allgemeinen: zB VfSlg. 9911/1983, S 670 ff.; 10357/1985, 11402/1987, S 696; 12082/1989; und im Zusammenhang mit der Auflösung einer Gemeinde im besonderen: zB VfSlg. 9373/1982,
S 261). Die beschwerdeführende Partei unterläßt jegliche Begründung für ihre Behauptung.
c) Verletzung des Prinzips des sogenannten "freien Mandates" (Art56 und 119 B-VG):
aa) Diese Behauptung begründet die beschwerdeführende Partei damit, daß die Mitglieder eines Gemeinderates ebenso wie die Abgeordneten zum Nationalrat und zu einem Landtag bei Ausübung ihres Mandates an keinen Auftrag gebunden seien. Dem widerspreche es, wenn die Landesregierung einem Gemeinderat den Auftrag erteilen dürfe, einen Beschluß bestimmten Inhaltes (mit einer Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen) zu fassen.
bb) Dieser Vorwurf ist vom Ansatz her verfehlt, weil dem §8b Abs5 AGO 1982 zufolge der Gemeinderat zwar verpflichtet ist, "den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung ... vorzulegen". Damit wird ihm jedoch nur der Gegenstand der Beschlußfassung vorgeschrieben. Die Landesregierung wird durch diese Bestimmung hingegen nicht ermächtigt, den Gemeinderat bescheidmäßig zu beauftragen, einen Beschluß bestimmten Inhalts zu fassen. (Der angefochtene Bescheid enthält auch keinen solchen Auftrag). Wohl aber wird - verfassungskonform - der Rahmen für den Inhalt des vom Gemeinderat zu fassenden Beschlusses durch generelle Normen (§8b Abs5 iVm §8d AGO 1982 und die gemäß §8d Abs2 leg.cit. zu erlassende Durchführungsverordnung) abgesteckt. Innerhalb dieses Rahmens obliegt es dem Gemeinderat, in freier Selbstbestimmung die konkreten Modalitäten der Vermögensauseinandersetzung festzulegen.
d) Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:
aa) Nach den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei seien die Gemeinderäte und deren Mitglieder im Land Kärnten durch die Regelung des §101 Abs1 AGO 1982 schlechter gestellt als die Gemeinderäte und deren Mitglieder in anderen Bundesländern; dafür fehle jede sachliche Rechtfertigung.
bb) Zur Widerlegung der Behauptung, daß dadurch das Gleichbehandlungsgebot verletzt würde, genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach das bundesstaatliche Prinzip die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener Gesetzgeber zueinander ausschließt (zB VfSlg. 8247/1978; 8934/1980, S 207; 9116/1981,
S 405; 9804/1983, S 160). Unterschiedliche landesgesetzliche Regelungen in den einzelnen Bundesländern liegen im Wesen des Bundesstaates (vgl. VfSlg. 11979/1989, S 123).
e) Dem vom Beschwerdevertreter in der mündlichen Verhandlung angedeuteten Widerspruch zwischen den in Rede stehenden landesgesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen der Europäischen Charta der lokalen Selbstverwaltung, BGBl. 357/1988, kann schon deshalb keine verfassungsrechtliche Relevanz zukommen, weil dieser Staatsvertrag auf der Stufe eines einfachen Gesetzes steht und daher nicht Maßstab für die Rechtmäßigkeit eines anderen Gesetzes sein kann; überdies ist der Staatsvertrag iS des Art50 Abs2 B-VG durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen.
f) Der Verfassungsgerichtshof hegt auch sonst keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit der zur Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides heranzuziehenden Rechtsvorschriften; dies auch dann nicht, wenn sie den von der belangten Behörde angenommenen Inhalt haben.
3.a) Kurz nach Erlassung des angefochtenen Bescheides und wenige Tage vor Einbringung der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, nämlich am 6. Dezember 1991, beschloß der Kärntner Landtag das Gesetz, "mit dem die Allgemeine Gemeindeordnung 1982 authentisch interpretiert wird" (im folgenden kurz als "AGO-Novelle 1991" bezeichnet). Dieses Gesetz wurde erst in dem am 19. Feber 1992 herausgegebenen 11. Stück des Landesgesetzblattes für Kärnten unter Nr. 18 kundgemacht und lautet:
"1. §8b Absatz 5 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982, LGBl. Nr. 8, in der Fassung der Gesetze LGBl. Nr. 30/1982, 51/1984, 4/1986, 12/1987, 17/1990, 35/1990, 103/1990 und 48/1991 und der Kundmachung LGBl. Nr. 24/1990, ist so auszulegen, daß der Gemeinderat zu einer inhaltlichen Beschlußfassung über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung (§8d) verpflichtet ist, die auf die Schaffung der Voraussetzungen nach §8a litb bestmöglich Bedacht nimmt.
2. §101 der Allgemeinen Gemeindeordnung 1982, LGBl. Nr. 8, ist so auszulegen, daß er auch anzuwenden ist, wenn der Gemeinderat seiner in §8b Abs5 vorgesehenen Verpflichtung nicht nachkommt, den Beschluß über eine vollständige Vermögensauseinandersetzung, die auf die Schaffung der Voraussetzungen nach §8a litb bestmöglich Bedacht nimmt, der Landesregierung vorzulegen."
b) Im Hinblick auf die vorstehenden Ergebnisse (s.o. III.B.1.b und III.B.2.f) erübrigt es sich, auf diese "Authentische Interpretation" weiter einzugehen, weil die Behörde im angefochtenen Bescheid dem Gesetz in der Fassung vor der AGO-Novelle 1991 unbedenklicherweise ohnehin bereits jenen Inhalt entnommen hat, den die authentische Interpretation bestätigt, sodaß die in den Erkenntnissen VfSlg. 10091/1984 und 10402/1985 angestellten Überlegungen im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen.
4. Die von der erstbeschwerdeführenden Partei erhobene Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
Schlagworte
Gemeinderecht, Gemeindetrennung, Aufsichtsrecht (Gemeinde), Ersatzvornahme, Gemeinderecht Zusammenlegung, Volksbefragung, Selbstverwaltungsrecht, BundesstaatsprinzipEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1992:B1407.1991Dokumentnummer
JFT_10078984_91B01407_00