Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AuslBG §4 Abs6 idF 1994/314;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 94/09/0264 E 21. März 1995 94/09/0313 E 21. März 1995 94/09/0316 E 24. Februar 1995 94/09/0317 E 24. Februar 1995 95/09/0009 E 21. März 1995Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Fürnsinn, Dr. Germ, Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde des J und des M in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Vorarlberg, Landesgeschäftsstelle, vom 27. September 1994, Zl. III/6700, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer stellten am 20. Juli 1992 beim Arbeitsamt Feldkirch den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für den "jugoslawischen" Staatsbürger M.D. als Verputzer.
Diesen Antrag wies das Arbeitsamt mit Bescheid vom 11. September 1992 gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. In der Begründung führte das Arbeitsamt nur aus, der Vermittlungsausschuß habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet, darüber hinaus habe das "Ermittlungsverfahren" ergeben, daß keine der im § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In ihrer Berufung machten die Beschwerdeführer geltend, solange das Arbeitsamt seinem gesetzlichen Auftrag zur Vermittlung von Arbeitskräften nicht einmal andeutungsweise nachkomme, könnten nicht jenen Arbeitgebern Beschäftigungsbewilligungen versagt werden, die nach mühsamer Suche endlich selbst eine Arbeitskraft gefunden hätten. Auch scheine es nach dem AuslBG keinerlei sachliche Kriterien für die Festlegung der Landeshöchstzahlen zu geben.
Dieser Berufung wurde mit Bescheid des Landesarbeitsamtes Vorarlberg vom 19. Mai 1993 keine Folge gegeben. Das Verfahren über die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 21. April 1994, Zl. 93/09/0481, eingestellt, weil das Landesarbeitsamt Vorarlberg mit Bescheid vom 1. April 1994 seinen eigenen Bescheid vom 19. Mai 1993 gemäß § 68 Abs. 2 AVG aufgehoben hatte.
Im danach fortgesetzten Berufungsverfahren verständigte das Landesarbeitsamt Vorarlberg die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. April 1994 vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, wobei es zur Frage der Überschreitung der Landeshöchstzahl wie folgt ausführte:
"Der Bundesminister für Arbeit und Soziales hat mit Verordnung gemäß § 13a Z 3 Ausl.-BG, BGBl. Nr. 794/1993, für das Bundesland Vorarlberg eine Landeshöchstzahl für die Beschäftigung von Ausländern zur Sicherung der Bundeshöchstzahl gem. § 12a des AuslBG mit 16.000 für das Jahr 1994 festgesetzt. Mit Stichtag Ende März 1994 betrug lt. amtlicher Statistik die Zahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer in Vorarlberg 23.778.
Die Zahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnender Ausländer wird ermittelt wie folgt:
Auf die Landeshöchstzahl werden die aufrechten Beschäftigungsbewilligungen, Arbeitserlaubnisse, Befreiungsscheine, vorläufigen Berechtigungen gemäß § 20 b Ausl.BG und erteilten Sicherungsbescheinigungen angerechnet. Auf Höchstzahlen nicht anzurechnen sind ausgestellte Sicherungsbescheinigungen und erteilte Beschäftigungsbewilligungen für ausländische Künstler gemäß § 4 a Ausl.BG.
Die Anträge auf Beschäftigungsbewilligungen werden EDV-unterstützt bearbeitet und die Bescheide EDV-mäßig erstellt. Die Zählung der aufrechten Beschäftigungsbewilligungen erfolgt somit durch die EDV automatisch.
Befreiungsscheine, Arbeitserlaubnisse und Sicherungsbescheinigungen werden nicht EDV-mäßig erstellt. Es erfolgt jedoch eine Eintragung jeder einzelnen Berechtigung in die EDV unmittelbar nach Ausstellung. Die Erfassung für die Statistik erfolgt dann EDV-mäßig.
Die vorläufigen Berechtigungen nach § 20 b Ausl.BG werden aus einem Feld der in Bearbeitung befindlichen EDV-mäßiger Datensätze für Beschäftigungsbewilligungen ermittelt, welches das Ende der Frist nach § 20 a Ausl.BG anzeigt. Das Ende dieser Frist ergibt sich aus dem Einbringungsdatum des Antrages zuzüglich 4 Wochen, wobei Hemmungen der Frist nach § 20 b Abs. 1 Ausl.BG händisch eingegeben werden und den Ablauf der Frist erstrecken.
