TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/27 91/10/0210

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Veröffentlicht am 27.02.1995
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §36 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde 1.) der Landtagspartei der Bürgerliste Salzburg-Land (Grüne) bzw. C und

K als in der "Landtagspartei der Bürgerliste Salzburg-Land (Grüne)" zusammengeschlossene Landtagsmitglieder in Salzburg,

2.) des M in P, 3.) der U in Salzburg, alle vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 9. August 1991, Zl. 2/05-5036/4-1991, betreffend die Bestellung von Mitgliedern des Landesschulrates Salzburg, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Salzburg ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von S 12.830,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Schriftsatz vom 5. Dezember 1989 stellten die beschwerdeführenden Parteien folgende Anträge:

1. Es wolle über die Bestellung der Mitglieder des auf Grund der Ergebnisse der Landtagswahlen 1989 bzw. auf Grund des Zusammentrittes des neu gewählten Landtages neu zu konstituierenden Kollegiums des Landesschulrates für das Land Salzburg ehestens ein schriftlicher Bescheid erlassen und den Beschwerdeführern zu Handen ihres ausgewiesenen Anwaltes zugestellt werden, wobei auf Grund des von der erstbeschwerdeführenden Partei rechtzeitig erstatteten Benennungsvorschlages der Zweitbeschwerdeführer und die Drittbeschwerdeführerin in diesem schriftlich zu erlassenden Bestellungsbescheid als Mitglieder des neu zu konstituierenden Kollegiums des Landesschulrates für das Land Salzburg, und zwar der Zweitbeschwerdeführer als Mitglied im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. b sowie die Drittbeschwerdeführerin als Mitglied im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. c des Salzburger Schulaufsichts-Ausführungsgesetzes, LGBl. Nr. 45/1963, zu bestellen sind.

2. Für den Fall, daß die Behörde inhaltlich dem Bestellungsvorschlag der erstbeschwerdeführenden Partei nicht folgen sollte, wird dennoch auf jeden Fall die Erlassung eines schriftlichen Bescheides für die Bestellung der Mitglieder des auf Grund der Ergebnisse der Landtagswahlen 1989 bzw. auf Grund des Zusammentrittes des neu gewählten Landtages neu zu konstituierenden Kollegiums des Landesschulrates für das Land Salzburg sowie die Zustellung dieses schriftlichen Bescheides an die beschwerdeführenden Parteien zu Handen ihres ausgewiesenen Anwaltes ausdrücklich begehrt.

3. Vorsorglich stellten die beschwerdeführenden Parteien darüber hinaus den weiteren Antrag, es wolle mittels schriftlichen Bescheides festgestellt werden, daß dem Zweitbeschwerdeführer und der Drittbeschwerdeführerin auf Grund der Ergebnisse der Landtagswahlen 1989, des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Salzburger Landtag sowie des rechtzeitigen Benennungsvorschlages der erstbeschwerdeführenden Partei vom 26. Juli 1989 auf Grund des § 2 leg. cit. das Recht zusteht, im Rahmen der Konstituierung des Kollegiums des Landesschulrates für das Land Salzburg, welche auf Grund der Ergebnisse der Landtagswahlen 1989 sowie des Zusammentrittes des dabei neu gewählten Landtages vorzunehmen ist, zu Mitgliedern des Kollegiums des Landesschulrates für das Land Salzburg bestellt zu werden.

4. Vorsorglich beantragten sämtliche beschwerdeführenden Parteien auch noch die Erlassung eines Feststellungsbescheides, aus welchem hervorgeht, welche Personen zu Mitgliedern des auf Grund der Ergebnisse der Landtagswahlen 1989 neu zu konstituierenden Kollegiums des Landesschulrates für das Bundesland Salzburg bestellt wurden.

1.2. In der Folge erhoben die beschwerdeführenden Parteien Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 132 B-VG. Mit hg. Beschluß vom 14. Oktober 1991, Zl. 91/10/0096, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Säumnisbeschwerdeverfahren wegen Nachholung des versäumten Bescheides ein. Da die Nachholung außerhalb der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Nachholungsfrist erfolgt war, stützte sich die Einstellung dementsprechend auf § 33 Abs. 1 VwGG.

