TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/24 94/02/0410

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Veröffentlicht am 24.02.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §67a Abs1 Z2;
AVG §67c Abs1;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
FrG 1993 §36;
FrG 1993 §40;
VVG §10;
VVG §7;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Bernard, Dr. Riedinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Eigelsberger, über die Beschwerde des K in G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 23. August 1994, Zl. VwSen-420058/5/Gf/Km, betreffend Zurückweisung einer Maßnahmenbeschwerde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Ghanas. Er wurde am 22. Juni 1994 durch die Bundespolizeidirektion Linz in seinen Heimatstaat abgeschoben. Mit Schriftsatz vom 3. August 1994 begehrte er die Feststellung, daß diese Abschiebung rechtswidrig war.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde als unzulässig zurück. Die tatsächliche Durchführung der Abschiebung sei die Vollstreckung des ihr zugrundeliegenden Bescheides, die nicht gesondert mit Maßnahmenbeschwerde angefochten werden könne. Die Vollstreckung und damit die Durchführung der Abschiebung wäre nur dann gehindert, wenn die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof für die Beschwerde gegen die Abweisung des Asylantrages gleichzeitig die (vorläufige) Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz bewirke. Dies treffe jedoch nur dann zu, wenn der Beschwerdeführer direkt aus dem Verfolgerstaat eingereist sei, nicht jedoch, wenn er über einen sicheren Drittstaat - im gegenständlichen Fall über Ungarn - in das Bundesgebiet gelangt sei. Fehle es dem Beschwerdeführer an einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, so sei der gegen den Beschwerdeführer ergangene Aufenthaltsverbotsbescheid trotz Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für die Beschwerde gegen die Abweisung des Asylantrages im Ergebnis vollstreckbar.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Anders als nach dem Fremdenpolizeigesetz gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, daß unter der "unmittelbaren Befehls- und Zwangsgewalt" im Sinne des § 40 FrG die Anwendung unmittelbaren Zwanges im Sinne des § 7 VVG zu verstehen sei; die Rechtswidrigkeit der Abschiebung als solcher kann daher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trotz Vorliegens durchsetzbarer Bescheide betreffend Aufenthaltsverbot oder Ausweisung mit Maßnahmenbeschwerde nach Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67c AVG geltend gemacht werden, sodaß die Zurückweisung der Beschwerde durch die belangte Behörde nicht der (neuen) Gesetzeslage nach dem Fremdengesetz entsprochen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 94/02/0139).

Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1987, Slg. Nr. 12.569/A, ausführt, daß der Beschwerdeführer durch den auf Zurückweisung (statt richtig auf Abweisung) lautenden Bescheidspruch nicht in seinen Rechten verletzt worden sei, weil der Antrag der Sache nach tatsächlich abgewiesen worden sei, kann dem nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde hat den zurückweisenden Spruch ihres Bescheides ausdrücklich damit begründet, daß die tatsächliche Durchführung der Abschiebung lediglich die Vollstreckung des ihr zugrundeliegenden Bescheides sei und "es an einem tauglichen Anfechtungsgegenstand fehlt". Die in der Folge angestellten Überlegungen beziehen sich nach dem Wortlaut (nur) auf allfällige Vollstreckungshindernisse. Die belangte Behörde führt auch aus, daß die Abschiebung nur dann mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar wäre, wenn der Aufenthaltsverbotsbescheid sich als nicht vollstreckbar erwiese. Dadurch aber wird deutlich, daß die belangte Behörde eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Beschwerde im Sinne der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 23. September 1994 abgelehnt hat; es liegt daher kein "Vergreifen im Ausdruck" vor.

Der angefochtene Bescheid ist aus den genannten Gründen inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Faktische Amtshandlungen siehe Art 129a Abs1 Z2 ( früher Art 131a B-VG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994020410.X00

Im RIS seit

05.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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