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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 9. September 1994, Zl. 132/2-9/Mü-1994, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Kaufvertrag vom 29. Dezember 1983 erwarb der Beschwerdeführer ein Grundstück, auf dem er in der Folge ein Wohnhaus errichtete. Im Jahre 1992 legte der Beschwerdeführer nach entsprechender Aufforderung des Finanzamtes den Bauplan des von ihm geschaffenen Wohnhauses vor.
Mit Bescheid vom 2. März 1993 schrieb das Finanzamt dem Beschwerdeführer mit der Begründung Grunderwerbsteuer vor, daß die Nutzfläche des von ihm errichteten Wohnhauses mehr als 130 m2 betrage.
In der gegen diesen Abgabenbescheid erhobenen Berufung wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Einbeziehung der im Bauplan als "Schrankraum" und "Galerie" bezeichneten Räume. Bei dem Schrankraum handle es sich tatsächlich um eine Abstellkammer. Die "Galerie" sei unter dem Dachgiebel der Zugang zum obersten Balkon.
Das Finanzamt nahm am 27. April 1993 einen Augenschein vor. In der darüber aufgenommenen Niederschrift wurde festgestellt, daß im gegenständlichen Haus eine Wohneinheit fertiggestellt worden sei. Das Ausmaß der Nutzfläche betrage einschließlich der Flächen im Dachgeschoß nach Naturmaßen 150,91 m2.
In einem Berechnungsbogen wurden die beim Augenschein ermittelten Flächen der einzelnen Räume gesondert dargestellt. Danach beträgt die Nutzfläche im Erdgeschoß 67,77 m2, im Obergeschoß 65,50 m2 und im Dachgeschoß 17,64 m2 (bestehend aus Stiegenpodest 5,07 m2, Schrankraum 4,93 m2 und Galerie 7,64 m2.
In der Niederschrift wurde dazu weiters ausgeführt, der Schrankraum im Dachgeschoß werde als Abstellraum genutzt. Es sei mit Parkettboden, einem kleinen Heizkörper und einem Dachflächenfenster im Ausmaß 90 x 48 cm ausgestattet. Die Wände des Schrankraumes seien verputzt. Das Dach sei isoliert. In der Galerie befänden sich (zur Zeit des Augenscheines) keine Einrichtungsgegenstände. Er sei mit Parkettboden und vier Steckdosen ausgestattet. Eine Heizung sei nicht vorhanden.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung nach Durchführung eines aufwendigen Berufungsverfahrens als unbegründet abgewiesen. Nach Auffassung der belangten Behörde waren die als "Schrankraum" und "Galerie" bezeichneten Räume bei der Ermittlung der Nutzfläche des gegenständlichen Wohnhauses einzubeziehen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a des auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden (vgl. § 12 Abs. 2 GrEStG 1987) GrEStG 1955 ist von der Besteuerung der Erwerb eines Grundstückes zur Schaffung von Arbeiterwohnstätten ausgenommen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf bei einer Arbeiterwohnstätte die Nutzfläche 130 m2 nicht übersteigen. (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 20. Juni 1990, 89/16/0208).
Zur Bestimmung der Nutzfläche wurde eine Orientierung an den Vorschriften über die Wohnbauförderung als zutreffend erkannt. Nach § 2 Z. 7 Wohnbauförderungsgesetz 1984 ist als Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen) anzusehen; Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume innerhalb einer Wohnung sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 9. September 1993, 92/16/0020).
Im Hinblick auf diese Begriffsbestimmung ist die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, "Dachboden, Stiegenhäuser, Podeste, Abstellräume und Kellerräume" seien der Nutzfläche nicht zuzurechnen, in dieser weiten Form unzutreffend. Insbesondere gehören Treppenvorräume (im Beschwerdeverfahren als "Podeste" bezeichnet) zur Nutzfläche (vgl. das Erkenntnis vom 17. November 1988, 87/16/0153). Dabei ist dem in den Akten erliegenden Bauplan zu entnehmen, daß es sich bei den von der Abgabenbehörde einbezogenen Podesten um Flächen handelt, die sich in unmittelbarer Nähe der Treppen selbst befinden.