1.3. Mit dem nachgeholten Bescheid vom 9. August 1991 wies die Salzburger Landesregierung die oben wiedergegebenen Anträge auf Bescheiderlassung betreffend die Bestellung von Mitgliedern des Kollegiums des Landesschulrates für Salzburg bzw. die personelle Zusammensetzung des Kollegiums des Landesschulrates für Salzburg mangels Parteistellung der einschreitenden Parteien als unzulässig zurück. Als Rechtsgrundlage wurde im Spruch dieses Bescheides § 8 AVG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und 2 des Salzburger Schulaufsichts-Ausführungsgesetzes in der geltenden Fassung genannt. In der Begründung dieses Bescheides heißt es sodann, die Erwägungen der belangten Behörde zusammenfassend, im Falle der Strittigkeit der Parteistellung, aber auch dann, wenn eine Person ihre Parteistellung behaupte, habe die Behörde förmlich über die Parteistellung abzusprechen. Die Behörde sei zu dem Ergebnis gelangt, daß weder den für die Bestellung zu Kollegiumsmitgliedern vorgeschlagenen Personen noch den vorschlagenden Landtagsparteien Parteistellung zukomme. Eine Parteistellung könne "auch nicht dadurch erzeugt werden, daß die Behörde einen Antrag (Vorschlag) einer sachlichen Erledigung" zuführe. Im vorliegenden Fall habe die Erledigung darin bestanden, daß eine von der erstbeschwerdeführenden Partei vorgeschlagene Person, die die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt habe, zum Mitglied des Kollegiums des Landesschulrates für Salzburg bestellt worden sei. Die Anträge auf Erlassung von Bescheiden seien sohin wegen mangelnder Parteistellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht werden. Als Beschwerdepunkt wird von sämtlichen beschwerdeführenden Parteien unter anderem geltend gemacht, sie erachteten sich in ihrem gesetzlichen Recht verletzt, daß die belangte Behörde den nachgeholten Bescheid fristgerecht und nicht nach Fristablauf erläßt. Dadurch, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid zu einem Zeitpunkt erlassen habe, in welchem ihre Zuständigkeit zur Bescheiderlassung nicht mehr gegeben gewesen sei, habe sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge funktioneller Unzuständigkeit der belangten Behörde belastet.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

2.1. Im Streit um die Parteistellung ist jedermann, der sie in Anspruch genommen hat und dem sie nicht zuerkannt wurde, beschwerdeberechtigt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Jänner 1949, Slg. N.F. Nr. 658/A, vom 24. Juni 1969, Slg. NF. Nr. 7610/A, und vom 21. April 1975, Zlen. 1219, 1551/74).

Dies trifft auf das vorliegende Beschwerdeverfahren zu, denn Gegenstand des im Verwaltungsverfahren ausdrücklich begehrten bescheidförmigen Abspruches war in erster Linie die Frage der Parteistellung der beschwerdeführenden Parteien. Gegen den ihre Parteistellung verneinenden Bescheid Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof zu führen, sind sie legitimiert.

2.2. Die beschwerdeführenden Parteien machen in der vorliegenden Beschwerde ausdrücklich Unzuständigkeit der belangten Behörde als Beschwerdepunkt geltend, weil diese aus Anlaß des Säumnisbeschwerdeverfahrens zur hg. Zl. 91/10/0096 den nachgeholten Bescheid erst nach Ablauf der vom Verwaltungsgerichtshof gesetzten Nachholungsfrist erlassen habe. Dies trifft nach der Aktenlage zu (Ende der Nachholungsfrist: 17. August 1991; Bescheidzustellung:

26. August 1991). Die belangte Behörde irrt daher, wenn sie in der Gegenschrift meint, die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache sei im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bei der Salzburger Landesregierung gelegen und nicht auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen gewesen.

Da die beschwerdeführenden Parteien die in der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach Ablauf der eingeräumten Nachholungsfrist gelegene Rechtswidrigkeit ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend gemacht haben, mußte der Verwaltungsgerichtshof mit einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde vorgehen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 16. März 1977, Slg. N.F. Nr. 9274/A = ZfVB 1977/5/1948, sowie die hg. Erkenntnisse vom 17. Mai 1978, Slg. N.F. Nr. 9558/A = ZfVB 1978/6/2124, vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/04/0187 = ZfVB 1985/4/1549, u.v.a.).

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben.

2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.4. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der Anfechtung Anfechtungserklärung Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1991100210.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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