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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §66 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/16/0276Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerden der K in S, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen die Bescheide (Berufungsentscheidungen) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland je vom 26. August 1994, GZ GA 13 - 7/S-364/2/7/93, betreffend Eingangsabgaben und GZ GA 13 - 7/S-364/2/8/93, betreffend Haftung für Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 23.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Kraftfahrer Erich K. führte am 4. März 1983 22.000 Liter Ethylalkohol über das Zollamt R. in das Zollgebiet ein. Unter Vorlage gefälschter Begleitpapiere (Deklarierung der Ware als Fuselöl) wurde die Ware im Begleitscheinverfahren abgefertigt. Begleitscheinnehmerin war die beschwerdeführende Speditionsgesellschaft.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. Mai 1986 wurde Erich K. der Finanzvergehen des Schmuggels nach § 35 Abs. 1 FinStrG in Tateinheit mit jenem des vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Branntweinmonopols nach § 44 Abs. 1 lit. c FinStrG schuldig erkannt. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft.
Am 11. Dezember 1992 wurde an die Beschwerdeführerin ein Haftungsbescheid erlassen, dessen Spruch lautete:
"Gemäß § 119 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Zollgesetz 1955, BGBl. Nr. 129/1955 (ZollG), in der damals geltenden Fassung, haben Sie als Begleitscheinnehmer wegen Nichtstellung des im beigefügten Berechnungsblatt angeführten Begleitscheingutes, für den entgangenen Zoll Ersatz zu leisten.
Es handelte sich um
S 209.666,-- an Zoll
S 253.709,-- an Einfuhrumsatzsteuer (EU)
S 832,-- an Außenhandelsförderungsbeitrag (AF)
S 922.548,-- an Monopolausgleich für Branntwein (MA)
S 140.949,-- an Abgabe von alkoholischen Getränken (AL)
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S 1.527.704,-- zusammen
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Von diesem Betrag wurden bereits S 307.100,-- entrichtet. Die
Höhe der Ersatzforderung beträgt daher unter Berücksichtigung
des bereits entrichteten Betrages S 1,220.604,--. Diese Haftung
wird hiermit gemäß § 224 Abs. 1 Bundesabgabenordnung 1961,
BGBl. Nr. 194/1961 (BAO), in geltender Fassung, geltend
gemacht.
Nach zwei handschriftlichen Aktenvermerken vom 11. Jänner 1993 wurde vom obgenannten Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin fernmündlich sowie von einem Beauftragten des Vertreters persönlich um Akteneinsicht ersucht. Daraufhin sei diesem der "aktuelle Kassenstand" sowie der an Erich K. ergangene Abgabenbescheid zur Einsichtnahme vorgelegt worden. Eine Bescheidkopie wurde dem Beauftragten über sein Verlangen ausgefolgt.
Mit zwei getrennten Schriftsätzen je vom 14. Jänner 1993 erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen den u.a. auch an Erich K. gerichteten Eingangsabgabenbescheid vom 28. November 1988, mit dem die Entstehung einer Abgabenschuld in Höhe von S 1,527.704,-- festgestellt worden war, sowie gegen den Haftungsbescheid vom 11. Dezember 1992. In der Berufung gegen den Abgabenbescheid wurde insbesondere geltend gemacht, daß die Beschwerdeführerin am bisherigen Verfahren in keiner Weise beteiligt gewesen sei. Es sei der Beschwerdeführerin keine Akteneinsicht gewährt worden. Der Bescheid vom 28. November 1988 sei so mangelhaft, daß er keinerlei Rechtswirkungen gegenüber der Beschwerdeführerin erzeugen könne. Der Bescheid sei auch inhaltlich unrichtig, weil Verjährung eingetreten sei.
In der Berufung gegen den Haftungsbescheid wurde gleichfalls vorgebracht, daß die Beschwerdeführerin keine Möglichkeit gehabt hätte, in die Verwaltungsakten Einsicht zu nehmen. Es fehlten daher alle Voraussetzungen, um den Haftungsbescheid materiell zu bekämpfen. Der Bescheidinhalt sei für die Beschwerdeführerin nicht überprüfbar oder nachvollziehbar. Wenn von dritter Seite S 307.100,-- eingegangen seien, könne von der Beschwerdeführerin nicht vollzogen werden, auf welche Abgabenschuld Zahlung geleistet wurde und ob diese Zahlung unter Einrechnung des Säumniszuschlages erfolgt sei. Die Beschwerdeführerin hafte dann nicht nach § 119 Abs. 1 ZollG, wenn die den Begleitschein tatsächlich verwendende Person hiezu weder ermächtigt noch beauftragt gewesen sei. Mangels Angaben darüber, wer unter welchen Umständen den Begleitschein tatsächlich verwendet hat, sei eine rechtliche Erörterung unmöglich. Überdies sei der Anspruch gegenüber der Beschwerdeführerin verjährt.