Ebenso sind nach ständiger Rechtsprechung Abstellräume in die Nutzfläche eines Wohnhauses einzubeziehen (vgl. das Erkenntnis vom 25. Juni 1992, 92/16/0064, 0065).
Im übrigen übersieht der Beschwerdeführer, daß grundsätzlich die gesamte Bodenfläche als Nutzfläche gilt (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 25. Jänner 1990, 89/16/0001, 0002). Lediglich die ausdrücklich im § 2 Z. 7 WFG 1984 angeführten Räume sind dabei nicht zu berücksichtigen. Nach dem Ergebnis des vom Finanzamt durchgeführten Augenscheines kann es keinem Zweifel unterliegen, daß es sich bei den im Dachgeschoß gelegenen Räumen des streitgegenständlichen Wohnhauses um bewohnbar ausgestattete Räume und nicht um unbewohnbare, nicht isolierte, durch Türen vom bewohnbaren Teil abgetrennte Dachbodenräume handelt. Damit konnte dahingestellt sein, ob schon die Bezeichnung der Räumlichkeiten in dem bei der Baubehörde eingereichten Bauplan darauf hinwiesen, daß damit nach der Absicht des Bauwerbers Räumlichkeiten errichtet werden sollten, die in die Nutzflächenermittlung einzubeziehen waren.
Ob der als "Schrankraum" bezeichnete Raum als solcher zur Aufstellung von Schränken geeignet ist, ist dabei entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht von Bedeutung, zumal die Bezeichnung wohl in dem Sinne gemeint ist, daß der Raum zur Aufbewahrung von Kleidung und Wäsche ohne entsprechende Schränke in Regalen und dgl. dienen sollte (sog. begehbarer Schrank). Einem solchen Schrankraum kommt aber jedenfalls die Bedeutung zu, den Wohnraum im engeren Sinn zu entlasten (vgl. das Erkenntnis vom 25. Juni 1992, 91/16/0065, 0066).
Mit den Ausführungen der Beschwerdeschrift zur Verfahrensrüge, es seien ohnedies vom Beschwerdeführer die im Dachgeschoß gelegenen Wohnräume als Wohnflächen berücksichtigt worden, werden offenkundig Dachgeschoß und Obergeschoß verwechselt. Nach dem Vorbringen im Verwaltungsverfahren ist allein die Einbeziehung der oben genannten Räumlichkeiten des Dachgeschoßes in die Nutzfläche strittig. Die Ausführungen in der Beschwerdeschrift über die Einbeziehung eine oberhalb von Mansardenräumen verbliebenen "dreieckigen" Raumes in die Nutzfläche stehen mit dem vorliegenden Sachverhalt nicht in Einklang und gehen daher ins Leere. Was mit den Ausführungen über einen "winzigen Teil eines herkömmlichen Dachbodens, der aber nicht irgendwie verstellt werden darf" gemeint sein soll, ist im Hinblick auf den durch den Bauplan und Ergebnis des Augenscheines klargestellten Sachverhalt nicht erkennbar. Das Vorbringen, die belangte Behörde sei verpflichtet gewesen, einen neuerlichen Augenscheinbeweis (von Amts wegen) vorzunehmen, ist daher unberechtigt. Im übrigen verkennt der Beschwerdeführer offensichtlich, daß auch Flächen unterhalb einer Dachschräge in die Nutzfläche einzubeziehen sind (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 25. Juni 1992, 91/16/0064, 0065).
Im Hinblick darauf, daß die im Dachgeschoß gelegenen Räumlichkeiten bei der Ermittlung der Nutzfläche zur Gänze zu berücksichtigen sind, sind die Beschwerdeeinwendungen, die belangte Behörde hätte einen neuerlichen Augeschein zur Feststellung der vom Beschwerdeführer bestrittenen tatsächlichen (vom Bauplan infolge des Wandverputzes abweichende) Maße der Nutzfläche durchführen müssen, von vornherein unberechtigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994160283.X00Im RIS seit
11.07.2001