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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §28 Abs1 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Germ als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des Ing. Z in Wien, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 15. Juni 1994, Zl. UVS-07/14/00300/93, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der XY-Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien.
Anläßlich einer Kontrolle einer Baustelle der XY-Ges.m.b.H. in Wien IX stellte das Landesarbeitsamt Wien (LAA) am 6. September 1991 fest, daß dort drei namentlich genannte ausländische Staatsbürger mit Abbrucharbeiten beschäftigt waren, für die die XY-Ges.m.b.H. keine Beschäftigungsbewilligungen hatte, und sie auch nicht über Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine verfügten. Diese Arbeitskräfte seien der XY-Ges.m.b.H. von einer Firma A.-Gesellschaft m.b.H. überlassen worden.
Zur Rechtfertigung aufgefordert, gab der Beschwerdeführer dem Magistrat der Stadt Wien (Mag.) am 9. Oktober 1991 bekannt, infolge der Vielzahl der von der XY-Ges.m.b.H. geführten Baustellen sei es ihm nicht möglich, alle Baustellen selbst zu beaufsichtigen, weshalb er für jede Baustelle gemäß § 9 Abs. 2 VStG verantwortliche Beauftragte bestelle. Für die Baustelle in Wien IX sei Herr Ing. J.K. zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden. Dazu legte der Beschwerdeführer eine mit 18. Jänner 1990 datierte, von J.K. unterfertigte "Ergänzung zum Dienstvertrag" mit folgendem Wortlaut vor:
"In Ergänzung zum Dienstvertrag mit uns erklären Sie Ihre Zustimmung zur Übernahme der Verantwortung für die Einhaltung sämtlicher verwaltungsrechtlicher Vorschriften im Bereich des Ihnen zugewiesenen Arbeitsbereiches (z.B. Baustelle), für den Sie eine entsprechende Anordnungsbefugnis besitzen."
Hierauf stellte der Mag. mit Aktenvermerk vom 16. Oktober 1991 das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG ein, weil der Beschuldigte die ihm angelastete Tat nicht begangen habe. Von dieser Einstellung wurde der Beschwerdeführer schriftlich verständigt.
Am 15. März 1993 beantragte das LAA die Erlassung eines Bescheides in dieser Sache, worauf der Mag. am 24. März 1993 mit Bescheid aussprach, daß von der Fortführung des Strafverfahrens gegen den Beschwerdeführer wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) abgesehen und die Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit Abs. 2 VStG verfügt werde. Diese Einstellung begründete der Mag. damit, daß der Beschwerdeführer J.K. zum verantwortlich Beauftragten bestellt habe, sodaß dieser für die Begehung der Verwaltungsübertretung verantwortlich sei. Die Bestellung sei mittels einer Ergänzung zum Dienstvertrag zwischen der XY-Ges.m.b.H. und J.K. nachgewiesen worden.
Gegen diesen Einstellungsbescheid erhob das LAA Berufung, in welcher ausgeführt wurde, durch die vorgelegte Ergänzung zum Dienstvertrag sei eine Bestellung des J.K. gemäß § 9 Abs. 2 VStG nicht nachgewiesen worden, weil das Schriftstück durch seine allgemein gehaltene Formulierung nicht der nach § 9 Abs. 2 VStG erforderlichen klaren räumlichen und sachlichen Abgrenzung entspreche.
In einer Stellungnahme zu dieser Berufung vom 18. Juni 1993 machte der Beschwerdeführer vorerst nur geltend, die Wiederaufnahme und Fortsetzung des Verwaltungsstrafverfahrens sei wegen inzwischen eingetretener Verjährung nicht zulässig.
Dazu führte das LAA in seiner Stellungnahme vom 3. August 1993 aus, gemäß § 45 Abs. 2 VStG genüge für die Verfügung der Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens ein Aktenvermerk nur dann, wenn nicht einer Partei Berufung gegen die Einstellung zustehe. Im Beschwerdefall habe das LAA berechtigterweise und rechtzeitig gegen die erforderliche bescheidmäßige Einstellung Berufung erhoben. Das LAA führte in der Sache ferner aus, der Beschwerdeführer sei als Beschäftiger der drei Ausländer im Sinne des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes als Arbeitgeber im Sinne des AuslBG anzusehen. Da eine Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nicht in der erforderlichen Form erfolgt sei, habe der Beschwerdeführer die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen zu verantworten.
