TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/24 94/09/0270

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Veröffentlicht am 24.02.1995
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers

Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der S in B, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. April 1994, Zl. UVS-07/03/00136/92, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin war unbestritten zur Tatzeit handelsrechtliche Geschäftsführerin der XY-Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in Wien.

Bei einer vom Landesarbeitsamt Niederösterreich (LAA) durchgeführten Kontrolle an der Baustelle M wurden insgesamt 30 namentlich genannte tschechische Arbeitnehmer bei diversen Renovierungsarbeiten angetroffen, für die weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt noch Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine ausgestellt worden waren. Einer der Ausländer (J) gab anläßlich dieser Kontrolle am 29. Oktober 1991 an der Baustelle befragt an, die Arbeiter seien von einem Österreicher in Tschechien angeworben worden. Von einer Beschäftigung dieser Arbeitskräfte bei einer tschechischen Firma war nicht die Rede.

Auf eine Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31. Jänner 1992 durch den Magistrat der Stadt Wien (Mag.)

reagierte die Beschwerdeführerin nicht.

Mit Bescheid des Mag. vom 16. März 1992 wurde die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der XY-Ges.m.b.H. (§ 9 VStG) schuldig erkannt, sie habe es zu verantworten, daß die XY-Ges.m.b.H. mit dem Sitz in Wien am 29. Oktober 1991 insgesamt 30 tschechische Arbeitskräfte mit der Durchführung von Renovierungsarbeiten in M beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer weder Beschäftigungsbewilligungen erteilt waren noch diese Ausländer über Arbeitserlaubnisse oder Befreiungsscheine verfügt hätten. Die Beschwerdeführerin habe dadurch 30 Übertretungen gegen § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen, wofür über sie 30 Geldstrafen a S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe je eine Woche) verhängt wurden.

Die Verwaltungsübertretungen seien dem Mag. durch eine Anzeige des LAA zur Kenntnis gelangt. Die Beschwerdeführerin habe einer Aufforderung zur Rechtfertigung nicht Folge geleistet. Die Verschuldensfrage sei gemäß § 5 VStG zu bejahen. Abschließend begründete der Mag. seine Strafbemessung.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung rügt die Beschwerdeführerin, daß sie zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen nicht gehört worden sei. Sie habe die Verwaltungsübertretungen nicht zu vertreten, denn die Ausländer seien für eine Firma Z tätig gewesen und nicht für die XY-Ges.m.b.H. Dies sei durch einen vorgelegten Werkvertrag zwischen der XY-Ges.m.b.H. und der Z dokumentiert. Die vielbeschäftigte Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, an Baustellen, die an dritte Firmen übergeben worden seien, zu prüfen, ob sich diese Firmen im Einklang mit sämtlichen geltenden Rechtsvorschriften bewegten.

Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren eine Stellungnahme des LAA zur Berufung ein und bot der Beschwerdeführerin Gelegenheit, sich dazu schriftlich zu äußern. Die Beschwerdeführerin hielt erneut daran fest, daß die XY-Ges.m.b.H. in keinerlei Rechtsbeziehung zu den 30 Ausländern gestanden sei. Die XY-Ges.m.b.H. beschäftige zahlreiche Subunternehmen und sei nicht in der Lage, diese ständig wegen Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu kontrollieren. Einer Aufforderung der belangten Behörde zur Vorlage schriftlicher Unterlagen kam die Beschwerdeführerin nicht nach.

In der mündlichen Berufungsverhandlung am 12. April 1994 wurde sodann die Beschwerdeführerin einvernommen, die angab, die XY-Ges.m.b.H. habe der Z den Auftrag gegeben, Arbeiter für die Renovierung in M zu beschaffen. Die Leistungen der Z seien stundenweise abgerechnet worden. Die XY-Ges.m.b.H. habe damals nur die Bauaufsicht übernommen. In dieser Verhandlung wurde ferner Mag. K vom LAA als Zeuge einvernommen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. April 1994 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß die übertretene Verwaltungsvorschrift § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 AuslBG, die Verwaltungsstrafnorm hingegen § 28 Abs. 1 letzter Satz zu lauten habe.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides gab die belangte Behörde einleitend einen Überblick über das vorangegangene Verwaltungsverfahren, wobei insbesondere die in der mündlichen Berufungsverhandlung erzielten Ergebnisse wiedergegeben worden sind. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahren sei der bereits vom Mag. der erstinstanzlichen Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt erwiesen. Die Beschwerdeführerin habe angegeben, die XY-Ges.m.b.H. habe den Auftrag erhalten, die Umbauarbeiten in M durchzuführen, doch habe die XY-Ges.m.b.H. diese Arbeiten an die Z weitergegeben. Der Wortlaut der diesbezüglich vorgelegten Vereinbarung stehe mit den übrigen Ermittlungsergebnissen im Widerspruch. So hätten die an der Baustelle angetroffenen Arbeiter übereinstimmend angegeben, von einem Österreicher in Tschechien angeworben worden zu sein. Bei diesem Österreicher habe es sich um den mittlerweile verunglückten R. K. gehandelt, der ein Mitarbeiter der XY-Ges.m.b.H., nie aber der Z gewesen sei. R. K. habe in der Folge auch die Aufsicht über die Baustelle geführt. Die Beschwerdeführerin habe auch keine weiteren schriftlichen Unterlagen betreffend die angebliche Zusammenarbeit mit der Z vorgelegt. Es hätten somit keine Hinweise darauf gefunden werden können, daß die Ausländer in einem Arbeits- oder in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis zur Z gestanden seien oder daß sie überhaupt Kenntnis von der Existenz dieser Firma gehabt hätten. Vielmehr sei die belangte Behörde zur Überzeugung gelangt, daß diese Ausländer von der XY-Ges.m.b.H. selbst durch einen ihrer Mitarbeiter im Ausland angeworben und an der Baustelle beschäftigt worden seien. Bei der vorgelegten schriftlichen Vereinbarung zwischen der XY-Ges.m.b.H. und der Z habe es sich somit entweder von vornherein um ein Scheingeschäft gehandelt, oder es sei diese Vereinbarung nie wirksam geworden, weil die XY-Ges.m.b.H. die Arbeiten in M durch eigene, im Ausland angeworbene Arbeitnehmer durchgeführt habe.

