TE Vwgh Erkenntnis 1995/2/28 94/04/0079

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Veröffentlicht am 28.02.1995
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

BefNwV Waffengewerbe §5;
BefNwV Waffengewerbe §6;
BefNwV Waffengewerbe §7;
GewO 1973 §128 Z1 idF 1993/029;
GewO 1973 §192 Abs1 Z2 idF 1993/029;
GewO 1973 §195 idF 1993/029;
GewO 1973 §197 Abs1 Z1 idF 1993/029;
GewO 1973 §197 idF 1993/029;
GewO 1973 §3 idF 1993/029;
GewO 1973 §7 Abs5 idF 1993/029;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Pallitsch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär MMag. Dr. Balthasar, über die Beschwerde des Ing. W in W, vertreten durch den bestellten Verfahrenshelfer Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 9. Dezember 1993, Zl. 315.722/4-III/4/93, betreffend Verweigerung der Bewilligung für die Ausübung des Waffengewerbes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten das Ansuchen des Beschwerdeführers "vom 24. September 1992 (präzisiert mit Niederschriften der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 20. November 1992 und vom 9. März 1993) um Erteilung der Bewilligung für die Ausübung der gebundenen Gewerbe gemäß § 192 Abs. 1 Z. 2 lit. a, b und c GewO 1973 in der Fassung der Gewerberechtsnovelle 1992 zur Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung, zum Handel sowie zur Vermittlung des Kaufes und Verkaufes von militärischen Waffen und militärischer Munition, eingeschränkt auf Lenkwaffensysteme (Raketen, Tieffliegerradaranlagen und elektronische Identifikation Freund-Feind sowie Zubehör), in der Form eines Industriebetriebes im Standort T, R-Gasse 31 (im Standort eingeschränkt für den Bürobetrieb)" gemäß § 189 Abs. 1 Z. 2 i. V.m. § 197 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 ab. In der Begründung führte der Bundesminister hiezu aus, die antragsgegenständlichen, ursprünglich konzessionspflichtigen Tätigkeiten gehörten nunmehr seit Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 am 1. Juli 1993 zu den bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerben. Auf den Befähigungsnachweis für dieses Gewerbe sei die Waffengewerbe- Befähigungsnachweisverordnung

BGBl. Nr. 478/1979 i.d.F. BGBl. Nr. 115/1992 anzuwenden. Entsprechend den §§ 5 bis 7 dieser Verordnung seien die Befähigungsnachweise für die in Rede stehenden Gewerbeberechtigungen durch unterschiedliche Kombinationen von Zeugnissen über den Bildungsgang (Schulbesuch, Studium), Praxiszeiten sowie die erfolgreich abgelegte Konzessionsprüfung zu erbringen. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens sei der Beschwerdeführer über das Erfordernis sowie die inhaltliche Gestaltung des zu erbringenden Befähigungsnachweises belehrt und aufgefordert worden, die bezughabenden Zeugnisse vorzulegen. Dieser Aufforderung sei der Beschwerdeführer nicht nachgekommen, vielmehr habe er anläßlich der Aufnahme einer Niederschrift vor der BH Baden am 20. November 1992 vorgebracht, es handle sich "nicht um Waffen im bisherigen Sinne der Gewerbeordnung", sondern um ein für Österreich neues Produkt, weshalb die Erbringung des Befähigungsnachweises im herkömmlichen Sinne nicht möglich sei. Als Erfinder und Patentinhaber sowie Generalvertreter der zweiten Weltmacht für Raketentechnik könne er sich in Österreich wohl nicht prüfen lassen. In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde hiezu aus, die Aktivitäten des Beschwerdeführers im Rahmen seiner Befugnis als Patentinhaber erforderten gemäß § 3 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 keine Gewerbeberechtigung und könnten im gegenständlichen Verfahren daher außer Betracht bleiben. Weder die Gewerbeordnung noch die Kriegsmaterial-Verordnung BGBl. Nr. 624/1977 bzw. die Waffengewerbe-Befähigungsnachweisverordnung enthielten eine Ausnahmeregelung im Hinblick auf "Lenkwaffen". Der Befähigungsnachweis für die antragsgegenständlichen Gewerbe könne daher unbeschadet der inhaltlichen Bedenken des Beschwerdeführers aussschließlich nach Maßgabe der Regelungen der Waffengewerbe-Befähigungsnachweisverordnung erbracht werden. Da der Beschwerdeführer diesen Nachweis nicht erbracht habe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung der beantragten Gewerbeberechtigung verletzt.