Die belangte Behörde führte über die Berufung des LAA am 23. März 1994 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, in welcher als Zeugen H T, J F, E W und W K einvernommen wurden. Die Frage der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten für die Baustelle in Wien IX kam dabei nicht zur Sprache. Dazu ist nur der Aussage des Zeugen E. W. zu entnehmen, daß seit jeher an dieser Baustelle auf Grund einer Weisung des J.K. kontrolliert worden sei, ob Leiharbeitskräfte die notwendigen Papiere besaßen.
In der am 15. Juni 1994 fortgesetzten Berufungsverhandlung brachte der Vertreter des Beschwerdeführers zur Frage der Bestellung des J.K. zum verantwortlichen Beauftragten ergänzend vor:
"Ing. Z hat auf die rechtsgültige Bestellung des Ing. J. K. zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG vertraut, zumal die von der Fa. XY-Ges.m.b.H. verwendeten Formulierungen der Bestellungsurkunden mit dem MBA f.d. 13./14. Bezirk in einem Gespräch zwischen einem Mitarbeiter der Fa. XY und OSR M abgesprochen und von diesem gut geheißen wurden. Beweis: OSR M, ehemaliger Leiter für den 13. und 14. Bezirk, dessen Ausforschung und Ladung beantragt wird. Sowie die Einvernahme von Frau N., per Adresse MBA
13./14. Bezirk, Hietzinger Kai 1-3. Bei der Vielzahl der Baustellen wäre Herrn Ing. Z eine eigene Handlungs- oder Kontrollfunktion unmöglich."
Ferner wurde J.K. per Adresse der XY-Ges.m.b.H. als Zeuge angeführt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Juni 1994 gab die belangte Behörde der Berufung des LAA Folge und sprach den Beschwerdeführer schuldig, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als zur Vertretung der XY-Ges.m.b.H. mit dem Sitz in Wien Berufener zu verantworten, daß die XY-Ges.m.b.H. im Zeitraum vom 26. August 1991 bis 6. September 1991 auf der Baustelle in Wien IX, die drei namentlich genannten "jugoslawischen" Staatsangehörigen mit der Durchführung von Abbrucharbeiten von Mauerwerk beschäftigt habe, ohne daß der XY-Ges.m.b.H. für diese drei Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt war oder daß eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt war. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 28 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 AuslBG verletzt, wofür über ihn drei Geldstrafen a S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je 56 Stunden) verhängt wurden.
Nach einer Darstellung der wesentlichen Verfahrensschritte führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, da im vorliegenden Verwaltungsstrafverfahren dem LAA ein Berufungsrecht gegen die erstinstanzliche Einstellung zugestanden sei, sei die durch Aktenvermerk erfolgte Einstellung rechtsunwirksam gewesen und habe daher nicht die vom Beschwerdeführer eingewendeten Rechtsfolgen des § 52 VStG bewirken können; insbesondere habe diese Form der Einstellung nicht herbeizuführen vermocht, daß damit das Berufungsrecht des LAA ausgeschlossen wäre. Die diesbezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers gingen daher ins Leere.
In der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides setzte sich die belangte Behörde ausführlich damit auseinander, daß die drei Ausländer der XY-Ges.m.b.H. von einer Fa. A. überlassen worden seien und keine für eine Tätigkeit für die XY-Ges.m.b.H. erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere besessen hätten. Die belangte Behörde nahm in diesem Zusammenhang auch Bezug auf das Vorbringen des J.K. in dem gegen ihn durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren und stellte dazu fest, daß zwischen der Fa. A. und der XY-Ges.m.b.H. kein Werkvertrag zustande gekommen sei.
Nach einer Wiedergabe der abgelegten Zeugenaussagen und der einschlägigen Bestimmungen des AuslBG und des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes folgerte die belangte Behörde aus den getroffenen Feststellungen erneut, daß die drei Ausländer von der Fa. A. der XY-Ges.m.b.H. überlassen worden und nicht etwa in Erfüllung eines Werkvertrages oder im Rahmen eines Subunternehmerverhältnisses der Fa. A. zur XY-Ges.m.b.H. tätig geworden seien.