Beschäftigungsbewilligungen, die nicht mehr in Anspruch genommen werden können, da sie aufgrund § 7 Abs. 6
Ziffer 1 Ausl.BG erloschen sind, werden von der Anrechnung nicht erfaßt. Sie werden durch laufende EDV-Eingaben der Arbeitsämter aufgrund der Meldungen durch die Dienstgeber gem. § 26 Abs. 5 Ziffer 2 Ausl.BG ruhend gelegt und damit von der Zählung ausgeschlossen. Ebenso werden Beschäftigungsbewilligungen automatisch ruhend gelegt und nicht mehr statistisch erfaßt, wenn binnen 6 Wochen die Beschäftigung nicht aufgenommen wird (§ 7 Abs. 6 Ziffer 2 Ausl.BG), bzw. keine diesbezügliche Meldung des Dienstgebers nach § 26 Abs. 5 Ziffer 1 Ausl.BG erfolgt ist.
Sicherungsbescheinigungen, aufgrund deren eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde, werden mit dem Tag vor Laufzeitbeginn der Beschäftigungsbewilligung händisch ruhend gelegt und werden damit nicht mehr statistisch erfaßt.
Widerrufene Bewilligungen nach dem Ausl.BG werden ebenfalls anläßlich der Erlassung des Widerrufsbescheides händisch ruhend gelegt.
Jeweils zum Statistikstichtag am Ende jeden Monats werden sämtliche Beschäftigungsbewilligungen, Sicherungsbescheinigungen, Befreiungsscheine, Arbeitserlaubnisse und vorläufige Berechtigungen nach § 20 b Ausl.BG, deren Laufzeit noch nicht abgelaufen ist, im Rahmen der EDV-mäßigen Statistikzählung ermittelt und den Arbeitsämtern und dem Landesarbeitsamt in Form einer Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Verfügung gestellt.
Die Bewilligungen für Künstler werden zuvor ausgesondert.
Zum derzeit maßgeblichen Statistikstichtag Ende März 1994 sind 10.235 Beschäftigungsbewilligungen,
16 Sicherungsbescheinigungen, 11.093 Befreiungsscheine,
2.420 Arbeitserlaubnisse und 14 vorläufige Berechtigungen nach § 20 b Ausl.BG auf die Landeshöchstzahl anrechenbar. Zusammengerechnet ergibt dies die o.a. Gesamtzahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Bewilligungen in der Höhe von
23.778.
Die Landeshöchstzahl ist daher in Vorarlberg weit überschritten."
Daran knüpfte das Landesarbeitsamt Vorarlberg eine Wiedergabe des § 4 Abs. 6 AuslBG sowie den Hinweis, daß die Beschwerdeführer im bisherigen Verfahren nichts vorgebracht hätten, was die Annahme rechtfertigen würde, daß die Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für M.D. vorlägen. Das Vorbringen, wonach die Beschwerdeführer angeblich keine Arbeitskräfte auf dem inländischen Arbeitsmarkt finden könnten, sei für die Annahme der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG nicht relevant, zur Verwirklichung dieser Voraussetzungen bedürfe es eines qualifizierten, das einzelbetriebliche Interesse übersteigenden Interesses an der Behebung eines dringenden Arbeitskräftemangels.
Diesen Vorhalt beantworteten die Beschwerdeführer mit ihrer Äußerung vom 29. April 1994. Zur Frage der Landeshöchstzahl führten die Beschwerdeführer aus, daß dann, wenn nur die Erteilung der Beschäftigungsbewilligungen mit EDV-Unterstützung erfolge, etwa die Beendigung von Arbeitsverträgen durch Kündigung statistisch nicht erfaßt würden. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei die Zählung der Befreiungsscheine, weil zahlreiche Inhaber von aufrechten Befreiungsscheinen längst die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hätten. Ferner erfasse die Statistik auch nicht jene Berechtigten aus Beschäftigungsbewilligungen und Inhaber von Befreiungsscheinen, die gestorben, ausgereist oder in Pension gegangen seien. Die Statistik des Landesarbeitsamtes Vorarlberg beinhalte somit nicht einmal eine gute Schätzung. Dies ergebe sich auch daraus, daß nach der Statistik gleichzeitig die aufrechten Beschäftigungsbewilligungen und die Zahlen ausländischer Arbeitsloser gestiegen seien, obwohl die Fremdenpolizei andererseits für den gleichen Zeitraum eine negative Wanderungsbilanz ausweise. Das Landesarbeitsamt solle es unterlassen, Behauptungen aufzustellen, von denen es selbst wisse, daß sie falsch seien.
