TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/24 93/09/0475

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Veröffentlicht am 24.02.1995
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;
AuslBG §4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des Dr. A und des Mag. B, beide in L, beide vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom 28. Oktober 1993, Zl. IIId-6702 B ABB Nr. 1144 741 Dr.Auf/Eb, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer (Inhaber einer Wirtschaftstreuhänderkanzlei) stellten am 14. September 1993 beim Arbeitsamt Linz den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die tschechische Staatsangehörige M. für die berufliche Tätigkeit als "Anlernling" (spezielle Kenntnisse "tschechisch und Buchhaltung" erforderlich).

Dieser Antrag wurde vom genannten Arbeitsamt mit Bescheid vom 28. September 1993 gemäß § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 AuslBG abgelehnt. Aufgrund des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens sei davon auszugehen, daß es sich nicht um einen Verlängerungsantrag handle und eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht habe nachgewiesen werden können. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG seien demnach nicht erfüllt. Weiters sei aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon auszugehen, daß auf dem relevanten Arbeitsmarkt der Anlernlinge Arbeitssuchende vorgemerkt seien und für eine Vermittlung in Betracht kämen. Es spreche daher auch die Lage des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1 AuslBG) gegen die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung. Auch habe der Vermittlungsausschuß im gegenständlichen Verfahren die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 leg. cit. vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.

In der Berufung bemängelten die Beschwerdeführer, daß die Behörde offenbar keine Ermittlungstätigkeit vorgenommen habe und auch die Begründung des Bescheides nicht den Erfordernissen des AVG entspreche. So sei für die beantragte Ausländerin zusammen mit dem Antrag auf Beschäftigungsbewilligung eine Kopie der für diese erteilten Aufenthaltsbewilligung vorgelegt worden; die Ablehnung nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG stelle damit eine Aktenwidrigkeit dar. Der Aufgabenbereich des Unternehmens der Beschwerdeführer habe einerseits zur Gründung von Zweigniederlassungen im Ausland (insbesondere in Tschechien und der Slowakei), andererseits zur Gründung von Auslandsabteilungen in der Hauptniederlassung in L geführt. Sowohl die ausländischen Zweigniederlassungen als auch die Auslandsabteilungen in der Hauptniederlassung müßten mit entsprechend speziell ausgebildeten Mitarbeitern besetzt werden; neben zusätzlichen Sprachkenntnissen sei dazu eine Ausbildung in Buchhaltung und die Bereitschaft, kurzzeitig im Ausland zu arbeiten, gefordert. Ungeachtet dessen, daß bisher an die Beschwerdeführer keine Aufforderung ergangen sei, einen Vermittlungsauftrag für diese offene Stelle zu erteilen, wüßten die Beschwerdeführer aus eigener Erfahrung, daß es auf dem relevanten Teilarbeitsmarkt, der dem oben geschilderten Anforderungsprofil entspreche, keine inländischen Arbeitssuchenden gebe. Es bestehe deshalb ein qualifiziertes Interesse der Beschwerdeführer an der Beschäftigung der beantragten Ausländerin, die alle für die zu besetzende Stelle notwendigen Qualifikationen erfülle. Dieses Interesse der Beschwerdeführer gehe über das betriebsbezogene Interesse eines Arbeitgebers an der Bedarfsbefriedigung des dringenden Arbeitskräftemangels hinaus und stelle deshalb einen sonstigen, besonders wichtigen Grund im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG dar.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG keine Folge. In der Begründung stellte die belangte Behörde die maßgebliche Rechtslage dar, stellte zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG fest, die Landeshöchstzahl für Oberösterreich sei zum Stichtag Ende September 1993 um 35,4 % überzogen, und führte zu den Berufungseinwendungen aus, aus diesen lasse sich nicht ableiten, daß ein besonders wichtiger Grund im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 1 bis 4 AuslBG vorliege. Es werde zwar in der Berufung vorgebracht, der Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG sei gegeben, welcher der im § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d angeführten besonders wichtigen Gründe vorliegen solle, gehe aus der Berufung aber nicht hervor. Zur Ablehnung nach § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG machte die belangte Behörde geltend, die beantragte ausländische Arbeitskraft verfüge zwar über eine Aufenthaltsbewilligung, jedoch nur für den Aufenthaltszweck "B" = Bildung, eine Beschäftigungsbewilligung dürfe aber nur erteilt werden, wenn der Aufenthaltszweck auf "A"

= unselbständig erwerbstätig oder "F" = Familienzusammenführung laute. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage seien daher die Einwände in der Berufung nicht geeignet gewesen, eine andere Entscheidung herbeizuführen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde.

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung im angefochtenen Bescheid auf § 4 Abs. 3 Z. 7 und § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Schon das Vorliegen auch nur eines dieser beiden Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.