Zur Frage der allfälligen Bestellung des J.K. zum verantwortlichen Beauftragten der XY-Ges.m.b.H. führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, es sei aus der vorgelegten Ergänzung zum Dienstvertrag
" ... kein klar abzugrenzender Bereich des verantwortlichen
Beauftragten, für welchen dieser die Verantwortung übernimmt und auch eine entsprechende Anordnungsbefugnis besitzt, ersichtlich, da die Formulierung "im Bereich des Ihnen zugewiesenen Arbeitsbereiches (z.B. Baustelle)" der gesetzlichen Anforderung nicht genügt.
Von einer wirksamen Bestellung des Ing. J. K. als verantwortlicher Beauftragter der XY-Ges.m.b.H. kann demnach keine Rede sein.
Sofern sich der Beschuldigte darauf beruft, daß er auf die rechtsgültige Bestellung des Ing. J. K. zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG vertraut habe, zumal die von der XY verwendete Formulierung der Bestellungsurkunde mit dem MBA für den 13./14. Bezirk in einem Gespräch zwischen einem Mitarbeiter der XY und OSR M abgesprochen und von diesem gutgeheißen worden sei, ist auszuführen:
Nun ist es zwar richtig, daß die Rechtsauskunft von einem Organ der zuständigen Behörde Straflosigkeit nach § 5 Abs. 2 VStG zu bewirken vermag, davon kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein, hat doch der Beschuldigte NICHT EINMAL vorgebracht, daß diese Rechtsauskunft vor der gegenständlichen Ergänzung zum Dienstvertrag, die mit 18.1.1990 datiert ist, erfolgt wäre. Daß der ehemalige Bezirksamtsleiter SR M die vom Beschuldigten vertretene Rechtsansicht teilte, ist unstrittig und ergibt sich bereits aus dem Umstand, daß er die Einstellung des Strafverfahrens verfügte.
Da der Beschuldigte jedoch unterließ, einen konkreten Zeitpunkt, und zwar vor dem Entstehungszeitpunkt des ergänzenden Dienstvertrages gelegenen, anzugeben, waren die Anträge auf zeugenschaftliche Einvernahme des ehemaligen Bezirksamtsleiters SR M und der Sachbearbeiterin N. als reine Erkundungsbeweise abzuweisen."
Dem Beschwerdeführer sei somit fahrlässiges Handeln gegen die Bestimmungen des AuslBG anzulasten. Er habe nicht glaubhaft gemacht, daß ihn daran kein Verschulden treffe, habe er es doch unterlassen, darzutun, daß er ein entsprechendes Kontrollsystem gegen Übertretungen des AuslBG eingerichtet habe. Dabei sei weder das Verschulden als geringfügig noch der Unrechtsgehalt der Tat als unerheblich zu bewerten. Davon ausgehend begründete die belangte Behörde ihre Erwägungen zur Strafbemessung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich "in seinem subjektiven Recht auf Vertragsfreiheit, in seinem Recht, Unternehmer zu beschäftigen, sowie in seinem Recht unbescholten zu sein und nicht bestraft zu werden" verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, sie hat aber auf die Ersatattung einer Gegenschrift "im Hinblick auf die ausführliche Bescheidbegründung" verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bekämpft den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes einerseits deshalb, weil ein bereits eingestelltes Verwaltungsstrafverfahren trotz Eintrittes der Verjährung gegen den Beschwerdeführer wiederaufgenommen bzw. fortgesetzt worden sei, andererseits mit seinem Vertrauen darauf, rechtsgültig einen gemäß § 9 Abs.2 VStG verantwortlichen Beauftragten bestellt zu haben, wobei diese Bestellung auf eine mit einem hohen Beamten der in erster Instanz zuständigen Behörde abgesprochenen Weise erfolgt sei.
Wird eine Einstellung verfügt, so genügt gemäß § 45 Abs. 2 VStG ein Aktenvermerk mit Begründung, es sei denn, daß einer Partei Berufung gegen die Einstellung zusteht oder die Erlassung eines Bescheides aus anderen Gründen notwendig ist. Die Einstellung ist, soweit sie nicht bescheidmäßig erfolgt, dem Beschuldigten mitzuteilen, wenn er nach dem Inhalt der Akten von dem gegen ihn gerichteten Verdacht wußte.