Mit den beiden in Beschwerde gezogenen Berufungsentscheidungen wurden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
In der die Eingangsabgabenschuld betreffenden Berufungsentscheidung ging die belangte Behörde davon aus, daß Erich K. am 4. März 1983 22.000 Liter Ethylalkohol bei der Einbringung in das Zollgebiet unter Vorlage unrichtiger Frachtpapiere als Fuselöl deklariert und somit dem Zollverfahren entzogen hatte. Mit der Wegbringung vom Amtsplatz des Zollamtes habe er über diese eingangsabgabepflichtige Ware so verfügt, als wäre sie im freien Verkehr, wodurch für ihn die Zollschuld gemäß § 174 Abs. 3 lit. a 1. Fall ZollG entstanden sei. Da es sich bei den Abgaben um hinterzogene gehandelt habe, betrage die Einhebungsverjährung, die keinesfalls vor Ablauf der Festsetzungsverjährung ende, zehn Jahre. Den Einwendungen über die Verletzung des Parteiengehörs hielt die belangte Behörde entgegen, es sei der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Akteneinsicht offen gestanden.
In der die Heranziehung der Beschwerdeführerin zur Haftung betreffenden Berufungsentscheidung wurde von der belangten Behörde ausgeführt, die Ersatzpflicht des Begleitscheinnehmers nach § 119 Abs. 1 ZollG knüpfe lediglich an das objektive Kriterium der nicht ordnungsgemäßen Stellung der Waren bei der Bestimmungszollstelle an. Allein die Nichtstellung des Versandscheingutes beim Bestimmungszollamt löse beim Hauptverpflichteten kraft Gesetzes die Verpflichtung zur Entrichtung der Ersatzforderung aus. Die Ersatzpflicht habe den Charakter einer weitgehenden Erfolgshaftung. Die Beschwerdeführerin habe beim Zollamt R. blanko unterschriebene Begleitscheine deponiert, in denen sie als Begleitscheinnehmer eingetragen war. Diese Begleitscheine seien an Personen ausgegeben worden, die Waren im Anweisungsverfahren transportieren wollten, wofür die Beschwerdeführerin einen Geldbetrag erhielt. Mit der blanko-Unterzeichnung habe sich die Beschwerdeführerin dem Risiko ausgesetzt, daß diese zur Begehung von Finanzvergehen verwendet werden.
Die Akten seien zwingend von der Akteneinsicht auszunehmen, sodaß eine Einsichtnahme mit Ausnahme des an Erich K. gerichteten Abgabenbescheides nicht zu gestatten war. Die Gewährung der Einsicht in den Akt des Finanzstrafverfahrens falle nicht in den Kompetenzbereich der Abgabenbehörde. Handle es sich um einen gerichtlichen Strafakt, so könne auch die Finanzstrafbehörde die Akteneinsicht nicht gestatten.
Daß im Spruch des Haftungsbescheides der Abgabenschuldner nicht bezeichnet werde, stelle einen Mangel dar, der durch die Berufungsentscheidung beseitigt werde. Eine Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides liege jedenfalls nicht vor.
Für die Anwendung der zehnjährigen Verjährungsfrist bei hinterzogenen Abgaben sei es nicht erforderlich, daß der Haftende selbst die Abgabenhinterziehung begangen hat.
In den Beschwerden gegen diese beiden Bescheide werden deren inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie deren Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte zwei von der belangten Behörde erstattete Gegenschriften sowie Teile der Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Hinblick auf den sachlichen Zusammenhang die Verbindung der beiden Beschwerden zur gemeinsamen Entscheidung beschlossen und darüber erwogen:
Gemäß § 115 Abs. 2 BAO ist den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Der in dieser Gesetzesstelle niedergelegte Grundsatz des Parteiengehörs gehört zu den fundamentalen Grundsätzen des Rechtsstaates. Das Parteiengehör besteht vor allem darin, der Partei Gelegenheit zur Äußerung zu behördlichen Sachverhaltsannahmen sowie zur Kenntnisnahme der Ergebnisse des Beweisverfahrens und zur Stellungnahme hiezu zu geben (vgl. Ritz, Kommentar zur BAO, Rz 14 zu § 115, und die dort angeführte Rechtsprechung).