Die inzwischen gemäß BGBl. Nr. 313/1994 an die Stelle des Landesarbeitsamtes getretene belangte Behörde übermittelte den Beschwerdeführern als Antwort auf deren Äußerung vom 29. April 1994 eine weitere "Verständigung vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens" vom 10. August 1994, in der sie folgendes ausführte:
"Bereits im April 1994 wurde Ihnen unter Nennung und Aufschlüsselung der Zahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Ausländer mitgeteilt, daß die Landeshöchstzahl weit überschritten ist. Damals wurden Ihnen die Ausländerzahlen mit Stichtag Ende März 1994 mitgeteilt. Seither war die Landeshöchstzahl, welche mit 16.000 festgesetzt wurde, auch weiterhin ständig überzogen.
Mit Stichtag Ende April betrug die auf die Landeshöchstzahl anrechenbare Zahl von Ausländern 22.916, Ende Mai 23.236, Ende Juni 23.553 und mit Stichtag Ende Juli 1994 betrug sie 23.693. Diese Zahl setzt sich zusammen aus
9.537 Beschäftigungsbewilligungen,
13 Sicherungsbescheinigungen, 11.497 Befreiungsscheinen,
2.632 Arbeitserlaubnissen und 14 vorläufigen Berechtigungen nach § 20 b Ausl.BG.
Die Landeshöchstzahl ist somit auch zum derzeit maßgeblichen Stichtag überzogen.
Zu Ihrem Einwand in Ihrer o.a. Stellungnahme, wonach bei Beendigung des Dienstverhältnisses durch Kündigung oder Tod des Ausländers die Beschäftigungsbewilligung erlischt und daher nicht mehr auf die Landeshöchstzahl anzurechnen ist, verweist das Landesarbeitsamt noch einmal darauf, daß die Beendigung eines Dienstverhältnisses gem. § 26 Abs. 5 Ziffer 2 Ausl.BG vom Arbeitgeber dem Arbeitsamt zu melden ist und aufgrund solcher Meldungen umgehend die Beschäftigungsbewilligungen und bei Tod des Arbeitnehmers auch die Befreiungsscheine und Arbeitserlaubnisse durch das Arbeitsamt ruhend gelegt werden, sodaß eine statistische Zählung und Anrechnung auf die Landeshöchstzahl ausgeschlossen ist.
Zu Ihrem Einwand, wonach angeblich zahlreiche Befreiungsschein-Inhaber schon lange Österreicher sind, wird mitgeteilt, daß das Amt der Vorarlberger Landesregierung die Staatsbürgerschaftsverleihungen laufend dem Landesarbeitsamt Vorarlberg meldet. Bewilligungen nach dem Ausl.BG für Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten haben, werden vom Landesarbeitsamt Vorarlberg aufgrund dieser Meldungen in der EDV umgehend ruhend gelegt und werden somit auch nicht gezählt.
Weiters weist das Landesarbeitsamt Vorarlberg darauf hin, daß die angegebene Ausschöpfung der Landeshöchstzahl keineswegs geschätzt ist, sondern auf einer genauen Zählung beruht.
Ihren Überlegungen, wonach ein Widerspruch zwischen der negativen Wanderbewegung laut Fremdenpolizei und der wachsenden Zahl an arbeitslosen und bewilligt beschäftigten Ausländern besteht, ist entgegenzuhalten, daß die Ausländer, die erstmals eine Beschäftigungsbewilligung oder einen Befreiungsschein erhalten, meist seit mehreren Jahren berechtigt im Land sind und daher eine negative Wanderungsbewegung erst viele Jahre später Auswirkungen auf die Anzahl der bewilligt beschäftigten Ausländer haben kann, sodaß ein direkter Vergleich nicht zielführend ist.
Es gibt auch keinen Grund, an der Einhaltung der Meldebestimmungen durch die Arbeitgeber und der durchgehenden korrekten Dokumentation durch die Bediensteten der Arbeitsämter grundsätzlich zu zweifeln. Die Verabsäumung von Meldungen durch die Arbeitgeber ist unter Strafsanktionen gestellt und es ist sehr leicht diesbezügliche Fehlleistungen aufzudecken, etwa wenn ein Ausländer, dessen Ausscheiden vom Arbeitgeber nicht gemeldet wurde, sich beim Arbeitsamt arbeitslos meldet oder ein anderer Arbeitgeber für ihn eine Beschäftigungsbewilligung beantragt. Wegen der Strafdrohung und der hohen Wahrscheinlichkeit der Entdeckung durch die Arbeitsämter werden die Meldeverpflichtungen der Arbeitgeber nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz weitgehendst eingehalten. In Anbetracht der hohen Überziehung der Landeshöchstzahl hat eine etwaige jeder Zählung anhaftende geringe Ungenauigkeit aufgrund menschlichen Versagens keinen Einfluß auf die Überziehung der Landeshöchstzahl."