Gemäß § 52 VStG ist die Wiederaufnahme eines durch Einstellung abgeschlossenen Strafverfahrens nur innerhalb der in § 31 bezeichneten Fristen zulässig.
Gemäß § 28a AuslBG hat das LAA im Verwaltungsstrafverfahren nach diesem Gesetz Parteistellung und ist berechtigt, gegen Bescheide, die in letzter Instanz ergangen sind, wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Diese durch die Novelle BGBl. Nr. 450/1990 in das AuslBG aufgenommene Bestimmung hatte im vorliegenden Verwaltungsverfahren bereits Anwendung zu finden. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes umfaßt die Parteistellung des LAA gemäß § 28a AuslBG auch das Recht, im Verwaltungsstrafverfahren Berufung gegen erstinstanzliche Bescheide zu erheben (vgl. dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0031).
Bei dieser Rechtslage vermochte die Einstellung des gegen den Beschwerdeführer laufenden Strafverfahrens durch Aktenvermerk des Mag. vom 16. Oktober 1991 nicht die vom Beschwerdeführer gewünschten Wirkungen zu erzielen. Zu einer formgerechten Einstellung kam es vielmehr erst durch den Bescheid des Mag. vom 24. März 1993, den das LAA mit einer erfolgreichen Berufung bekämpft hat (vgl. dazu die Ausführungen bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, S. 983). Der Beschwerdeführer irrt daher, wenn er meint, die Einstellung des Verfahrens durch Aktenvermerk habe in seinem Verfahren den Lauf der Verjährungsfrist in Gang gesetzt, sodaß § 52 VStG einer Wiederaufnahme des Verfahrens im Wege gestanden wäre. Einer solchen Wiederaufnahme bedurfte es schon deshalb nicht, weil das Verwaltungsstrafverfahren in Wahrheit erstinstanzlich zu keinem rechtskräftigen Abschluß gekommen ist.
Kann der Beschwerdeführer somit mit dieser Argumentation zur behaupteten Rechtswidrigkeit seines Inhaltes des angefochtenen Bescheides nicht durchdringen, so kommt doch seinem zweiten in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argument entscheidende Bedeutung zu.
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, soferne die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind gemäß § 9 Abs. 2 VStG berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Verantwortlicher Beauftragter kann gemäß § 9 Abs. 4 VStG nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.
Aus diesen Bestimmungen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Vorjudikatur (siehe diese bei Hauer-Leukauf aaO, S.770 ff) abgeleitet, daß die Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten erst ab dem Zeitpunkt wirkt, zu dem der Behörde die Zustimmung der vom Unternehmer zum verantwortlichen Beauftragten bestimmten Personen nachgewiesen wird. Erst mit dem Einlangen des Zustimmungsnachweises bei der Behörde tritt der ihr gegenüber namhaft gemachte verantwortliche Beauftragte in rechtswirksamer Weise als Adressat der Verwaltungsstrafnormen an die Stelle des Inhabers des Unternehmens. Insoweit ist der Unternehmer beweispflichtig. Die Berufung auf einen verantwortlichen Beauftragten ist daher erst dann zulässig, wenn bei der Behörde spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens ein - aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschuldigten angelasteten Übertretung stammender - Zustimmungsnachweis eines derartigen verantwortlichen Beauftragten einlangt.
Im Beschwerdefall hat sich der Beschwerdeführer bereits in seiner ersten Rechtfertigung vom 9. Oktober 1991 auf die Bestellung des J.K. zu dem für die Baustelle in Wien IX verantwortlichen Beauftragten berufen. Als Zustimmungsnachweis wurde allerdings eine "Ergänzung zum Dienstvertrag" vom 18. Jänner 1990 vorgelegt, welche von der belangten Behörde wegen ihrer nicht ausreichend konkretisierten Formulierung mit Recht als an sich zum Nachweis dafür ungeeignet angesehen wurde, daß dem J.K. ein klar abgegrenzter Bereich des Unternehmens der XY-Ges.m.b.H. in seine Verantwortung zugewiesen worden ist. Diese Urkunde enthält zwar einen Zustimmungsnachweis des J.K. und eine dementsprechende Anordnungsbefugnis, doch verweist sie nur ganz allgemein auf den Bereich des dem J.K. "zugewiesenen Arbeitsbereiches (z.B. Baustelle)", woraus nicht abgeleitet werden kann, daß die Baustelle in Wien IX tatsächlich zu diesem Arbeitsbereich gezählt hat.