Gemäß § 90 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde den Parteien die Einsicht und Abschriftnahme der Akten oder Aktenteile zu gestatten, deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer abgabenrechtlichen Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist. Von der Akteneinsicht ausgenommen sind nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle Beratungsprotokolle, Amtsvorträge, Erledigungsentwürfe und sonstige Schriftstücke (Mitteilungen anderer Behörden, Meldungen, Berichte und dergleichen), deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen würde. Nach § 90 Abs. 3 BAO ist gegen die Verweigerung der Akteneinsicht ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.
Mit der Erlassung des Bescheides vom 11. Dezember 1992 wurde die Beschwerdeführerin zur Haftung herangezogen. Sie war damit jedenfalls als Partei im Sinne des § 90 Abs. 1 BAO anzusehen (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 891, 3. Absatz).
Nach Zustellung des erstinstanzlichen Haftungsbescheides, aber noch vor Einreichung der beschwerdegegenständlichen Berufungen gegen diesen Bescheid wurde dem Vertreter der Beschwerdeführerin - abgesehen von der Überlassung einer Kopie des an Erich K. ergangenen Eingangsabgabenbescheides, der sich übrigens nicht in dem dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten befindet - eine Einsicht in die Akten, also insbesondere diejenigen Akten verweigert, die das Verfahren zur Erlassung des an Erich K. gerichteten Eingangsabgabenbescheides betrafen.
Obwohl die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren die Verweigerung der Akteneinsicht mehrmals gerügt hat, beschränkte sich die belangte Behörde im Bescheid GZ. GA 13-7/5-364/2/8/94 auf den Hinweis, eine Einsichtnahme sei nicht zu gestatten gewesen, weil die im Gesetz (gemeint: § 90 Abs. 2 BAO) angeführten Aktenteile zwingend von der Akteneinsicht auszunehmen seien. Diese Begründung der belangten Behörde ist nicht nachvollziehbar, zumal sie es unterlassen hat, die diesbezüglichen Akten, die Zeiträume vor der Erlassung des Haftungsbescheides betrafen, dem Gerichtshof vorzulegen. Sollte die belangte Behörde damit gemeint haben, die Einsichtnahme in diese Akten würde eine Schädigung berechtigter Interessen dritter Personen herbeiführen, so wäre sie verpflichtet gewesen, dies unter näherer Anführung des Sachverhaltes, der sie zu einer solchen Folgerung bewog, zu begründen.
Die in diesem Zusammenhang vertretene Auffassung, die Gewährung der Einsicht in einen Akt des Finanzstrafverfahrens falle "nicht in den Kompetenzbereich der Abgabenbehörde" ist unrichtig. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß der Partei auch dann Gelegenheit zur Verteidigung ihrer Rechte zu geben und erforderlichenfalls Einsichtnahme in die Akten zu gewähren ist, wenn sich die Abgabenbehörde bei ihrer Entscheidung auf Akten eines Finanzstrafverfahrens stützt. Insbesondere kann als Beweismittel für eine abgabenbehördliche Entscheidung grundsätzlich nur herangezogen werden, was auch der Partei zugänglich gemacht worden ist. Mit der dazu in der Gegenschrift vertretenen Auffassung, es müßte vom Abgabe- bzw. Haftungspflichtigen bei der Finanzstrafbehörde unter Berufung auf § 79 FinStrG Akteneinsicht begehrt werden, übersieht die belangte Behörde überdies, daß die Rechte nach § 79 Abs. 1 FinStrG nur der Beschuldigte und der Nebenbeteiligte geltend machen können.
Dem in der Gegenschrift gemachten Hinweis auf § 48a BAO (Abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht) ist entgegenzuhalten, daß gemäß Abs. 4 lit. a dieser Gesetzesstelle die Offenbarung oder Verwertung von Verhältnissen oder Umständen befugt ist, wenn sie der Durchführung eines Abgabenverfahrens dient. Der Einsichtnahme des Haftungspflichtigen in die Akten des Abgabenverfahrens steht somit die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht im Sinne des § 48a BAO keinesfalls entgegen (vgl. auch das Erkenntnis vom 10. Februar 1989, Zl. 86/17/0114).
