Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ASVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der X-GesmbH in W, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 15. Februar 1994, Zl. IIc/6702 B, AIS 13633 SCHE, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte beim Arbeitsamt Lebensmittel mit Schreiben vom 11. November 1993 ihr für den (am 28. Juli 1976 geborenen) türkischen Staatsangehörigen Ö. für die berufliche Tätigkeit als Fleischwarenarbeiter eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zu erteilen. Bereits zuvor war ein von der beschwerdeführenden Partei für Ö. gestellter Antrag (vom 24. November 1992) auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 25. Juni 1993 gemäß § 4 Abs. 6 und § 4 Abs. 3 Z. 4 AuslBG abgewiesen worden.
Mit Bescheid vom 29. November 1993 wies das oben genannte Arbeitsamt diesen (zweiten) Antrag gemäß §§ 4 Abs. 3 Z. 11 und 4 Abs. 6 AuslBG ab. Sie begründete dies damit, es sei auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon auszugehen, Ö. sei bereits zumindest seit 2. August 1993 beschäftigt, ohne daß für ihn eine Beschäftigungsbewilligung erteilt bzw. eine vorläufige Bescheinigung im Sinne des § 20b leg. cit., ein Befreiungsschein oder eine Arbeitserlaubnis ausgestellt worden seien. Nach Wiedergabe des § 4 Abs. 6 AuslBG wies das Arbeitsamt ferner darauf hin, der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der in § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorlägen.
In ihrer Berufung wandte die beschwerdeführende Partei ein, das Arbeitsamt sei bisher nicht in der Lage gewesen, ihr befähigte, geeignete und gewillte Ersatzkräfte zu vermitteln. Das Arbeitsamt habe nicht nachvollziehbar ausgeführt, ob der Vermittlungsausschuß tatsächlich vor Bescheiderlassung eingeschaltet worden sei. Es fehle jeder Hinweis, ob der Vermittlungsausschuß tatsächlich "einhellig" gegen die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung entschieden habe, sowie welches Mitglied die "Einhelligkeit" durchbrochen habe. Das Ergebnis der Entscheidung des Vermittlungsausschusses sei der beschwerdeführenden Partei vor Bescheiderlassung nicht vorgehalten worden. Die erstinstanzliche Erledigung sei ein EDV-mäßig vorgespeicherter Wortlaut, aus der eine Verbindung zum Antrag des Beschwerdeführers nicht abgeleitet werden könne. Mangels Begründung oder wegen unzureichender Begründung liege kein Bescheid vor.
Mit Schreiben vom 18. Jänner 1994 teilte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei mit, durch eine Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger sei festgestellt worden, daß die beantragte ausländische Arbeitskraft bereits am 3. Februar 1993 durch die beschwerdeführende Partei zur Sozialversicherung angemeldet worden und seitdem laufend bei ihr beschäftigt sei. Die Anmeldung sei auf Grund einer im ersten Beschäftigungsbewilligungsverfahren, das mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landesarbeitsamtes vom 25. Juni 1993 mit der Ablehnung des Antrages geendet habe, ausgestellten Bescheinigung nach § 20b AuslBG erfolgt. Die Berechtigung zur vorläufigen Beschäftigung nach § 20b AuslBG habe vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides geendet, worauf im genannten Bescheid auch hingewiesen worden sei. Dessen ungeachtet habe die beschwerdeführende Partei den Ausländer Ö. weiter beschäftigt. Damit seien aber die Tatbestandsmerkmale nach § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG gegeben, weshalb die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gesetzlich verwehrt sei.
In ihrem Schreiben vom 26. Jänner 1994 nahm die beschwerdeführende Partei - soweit dies aus der Sicht des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - zu den im Vorhalt zu § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG getroffenen Feststellungen wie folgt Stellung:
"2.
Im Schreiben vom 18.1.1994 wird u.a. ausgeführt, daß meine Mandantin den beantragten DN weiter "beschäftigt" habe, in Ihrem Schreiben vom 18.1.1994 fehlt jedoch jeder weitere Hinweis darauf, aufgrund welcher konkreten Tatsachen vom Bestehen eines "Beschäftigungsverhältnis" gesprochen wird.