Die Beschwerdeführerin sei gemäß § 9 VStG für die XY-Ges.m.b.H. haftbar, und es sei ihr nicht gelungen, einen tauglichen Entlastungsbeweis zu erbringen. Sie habe eine auffallende Sorglosigkeit an den Tag gelegt und habe sich um die Vorgänge offenbar überhaupt nicht gekümmert.

Abschließend begründete die belangte Behörde ihre Strafbemessung, die mit Rücksicht auf eine einschlägige Vorstrafe der Beschwerdeführerin nach dem vierten Strafsatz des § 28 Abs. 1 AuslBG zu erfolgen gehabt hätte, wonach S 20.000,-- die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe dargestellt habe. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG seien nicht hervorgekommen.

Diesen Bescheid bekämpfte die Beschwerdeführerin zunächst mit Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit Beschluß vom 27. September 1994 ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In ihrer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzten Beschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, die materielle Wahrheit von Amts wegen zu erforschen. Tatsächlich habe die Beschwerdeführerin das ihr vorgeworfene Delikt nicht begangen.

Die am 29. Oktober 1991 an der Baustelle M beschäftigten Arbeitnehmer seien in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis zur XY-Ges.m.b.H. gestanden, vielmehr seien diese Ausländer von der Z zur Verfügung gestellt worden, wozu die Beschwerdeführerin den entsprechenden Werkvertrag vorgelegt habe. Die belangte Behörde hätte daher auch Ermittlungen bei der Z anstellen müssen. Statt dessen sei die belangte Behörde in Verletzung von Verfahrensvorschriften davon ausgegangen, daß es sich hiebei nur um ein Scheingeschäft gehandelt habe.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und hat auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das Beschwerdevorbringen erschöpft sich in einer ganz allgemein gehaltenen Bekämpfung der Beweiswürdigung der belangten Behörde. Da der Verwaltungsgerichtshof nur eine nachprüfende Tätigkeit auszuüben, keinesfalls aber eine Sachentscheidung zu fällen hat, kann die Beweiswürdigung nur insoweit überprüft werden, als es sich um die Feststellung handelt, ob der Denkvorgang zu einem den Denkgesetzen entsprechenden Ergebnis geführt hat, bzw. ob der Sachverhalt, der im Denkvorgang gewürdigt wurde, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden ist. Dabei liegt es im Wesen der freien Beweiswürdigung, daß weitere Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn die Verwaltungsbehörde sich auf Grund der bisher vorliegenden Beweise ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen konnte (vgl. dazu die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, abgedruckt bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 548 ff und S. 618).

Die Beschwerde zeigt nicht auf, daß der belangten Behörde bei ihrer Beweiswürdigung derart schwerwiegende Fehler unterlaufen wären. Die belangte Behörde hat auf Grund der durchgeführten Ermittlungen, insbesondere der Ergebnisse der durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung, völlig einleuchtend und nachvollziehbar dargetan, aus welchen Gründen sie der Behauptung der Beschwerdeführerin, die ausländischen Arbeitskräfte seien von der Z gestellt worden und in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis zur XY-Ges.m.b.H. gestanden, nicht gefolgt ist. In der Beschwerde findet sich kein verwertbarer Hinweis darauf, aus welchen Gründen die belangte Behörde nicht zu dem Ergebnis hätte gelangen sollen, daß die Ausländer von einem Mitarbeiter der XY-Ges.m.b.H. angeworben und an die Baustelle gebracht und dort auch von diesem Mitarbeiter der XY-Ges.m.b.H. beaufsichtigt worden sind. Ausgehend davon hat die belangte Behörde auch den vorgelegten Vertrag durchaus zutreffend gewürdigt.

Die Beschwerdeführerin hat in Verletzung ihrer Mitwirkungspflicht keine weiteren Beweise für die behauptete Einschaltung der Z angeboten. Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die belangte Behörde ihre Pflicht, von Amts wegen die Wahrheit zu erforschen, zum Nachteil der Beschwerdeführerin verletzt hätte. Der Vollständigkeit halber sei noch angeführt, daß eine Verwirklichung des Sachverhaltes, wie ihn die Beschwerdeführerin behauptet hat, nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. b AuslBG eben so streng zu bestrafen gewesen wäre wie der von der belangten Behörde angenommene Sachverhalt.

Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Sachverhalt Beweiswürdigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994090270.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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