Mit der Verweigerung der Akteneinsicht wurden von der belangten Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu anderen Bescheiden hätte kommen können, sodaß die angefochtenen Bescheide gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben waren.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird auf Folgendes hingewiesen:
Der Spruch eines Haftungsbescheides hat - über die sich aus den §§ 93 und 96 BAO ergebenden Bestandteile hinaus - unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die die Haftungspflicht des Haftenden begründet, die Aufforderung zu enthalten, die Abgabenschuld zu entrichten (vgl. § 224 Abs. 1 zweiter Satz BAO). Es mag dahingestellt sein, ob zur eindeutigen Bezeichnung der Abgabenschuld die namentliche Angabe des Primärschuldners jedenfalls erforderlich ist. Der erstinstanzliche Bescheid weist neben den Erfordernissen der §§ 93 und 96 BAO auch Angaben über die Abgabenschuld auf. Er ist zweifellos als Rechtsakt anzusehen. Keinesfalls kann die bloße Unterlassung der Angabe des Namens des Primärschuldners zu einer absoluten Nichtigkeit (vgl. dazu z.B. bei Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsrechtes5, Rz 436 ff) des erstinstanzlichen Bescheides führen. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist überdies entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin gemäß § 289 Abs. 2 BAO berechtigt - und verpflichtet -, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Die Grenze dieser Abänderungsbefugnis der Berufungsbehörde liegt nur dort, wo die Berufungsbehörde überhaupt den Gegenstand des erstinstanzlichen Bescheides auswechselt. In einem solchen Fall wird von der Berufungsbehörde eine sachliche Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihr nicht zusteht (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 26. Jänner 1995, 94/16/0058, 0059). Davon, daß die belangte Behörde nicht in der Angelegenheit entschieden hat, die den Inhalt des Spruches der Behörde erster Instanz gebildet hat, kann hinsichtlich der vorliegenden Ergänzung des erstinstanzlichen Bescheides keine Rede sein.
Ebenso ist die Auffassung der Beschwerdeführerin, in einer Berufungsentscheidung müßte der gesamte Inhalt des (erstinstanzlichen) Bescheides wiedergegeben werden, verfehlt. Auch wenn der zweitinstanzliche, das Rechtsmittel abweisende Bescheid so zu werten ist, als ob die Rechtsmittelbehörde einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen hätte, der fortan an die Stelle dieses Bescheides tritt (vgl. das Erkenntnis vom 6. November 1991, 90/13/0282), so genügt für die Rechtsmittelentscheidung die Absprache, daß die Berufung als unbegründet abgewiesen wird (vgl. § 289 Abs. 2 BAO).
Auch die Auffassung der Beschwerdeführerin, im Streitfall sei Verjährung eingetreten, ist unzutreffend:
Die der Beschwerdeführerin zur Haftung vorgeschriebenen Abgaben stellen im Sinne des § 238 Abs. 1 in Verbindung mit § 207 Abs. 2 BAO hinterzogene Abgaben dar, wobei es entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht darauf ankommt, ob der Beschwerdeführerin selbst eine Abgabenhinterziehung (oder auch einen Schmuggel, vgl. das Erkenntnis vom 24. März 1994, 92/16/0153) begangen hat. Die zehnjährige Verjährungsfrist im Sinne des § 207 Abs. 2 BAO gilt nämlich unabhängig davon, wer die Abgaben hinterzogen hat (vgl. das Erkenntnis vom 14. Juli 1989, 86/17/0198).
Weiters ist die Meinung, erst mit dem angefochtenen Bescheid, bei dessen Erlassung die Zehn-Jahres-Frist bereits abgelaufen war, sei erstmals ein "vollständiger" Bescheid ergangen (und damit Verjährung eingetreten), verfehlt. Die Beschwerdeführerin übersieht dabei zunächst, daß die Erlassung des erstinstanzlichen Haftungsbescheides eine Unterbrechungshandlung im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO darstellt. Andererseits wurde bereits ausgeführt, daß die Abgabenbehörde bereits mit Haftungsbescheid in erkennbarer, allenfalls für die Rechtsverfolgung zweckmäßigerweise zu modifizierenden Weise über die Verwaltungsangelegenheit abgesprochen hat.
Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Im Sinne der Bestimmungen der §§ 47 VwGG war als Kostenersatz der Schriftsatzaufwand für zwei Beschwerden im beantragten Ausmaß zuzuerkennen. Der Ersatz an Stempelgebühren steht nur hinsichtlich jener Schriftsätze zu, deren Vorlage zur zweckmäßigen Rechtsverfolgung erforderlich ist (Eingabengebühren für jeweils drei und nicht vier Ausfertigungen der Beschwerden, Beilagengebühr jeweils nur für die angeschlossene Berufungsentscheidung).
Schlagworte
Allgemein Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Umfang der Abänderungsbefugnis Auswechslung des Rechtsgrundes Verhältnis zu anderen Materien und Normen VwGG (siehe auch Heilung von Verfahrensmängeln der Vorinstanz im Berufungsverfahren)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1995:1994160275.X00Im RIS seit
11.07.2001