3.
Da kein "Beschäftigungsverhältnis" vorliegt, ist daher auch ein Versagungsgrund nach § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG nicht gegeben."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. Februar 1994 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit §§ 4 Abs. 6, 4 Abs. 1 und 13a AuslBG keine Folge. Nach Darstellung der Rechtslage, dem Hinweis auf die durch Verordnungen festgesetzten Landeshöchstzahlen für Wien für die Kalenderjahre 1993 und 1994 traf sie in der Begründung die Feststellung, die Landeshöchstzahl sei laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales seit Beginn der betreffenden Kalenderjahre überschritten, weshalb auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 AuslBG zu prüfen seien. Im erstinstanzlichen Verfahren sei der Antrag der beschwerdeführenden Partei seitens des - paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern zusammengesetzten - Vermittlungsausschusses aus arbeitsmarktpolitischen und volkswirtschaftlichen Erwägungen bzw. auch wegen vorzeitiger Beschäftigungsaufnahme nicht befürwortet und die Zustimmung zur Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung mangels Erteilungsvoraussetzungen abgelehnt worden. Weder im Ermittlungsverfahren seien Gründe festgestellt noch in der Berufung vorgebracht worden, die unter einen berücksichtigungswürdigen Tatbestand des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d und Z. 3 AuslBG subsumiert werden könnten. Nach Darstellung des behördlichen Vorhaltes vom 18. Jänner 1994 führte die belangte Behörde weiters aus, in ihrer Stellungnahme habe die beschwerdeführende Partei lediglich bekanntgegeben, der Vorhalt gebe keinen Hinweis darauf, auf Grund welcher konkreten Tatsachen von einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis gesprochen werden könne. Dies stehe jedoch im Widerspruch zum behördlichen Vorhalt, in dem der beschwerdeführenden Partei ausdrücklich mitgeteilt worden sei, auf Grund welcher Erhebungen die vorzeitige Beschäftigungsaufnahme festgestellt worden sei. Da die beschwerdeführende Partei somit zum Tatbestand des § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG nichts Relevantes vorgebracht habe, sei vom festgestellten Sachverhalt auszugehen. Anläßlich der neuerlichen Antragstellung für Ö. seien somit für die erkennende Behörde die Tatbestandsmerkmale nach § 4 Abs. 3 Z. 11 gegeben gewesen, weshalb die Beschäftigungsbewilligung nach dem Gesetz nicht zu erteilen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung nach § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG erwogen:
Vorab ist zu klären, worauf die belangte Behörde die im angefochtenen Bescheid bestätigte Versagung der beantragten Beschäftigungsbewilligung gestützt hat.
Zwar trifft es zu, daß im Spruch des angefochtenen Bescheides nur § 4 Abs. 6 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und § 13a AuslBG ausdrücklich angeführt werden, wobei mangels konkreter (über die Wiedergabe der Rechtslage hinausgehender) Ausführungen zu § 4 Abs. 1 in der Begründung nur § 4 Abs. 6 als (im Spruch genannter) Versagungsgrund in Betracht kommt. Im Hinblick auf den im Spruch genannten § 66 Abs. 4 AVG, der in seinem zweiten Satz die Berufungsbehörde berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, die ausdrückliche Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides durch die belangte Behörde und die in der Begründung des angefochtenen Bescheides enthaltenen Ausführungen zu § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG geht der Verwaltungsgerichtshof jedoch davon aus, daß auch die belangte Behörde ihre Entscheidung auf § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG gestützt hat (vgl. zu einer ähnlichen Fallkonstellation das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1993, Zl. 92/09/0388).
Schon die Berechtigung auch nur eines der von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgründe (hier: § 4 Abs. 3 Z. 11 und § 4 Abs. 6 AuslBG) rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.
Nach § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG (Stammfassung, BGBl. Nr. 218/1975) darf (und zwar gleichgültig, ob es sich um ein Normalverfahren oder ein erschwertes Verfahren nach § 4 Abs. 6 handelt) die Beschäftigungsbewilligung weiters nur erteilt werden, wenn die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat.
Gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. (in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.
Nach § 27 Abs. 1 AuslBG haben unter anderem die Träger der Sozialversicherung im Rahmen ihres Wirkungsbereiches die Landesarbeitsämter und Arbeitsämter bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Bundesgesetz zu unterstützen. Die Träger der Sozialversicherung und der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger sind verpflichtet, gespeicherte Daten (§ 31 Abs. 3 Z. 15 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) über die Versicherungszeiten auf automationsunterstütztem Weg den Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung zu übermitteln, die für diese Stellen eine wesentliche Voraussetzung zur Durchführung ihrer Aufgaben nach diesem Bundesgesetz bilden.
Unter dem Gesichtspunkt des § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG bringt die beschwerdeführende Partei vor, auf Grund ihrer Stellungnahme zum behördlichen Vorhalt der belangten Behörde wäre diese verpflichtet gewesen, näher auszuführen, auf Grund welcher konkreten Tatsachen das weitere Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses mit Ö. angenommen worden sei, sei doch der Vorhalt diesbezüglich über eine bloße Behauptung nicht hinausgegangen. Insbesondere habe die belangte Behörde keine Behauptung aufgestellt, der beantragte Dienstnehmer sei bei der Sozialversicherung als Dienstnehmer gemeldet worden.
Dem ist folgendes zu erwidern:
Die belangte Behörde hat in ihrem Vorhalt vom 18. Jänner 1994 ausdrücklich die Quelle ihrer Information (Abfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger) genannt, wonach die Anmeldung des Ö. bei der Sozialversicherung durch die beschwerdeführende Partei am 3. Februar 1993 erfolgt und er seitdem laufend (d.h. ohne Unterbrechung) bei ihr beschäftigt sei. Die Anmeldung eines Ausländers bei der Sozialversicherung stellt nach allgemeiner Lebenserfahrung und nicht zuletzt auch wegen der damit verbundenen Rechtsfolgen (einschließlich der Rechtsfolgen bei nichtrechtzeitiger Abmeldung - vgl. § 56 ASVG) ein gewichtiges Indiz dafür dar, daß ein bewilligungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliegt. Zudem hat der Gesetzgeber selbst durch die unter anderem die Träger der Sozialversicherung treffende Rechtshilfepflicht und datenschutzrechtliche Übermittlungsbestimmungen in § 27 Abs. 1 AuslBG den besonderen Stellenwert dieser Daten für den Vollzug des Ausländerbeschäftigungsgesetzes hervorgehoben. Wird daher - wie im Beschwerdefall - dem antragstellenden Arbeitgeber im Bewilligungsverfahren unter Hinweis auf § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG dieser Umstand vorgehalten und auch dargelegt, daß (hier: ab einem bestimmten Zeitpunkt) die daraus abgeleitete Beschäftigung des Ausländers im AuslBG keine nach diesem Gesetz erforderliche Rechtsgrundlage findet, dann obliegt es dem Antragsteller auf Grund der ihn treffenden Mitwirkungspflicht, konkrete Tatsachen zu behaupten und unter Beweis zu stellen, die gegen die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses sprechen.
Im Hinblick darauf enthält aber die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 26. Jänner 1994 keine tauglichen Behauptungen, die die von der belangten Behörde gezogene Schlußfolgerung in Zweifel ziehen könnten, geht sie doch über eine bloße Bestreitung des Vorliegens eines Beschäftigungsverhältnisses des Ö. zur beschwerdeführenden Partei nicht hinaus, ohne den geringsten Anhaltspunkt dafür auch nur zu behaupten, geschweige denn unter Beweis zu stellen.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall vom Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 4 Abs. 3 Z. 11 AuslBG ausging und auch deshalb die beantragte Beschäftigungsbewilligung nicht erteilte. Die Beschwerde erweist sich demnach als nicht berechtigt und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen (hier: zu § 4 Abs. 6 AuslBG) näher einzugehen war.
Der Kostenzuspruch stützt sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und 59 VwGG in Verbindung mit der im Beschwerdefall bereits anzuwendenden Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Begründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090084.X00Im RIS seit
20.11.2000