§ 4 Abs. 6 AuslBG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:

"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und

1.

bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder

2.

die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere

a)

als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder

b)

in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder

c)

als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder

d)

im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder

3.

öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder

4.

die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."

Die belangte Behörde ist vom Vorliegen der Anwendungsvoraussetzungen für das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren ausgegangen. Die Beschwerdeführer haben weder das Vorliegen einer einhelligen Befürwortung ihres Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung durch den Vermittlungsausschuß (Z. 1 leg. cit.) behauptet, noch haben sie die dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Annahme der Überschreitung der für 1993 festgestellten Landeshöchstzahl bestritten. Sie haben allerdings ein Vorbringen erstattet, von dem sie glauben, dadurch sei die Voraussetzung des "besonders wichtigen Grundes" im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG gegeben.

Wenn die belangte Behörde in der Bescheidbegründung ausführe, daß aus der Berufung der Beschwerdeführer nicht hervorgehe, welcher der im § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d AuslBG angeführten besonders wichtigen Gründe vorliege, dann verkenne sie, daß die Aufzählung der besonders wichtigen Gründe in dieser Gesetzesstelle keine taxative, sondern eine demonstrative sei. Aufgrund dieser falschen materiell-rechtlichen Beurteilung habe die belangte Behörde nur mangelhafte Ermittlungen zur Erhebung der sonstigen Voraussetzungen gemäß "§ 4 AuslBG" angestellt. Insbesondere habe die belangte Behörde keinerlei Erhebungen zum Interesse der Beschwerdeführer an der Beschäftigung der beantragten Ausländerin durchgeführt. Voraussetzungen für die zu besetzende Stelle seien eine Ausbildung in Buchhaltung, Kenntnisse im tschechischen und slowakischen Handels- und Steuerrecht, die Beherrschung der deutschen und tschechischen Sprache sowie die Bereitschaft, vorübergehend in der Zweigniederlassung der Beschwerdeführer in Tschechien tätig zu werden. Die beantragte Ausländerin erfülle alle Voraussetzungen, die für die zu besetzende Stelle bei den Beschwerdeführern notwendig seien. Den Beschwerdeführern sei es bisher weder aufgrund Vermittlung des Arbeitsamtes noch auf dem freien Stellenmarkt gelungen, ein "entsprechendes Stellengesuch für die zu besetzende Stelle" zu erhalten. Es bestehe deshalb ein qualifiziertes Interesse der Beschwerdeführer an der Beschäftigung von M., welches über das betriebsbezogene Interesse eines Arbeitsgebers an der Bedarfsbefriedigung des dringenden Arbeitskräftemangels hinausgehe und deshalb einen sonstigen besonders wichtigen Grund im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG darstelle.

Den Beschwerdeführern ist zwar darin Recht zu geben, daß die im § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d AuslBG enthaltene Aufzählung demonstrativen Charakter hat, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (beginnend mit dem Erkenntnis vom 20. Oktober 1988, Slg. Nr. 12798/A; vgl. ferner die Erkenntnisse vom 6. September 1993, Zl. 93/09/0129, vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/09/0273, und vom 18. November 1993, Zl. 93/09/0378) stellt jedoch ein einzelbetriebliches Interesse an der Einstellung eines benötigten ausländischen Arbeitnehmers für sich allein keinen sonstigen besonders wichtigen Grund im Sinne dieser Gesetzesstelle dar. Mag daher auch die Beschäftigung der beantragten ausländischen Arbeitskraft für den Betrieb der Beschwerdeführer wichtig sein, ist es als betriebsbezogenes wirtschaftliches Interesse doch nicht ausreichend, ein im Sinne des erschwerten Verfahrens nach § 4 Abs. 6 notwendiges qualifiziertes (über die Betriebsbezogenheit hinausgehendes) Interesse aufzuzeigen (vgl. dazu auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0359, vom 2. September 1993, Zl. 93/09/0156, und vom 18. Mai 1994, Zl. 93/09/0262). Daß keine die Anstellungserfordernisse erfüllende (Ersatz)Arbeitskraft vorhanden sei, ist im Rahmen der nach Überschreitung der Landeshöchstzahl zu prüfenden Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 1 bis 4 AuslBG (anders als im Verfahren nach § 4 Abs. 1 AuslBG) ohne maßgebende Bedeutung.

Die von der belangten Behörde bestätigte Ablehnung des Antrages der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für M. erweist sich deshalb im Grund des § 4 Abs. 6 AuslBG als gesetzgemäß. Auf das Beschwerdevorbringen zu § 4 Abs. 3 Z. 7 AuslBG war daher nicht mehr einzugehen.

Da sich demnach der angefochtene Bescheid nicht mit der behaupteten Rechtswidrigkeit - in rechtserheblicher Hinsicht auch nicht infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - belastet erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Abhaltung der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1993090475.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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