Auch in diesem Vorhalt wies die belangte Behörde ferner darauf hin, daß die Beschwerdeführer bisher keine Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG geliefert hätten.
In ihrer Stellungnahme vom 16. August 1994 zu diesem Vorhalt führten die Beschwerdeführer im wesentlichen aus, es bestehe nach wie vor ein unerklärter Widerspruch zwischen der angeblichen Zunahme der Beschäftigungsbewilligungen und der gleichzeitigen Herabsetzung der Landeshöchstzahl. Das gesamte vorgeblich vorhandene Zahlenmaterial passe ganz einfach nicht zusammen, eine tatsächliche Ermittlung der aufrechten Arbeitsberechtigungen aller Art habe nie stattgefunden. Auch der letzte Vorhalt nenne keine nachvollziehbaren Grundlagen für die Ermittlung der Überschreitung der Landeshöchstzahl.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. September 1994 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführer erneut gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge und bestätigte den Bescheid des Arbeitsamtes vom 11. September 1992. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wiederholte die belangte Behörde im wesentlichen die zur Ermittlung der Überschreitung der Landeshöchstzahl in ihren oben wiedergegebenen Vorhalten ausgeführten Darlegungen. In Anbetracht der hohen Überziehung der Landeshöchstzahl habe eine etwaige, jeder Zählung anhaftende geringe Ungenauigkeit auf Grund menschlichen Versagens keinen Einfluß auf die Überziehung der Landeshöchstzahl. Zum "derzeit" (gemeint offenbar: zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) maßgeblichen Statistikstichtag Ende August 1994 seien
9.462 Beschäftigungsbewilligungen,
18 Sicherheitsbescheinigungen, 11.599 Befreiungsscheine,
2.671 Arbeitserlaubnisse und 14 vorläufige Berechtigungen nach § 20b AuslBG auf die Landeshöchstzahl anrechenbar.
Zusammengerechnet ergebe dies eine Gesamtzahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Bewilligungen in der Höhe von
23.764. Die Landeshöchstzahl sei daher in Vorarlberg weit überschritten.
Die belangte Behörde gab sodann den § 4 Abs. 6 AuslBG wieder und führte dazu aus, mit Rücksicht auf die Überschreitung der Landeshöchstzahl könnten Beschäftigungsbewilligungen nur bei Vorliegen der besonderen Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle erteilt werden. Der Vermittlungsausschuß habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren keine einhellige Zustimmung zur Ausstellung der von den Beschwerdeführern angestrebten Beschäftigungsbewilligungen erteilt. Die Beschwerdeführer hätten dennoch im gesamten bisherigen Verfahren nichts vorgebracht, was die Annahme rechtfertigen könnte, daß die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 Z. 2-4 AuslBG für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für M.D. vorlägen. Das Vorbringen, wonach die Beschwerdeführer angeblich keine Arbeitskräfte auf dem inländischen Arbeitsmarkt finden könnten, betreffe keine Voraussetzung nach der zuletzt genannten Gesetzesstelle. Zur Verwirklichung einer solchen Voraussetzung bedürfe es eines qualifizierten Interesses, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftemangels hinausgehe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich in ihrem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung in einem gesetzgemäßen Verfahren verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift eingebracht, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrags der Beschwerdeführer ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Diese Bestimmung hat in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung gemäß Art. 11 Z. 2 des Arbeitsmarktservice-Begleitgesetzes, BGBl. Nr. 314/1994, folgenden Wortlaut:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1.
bei Kontingentüberziehung und bei Überschreiten der Landeshöchstzahl der Regionalbeirat einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2.
die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a)
als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer, oder
b)
in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c)
als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d)
im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3.
öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4.
die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes machen die Beschwerdeführer ausschließlich geltend, daß die belangte Behörde ihnen "trotz entsprechender Meldung über mehr als zwei Jahre () keine andere geeignete Arbeitskraft stellig machen konnte", dessenungeachtet aber den Antrag auf Beschäftigungsbewilligung abgewiesen habe. Dieses Vorbringen geht ins Leere, weil die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt hat. Hat die belangte Behörde das nach dieser Gesetzesstelle erschwerte Verfahren mit Recht angewendet, dann spielte es für die Frage der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung keine Rolle, ob eine Stellung von Ersatzkräften möglich gewesen ist oder nicht.
Der Schwerpunkt der Beschwerde liegt in der geltend gemachten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in deren Rahmen die Beschwerdeführer ausführen, die belangte Behörde sei zu Unrecht vom Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerten Verfahrens ausgegangen. In diesem Zusammenhang haben die Beschwerdeführer wie bereits im Berufungsverfahren unbestritten gelassen, daß der Vermittlungsausschuß ihren Antrag nicht einhellig befürwortet hat.
Soweit die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde unter Hinweis auf einen Tätigkeitsbericht des Verwaltungsgerichtshofes das erstinstanzliche Verfahren als unzulänglich kritisieren, ist ihnen entgegenzuhalten, daß zwar auch im Beschwerdefall ein den Grundsätzen eines Rechtsstaates entsprechendes erstinstanzliches Verfahren unterblieben ist; da aber Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ausschließlich der in letzter Instanz ergangene angefochtene Bescheid ist, ist dies im vorliegenden Verfahren nicht relevant.
Zu prüfen bleibt daher, ob die belangte Behörde im Beschwerdefall ein für die Feststellung, die Landeshöchstzahl für 1994 sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides überschritten gewesen, ausreichendes Verfahren durchgeführt hat.
Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben.
Tatsachen, die bei der Behörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, bedürfen gemäß § 45 Abs. 1 AVG keines Beweises. Im übrigen hat die Behörde nach § 45 Abs. 2 AVG unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen.
Als Beweismittel kommt gemäß § 46 AVG alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Die Feststellung der Überschreitung der mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales festgesetzten Landeshöchstzahl ist eine Sachverhaltsfeststellung und nicht etwa eine dem Parteiengehör nicht zu unterziehende rechtliche Beurteilung. Die Überschreitung der Landeshöchstzahl ist weder offenkundig noch besteht für ihr Vorhandensein eine gesetzliche Vermutung. Sie ist daher von der Behörde in einem ordnungsgemäßen Verfahren nach den Grundsätzen der oben wiedergegebenen §§ 37, 45 Abs. 2 und 3 sowie 46 AVG zu ermitteln und festzustellen (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 1993, Zl. 93/09/0356, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Anders als in den der zuletzt angeführten Vorjudikatur zugrunde gelegenen Fällen hat sich die belangte Behörde im vorliegenden Beschwerdefall nicht damit begnügt, die Überschreitung der Landeshöchstzahl bloß im angefochtenen Bescheid festzustellen und dabei ohne nähere Einzelheiten auf eine vom Bundesminister für Arbeit und Soziales herausgegebene amtliche Statistik zu verweisen. Sie hat vielmehr bereits im Ermittlungsverfahren auf diese ihr als Erkenntnisquelle (§ 46 AVG) vorliegende amtliche Statistik hingewiesen und offengelegt, aus welchen Daten diese Statistik gespeist und auf welche Weise sie auf dem laufenden gehalten wird, wobei sie in den beiden Vorhalten vom 13. April 1994 und vom 10. August 1994 auch auf das dazu von den Beschwerdeführern erstattete Vorbringen eingegangen ist. Damit hat die belangte Behörde den Beschwerdeführern ausreichend Gelegenheit gegeben, zu den aus dieser Statistik hervorgehenden Zahlen Stellung zu nehmen.
Die Beschwerdeführer haben weder die Existenz dieser Statistik noch ihr Zustandekommen auf die von der belangten Behörde offengelegte Weise in Zweifel gezogen, sie haben nur, und zwar ohne substantiiertes Vorbringen, die Richtigkeit der von der belangten Behörde aus dieser Statistik entnommenen Zahlen angezweifelt. So sei den Beschwerdeführern insbesondere die letztlich im angefochtenen Bescheid festgestellte Zahl der auf die Landeshöchstzahl von 16.000 für das Jahr 1994 anzurechnenden Berechtigungen von 23.764 nie vorgehalten worden.