In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, die belangte Behörde habe rechtsirrig sein Ansuchen dem § 197 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973 im Zusammenhang mit der Verordnung des Bundesministers für Handel, Gewerbe und Industrie vom 15. November 1979, BGBl. Nr. 478, über den Befähigungsnachweis für das konzessionierte Waffengewerbe, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 1992/115 unterstellt. Der Beschwerdeführer habe im Ermittlungsverfahren darauf aufmerksam gemacht, daß eine derartige rechtliche Subsumption seines Anbringens nicht zutreffend sei, weil der Inhalt der Begriffe "militärische Waffen" und "militärische Munition" im herkömmlichen Sinn, auf den sowohl die Gewerbeordnung als auch die Waffengewerbe-Befähigungsnachweisverordnung abstelle, auf jene Produkte nicht angewendet werden könne, die Gegenstand der von ihm angestrebten Produktions- und Distributionstätigkeit sein würden, zumal es sich bei diesen vor allem um elektronische Geräte, optische, mechanische und elektronische Sensoren, neuartige Zünd- und Zieleinrichtungen nach eigenen und fremden Patenten, Bauteile im Zusammenhang mit Lizenzrechten sowie Zubehör und Ersatzteile für den zivilen und militärischen Bereich handle, die eine Zuordnung in das Begriffsschema der geltenden Gewerbeordnung nicht zuließen. Auch habe sich die belangte Behörde der Argumentation des Beschwerdeführers verschlossen, daß es sich um für Österreich völlig neue Produkte handle, für deren Entwicklung er selbst teilweise Patentrechte erworben habe und die dem österreichischen Markt erst durch seine Initiative als Repräsentant einer bedeutenden Raketenmacht zugeführt werden sollen. Auf derartige Produkte habe der Gesetzgeber in der Normierung dieses Teilbereiches der Gewerbeordnung gar nicht Bedacht nehmen können, weil ihm diese unbekannt gewesen seien. Die Erbringung des Befähigungsnachweises, wie ihn die Waffengewerbe-Befähigungsnachweisverordnung vorschreibe, sei nicht möglich, weil diese - wie sich etwa aus den Vorschriften über die bei der Konzessionsprüfung zu beachtenden Materien ergebe - nur auf herkömmliche Waffen und Munition ausgerichtet sei und die Qualifikation des Beschwerdeführers als Erfinder und Patentinhaber vorausgesetzt werden müsse, wie er mit seiner Bemerkung, "er könne sich in Österreich wohl nicht prüfen lassen", zum Ausdruck gebracht habe. Die Erbringung eines Befähigungsnachweises für die Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung, den Handel sowie die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes derart neuartiger Produkte, die in Österreich noch nicht Gegenstand der Erzeugung und des Vertriebes gewesen seien, sei denkunmöglich und sehe sich daher der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in seinem durch Art. 6 des Staatsgrundgesetzes garantierten Grundrechte der Erwerbsfreiheit verletzt.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Die Behörde hat im allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A). Anhaltspunkte dafür, daß im vorliegenden Fall eine andere Betrachtungsweise geboten wäre, liegen nicht vor. Da am 9. Dezember 1993 - dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides - zufolge ihres Art. IV Abs. 1 (die Ausnahmen der Abs. 2 bis 7 sind im vorliegenden Fall nicht von Belang) bereits die Gewerberechtsnovelle 1992, BGBl. Nr. 29/1993, in Kraft getreten war, hatte die belangte Behörde die GewO 1973 in der Fassung dieser Novelle anzuwenden.

Gemäß § 379 Abs. 3 GewO 1973 gelten anhängige Ansuchen um die Erteilung einer Konzession für ein Gewerbe, das neu in die Gruppe der Handwerke, nicht bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe oder freien Gewerbe eingestuft wurde, mit dem Inkrafttreten der Neueinstufung als bei der Bezirksverwaltungsbehörde des Standortes erstattete Gewerbeanmeldungen. Handelt es sich um ein Gewerbe, das nunmehr in die Gruppe der bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe fällt, so gilt das Anbringen als Ansuchen um Erteilung der betreffenden Bewilligung.

Gemäß § 376 Z. 4 (zu § 5:) Abs. 3 GewO 1973 ist bis zur Erlassung der Vorschriften über den Befähigungsnachweis für ein durch das Inkrafttreten einer Neueinstufung neu in die Gruppe der Handwerke oder der gebundenen Gewerbe eingereihtes Gewerbe der Befähigungsnachweis für dieses Gewerbe nach jenen Vorschriften zu erbringen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Neueinstufung für das bis zu diesem Zeitpunkt bestehende Gewerbe gelten.

Gemäß § 128 Z. 1 GewO 1973 handelt es sich beim Waffengewerbe um ein bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe.

