TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/27 94/16/0035

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Veröffentlicht am 27.02.1995
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Index

32/06 Verkehrsteuern;
98/01 Wohnbauförderung;

Norm

GrEStG 1955 §4 Abs1 Z2 lita;
WFG 1984 §2 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des R in L, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 15. November 1993, GZ GA 11-1453/92, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erwarb das streitgegenständliche Grundstück mit Kaufvertrag vom 30. Juni 1987 und machte in der über diesen Erwerbsvorgang eingereichten Grunderwerbsteuererklärung die Steuerfreiheit im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 geltend.

Auf eine entsprechende Anfrage des Finanzamtes legte der Beschwerdeführer am 9. August 1991 einen Bauplan über das von ihm auf der Liegenschaft geschaffene Wohnhaus vor.

Das Finanzamt schrieb hierauf mit Bescheid vom 14. November 1991 Grunderwerbsteuer vor, weil die Nutzfläche der Wohnstätte seiner Meinung nach mehr als 130 m2 betrage.

Gegen diesen Bescheid wurde Berufung erhoben.

Bei einem am 18. Mai 1992 von Organen des Finanzamtes vorgenommenen Augenschein wurde festgestellt, daß sich im "Kellergeschoß" - neben Wohnräumen - auch ein als "Werkstätte" bezeichneter Raum sowie ein als "Schleuse" bezeichneter Vorraum zu dieser "Werkstätte" befinden. Zur Ausstattung der "Werkstätte" wurde in der über den Augenschein aufgenommenen Niederschrift ausgeführt: "Zugang durch Wohnzimmertür, 2 Wohnraumfenster, Leitungen unter Putz verlegt, Holzplattenboden, Elektropaneelenheizung". Anläßlich der Erhebung wurden Photographien über die Ausstattung der "Werkstätte" angefertigt und zu den Verwaltungsakten genommen. Nach der Niederschrift beträgt die Nutzfläche des aus Kellergeschoß und Erdgeschoß bestehenden Wohnhauses einschließlich "Werkstätte" und "Schleuse" 154,08 m2.

Gegen eine die Berufung abweisende Berufungsvorentscheidung wurde der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt. In dieser Eingabe wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei Inhaber eines Meisterbriefes für das Tapezierergewerbe und die Bettwarenerzeugung. Der in Rede stehende Raum werde künftighin als Werkstätte und als Lagerraum gewerblich genützt. Dieser Raum entspreche den Notwendigkeiten für die Ausübung des Gewerbes der Bettwarenerzeuger und Tapezierer. Dabei sei eine möglichst gleichbleibende Temperatur notwendig. Demzufolge sei auch der Estrichboden mit Holzplatten belegt worden. Der als Schleuse bezeichnete Raum diene als Sicherheitsraum und sei in der Zwischenzeit mit einer feuerhemmenden Türe versehen worden. Daß sich im Werkstättenbereich zwei "Wohnraumfenster" befänden, entspreche baurechtlichen Vorschriften sowie der technischen Notwendigkeit der Lichtgestaltung im gesamten Arbeitsbereich. Die Kunden würden die Werkstätte durch einen Vorraum betreten, sodaß auch dieser Vorraum dem Werkstättenbereich zuzuordnen sei. Der Hauseingang für den Wohnbereich befinde sich im hinteren Teil des Hauses in Höhe des Erdgeschoßes.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde verwies darauf, daß das in Hanglage errichtete Wohnhaus über zwei Eingänge sowohl im Erdgeschoß als auch im Kellergeschoß betreten werden könne. Im Kellergeschoß seien mehrere zu Wohnzwecken geeignete Räume gelegen. Da der Werkstättenbereich nicht vom Wohnbereich getrennt sei, zähle auch dieser Bereich zur Nutzfläche des Wohnhauses.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens einschließlich der Akten des baubehördlichen Verfahrens der Stadtgemeinde L. vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter einer Arbeiterwohnstätte im Sinne der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden (vgl. § 12 Abs. 2 GrEStG 1987) Bestimmung des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 ein Wohnhaus mit einer Nutzfläche von nicht mehr als 130 m2 zu verstehen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 26. Juni 1986, 86/16/0066). Dabei war, wie vom Beschwerdeführer zutreffend festgestellt wird, für die Bestimmung der Nutzfläche von den Vorschriften über die Wohnbauförderung auszugehen. Nach § 2 Z. 7 Wohnbauförderungsgesetz 1984 war als Nutzfläche die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen) anzusehen; Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone, Terrassen sowie für landwirtschaftliche oder gewerbliche Zwecke spezifisch ausgestattete Räume innerhalb einer Wohnung waren bei Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen.

Strittig ist im Beschwerdefall, ob ein als "Werkstätte" bezeichneter, im Untergeschoß des in Rede stehenden Wohnhauses gelegener Raum sowie der als "Schleuse" bezeichnete Zugang zu diesem Raum bei der Ermittlung der Nutzfläche zu berücksichtigen ist oder nicht. Der Beschwerdeführer übersieht dabei zunächst, daß insbesondere nur solche Räumlichkeiten aus der Nutzfläche auszuscheiden sind, die eine SPEZIFISCHE AUSSTATTUNG des Raumes für gewerbliche Zwecke aufweisen. Davon kann aber im Streitfall nach dem Ergebnis des durchgeführten Augenscheines und den dabei aufgenommenen Photographien keine Rede sein. Die Ausstattung unterscheidet sich danach durch nichts von einem üblichen Wohnzwecken gewidmeten Raum.

Das Vorbringen im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz, der strittige Raum werde "künftighin" als Werkstätte genützt werden - die tatsächliche Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit wurde auch in der Beschwerdeschrift nicht behauptet -, war dabei schon deswegen nicht maßgebend, weil es für die Beurteilung der Streitfrage allein auf die tatsächliche Beschaffenheit der Wohnstätte (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 24. Mai 1971, 1251/69, Slg. Nr. 4234/F), und nicht auf die Nutzung durch den Bewohner des Wohnhauses ankommt. Demzufolge gehen auch die Beschwerdeausführungen darüber, welche Art von Beruf im Falle der von den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens jeweils zitierten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes ausgeübt worden sind, ins Leere.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ändert schließlich auch der Umstand, daß seinen Behauptungen zufolge der als "Werkstätte" bezeichnete Raum über einen gesonderten Zugang verfügt, nichts daran, daß dieser Raum zum Wohnungsverband zu zählen ist. Ebenso wie in den Fällen der Erkenntnisse des Gerichtshofes vom 18. Oktober 1984, 82/16/0167, vom 25. Juni 1992, 92/16/0002, 0003, und vom 9. September 1993, 92/16/0020, ist auch im Beschwerdefall der strittige Raum durch einen Verbindungsgang ("Schleuse") mit einem Vorraum verbunden, durch den sowohl die weiteren im Untergeschoß gelegenen, für Wohnzwecke genutzten Räume als auch in weiterer Folge die Räume des Erdgeschoßes erreicht werden können. Daß dieser Verbindungsgang - dem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz zufolge erst "in der Zwischenzeit", offenkundig also erst nach der Vornahme des Augenscheines - mit einer feuerhemmenden Türe versehen worden ist, kommt dabei keine Bedeutung zu.

Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß das streitgegenständliche Wohnhaus keine Arbeiterwohnstätte im Sinne des § 4 Abs. 1 Z. 2 lit. a GrEStG 1955 darstellt. Da auch keine Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, festgestellt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994160035.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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