Der belangten Behörde ist daher darin Recht zu geben, daß diese Urkunde, wenn sie auch unbestrittenermaßen aus der Zeit vor der Begehung der hier angelasteten Verwaltungsübertretungen stammt, ihrem Inhalt nach nicht zur Feststellung ausreicht, J.K. sei zum verantwortlichen Beauftragten für die Baustelle in Wien IX bestellt worden.
Für die Frage der subjektiven Tatseite ist aber das darüber hinaus vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen von Relevanz, wonach die Formulierung dieser Urkunde mit einem hohen, für Angelegenheiten des AuslBG befaßten Beamten des Mag. abgesprochen und von diesem gutgeheißen worden ist. Denn es war wohl die Pflicht des Beschwerdeführers, sich über die für seine gewerbliche Tätigkeit maßgeblichen Rechtsvorschriften zu informieren (vgl. dazu die bei Hauer-Leukauf aaO auf S. 727 ff angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes); hat er dies aber getan und hat er die ihm von kompetenter Seite erteilten Auskünfte befolgt, dann kann dies zur Folge haben, daß trotzdem erfolgte Gesetzesverstöße ihm nicht zum Verschulden angerechnet werden können.
Die belangte Behörde hat sich dessenungeachtet nicht veranlaßt gesehen, die dazu vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise aufzunehmen, obwohl sie dazu selbst im angefochtenen Bescheid festgehalten hat, der Bezirksamtsleiter OSR M habe die vom Beschwerdeführer vertretene Rechtsansicht offensichtlich geteilt.
Obwohl die belangte Behörde somit selbst von der zutreffenden Auffassung ausgegangen ist, daß die Rechtsauskunft von einem Organ der zuständigen Behörde Straflosigkeit nach § 5 Abs. 2 VStG zu bewirken vermöge, ist sie der vom Beschwerdeführer aufgestellten Behauptung, dies wäre bei ihm der Fall gewesen, mit der Begründung nicht nachgegangen, daß der Beschwerdeführer "nicht einmal vorgebracht (habe), daß diese Rechtsauskunft vor der gegenständlichen Ergänzung zum Dienstvertrag, die mit 18. Jänner 1990 datiert ist, erfolgt wäre". Dieser Argumentation hält der Beschwerdeführer mit Recht entgegen, daß sie mit dem diesbezüglich protokollierten Vorbringen in der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 1994 nicht in Einklang zu bringen ist. Diesem Vorbringen ist vielmehr durchaus zu entnehmen, daß der Beschwerdeführer auf einen mit dem Bezirksamtsleiter VOR Erstellung der "Ergänzung zum Dienstvertrag" abgesprochenen Text der Zustimmungserklärung des J.K. als des vorgesehenen verantwortlichen Beauftragten Bezug genommen hat. Sollte die Unzulänglichkeit dieses Textes hinsichtlich der räumlichen Abgrenzung der jeweils betroffenen Baustelle tatsächlich auf eine Rechtsauskunft des Bezirksamtsleiters zurückgehen, dann wäre dieser Umstand geeignet, das Verschulden des Beschwerdeführers im Ergebnis zur Gänze oder zumindest seiner Schwere nach in Zweifel zu ziehen.
Die belangte Behörde hat daher aus einer verfehlten Rechtsansicht die Durchführung weiterer Ermittlungen unterlassen, deren Ergebnis zu einem hinsichtlich Schuld und Strafe anders lautenden Bescheid hätte führen können. Der angefochtene Bescheid erweist sich deshalb als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß auch noch auf das Beschwerdevorbringen zum behaupteten Irrtum sowie zur Abgrenzung zwischen Werkvertrag und Arbeitsüberlassung einzugehen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Einheitssatz und Umsatzsteuer, die bereits im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthalten sind, sowie einen Betrag von S 30,-- für überhöht verzeichnete Barauslagen (Stempelgebühren).
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme VerwaltungsstrafrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090225.X00Im RIS seit
20.11.2000Zuletzt aktualisiert am
16.12.2010