Dem ist zweierlei zu erwidern:
Die Vorhalte der belangten Behörde vom 13. April 1994 und vom 10. August 1994 betrafen die für die Monate März bis einschließlich Juli 1994 statistisch ermittelten, jeweils um mehr als 6.000, im Juli bereits um 7.693 über der Landeshöchstzahl gelegenen Zahlen. Die belangte Behörde hat dazu bereits im Vorhalt vom 10. August 1994 in realistischer Einschätzung des der Statistik zugrunde liegenden Materials zutreffend darauf verwiesen, daß in Anbetracht dieser hohen Überschreitung der Landeshöchstzahl eine "etwaige jeder Zählung anhaftende geringe Ungenauigkeit auf Grund menschlichen Versagens" keinen Einfluß auf die Überziehung der Landeshöchstzahl habe. Aus welchen Gründen eine solche Ungenauigkeit ein Maß angenommen haben sollte, welches die festgestellte Überziehung der Landeshöchstzahl zweifelhaft erscheinen ließe, wird von den Beschwerdeführern nicht in nachvollziehbarer Weise dargetan.
Was ferner den Vorwurf betrifft, die belangte Behörde habe die letztlich im angefochtenen Bescheid verwertete Zahl der auf die Landeshöchstzahl anzurechnenden Berechtigungen (23.764 per Ende August 1994) den Beschwerdeführern nie vorgehalten, ist dies zwar inhaltlich zutreffend, aber auch unter Berücksichtigung des sonstigen Beschwerdevorbringens für den Verfahrensausgang nicht relevant.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits früher (vgl. etwa das Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 93/09/0484) darauf hingewiesen, daß auf das jeweils im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorhandene statistische Material zurückzugreifen ist. Das war im Beschwerdefall, in dem die Erlassung des angefochtenen Bescheides durch Zustellung an die Beschwerdeführer am 29. September 1994 erfolgt ist, die zuletzt per Ende August 1994 statistisch ermittelte Zahl (23.764). Das Verlangen, auch diese Überschreitungszahl noch zur Stellungnahme vorzuhalten, kommt einem Begehren nach einem perpetuum mobile gleich, welches eine Bescheiderlassung auf Dauer unmöglich machen würde.
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt deshalb die Auffassung, daß jedenfalls bei einer wie im Beschwerdefall eklatanten Überschreitung der Landeshöchstzahl mit steigender Tendenz durch Monate hindurch der Vorhalt des im Zeitpunkt des Vorhaltes vorliegenden statistischen Materials trotz geringfügiger Abweichungen der im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegenden Zahlen unter der Voraussetzung den Erfordernissen eines gesetzgemäßen Verfahrens entspricht, daß die belangte Behörde sich nicht im angefochtenen Bescheid auf dazu vom Beschwerdeführer erstattetes relevantes Vorbringen hinwegsetzt.
Das Beschwerdevorbringen läßt nicht erkennen, daß die Beschwerdeführer über eine generelle Bestreitung des vorliegenden statistischen Materials hinaus konkretes Vorbringen dahingehend erstatten wollten, daß und aus welchen Gründen in Wahrheit eine Überschreitung der Landeshöchstzahl im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht stattgefunden habe. Es trifft auch nicht zu, daß dieses statistische Material nur dann überprüfbar wäre, wenn es als "Kundmachung" (gemeint wohl: als Verordnung) publiziert worden wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner oben angeführten Vorjudikatur ausgesprochen hat, handelt es sich gemäß der bestehenden Rechtslage bei der von den Beschwerdeführern bekämpften Statistik um einen Urkundenbeweis, gegen den der Gegenbeweis grundsätzlich zulässig ist. Die ohne nähere Begründung von den Beschwerdeführern aufgestellte Behauptung, die belangte Behörde wisse selbst recht gut, daß "die Zahlen offensichtlich falsch sind", ist in ihrer Allgemeinheit und Undifferenziertheit nicht geeignet, Feststellungen auf Grund des vorliegenden statistischen Materials als unzulässig und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterziehbar anzuprangern.
Ist aber die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, daß im Beschwerdefall das nach § 4 Abs. 6 AuslBG erschwerte Verfahren anzuwenden ist, dann wäre es Sache der Beschwerdeführer gewesen, darzutun, aus welchen wichtigen Gründen ihnen auch nach dieser Gesetzesstelle ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung für M.D. zugestanden wäre. Vorbringen in dieser Richtung haben die Beschwerdeführer aber nicht erstattet.
Da sich der angefochtene Bescheid somit als frei von der in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeit erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 59 VwGG iVm Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Allgemein Beweismittel Urkunden Parteiengehör Allgemein Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs VerfahrensmangelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994090315.X00Im RIS seit
06.03.2001