Die Bewilligung für die Ausübung dieses Gewerbes ist gemäß § 189 Abs. 1 leg. cit. zu erteilen, wenn

1.

bei Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung von Gewerben (§§ 8 bis 15) keine Tatsachen vorliegen, die es zweifelhaft machen, ob der Bewerber oder, falls sich eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes um die Bewilligung bewirbt, eine der im § 13 Abs. 7 genannten Personen die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit besitzt, und

2.

die hinsichtlich der Ausübung des betreffenden im § 128 angeführten gebundenen Gewerbes allenfalls vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen erfüllt sind.

Liegt eine der im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen nicht vor, so ist gemäß § 189 Abs. 2 leg. cit. die Bewilligung zu verweigern.

Gemäß § 192 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. unterliegen hinsichtlich militärischer Waffen und militärischer Munition der Bewilligungspflicht

a)

die Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung,

b)

der Handel

c)

die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes.

Gemäß § 195 leg. cit. sind militärische Waffen und militärische Munition im Sinne dieses Bundesgesetzes die in der Verordnung der Bundesregierung vom 22. November 1977, BGBl. Nr. 624, betreffend Kriegsmaterial bezeichneten Waffen, Munitions- und Ausrüstungsgegenstände.

Gemäß § 197 Abs. 1 leg. cit. erfordert die Erteilung der Bewilligung für die im § 192 Abs. 1 angeführten Waffengewerbe neben der Erfüllung der im § 189 Abs. 1 Z. 1 angeführten Voraussetzungen

1.

die Erbringung des Befähigungsnachweises,

...

Die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides gemäß der Übergangsbestimmung des § 376 Z. 4 (zu § 5:) Abs. 3 GewO 1973 anzuwendende Befähigungsnachweisverordnung ist für das verfahrensgegenständliche Waffengewerbe die Waffengewerbe-Befähigungsnachweisverordnung BGBl. Nr. 478/1979 in der Fassung BGBl. Nr. 115/1992, in deren §§ 5 bis 7 die Voraussetzungen für den Nachweis der Befähigung zur Ausübung des Waffengewerbes hinsichtlich militärischer Waffen und Munition näher ausgeführt sind.

In seinem Ansuchen um Erteilung der Bewilligung für die Ausübung des hier zu beurteilenden gebundenen Gewerbes, präzisiert vor der Bezirkshauptmannschaft Baden am 20. November 1992 und 9. März 1993, hat der Beschwerdeführer um die Erteilung der Bewilligung für das

"Waffengewerbe gemäß § 131 Abs. 1 Z. 2 hinsichtlich militärischer Waffen und militärischer Munition

a)

Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung

b)

der Handel

c)

die Vermittlung des Kaufes und Verkaufes

alle Punkte eingeschränkt auf Lenkwaffensysteme (Raketen), Tieffliegerradaranlagen als auch elektronische Indentifikation Freund-Feind sowie Zubehör zu den Lenkwaffensystemen (Raketen)" beantragt.

Der Beschwerdeführer stützt somit seinen Antrag auf Erteilung der Genehmigung des Waffengewerbes ausdrücklich auf § 131 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973, nunmehr § 192 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973. Er verweist diesbezüglich in der Niederschrift vor der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 9. März 1993 ausdrücklich darauf, daß er "im Zusammenhang mit Import und Handel von Lenkwaffen und den damit verbundenen militärischen Waffen und militärischer Munition" die beantragte Gewerbeberechtigung benötige. Eine Erteilung der Bewilligung für das Waffengewerbe hinsichtlich militärischer Waffen und militärischer Munition im Sinne des § 192 Abs. 1 Z. 2 GewO 1973 kann aber - auch unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer in seinem Antrag umschriebenen Einschränkung auf Erzeugung, Bearbeitung und Instandsetzung sowie Handel und Vermittlung des Kaufes und Verkaufes der aufgezählten militärischen Waffen und militärischen Munition im Sinne des § 195 GewO 1973 - nur erteilt werden, wenn der Befähigungsnachweis im Sinne des § 197 Abs. 1 Z. 1 GewO 1973

in Verbindung mit der anzuwendenden Waffengewerbe-Befähigungsnachweisverordnung erbracht worden ist. Einen solchen Befähigungsnachweis hat aber der Beschwerdeführer nicht erbracht.

Da gemäß § 7 Abs. 5 GewO 1973 auch für das Waffengewerbe, das in Form eines Industriebetriebes ausgeübt werden soll, ein Befähigungsnachweis erforderlich ist, und die Qualifikation des Beschwerdeführers "als Erfinder und Patentinhaber" an den besonderen Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung für das Waffengewerbe nichts zu ändern vermag, erweist sich die Beschwerde als unbegründet.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1995:1994040079.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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